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I. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Abnehmer der Klägerin unter Hinweis auf die deutsche Wortmarke Nr. 2004517 „Sam“ abzumahnen und auf Unterlassung, Auskunft und/oder Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wie gemäß des als Anlage KP 1 beigefügten Schreibens geschehen.
II. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aufgrund der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen deutschen Marke 2004517 „Sam“ gegenüber der Klägerin kein Anspruch zusteht, sie habe es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr innerhalb des Gebietes des Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „Sam“ Bekleidungsstücke zum Kauf anzubieten, wenn die Benutzung der Bezeichnung „Sam“ in Form eines Modellnamens erfolgt, wie bei den Internetangeboten gemäß Anlage KP 2 ersichtlich geschehen sowie dem Etikett gemäß Anlage KP 3, 1. Seite.
III. Die Widerklage wird abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. I. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 €, hinsichtlich Ziff. IV. des Tenors in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
2Die Klägerin ist Herstellerin von Bekleidungsstücken, insbesondere von Hosen. Das Hosen-Sortiment besteht aus verschiedenen Linien, wie z.B. „Denims“, „Dressy Pants“ oder „Casual Pants“, die jeweils in vier verschiedenen Schnitten erhältlich sind. Sie versieht die verschiedenen Schnitte innerhalb der Linien unter anderem mit unterschiedlichen Vornamen. Für ihre Herrenhosen sind dies neben dem Vornamen „SAM“ die männlichen Vornamen „TOM“, „TOMMY“, „JACK“, „SAMMY“, „LOU“, „GEORGE“, „STANLEY“, „KEVIN“, „EARNIE“, „IAN“, „ROB“, „LLOYD“, „PHIL“, „JOHN“, „CHUCK“ und „CHARLY“. Teilweise werden anderweitige Begriffe wie „SLIM“ oder „PIPE“ verwendet. Im Bereich der Damenbekleidung werden vornehmlich weibliche Vornamen gewählt. Die Klägerin verfügt über diverse sog. „Showrooms“ in Deutschland. ÜbScger eigene Ladenfilialien verfügt sie nicht. Vielmehr vertreibt sie die von ihr hergestellten Bekleidungsstücke über mehr als 2.500 Einzelhändler in 56 Ländern. Sie ist darüber hinaus Betreiberin der Internetpräsenz unter www.alberto-pants.com (vgl. Anlagen LHR 12 bis LHR 15), die auf einen Online-Shop unter der Domain www.albertoshop.de verlinkt, der von der E Aktiengesellschaft betrieben wird (vgl. Anlage LHR 16; Anlagen LHR 21 bis LHR 23). Auf ihrer Internetpräsenz wird dem jeweiligen Besucher über einen sog. „Storefinder“ ermöglicht, Ladengeschäfte im Umkreis zu suchen, die „Alberto“-Bekleidung im Sortiment haben (vgl. Anlage LHR 17).
3Die Beklagte ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Registernummer 2004517 mit Priorität zum 03.05.1991 eingetragenen deutschen Wortmarke „SAM“ (nachfolgend: Klagemarke), die unter anderem Schutz für „Bekleidungsstücke“ genießt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Registerauszug der Anlage LHR 2 Bezug genommen. Die Klagemarke wurde der Klägerin von der vorherigen Rechteinhaberin, der V GmbH, mit Wirkung zum 28.12.2012 übertragen.
4Die T e.K. ist eine Abnehmerin der Klägerin. Sie betreibt unter www.hemden-meister.de und www.mode-T.de zwei Online-Shops, über welche sie insbesondere nach Deutschland Bekleidungsstücke zum Kauf anbietet. Sie verwendet für die von ihr angebotenen Bekleidungsstücke nicht durchgehend Vornamen als Modellbezeichnungen (vgl. Anlagen LHR 19 und LHR 20). Zur Unterscheidung der angebotenen Artikel verschiedener Hersteller verwendet sie eine Buchstaben- bzw. Ziffernfolge als Bestellzeichensystem. Im August 2015 bot sie Hosen der Klägerin unter der Bezeichnung „ALBERTO Slim Fit Hose SAM“ auf ihren Webseiten, wie aus den Anlagen KP 2 ersichtlich, an, wobei die angegriffene Bezeichnung „SAM“ erst im Fließtext der weiteren Produktbeschreibung auf einer Unterseite erschien, wenn man die konkrete Hose anklickte.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2015 ließ die Beklagte die T e. K. wegen vermeintlicher Markenverletzung der Klagemarke abmahnen und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, zur Auskunftserteilung, zur Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 75.000,00 € auf (Anlage KP 1). Nachdem sich die T e. K. an die Klägerin und deren Prozessbevollmächtigte gewandt hatte, gaben diese für sie eine Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab. Die Folgeansprüche erkannten sie nicht an. Hinsichtlich der Abmahnkosten war ein Rechtsstreit gegen die T e. K. vor dem Landgericht Frankfurt a. M. unter dem Aktenzeichen 2-03 O 77/16 anhängig. Diese wurde mit Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. vom 27.06.2017 zur Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 1.752,90 € verurteilt (vgl. Anlage LHR 36).
