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Das Versäumnisurteil vom 17.06.2015 wird teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Gaslieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (Sonderkunden):
a) bei beabsichtigten Gaspreiserhöhungen, wenn diese in Mitteilungen angekündigt werden, die auch andere Informationen enthalten - wie in der als Anlage K 3 und K 4 ersichtlichen oder in inhaltsgleichen E-Mails -, nicht gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Gaspreises oder einzelner Gaspreisbestandteile des bestehenden Gasliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hinzuweisen
und/ oder
b) sich gegenüber Gaskunden auf Preiserhöhungen zu berufen, die in Mitteilungen - in denen auch andere Informationen enthalten sind, wie in den als Anlage K 3 und K 4 ersichtlichen oder inhaltsgleichen E-Mails - angekündigt wurden, ohne dass gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Gaspreises oder einzelner Gaspreisbestandteile des bestehenden Gasliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hingewiesen war.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Stromlieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung:
a) bei beabsichtigten Strompreiserhöhungen, wenn diese in Mitteilungen angekündigt werden, die auch andere Informationen enthalten - wie in der als Anlage K 5 ersichtlichen oder in inhaltsgleichen E-Mails -, nicht gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Strompreises oder einzelner Strompreisbestandteile des bestehenden Stromliefervertrages und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hinzuweisen
und/ oder
b) sich gegenüber Stromkunden auf Preiserhöhungen zu berufen, die in Mitteilungen - in denen auch andere Informationen enthalten sind, wie in der als Anlage K 5 ersichtlichen oder inhaltsgleichen E-Mails - angekündigt wurden, ohne dass gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Stromliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauches hingewiesen war.
3.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziff. 1. und Ziff. 2. genannten gerichtlichen Verbote als Zwangsvollstreckungsmaßnahme jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Beklagten, angedroht.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2014 zu zahlen.
5.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 €. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
3Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrnehmung und der Schutz von Interessen und Rechten der Verbraucher gehören. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.
4Die Beklagte ist bundesweit als Strom- und Gaslieferant tätig. Als solcher beliefert sie Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung („Sonderkunden“) mit Strom und Gas. Dabei verwendet sie unterschiedliche Vertriebsmarken, unter anderem „Q“ und „F“.
5Im Rahmen des Vertragsschlusses mit ihren Kunden verwendet die Beklagte unterschiedliche Klauselwerke.
6Für ihre Strom- und Gaskunden verwendet die Beklagte ein als „Allgemeine Geschäftsbedingungen der F GmbH für die Lieferung von Energie an Privatkunden“ (Anlage K 1) bezeichnetes Klauselwerk. Für Stromkunden, die sie über die Marke „R“ beliefert, verwendet sie Vertragsbedinungen, die als „Allgemeine Geschäftsbedinungen der R“ (Anlage K 2) bezeichnet sind.
7Beide Klauselwerke enthalten die mit dem Klageantrag Ziff. 1. angegriffene Klausel (Ziff. 1.9 Anlage K 1 und Ziff. 1.10 Anlage K 2).
8Mit Schreiben vom 15.04.2014 für die Stromkunden (Anlage K 5) und mit Schreiben vom 20.05.2014 für die Gaskunden (Anlage K 6) mahnte der Kläger die Beklagte wegen an Kunden versendeter Emails, die eine Preisanpassung enthielten, ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Gleichzeitig verlangte er jeweils Kostenerstattung in Höhe von 200,00 €.
9Die Beklagte bestätigte zwar den Zugang der ersten Abmahnung, zeigte jedoch darüber hinaus keine Reaktion.
10Der Kläger hält die angegriffene AGB-Klausel für unwirksam. Dabei hat er von seiner ursprünglichen Auffassung, dass sich die Unwirksamkeit aus einem Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 GasVV/StromVV ergebe, Abstand genommen.
