Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Beklagten zu 1. bis 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 20.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2008 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle weiteren zukünftigen, nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden, die diesem aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung durch die Beklagten zu 1. bis 3. während der Zeit vom 04.01. bis 22.02.2008 in der Einrichtung der Beklagten zu 4. in I entstehen werden, zu ersetzen.
Ferner wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle vergangenen und zukünftigen materiellen Schäden, die aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung in der Einrichtung der Beklagten zu 4. in I während der Zeit vom 04.01. bis 22.02.2008 resultieren, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner 7 % und die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner darüber hinaus die restlichen 93 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Der am ##.##.19## geborene Kläger nimmt die Beklagten wegen behaupteter Behandlungsfehler in Anspruch.
3Der u.a. an Adipositas, chronischer Niereninsuffizienz, Diabetis mellitus und einem Schlafapnoe-Syndrom leidende Kläger erlitt am ##.09.2007 einen rechtshirnigen Schlaganfall mit beinbetonter linksseitiger Halbseitenlähmung. Er wurde noch am selben Tage in der Neurologischen Klinik des Kreiskrankenhauses H aufgenommen, wobei sich die Akutbehandlung auf der dortigen Intensivstation bis zum ##.11.2007 erstreckte. Vom ##.11.2007 bis ##.12.2007 schloss eine sogenannte Frührehabilitationsbehandlung in der Neurologischen S-Klinik in O an. Wegen Zunahme der kardialen Probleme, an denen der Kläger bereits zuvor gelitten hatte, wurde er am ##.12.2007 in das Kreiskrankenhaus X verlegt und dort bis zum ##.01.2008 behandelt. Am ##.01.2008 wurde der Kläger schließlich in der Einrichtung der Beklagten zu 4. aufgenommen, wobei er bettlägerig und weitgehend immobil war. In der Einrichtung der Beklagten zu 4. wurde er von dem Beklagten zu 1., dem dortigen Chefarzt, der Beklagten zu 2., der für ihn zuständigen Oberärztin und dem Beklagten zu 3., dem zuständigen Stationsarzt, behandelt. Am ##.02.2008 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen, wobei zu diesem Zeitpunkt ein Sakraldekubitus II. Grades vorlag. Nur ca. 2 Wochen später wurde er in dem Kreiskrankenhaus H erneut stationär aufgenommen. Hierbei wurde der Dekubitus zunächst konservativ behandelt, dabei jedoch eine Infektion mit multiresistentem Staphylokokkus areus (MRSA) festgestellt und der Patient isoliert. Anschließend wurde ein operatives Débridement des Dekubitus bis zum Knochen durchgeführt und eine Vakuumbehandlung eingeleitet, welche nach der Entlassung ambulant fortgesetzt wurde. Im Rahmen der vorgerichtlichen Schadensregulierung forderte der Kläger die Beklagte zu 4. mit Schreiben vom ##.04.2008 zur Anerkennung der Verpflichtung zur Leistung immateriellen und materiellen Schadensersatzes auf. Die hinter der Beklagten zu 4. stehende Haftpflichtversicherung lehnte eine Einstandspflicht mit Schreiben vom ##.08.2008, eingegangen bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am ##.08.2008, ab.
4Der Kläger behauptet im Wesentlichen, dass die pflegerische Versorgung im Hause der Beklagten zu 4. mangelhaft gewesen sei. Durch unzureichende Umlagerungen, fehlende Antidekubitus-Matratze und fehlende Antidekubitus-Kissen für den Rollstuhl sowie unzureichende Pflege und Reinigung auch im Hinblick auf seine – insoweit unstreitige – Inkontinenz sei der Sakraldekubitus entstanden, der bis heute nicht abgeheilt sei und sich nach der Entlassung aus der Einrichtung der Beklagten zu 4. zu einem Dekubitus IV. Grades fortentwickelt habe. Die Beklagten zu 1. bis 3. seien ihrer Verpflichtung zur Anordnung und Überwachung der Dekubitus-Prophylaxemaßnahmen nicht nachgekommen; insbesondere habe es keine ärztlichen Anweisungen zur fachgerechten Lagerung und Mobilisierung gegeben. Ferner seien nach dem Auftreten des Sakraldekubitus nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Behandlung ergriffen worden. Der Kläger hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000,00 € für angemessen.