6Unter dem 01.03.2016 mahnte die Beklagte auch die Klägerin wegen vermeintlicher Markenverletzung aufgrund der Kennzeichnung der eingenähten Etiketten der von ihr hergestellten Hosen ab, nachdem die Prozessbevollmächtigten der T e. K. und der hiesigen Klägerin diese Benutzung in einem Schriftsatz eingeräumt hatten (vgl. Anlage LHR 18), und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, zur Auskunftserteilung, zur Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung sowie zur Kostenerstattung auf. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf die Anlage KP 4 Bezug genommen.
7Die Klägerin ist der Ansicht, die Abnehmerverwarnung vom 17.09.2015 sowie die gegen sie selbst gerichtete Abmahnung vom 01.03.2016 seien unberechtigt, da keine Markenverletzung vorliege. Insbesondere fehle es bei der konkret beanstandeten Verwendung an einer markenmäßigen Benutzung. Dies gehe insbesondere daraus hervor, dass die Verwendung des Zeichens nicht auf der Oberseite und als Produktüberschrift in hervorgehobener Weise, sondern erst auf der Unterseite bei der Produktbeschreibung erfolgt sei. Es handele sich lediglich um eine Modellbezeichnung. Sie behauptet hierzu, gerade in der Bekleidungsbranche – und speziell bei Hosen – habe es sich etabliert, gängige oder leicht merkbare Vornamen zur Unterscheidung zu verwenden. Zudem erhebt sie die Einrede der Nichtbenutzung hinsichtlich der Klagemarke.
8Die Klägerin beantragt, nachdem der Antrag zu Ziff. 2 in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Verwendung wie in der Anlage KP 3, 2. Seite, nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist,
91. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihre Abnehmer unter Hinweis auf die deutsche Wortmarke Nr. 2004517 „Sam“ abzumahnen und auf Unterlassung, Auskunft und/oder Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wie gemäß des als Anlage KP 1 beigefügten Schreibens geschehen;
102. festzustellen, dass der Beklagten aufgrund der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen deutschen Marke 2004517 „Sam“ ihr gegenüber kein Anspruch zusteht, sie habe es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr innerhalb des Gebietes des Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „Sam“ Bekleidungsstücke zum Kauf anzubieten, wenn die Benutzung der Bezeichnung „Sam“ in Form eines Modellnamens erfolgt, wie bei den Internetangeboten gemäß Anlage KP 2 ersichtlich geschehen sowie dem Etikett gemäß Anlage KP 3, 1. Seite.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Widerklagend beantragt sie,
141. die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken am Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland Bekleidung unter der Bezeichnung
17SAM
18in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, wenn dies wie in Anlage LHR 1 geschieht;
192. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziff. 1. begangen hat, insbesondere
a. welche Umsätze und welchen Gewinn sie insoweit getätigt hat, und zwar aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten und Euro-Beträgen sowie
b. an welche gewerblichen Abnehmer und in welcher Menge sie die entsprechend gekennzeichneten Bekleidungsstücke ausgeliefert hat und zwar jeweils unter Angabe der vollen Anschriften und der Abgabepreise;
3. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziff. 1 bezeichneten Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird;
4. die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 1.752,90 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
28die Widerklage abzuweisen.