11Die Unwirksamkeit ergebe sich jedoch unbeschadet der Änderung der sog. Leitbildrechtsprechung aus einem Verstoß gegen europarechtliche Informations- und Transparenzanforderungen. Nach Anhang A Buchst. a, c und d der Richtlinie 2003/55 sowie angesichts des Erwägungsgrundes 20 der Richtlinie 93/13 müsse sichergestellt sein, dass Vertragsbedingungen gerecht und transparent sowie klar und verständlich abgefasst sind, dass die Bedingungen vor Vertragsabschluss bereitgestellt werden und dass die Verbraucher transparente Informationen über geltende Preise und Tarife sowie über die anwendbaren Standardbedingungen auch tatsächlich erhalten, und sie tatsächlich Gelegenheit haben, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Die Versendung per Email gewährleiste keine sichere Informationsübermittlung.
12Nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung beziehe die Klausel auch solche Kunden mit ein, die mit der Beklagten eine Papierkommunikation vereinbart haben. Die Klausel sei auch deshalb unzulässig, weil sie zwar der Beklagten eine Zusendung per Email erlaube, nicht aber den Vertragskunden. Die Klausel stelle sich schließlich auch deshalb als unangemessen dar, weil sie nicht erkennen lasse, in welchem Fall ausnahmsweise eine andere Übermittlung als diejenige per Email erfolgt.
13Der Kläger behauptet weiter, die Beklagte habe am 26.02.2014 an Gaskunden der Vertriebsmarke „F“ die aus der Anlage K 3 ersichtliche Email mit dem Betreff „Energiemarktentwicklungen und -preisanpassungen“ gesendet. In dieser folgt auf eine Unternehmensvorstellung im Rahmen eines Fließtextes, ohne Hervorhebung, unter anderem der folgende Passus:
14„Unser Anspruch ist es, unsere Kunden stets vor marktbedingten Preiserhöhungen zu schützen. […] Mit diesem Schreiben möchten wir Sie über die aktuelle Gasmarktentwicklungen und Preisanpassungen informieren.“
15Im Anschluss folgen Informationen zur sog. Energiewende. Auf der zweiten Seite der Email folgen zunächst Erklärungen zu etwaige Kosten im Zusammenhang mit der Gasversorgung. In dem dritten Absatz auf der zweiten Seite befindet sich sodann in der Form Fließtextes, ohne Hervorhebung unter anderem der folgende Text:
16„[...] Einen Teil der gestiegenen Kosten müssen wir allerdings zum 01.05.2014 auf sie umlegen. Ihr Arbeitspreis verändert sich auf 5,94 Cent/kWh. […]. Sie haben bis zum 31.03.2014 das Recht, Ihren Vertrag auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Anpassung in Textform zu kündigen.“
17Der letzte Absatz des Fließtextes der Email lautet auszugsweise:
18„Lieber Kunde, wir haben Sie über die aktuellen Begebenheiten auf dem Gasmarkt informiert und Ihre monatlichen Belastungen durch unsere getroffenen Maßnahmen stabil gehalten.[...]“
19Mit Email vom 28.02.2014 sei Stromsonderkunden der Marke „Q“ eine mit der Email vom 26.02.2014 vergleichbare Email durch die Beklagte zugesandt worden. Auch auf diese wird wegen ihres genauen Inhalts verwiesen (Anlage K 5).
20Am 29.04.2014 habe die Beklagte eine Email mit entsprechendem Inhalt wie die Email vom 26.02.2014 an einen Gaskunden der Vertriebsmarke „Q“ gesendet. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Email vom 29.04.2014 (Anlage K 4) Bezug genommen.
21Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Emails echt sind, mithin durch sie versandt worden sind, und dass diese an Verbraucher versendet worden sind.
22Die Klägerin ist der Ansicht, die versendeten Emails würden gegen § 41 Abs. 3 EnWG verstoßen, wonach unter anderem in transparenter und verständlicher Weise sowohl über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen als auch über Rücktrittsrechte zu unterrichten ist.
23Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
241.
25es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Strom- und Gaslieferungsverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (Sondernkunden) zu unterlassen:
26in Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende und dieser inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder sebstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer)
272.
29es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegegnüber Verbrauchern in Bezug auf Gaslieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (Sonderkunden) zu unterlassen:
30a) bei beabsichtigten Gaspreiserhöhungen, wenn diese in Mitteilungen angekündigt werden, die auch andere Informationen enthalten - wie in der als Anlage K 3 und K 4 ersichtlichen oder in inhaltsgleichen E-Mails -, nicht gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Gaspreises oder einzelner Gaspreisbestandteile des bestehenden Gasliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hinzuweisen
31und/ oder
32b) sich gegenüber Gaskunden auf Preiserhöhungen zu berufen, die in Mitteilungen - in denen auch andere Informationen enthalten sind, wie in den als Anlage K 3 und K 4 ersichtlichen oder inhaltsgleichen E-Mails - angekündigt wurden, ohne dass gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Gaspreises oder einzelner Gaspreisbestandteile des bestehenden Gasliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hingewiesen war;
333.
34es bei Meidung der gesetzlichen Orndungsmittel im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegegnüber Verbrauchern in Bezug auf Stromlieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung zu unterlassen:
35a) bei beabsichtigten Strompreiserhöhungen, wenn diese in Mitteilungen angekündigt werden, die auch andere Informationen enthalten - wie in der als Anlage K 5 ersichtlichen oder in inhaltsgleichen E-Mails -, nicht gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Strompreises oder einzelner Strompreisbestandteile des bestehenden Stromliefervertrages und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers hinzuweisen
36und/ oder
37b) sich gegenüber Stromkunden auf Preiserhöhungen zu berufen, die in Mitteilungen - in denen auch andere Informationen enthalten sind, wie in der als Anlage K 5 ersichtlichen oder inhaltsgleichen E-Mails - angekündigt wurden, ohne dass gleichzeitig deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Stromliefervertrags und auf das im Zusammenhang mit der Preisänderung bestehende Sonderkündigungsrecht des Verbrauches hingewiesen war;
384.
39an sie außergerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
40Das Landgericht Düsseldorf hat am 17.06.2015 antragsgemäß ein Versäumnisurteil erlassen, welches der Beklagten am 30.06.2015 zugestellt worden ist. Die Beklagte hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.07.2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.
41Der Kläger beantragt nunmehr,
42das Versäumnisurteil vom 17.06.2015 aufrechtzuerhalten.
43Die Beklagte beantragt,
44das Versäumnisurteil vom 17.06.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
45Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 18.11.2015 verwiesen.
46Entscheidungsgründe:
47Der Einspruch ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
48I.
49Der Einspruch ist zulässig.
50Der gem. § 338 Satz 1 ZPO statthafte Einspruch ist auch fristgerecht, innerhalb der durch § 339 Abs. 1 ZPO vorgegebenen Zwei-Wochen-Frist eingelegt worden.
51Die Einspruchsfrist lief bis zum 15.07.2015, denn die letzte Zustellung, auf die es gem. § 310 Abs. 3 ZPO vorliegend ankommt, erfolgte an den Kläger am 01.07.2015. Die Einspruchsschrift ging am 09.07.2015 bei Gericht ein.
52Der statthafte und zulässige Einspruch hat den Prozess gem. § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er vor der Säumnis der Beklagten war.
53II.
54Der Einspruch hat Erfolg, soweit sich die Beklagte damit gegen den Tenor Ziff. 1. des Versäumnisurteils vom 17.06.2015 wendet. Denn insoweit ist die Klage unbegründet. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet, mithin der Einspruch ohne Erfolg.
551.
56Die Klage ist zulässig.
57Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 1 UKlaG. Die Beklagte ist in Neuss ansässig.
58Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus §§ 4, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG.
592.