5Der Kläger beantragt mit der sämtlichen Beklagten am ##.11.2008 zugestellten Klage zuletzt,
61. die Beklagte zu 1. bis 3. zu verurteilen, an ihn für die ihm aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung während der Zeit vom ##.01. bis ##.02.2008 in der Neurologischen Fachklinik I erwachsenen immateriellen Nachteile ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 10.000,00 € nicht unterschreitet, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.08.2008 zu zahlen;
72. festzustellen, dass die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jedweden weiteren immateriellen Schaden, der ihm ab dem ##.10.2008 aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung durch die Beklagten zu 1. bis 3. während der Zeit vom ##.01. bis ##.02.2008 in der Neurologischen Fachklinik I entstehen wird, durch Zahlung eines weiteren angemessenen Schmerzensgeldes auszugleichen;
83. festzustellen, dass die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jedweden materiellen Schaden, der ihm aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung in der Neurologischen Fachklinik I während der Zeit vom ##.01. bis ##.02.2008 bereits entstanden ist und künftig noch entstehen wird, zu ersetzen, soweit der Schadensersatzanspruch nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergegangen ist oder übergehen wird, einschließlich von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.08.2008.
9Die Beklagten beantragen,
10die Klage abzuweisen.
11Sie behaupten im Wesentlichen, dass bei Aufnahme in der Einrichtung der Beklagten zu 4. bei dem Kläger bereits eine Wunde im Bereich der rechten Gesäßhälfte und im Bereich des Steißbeines vorhanden gewesen sei und sich hieraus der Sakraldekubitus entwickelt habe. Darüber hinaus sei der Kläger gemäß den geltenden Standards gepflegt worden. Insbesondere seien ihm eine Antidekubitus-Matratze und ein Antidekubitus-Kissen für den Rollstuhl zur Verfügung gestellt worden sowie regelmäßige Wundkontrollen angeordnet und durchgeführt worden und der Kläger mehrfach täglich mobilisiert und bewegt worden. Allerdings habe sich dieser nicht kooperativ verhalten und Lagerungsmaßnahmen abgelehnt bzw. sich selbständig aus der Seitenlage wieder in die Rückenlage entlagert.
12Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines wissenschaftlich-chirurgisches Fachgutachtens, das der Sachverständige Prof. Dr. med. Y in der mündlichen Verhandlung vom ##.12.2009 erläutert hat. Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten, vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen, auf die beigezogenen Krankenunterlagen, das schriftliche Sachverständigengutachten vom ##.11.2009 und auf das Sitzungsprotokoll vom ##.12.2009 Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.
15Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner im Zusammenhang mit seinem stationären Aufenthalt in der Einrichtung der Beklagten zu 4. einen Anspruch auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € nach §§ 823, 253, 421 ff. BGB.
16Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass den Beklagten zu 1. bis 3. ein ärztliches Verschulden, das zu einer maßgeblichen Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers geführt hat, vorzuwerfen ist, bzw. haben die aufgrund der Beweislastumkehr darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu 1. bis 3. nicht substantiiert dargetan und unter Beweis gestellt, dass sie bei dem Kläger ausreichende Maßnahmen zur Vermeidung der Entstehung eines Druckgeschwürs angeordnet und überwacht haben.
17Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass das Dekubitusgeschwür erst im Laufe des Aufenthaltes des Klägers in der Einrichtung der Beklagten zu 4. entstanden und nicht bereits zuvor angelegt gewesen sei. Bei der Aufnahmeuntersuchung und bis zum ##.01.2008 seien keine für den späteren Dekubitus verantwortlichen Hautveränderungen im Bereich des später betroffenen Bereichs festgestellt worden. Erst am ##.01.2008 sei der Beginn des Dekubitus erstmals dokumentiert worden.
18Der Sachverständige hat ferner dargelegt, dass sich aus der Dokumentation nicht ergebe, ob ärztlicherseits, also durch die Beklagten zu 1. bis 3., ausreichende Anweisungen und Anordnungen zur Dekubitusprophylaxe erfolgt seien. Unter Berücksichtigung des hohen Gewichtes und des Alters des Klägers sowie seiner bereits langjährigen Diabetes-Erkrankung sei der Kläger aber als Hochrisikopatient in Bezug auf eine Dekubitusentstehung einzuordnen gewesen, so dass eine ärztliche Diagnosestellung und Anordnung sowie Überwachung von Dekubitus vorbeugenden Maßnahmen zwingend erforderlich gewesen seien. Insoweit gilt auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Entscheidung über das, was zu tun ist bei Dekubitus-Risikopatienten, nicht allein dem Pflegepersonal überlassen werden darf (vgl. BGH, VersR 1987, 1238). Notwendig sind vielmehr ärztliche Anordnungen und Anweisungen zu den zur Vermeidung von Druckgeschwüren durchzuführenden Pflegemaßnahmen und deren Überwachung. Dies ist nach zutreffender Rechtsprechung auch zu dokumentieren. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Dass oder welche ärztliche Anordnung bezüglich des Klägers erfolgte, ist weder aus den Krankenakten ersichtlich noch entsprechend von Beklagtenseite vorgetragen. Eine Dokumentation hierzu fehlt. Hiervon kann aber nur abgesehen werden kann, wenn in der konkreten Einrichtung eine allgemeine Anweisung besteht, aus der deutlich hervorgeht, welche einzelnen prophylaktischen Maßnahmen in den Fällen eines erhöhten Dekubitus-Risikos unbedingt durchzuführen sind (vgl. BGH, NJW 1986, 2365; OLG Düsseldorf, PflR 2005, 62 ff., zitiert jeweils nach juris). Auch hieran fehlt es. Das Fehlen der notwendigen Dokumentation stellt ein Indiz dafür dar, dass die ernste Gefahr der Entstehung von Durchliegegeschwüren nicht erkannt und/oder die Durchführung vorbeugender Maßnahmen nicht in ausreichender Form angeordnet wurden bzw. das Pflegepersonal nicht hinreichend auf die gebotene Prophylaxe geachtet hat. Dies führt zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich des von dem Patienten behaupteten Pflegefehlers (vgl. OLG Düsseldorf, aaO). Mangels Dokumentation ist vorliegend zunächst davon auszugehen, dass die Pflegemaßnahmen nicht durch die Beklagten zu 1. bis 3. angeordnet und überwacht worden sind. Die Beklagten haben insoweit auch nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass dies entgegen der unzureichenden Dokumentation dennoch geschehen ist. Daneben ist auch der Vortrag der Beklagten, dass die von dem Pflegepersonal durchgeführten Vorsorgemaßnahmen, insbesondere die Umlagerungen etc., genügen und dem Standard entsprochen hätten, unsubstantiiert und steht der Annahme eines zurechenbaren ärztlichen Säumnisses und Behandlungsfehlers nicht entgegen. Der bloße Hinweis auf die Pflegedokumentation genügt insoweit nicht. Auch das zuletzt erfolgte Beweisangebot der namentlich genannten Pflegekräfte ist pauschal und reicht nicht aus. Es würde auf eine unzulässige Ausforschung durch Vernehmung der Zeugen hinauslaufen.