29Die Beklagte ist der Ansicht, die Klagemarke sei rechtserhaltend benutzt worden. Sie behauptet hierzu, die V GmbH habe die Klagemarke vor der Übertragung auf die Beklagte zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken über die N2 GmbH (jetzt: Miles GmbH) als Lizenznehmerin genutzt (vgl. zum Lizenzvertrag Anlage LHR 37). Die ehemalige N2 GmbH habe in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt knapp über 11.000 Bekleidungsstücke unter der Klagemarke an verschiedene B2C-Händler wie M1 Deutschland, die M2 GmbH und V1, verkauft, wobei sämtliche Artikel mit der Klagemarke im Etikett sowie auf dem Hangtag gekennzeichnet gewesen seien. Diese Benutzung führe die Beklagte fort. Insgesamt seien von 2013 bis 2016 in Deutschland 16.753 Exemplare von Bekleidung der Klagemarke verkauft worden. Darüber hinaus beliefere die Miles GmbH zum einen Großabnehmer wie L1 und L2 mit Bekleidungsstücken der Klagemarke; zum anderen beliefere sie über den von ihrer Tochterfirma V Online Vertriebs- und W GmbH betriebenen Online-Shop Endverbraucher. Der mit Bekleidungsstücken der Klagemarke in Deutschland erzielte Umsatz belaufe sich im Jahr 2013 auf 4.247,54 €, im Jahr 2014 auf 50.945,84 €, im Jahr 2015 auf 45.432,18 € und im Jahr 2016 auf 13.017,31 €. Der Umsatz der N2 GmbH mit Bekleidung der Marke „SAM“ belaufe sich in den Jahren 2010 bis 2012 auf 98.905,85 €. Die Beklagte behauptet weiter, die Eingabe des Zeichens „SAM“ als Suchbegriff bei der Online-Suchmaschine Google im Zeitpunkt der Abmahnung habe unmittelbar zu dem Angebot der hier streitgegenständlichen Hose geführt. Sie ist der Ansicht, die in ihren streitgegenständlichen Abmahnungen angegriffenen Zeichen stellten jeweils markenmäßige Benutzungen dar, die ihre Klagemarke verletzten. Insoweit stehe eine Auffassung auch als Modellbezeichnung der markenmäßigen Benutzung nicht entgegen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die Klage ist zulässig und begründet (s. Ziff. A). Die zulässige Widerklage ist unbegründet (s. Ziff. B).
33A.
34Die Klage ist zulässig. Darüber hinaus ist sie vollumfänglich begründet.
35Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte sowohl einen Anspruch auf Unterlassung von Schutzrechtsverwarnungen an ihre Abnehmer, wenn dies geschieht wie aus der Anlage KP 1 ersichtlich (s. Ziff. I.), als auch einen Anspruch, feststellen zu lassen, dass der Beklagten ihr gegenüber kein Unterlassungsanspruch aus der Klagemarke zusteht, wie in Ziff. 2 ihres Klageantrags beantragt (s. Ziff. II).
36I.
37Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB zu, da die Schutzrechtsverwarnung der Anlage KP 1, die gegen ihre Abnehmerin gerichtet wurde, rechtswidrig in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen hat.
38Nach der Rechtsprechung des BGH können unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB darstellen und Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen (C 2011, 152, Rz. 67 – Kinderhochstühle im Internet; C 2005, 882 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; C 2006, 432 Rz. 20 – Verwarnung aus Kennzeichenrecht II; C 2006, 433 Rz. 17 – Unbegründete Abnehmerverwarnung). Dabei reicht es für einen rechtswidrigen Eingriff bereits aus, dass die Schutzrechtsverwarnung objektiv unberechtigt ist (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Auflage 2017, § 4 Rn. 4.175). Die subjektive Rechtseinschätzung ist unerheblich. Auf ein Verschulden des Verwarners kommt es im Falle des Unterlassungsanspruchs ohnehin nicht an.
39Die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung kann insoweit einen unmittelbaren Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition sowohl des Verwarnten als auch desjenigen Gewerbetreibenden darstellen, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGH NJW 2005, 3141 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung). Bei der unberechtigten Abnehmerverwarnung ergibt sich die Unmittelbarkeit des Eingriffs in den Geschäftsbetrieb des Herstellers oder Lieferanten schon daraus, dass sie dessen Absatz beeinträchtigen kann (C 2006, 433, Rz. 18 – Unbegründete Abnehmerverwarnung; C 1995, 150 – Farina Belgien). Denn der abgemahnte Abnehmer wird häufig, zumal wenn er auf Konkurrenzprodukte oder andere Lieferanten ausweichen kann, geneigt sein, sich der Verwarnung zu beugen, um damit den mit einem Rechtsstreit verbundenen Nachteilen aus dem Wege zu gehen (C 2006, 433; Rz. 18 – Unbegründete Abnehmerverwarnung; vgl. BGH NJW 2005, 3141 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; C 1979, 332, 336 – Brombeerleuchte). Bereits die darin liegende Gefahr stellt – unabhängig davon, ob sich der unberechtigt verwarnte Abnehmer fügt oder nicht – eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Herstellers und des Lieferanten dar (C 2006, 433, Rz. 18 – Unbegründete Abnehmerverwarnung).