60Die Klage ist begründet, soweit der Kläger ein Unterlassen im Hinblick auf die Mitteilung von und das Berufen auf Preiserhöhungen, die intransparent mitgeteilt werden, sowie Erstattung der ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten begehrt.
61a)
62Der Unterlassungsanspruch ergibt sich sowohl in Bezug auf Gaslieferverträge als auch in Bezug auf Stromlieferverträge aus § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG i. V. m. § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG.
63Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG besteht gegen denjenigen ein Unterlassungsanspruch, der in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung allgemeiner Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen. So ist es vorliegend im Zusammenhang mit der Versendung der streitgegenständlichen Emails (Anlage K 3 – K 5) durch die Beklagte.
64Die Beklagte kann mit ihrem Bestreiten mit Nichtwissen im Hinblick auf den mehrfachen Emailversand an Verbraucher nicht durchdringen. Sie setzt sich damit einerseits in Widerspruch zu unstreitigem Sachvortrag und andererseits ist ihr ein Bestreiten mit Nichtwissen nach Maßgabe des § 138 Abs. 4 ZPO nicht möglich.
65Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte Haushaltskunden mit Strom und Gas versorgt. So trägt es der Kläger vor und die Beklagte ist dem Vortrag nicht entgegengetreten. Sie hat den Vortrag auch nicht etwa dahingehend ergänzt, dass sie zumindest auch Gewerbekunden beliefere. Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte mit ihren Kunden über Email kommuniziert. In den streitgegenständlichen Emails lassen sich teilweise auch gezielte, auf Verbraucher zugeschnitte Informationen finden (Anlage K 3 + K 4: „[...] über die dennoch drastisch steigenden Gebühren für den Gastransport bis zum Endkunden rätseln daher auch Verbraucherschützer. Die Entgelte für die Durchleitung von Gas bis zum Endkunden steigen bis zum Ende des Jahres 2012 um bis zu 35 %.“ Es folgt ein Zitat eines Energieexperten beim Bundesverband der Verbraucherzentralen). Diese mögen für sich allein betrachtet nicht zwingend auf die Kommunikation mit einem Verbraucher hindeuten, in der Gesamtschau mit dem unstreitigen Sachverhalt bieten sie jedoch einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für den Emailversand an Verbraucher.
66Den Emails lassen sich zwar keine konkreten Empfänger oder konkrete Vertragsnummern entnehmen, die eine Zuordnung zu einem bestimmten Kunden ermöglichen. Die Emails lassen jedoch darüber hinaus hinreichend Merkmale erkennen, die es der Beklagten ermöglichen, dazu vorzutragen (und nicht nur mit Nichtwissen zu bestreiten), ob die Emails ihrem Haus entstammen. Zum einen lassen die Emails die Adresse, von der aus die Versendung erfolgte, erkennen („O.com“ / „O1.de"). Auch gehen aus den Emails die Zeitpunkte hervor, zu denen diese abgeschickt worden sind. Des Weiteren ist der Inhalt der Emails markant. Am Ende der Emails befindet sich ein Impressum, welches auf Vertriebsmarken der Beklagten verweist. Nach alledem ist es der Beklagten möglich Erkundigungen einzuholen, ob an den fraglichen Daten Emails mit dem vorgetragenen Inhalt ihr Haus verlassen haben, und ob sie die dort angegebenen Email-Adressen nutzt. Eine solche Möglichkeit zur Erkundigung steht der Zulässigkeit des Bestreitens mit Nichtwissen entgegen (BGH, NJW-RR 2002, 612 (613) – Die Profis).
67Die Art und Weise, in der die Beklagte über die Preiserhöhungen informiert, verstößt gegen die verbraucherschützende Vorschrift des § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG.
68Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet.
69Die Vorschrift trifft gem. § 41 Abs. 1 EnWG Regelungen zur Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung. Um solche handelt es sich vorliegend. Ausweislich der Vorschrift haben Lieferanten Letztverbrauchern rechtzeitig, in jedem jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode und auf transparente und verständliche Weise die beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten.