19Es entspricht daneben anerkannter Rechtsprechung, worauf die Kammer in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, dass das Auftreten von schwerwiegenden Dekubiti bei Hochrisikopatienten – wie hier dem Kläger – immer vermeidbar sei (so ausdrücklich OLG Köln, NJW-RR 2000,1267; ähnlich OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 50, zitiert jeweils nach juris), sei es durch häufige Umlagerungen, sei es durch Eincremen oder/und durch Einsatz von Spezialbetten und Kissen. Dementsprechend wird allein schon die Entstehung von Durchliege-Geschwüren ausnahmslos auf falsche oder unzureichende Vorbeugemaßnahmen zurückgeführt; erfahrungsgemäß beruhe ein schwerer Dekubitus (Druckgeschwür) auf groben Pflege- und Lagerungsmängel bzw. unzureichenden ärztlichen Anordnungen und Überwachungen (vgl. auch Jäger/Luckey, Schmerzensgeld Kmtr., Teil 1, F, N 710 f). Dem folgt die Kammer auch im vorliegenden Fall.
20Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe sich nach den Umlagerungen durch die Pflegekräfte in die Seitenlage häufig selbst auf den Rücken entlagert. Ob der Kläger tatsächlich verschiedene Maßnahmen des Pflegepersonals eigenhändig wieder rückgängig gemacht hat, kann dabei letztlich dahingestellt bleiben. Auch hierzu fehlt ein hinreichend konkreter Sachvortrag und entsprechende Dokumentation. Mangels ausreichender Sicherheits- bzw. therapeutischer Aufklärung wäre das Vorbringen auch deshalb unbeachtlich. Die Ablehnung notwendiger medizinischer Maßnahmen ist nämlich nur dann beachtlich, wenn der Patient von einem Arzt auf die Dringlichkeit der Maßnahmen, hier der Umlagerungen, hingewiesen wird und ihm die bestehenden Risiken deutlich vor Augen geführt werden. Dass eine solche ärztlich gebotene Sicherheitsaufklärung durchgeführt worden ist, ist von den Beklagten nicht vorgetragen worden. Der pauschale Hinweis auf die Pflegeberichte sowie der Mobilisations- und Bewegungsplan genügt insoweit nicht. Zwar ist es richtig, dass der Sachverständige Professor Y diesbezüglich keine bestimmten Mängel in der Dokumentation gesehen hat und wie selbstverständlich seiner Bewertung eine Lagerung des Klägers auf eine sog. Dekubitusmatratze und – Kissen für den Rollstuhl unterstellte (Seite ## GA) und den Pflegebericht und Bewegungsplan bis zur Entstehung des Dekubitus als lückenlos bzw. adäquat bezeichnet hat. Auf eingehende Befragung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung hat er aber im Einzelnen erläutert, dass und welche ärztlichen Anordnungen und Maßnahmen der Überwachung zur Verhinderung der Entstehung eines Dekubitusgrades bei dem Kläger als Hochrisikopatient – wie ihn der Sachverständige einstufte – notwendig waren und auf entsprechende Defizite in der Dokumentation hingewiesen (S. ## GA). Deshalb hat die Kammer keine Zweifel, dass es hier gerade aufgrund der dargelegten unterlassenen ärztlichen Vorsorge- und Überwachungsmaßnahmen zur Entstehung des – vermeidbaren – schweren Druckgeschwürs kommen konnte. Der Hinweis der Beklagten auf fehlende Compliance des Klägers geht insoweit schon wegen des gesundheitlichen Zustandes des durch Schlaganfall mit linksseitiger Halbsteinlähmung geschwächten und kaum bewegungsfähigen Klägers fehl. Ggfls. hätte mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und engmaschigeren Kontrollen die Umlagerungen gewährleistet werden müssen; gerade bei erkennbaren Schwierigkeiten des "immobilen" Klägers, wie dies teilweise in den Pflegeberichten erwähnt wurde.