40Unerheblich ist, ob die Abnehmer der Klägerin die Bezeichnungen, unter denen sie die Ware der Klägerin verkaufen, grundsätzlich selbst wählen können und nicht an die Bezeichnung der Klägerin gebunden sind. Denn die Bezeichnungen der Klägerin sind üblicherweise auch auf den Produkten selbst angebracht, so dass eine Übernahme dieser Bezeichnung die einfachste und naheliegendste Variante darstellen dürfte. Wäre es für die Abnehmer wegen markenrechtlicher Probleme, die sich durch eine Verwarnung abzeichnen, mit Risiken behaftet, diese klägerische Bezeichnung zu übernehmen, würden sie sich im Zweifel dafür entscheiden, dieser Problematik von Vornherein aus dem Weg zu gehen, indem sie entsprechende Waren von anderen Herstellern beziehen. Dass die Gefahr einer solchen Vorgehensweise und damit einer Absatzbeeinträchtigung der Klägerin besteht, reicht insoweit aus.
41Die Abmahnung der Beklagten gegen die T e. K. vom 17.09.2015 war zudem unberechtigt. Unberechtigt ist eine Schutzrechtsverwarnung, wenn entweder das behauptete Recht nicht, noch nicht oder nicht mehr besteht oder wenn es zwar besteht, aber nicht verletzt wurde oder wenn die behaupteten Ansprüche aus dem Recht nicht hergeleitet werden können. Maßgebend ist dabei die objektive Rechtslage. Auf den Glauben des Verwenders kommt es nicht an (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 4.170). Die Beklagte hat gegen die T e. K. weder einen Unterlassungsanspruch wegen der in der Schutzrechtsverwarnung der Anlage KP 1 monierten Verwendung des angegriffenen Zeichens, noch einen Auskunfts- und Schadensersatzanspruch.
421.
43Die Beklagte hat gegen die T e. K. keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 14 Abs.1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufgrund der Zeichenverwendung, wie aus der Anlage KP 2 ersichtlich.
44Nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gewährt die Marke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht, welches Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt.
45a.
46Die Beklagte ist Inhaberin der Klagemarke „SAM“.
47b.
48Dahinstehen kann, ob die Klagemarke im Sinne des § 26 Abs. 1 MarkenG rechtserhaltend benutzt worden ist. Denn es fehlt hier schon an einer markenmäßigen Benutzung des mit der Abmahnung der Anlage KP 1 angegriffenen Zeichens.
49Indem die T e. K. Hosen, wie aus der Anlage KP 2 ersichtlich, auf ihren Internetseiten beworben und zum Kauf angeboten hat, hat sie das angegriffene Zeichen nicht markenmäßig, sondern lediglich als Modellbezeichnung benutzt.
50Eine markenmäßige Verwendung liegt dann vor, wenn das Zeichen im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 132 m.w.N.; C 2017, 520, Rz. 26 – MICRO COTTON). Damit beurteilt sich die Frage, ob eine markenmäßige Verwendung vorliegt, allein danach, ob die objektive, nicht völlig fern liegende Möglichkeit besteht, dass das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, wobei dabei das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers ausschlaggebend ist (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 138, 144). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (C 2017, 520 Rz. 26 – MICRO COTTON). Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, liegt kein markenmäßiger Gebrauch vor (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 145; OLG Hamburg MarkenR 2009, 220, 223 – Schokostäbchen). Unter die markenmäßige Benutzung fällt insbesondere nicht der Gebrauch einer beschreibenden Angabe (vgl. C 2009, 502 – pcb, Tz. 29, m.w.N.; EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 61 – L'Oréal/Bellure; EuGH GRUR 2002, 692 – Hölterhoff).