70Es liegt auch ein Verstoß gegen § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG vor, weil mit den versendeten Emails nicht in transparenter und verständlicher Weise über die beabsichtigte Preisänderung und das daraus resultierende Kündigungsrecht (vgl. § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG) informiert wird.
71Die Emails v. 26.02.2014 (Anlage K 3) und vom 29.04.2014 (Anlage K 4) sind im Wesentlichen gleich, die Email vom 28.02.2014 (Anlage K 5) weicht in ihren Formulierungen von den anderen beiden Emails ab, teilweise auch im Hinblick auf den Inhalt. Von der Länge, der Strukturierung, der Art und Weise der Formulierungen sind die Emails aber allesamt vergleichbar.
72Die Emails verschleiern zunächst durch ihre allgemein gehaltenen Informationen zu Beginn, dass auch eine konkrete Änderung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt werden soll. Bereits die Überschrift ist allgemein gehalten und suggeriert einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Durchschnittskunden, dass – losgelöst vom konkreten Vertragsverhältnis – die aus der Energiemarktentwicklung entstehenden Preisanpassungen dargestellt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten verschafft auch die Betreffzeile „Energiemarktentwicklungen und -preisanpassungen“ keine Klarheit. Insbesondere durch die Verwendung des Plurals für den Begriff „Preisanpassungen“ bleibt unklar, dass es um eine konkrete Änderung im bestehenden Vertragsverhältnis geht. Dieser Eindruck einer generell-abstrakten Darstellung wird noch durch den Zusatz „Energiemarktentwicklungen“ verstärkt.
73In diesem Zusammenhang stellt es sich bei den Emails vom 26.02.2014 und 29.04.2014 (Anlage K 3 und K 4) auch als irreführend dar, dass direkt zu Beginn des Fließtextes das Ziel formuliert wird, den Kunden vor Preiserhöhungen zu schützen. In der Email vom 28.02.2014 (Anlage K 5) wird irreführend ausgeführt, die Konditionen sollten für den Kunden kontinuierlich verbessert werden. Darüber hinaus entsteht durch den einleitenden Teil bei allen drei Emails der Eindruck, es werde durch die mitgeteilten Informationen ausschließlich eine Serviceleistung erbracht, die – anders als eine Preisanpassung – in keinem Zusammenhang mit eigenen Interessen des Absenders steht.
74Auch die Art und Weise der Darstellung (Fließtext, ohne Hervorhebung, in der Mitte eines über mehrere Seiten gehenden Textes) führt zur Unklarheit.
75Letztlich wird der Durchschnittskunde in der Annahme, dass lediglich allgemeine Umstände mitgeteilt werden, bestärkt, indem am Ende der Email mitgeteilt wird, dass die monatliche Belastung des Kunden stabil gehalten worden sei. Sofern die Beklagte meint, durch die Formulierung im Perfekt werde für den Kunden deutlich, dass die Preise – in der Vergangenheit – hätten stabil gehalten werden können, während dies für den Jetztzeitpunkt nicht mehr gelte, kann dieser Auslegung nicht gefolgt werden. Bei dem Passus handelt es sich offensichtlich um eine Zusammenfassung des Inhalts der Email, insbesondere angezeigt durch den Passus „wir haben sie […] informiert“. Der Kunde versteht deshalb auch die Information über den „stabil gehaltenen“ Preis als Information über den status quo.
76Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die Beklagte nicht nur intransparent über die Preisänderung informiert, sondern auch über das in diesem Zusammenhang bestehende Kündigungsrecht. Dass überhaupt über das Kündigungsrecht informiert wird – wie die Beklagte einwendet – ändert an der intransparenten Art und Weise der Informationsmitteilung nichts.