21Die Kammer hielt unter Berücksichtigung aller Umstände die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 20.000,00 € für angemessen, aber auch ausreichend. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes ist zu berücksichtigen, dass der Kläger den Beklagten zur Pflege anvertraut und auf deren Sorgfalt, insbesondere dem Stellen der notwendigen Anordnungen und Überwachung des Personals in der Einrichtung der Beklagten zu 4. angewiesen war. Dieses entgegengebrachte Vertrauen haben die Beklagten zu 1. bis 3. enttäuscht. Im Rahmen der Ausgleichsfunktion fielen schmerzensgelderhöhend vor allem die Art, der Umfang sowie die zeitliche Dauer des Sakraldekubitus ins Gewicht. Insoweit ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Druckgeschwür im Bereich des Steißbeins ein fortgeschrittenes Stadium bis hin zu einem schweren Dekubitus IV. Grades entwickelte, so dass es der operativen Versorgung im Rahmen längerer stationärer Behandlungen bedurfte. Ferner leidet der Kläger nunmehr schon seit ca. 2 Jahren an dem Sakraldekubitus, der bis heute noch nicht ausgeheilt ist. Die Länge und Schwere der Leidenszeit ist hier von besonderem Gewicht. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Lebensqualität des Klägers aufgrund seiner Grunderkrankungen, insbesondere seiner vorausgegangenen Schlaganfälle, der erheblichen kardialen Probleme sowie der Diabetes mellitus Erkrankung und auch der bestehenden Adipositas bereits stark eingeschränkt war und ist. Insgesamt hält die Kammer daher ein Schmerzensgeld von 20.000,00 € für gerechtfertigt.
22Dementsprechend sind die Beklagten zu 1. – 3. antragsgemäß zu verurteilen gewesen. Eine Mithaftung der Beklagten zu 4. ist diesbezüglich ausdrücklich nicht beantragt worden.
23Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1. bis 3. ferner einen Anspruch auf Prozesszinsen, hinsichtlich des Schmerzensgeldbetrages nach §§ 291, 288 BGB seit dem 11.11.2008. Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch seit dem 15.08.2008 steht ihm hingegen nicht nach §§ 288, 286 BGB zu, da er vorprozessual lediglich die Beklagte zu 4. zur Anerkennung ihrer Einstandspflicht aufgefordert hatte.
24Die Klageanträge zu 2. und 3. sind jeweils im Wesentlichen begründet. Aus den obigen Gründen besteht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch; die Beklagte zu 4. muss sich im Rahmen des Klageantrages zu 3. insoweit das Verschulden der Beklagten zu 1. bis 3. nach § 278 BGB zurechnen lassen. Hinsichtlich der Höhe der vergangenen materiellen Schäden bedurfte es einer weiteren Konkretisierung.
25Auch ist der Eintritt weiterer materieller Schäden sowie nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden nicht ausgeschlossen.
26Soweit der Kläger darüber hinaus mit dem Klageantrag zu 2. die weitergehende Feststellung der Einstandspflicht für vergangene, d.h. für den Zeitraum vom ##.10.2008 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung, und für vorhersehbare zukünftige immaterielle Schäden begehrt, ist die Klage unbegründet und unterliegt der Abweisung; mit Blick auf den Klageantrag zu 1. und auf der Grundlage der Rechtsprechungsgrundsätze über die Einheitlichkeit der Schmerzensgeldbemessung waren diese bereits in dem mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten, unbeschränkten Schmerzensgeld enthalten (vgl. insoweit v. Gerlach, Die prozessuale Behandlung von Schmerzensgeldansprüchen, VersR 2000, 525 ff; BGH VersR 1980, 975; 1995, 471; OLG Köln VersR 1992, 975; OLG Düsseldorf VersR 1996, 984; OLG Hamm NJW RR 2000, 1625). Darüber hinaus unterliegt der Klageantrag zu 3. hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen der Abweisung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269, 100 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht jeweils auf §§ 709 S. 1, S. 2 ZPO.
28Streitwert: 23.000,00 Euro.