51Der angesprochene Verkehr, der aus Endkunden besteht, die an dem Kauf von Hosen interessiert sind, und zu dem die Kammermitglieder zählen, wird in der Gesamtbezeichnung der streitgegenständlichen Hose „ALBERTO Slim Fit Hose SAM“ nur das Zeichen „ALBERTO“ als Herkunftshinweis erkennen. Die anderen Bestandteile hingegen werden nicht als zu dem Zeichen im Sinne eines Gesamtzeichens gehörend und auch nicht als herkunftshinweisendes Zweitkennzeichen aufgefasst.
52Zwar ist von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, dass es auf den Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt. Im Regelfall geht der Verkehr deshalb von einem aus mehreren Teilen bestehenden zusammengesetzten Zeichen aus, wenn zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung zwei oder mehr Zeichen verwendet werden (C 2015, 279, Rz. 17 – SAM; BGH, GRUR 2007, 592 Rn. 13 – bodo Blue Night). Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass der Verkehr in einer komplexen Aufmachung kein Gesamtzeichen, sondern mehrere selbstständige Kennzeichen erkennt (C 2015, 279, Rz. 17 – SAM). Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung stellt insoweit eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar. Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen (C 2007, 592, Rz. 15 – bodo Blue Night).
53Die Bestandteile „Slim Fit“ und „Hose“ der Gesamtbezeichnung „ALBERTO Slim Fit Hose SAM“ treten als rein beschreibende Angaben des Schnittes der Hose und der Art des Bekleidungsstücks zurück und werden nicht als herkunftshinweisend aufgefasst. Der angesprochene Verkehr wird mangels beschreibender Natur dem Zeichen „SAM“ keine erkennbare Bedeutung beimessen, so dass das Verständnis von „SAM“ als (Zweit-)Kennzeichen neben dem erkennbar auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen „ALBERTO“ grundsätzlich in Betracht kommt. Dies scheidet im Ergebnis jedoch aus.
54Ein beschreibender Sinn der Bezeichnung „SAM“ für Hosen ist nicht feststellbar. Die Bezeichnung steht weder für ein gängiges Schnittmuster noch für sonstige Produkteigenschaften. Auch wenn die Klägerin ihren Hosenmodellen bestimmte Vornamen zuordnet, die für unterschiedliche Schnitte oder sonstige Merkmale stehen, wird der angesprochene Verkehr die verschiedenen Modelle den unterschiedlichen Vornamen jedoch erst dann zuordnen können, wenn er ein konkretes Modell mit einer bestimmten Bezeichnung schon einmal gekauft hat.
55Ein herkunftshinweisender Gebrauch kann zunächst auch nicht mit der Begründung verneint werden, bei der Bezeichnung „SAM“ handle es sich um ein bloßes Bestellzeichen. Für das Verständnis eines reinen Bestellzeichens muss die Zeichenverwendung einer gewissen Systematik hinsichtlich der Produktkennzeichnung folgen, z.B. indem durchgängig Vornamen verwendet werden (vgl. BGH NJW-RR 1995, 357 – Garant-Möbel). Dies ist hier nicht der Fall. Es ist schon nicht dargelegt worden, dass die in Anspruch genommene Abnehmerin der Klägerin auf ihren Webseiten durchgängig Vornamen in den Bezeichnungen der angebotenen Hosen verschiedener Hersteller verwendete (vgl. Anlagen LHR 19 bis LHR 21) und die streitgegenständliche Zeichenverwendung damit einer gewissen Systematik hinsichtlich der Produktkennzeichnung folgen würde. Es ist für den hier maßgeblichen angesprochenen Verkehrskreis gerade nicht ersichtlich, dass die Bezeichnung als internes Zeichen im Rahmen eines Bestellzeichensystems aufgefasst wird. Vielmehr hat die Abnehmerin der Klägerin ein eigenes Produktnummernsystem, das aus Buchstaben- bzw. Ziffernfolgen besteht, wie es aus den Anlagen LHR 19 und LHR 20 hervorgeht. Vornamen werden nur teilweise verwendet.