77b)
78Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten, die durch die Abmahnschreiben vom 15.04.2014 und vom 20.05.2014 entstanden sind, folgt aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
79Aufgrund der feststehenden Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Mitteilung der Preiserhöhung waren die Abmahnschreiben vom 15.04.2014 für die Stromkunden und die vom 20.05.2014 für die Gaskunden erforderlich.
80Grundsätzlich ist auch der Ansatz einer Kostenpauschale von 200,00 € anerkannt (Köhler, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 33. Auflage, 2015, § 12, Rn. 1.98). Vorliegend ist insbesondere auch der Ansatz von je 200,00 € pro Schreiben gerechtfertigt. Zwar ist die Sachlage bei den jeweils abgemahnten Verstößen nahezu identisch, allerdings waren die Emails für die Gaskunden, die Grundlage der Abmahnung vom 20.05.2014 waren, im Zeitpunkt der Abmahnung für die Stromkunden am 15.04.2014 noch nicht alle bekannt.
81c)
82Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.07.2014.
833.
84Soweit der Kläger Unterlassen der Verwendung einer AGB-Klausel begehrt, wonach Vertragsänderungen per Email mitgeteilt werden können, steht ihm insbesondere ein Anspruch aus § 1 UKlaG i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu.
85Es fehlt an einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne der Vorschrift, die Klausel weicht von keinen wesentlichen Grundgedanken einer auf die Energieversorgung mit Tarifkunden anwendbaren gesetzlichen Regelung ab.
86Auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 StromGVV bzw. § 5 Abs. 2 GasGVV kann eine unangemessene Benachteiligung nicht gestützt werden. Die Vorschriften geben ein gesetzliches Leitbild lediglich für Vertragsverhältnisse mit Kunden im Rahmen der Grundversorgung vor. Zwar konnten die Vorschriften nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Rahmen der AGB-rechtlichen Prüfung von Sonderkundenverträgen eine Wirkung entfalten, an dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof jedoch nicht mehr fest (BGH, Urteil vom 31.07.2013, Az.: VIII ZR 162/09, Anlage B 1, dort inbes. Rn. 43). Nach der sog. positiven Leitbildrechtsprechung waren Regelungen in Strom- und Gaslieferungsverträgen jedenfalls dann wirksam, wenn sie den genauen Wortlaut der Vorschriften der Strom- bzw. GasGVV enthielten (BGH, Urt. v. 27.01.2010, Az.: VIII ZR 326/08, Rn. 41, zitiert nach juris). Ob aus dieser Rechtsprechung über die Indizwirkung für die Wirksamkeit auch eine solche für die Unwirksamkeit etwaiger Klauseln folgt, kann dahinstehen, nachdem der Bundesgerichtshof die Leitbildrechtsprechung aufgegeben hat.
87Soweit der Kläger in der möglichen Mitteilung rechtserheblicher Erklärungen über Email einen Verstoß gegen europarechtliche Informations- und Transparenzanforderungen erblickt, liegt eine unangemessene Benachteiligung nicht vor. Aus der Richtlinie 2003/55 als solcher kann schon deshalb kein Prüfungsmaßstab gewonnen werden, weil diese am 03.03.2011 außer Kraft getreten ist. Ausweislich ihres Art. 1 Abs. 1 ist sie zudem nur auf Verträge anwendbar, die die Lieferung von Erdgas – nicht von Strom – beinhalten. Der Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 93/13, wonach die Verträge in klarer und verständlicher Sprache abgefasst werden müssen, stellt schon keine gesetzliche Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Im Übrigen beziehen sich die darin vorformulierten Anforderungen auf den Inhalt der Information, nicht auf ihren Übermittlungsweg. Denselben Bezugspunkt weisen die von dem Kläger in Bezug genommenen Zitate aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2013, Az.: C-92/11, Rn. 45 und 52 (zitiert nach BeckRS 2013, 80634) auf. Schließlich statuieren auch die Vorschriften des § 41 Abs. 1 Nr. 1 – 7, Abs. 3 EnWG lediglich Verpflichtungen im Hinblick auf den Inhalt der Information und nicht im Hinblick auf ihre Übermittlung.