56Allerdings wird der angesprochene Verkehr das Zeichen „SAM“ in dem hier konkret vorliegenden Einzelfall, auf den es maßgeblich ankommt, zweifelsfrei als bloße Modellbezeichnung zur Individualisierung der streitgegenständlichen Hose erkennen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es der Annahme einer markenmäßigen Verwendung nicht entgegen steht, dass ein Vorname sowohl als Modellbezeichnung als auch als Herkunftshinweis aufgefasst wird (C 1970, 552, 553 – Felina-Britta; C 1968, 367, 369 – Corrida; C 1954, 123 – NSU Fox/Auto-Fox; vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 8.11.2005 – I-20 U 110/04, Rz. 26, BeckRS 2011, 17100). Ein solches Verständnis – hier als herkunftshinweisendes Zweitkennzeichen – kann vorliegend jedoch ausgeschlossen werden. Denn in der Textilbranche besteht eine dem Verbraucher geläufige Übung, Vornamen in Katalogen, Preislisten und Dekorationen als bloße Artikelbezeichnung zu verwenden, um die einzelnen Bekleidungsstücke zu individualisieren (vgl. C 1970, 552, 553 – Felina-Britta; C 1988, 307 – Gaby). Diese Übung legen auch die von der Klägerseite vorgelegten Anlagen – insbesondere auch für den Bereich von Hosen – (z. B. Anlagen KP 11 bis KP 51, KP 54 bis 80) sowie die Erklärung des H Modeverbands Deutschland e.V. (Anlage KP 52) nahe und kann auch aus den Erfahrungen der Kammermitglieder, die dem angesprochenen Verkehrskreis angehören, bestätigt werden. Zwar bezeichnen sowohl die Abnehmer der Klägerin als auch andere namhafte Hersteller von Bekleidung die von ihnen vertriebenen bzw. angebotenen Hosen nicht durchgehend mit Vornamen, wie unter anderem aus den Anlagen LHR 19 bis LHR 21 sowie LHR 24 bis LHR 66 erkennbar ist. Dies steht einem Verständnis als Modellbezeichnung in dem hier konkret vorliegenden Fall allerdings nicht entgegen. Denn nicht maßgeblich ist, ob diese Übung einheitlich ist, solange dem angesprochenen Verkehr die entsprechende Kennzeichnungspraxis der Branche an sich – wie hier – geläufig ist.
57Dabei findet auch Berücksichtigung, dass Vornamen – genauso wie bspw. Buchstabenkombinationen – grundsätzlich Unterscheidungskraft besitzen können, insbesondere wenn es sich nicht um alltägliche Namen handelt (vgl. zu Mädchenvornamen C 1970, 552, 553 – Felina-Britta; BGH in GRUR 1961, 280 – Tosca). Dies stellt jedoch kein Hindernis für die Annahme dar, die beanstandete konkrete Verwendungsform werde vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden (vgl. C 2007, 780, Rz. 24 – Pralinenform). Insoweit können durchaus auch unterscheidungskräftige Zeichen als Modellbezeichnung gewählt werden, ohne im konkreten Einzelfall zugleich als Herkunftshinweis zu wirken.
58Der Verkehr wird „SAM“ als einen aus dem englischsprachigen Raum stammenden Namen erkennen, auch wenn es sich bei diesem nicht um einen in Deutschland alltäglichen oder gängigen Vornamen handeln dürfte. Dementsprechend wird er – entsprechend der geläufigen Übung – diesen Namen auch gerade als Bezeichnung lediglich des Modells einordnen, wenn er ihm wie hier beanstandet gegenübertritt. Nach Ansicht der Kammer ist es daher auch unerheblich, ob ein und derselbe Vorname von verschiedenen Herstellern als Bezeichnung eines Bekleidungsstücks verwendet wird, solange für den angesprochenen Verkehr die Bezeichnung als Name erkennbar ist.