88Auch im Übrigen kann eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht festgestellt werden.
89Soweit der Kläger die Klausel deshalb für unwirksam hält, weil die Übermittlung per Email eine sichere Informationsübermittlung nicht darstelle, fehlt konkreter Vortrag zur größeren Störanfälligkeit im Vergleich zu anderen Kommunikationswegen. Auch die Gefahr, dass bei dem Kunden eingegangene Emails von diesem übersehen werden oder dieser seine Emails nicht täglich abruft, beschreibt keine typische Gefahr des Emailversandes. Die Klauseln richten sich jeweils an solche Kunden, die ihre Email-Adresse zur Verfügung gestellt haben, d.h. die mit dieser im Rechtsverkehr auftreten. Für diesen Fall ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Kontrolle des Postfachs üblicherweise anzunehmen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.03.2009, Az.: 7 U 28/08, Seite 2 und 3, zitiert nach BeckRS 2009, 24422). Die Kunden, die ihre Email-Adresse zur Verfügung stellen, sind ausweislich Punkt 1.8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der F GmbH für die Lieferung von Energie an Privatkunden und Punkt 1.9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen R solche Kunden, die einen Vertrag mit der Beklagten im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen haben. Für Kunden, mit denen bei Vertragsschluss eine postalische Kommunikation gewählt wurde, gilt diese Verpflichtung nicht. Auch die Gefahr, dass der Kunde von den Vertragsänderungen keine Kenntnis nehmen kann, weil diese in den Spam-Ordner verschoben oder gar gelöscht werden, belastet diesen nicht unangemessen. Sie korrespondiert vielmehr mit der dem Kunden nach Punkt 1.8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der F GmbH bzw. 1.9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen R auferlegten Verpflichtung, den Spam-Filter so einzustellen, dass Emails der Beklagten nicht abgefangen werden. Dass eine solche Einstellung nicht möglich ist, wird auf den Vortrag der Beklagten nicht bestritten. Sofern sich der Kläger darauf stützt, dass die Klausel deshalb eine unangemessene Benachteiligung darstelle, weil sie dem Vertragspartner der Beklagte nicht gleichermaßen das Recht zur Zusendung rechtserheblicher Erklärungen per Email zugesteht, so gibt die Antragsfassung dies nicht her. Denn der Kläger begehrt mit dieser die Untersagung der Verwendung der Klausel schlechthin, und nicht nur unter dem Aspekt, dass dem Vertragspartner des Klauselverwenders nicht gleichermaßen eine Mitteilung per Email zugestanden wird.
90Schließlich ist die Klausel selbst auch nicht intransparent formuliert, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil die Voraussetzungen, unter denen es zur Wahl eines alternativen Kommunikationsweges kommt, offen sind. Diese sind durch die beschriebenen Störungen hinreichend erkennbar. Aus dem Transparenzgebot kann insbesondere nicht die Anforderung abgeleitet werden, sämtliche denkbaren technischen Störungen aufzulisten. Eine solche Auflistung würde ihrerseits zur Unverständlichkeit der Klausel führen.
91III.
92Die Ordnungsmittelandrohung ergeht nach § 890 Abs. 2 ZPO.
93Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. ZPO. Die Kosten der Säumnis waren auch nicht nach Maßgabe von § 344 ZPO ausschließlich der Beklagten aufzuerlegen. Denn unter Berücksichtigung der unter Ziff. II., 1. dargelegten Rechtsauffassung bestand ein Unterlassungsanspruch bereits im Zeitpunkt der Säumnis der Beklagten nicht.
94Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht für den Kläger nach § 709 Satz 1 ZPO und für die Beklagte nach §§ 708 Nr. 11, 2. Alt. ZPO, 711 ZPO.
95Streitwert: bis zu 8.000,00 €
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