59Zwar reicht die Branchenübung der Verwendung von Vornamen als Artikelbezeichnung allein nicht aus, um unabhängig vom konkreten Einzelfall eine herkunftshinweisende Benutzung per se auszuschließen. Die konkret angegriffene Verwendung, wie aus der Anlage KP 2 ersichtlich, ist jedoch gerade nicht markentypisch. So wird „SAM“ nicht herausgestellt, insbesondere nicht in der Überschrift, benutzt, in der der Verkehr üblicherweise die Nennung der Marke sowie der Zweitmarke erwartet. Zwar ist für eine markenmäßige Verwendung nicht zwingend erforderlich, dass das angegriffene Zeichen blickfangmäßig herausgestellt wird. Allerdings spricht ein solches blickfangmäßiges Hervorheben grundsätzlich für einen markenmäßigen Gebrauch (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 147, m.w.N.). Hier befindet sich das Zeichen „SAM“ lediglich im Fließtext der Beschreibung auf einer Unterseite und zudem nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit dem weiteren kennzeichnungskräftigen Zeichen „ALBERTO“. Daher ist der hier vorliegende Sachverhalt auch nicht mit denjenigen zu vergleichen, die den angeführten Entscheidungen anderer Gerichte, aber auch der Entscheidung der Kammer vom 08.03.2016, Az. 2a O 335/15, (Anlage LHR 74) zugrunde lagen. Denn im letzteren Fall handelte es sich um eine Verwendung von „SAM“ in Alleinstellung neben weiteren lediglich beschreibenden Zeichen.
60Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die für eine Einordnung als Herkunftshinweis sprächen. Zwar ist in die Beurteilung, ob eine markenmäßige Benutzung vorliegt, auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke einzubeziehen, insbesondere wenn es sich – wie hier – um eine identische Verwendung des Zeichens handelt (vgl. zu dreidimensionalen Marken C 2016, 197, Rz. 29 – Bounty, m.w.N.; C 2008, 793, Rz. 18 – Rillenkoffer). Gerade wenn das fragliche Zeichen mit einer Marke kollidiert, die im Verkehr eine gewisse Bekanntheit errungen hat, wird der Verkehr geneigt sein, dieses Zeichen zumindest auch als betriebliches Herkunftskennzeichen aufzufassen. Ist das Zeichen dem Verkehr als Herkunftshinweis bekannt, lässt dies den Schluss zu, dass er es auch in anderem Zusammenhang als markenmäßig auffasst (Ströbele/Hacker/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 14 Rn. 135; C 1995, 156 – Garant-Möbel). Dass der Klagemarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft oder sogar Bekanntheit bei dem angesprochenen Verkehr zukäme, so dass der Verkehr geneigt wäre, in dem Zeichen „SAM“ zumindest auch ein herkunftshinweisendes Zweitkennzeichen zu erblicken, ist jedoch nicht ersichtlich. Selbst falls die von der Beklagten vorgetragenen Umsatzzahlen tatsächlich erzielt worden sein sollten, reicht ein Umsatz von höchstens knapp über 50.000,00 € jährlich (vgl. Anlage LHR 4 und LHR 9) für ein Massenprodukt wie Bekleidungsstücke im unteren Preissegment, die an Großabnehmer wie L1, M1 und L2 vertrieben werden, ggf. und höchstens für eine rechtserhaltende Benutzung aus, nicht jedoch, um eine Bekanntheit oder gesteigerte Kennzeichnungskraft zu begründen.
61Soweit die Beklagte behauptet hat, dass im Zeitpunkt der Abmahnung die Eingabe des Zeichens „SAM“ als Suchbegriff bei der Online-Suchmaschine Google unmittelbar zu dem Angebot der hier streitgegenständlichen Hose geführt hätte, so hat sie hierfür schon keinen Beweis angetreten. Mangels detaillierten Vortrags reichte ein einfaches Bestreiten von Seiten der Klägerin für ein wirksames Bestreiten auch aus. Konkrete Suchergebnisse nach Eingabe des Zeichens „Sam“ bzw. „Hose Sam“ wurden nicht dargelegt. Im Übrigen kann das Auffinden der Angebote über die Internet-Suchmaschine eine rechtsverletzende markenmäßige Benutzung ohnehin nicht begründen. Denn selbst falls das Angebot der Abnehmerin der Klägerin bei Eingabe des Begriffes erscheinen sollte, wäre dies mangels anderweitigen Vortrags lediglich darauf zurückzuführen, dass das Zeichen unstreitig im Fließtext der Beschreibung auftaucht. Insoweit scheidet eine Haftung des Betreibers einer Internetseite aus, wenn er bestimmte Begriffe im Quelltext oder im Text seiner Seite nur in einem beschreibenden Zusammenhang verwendet und diese erst durch das von ihm nicht beeinflussbare Auswahlverfahren einer Suchmaschine in der Trefferliste in einen Zusammenhang gestellt werden, dem der Verkehr eine markenmäßige Benutzung dieser Begriffe entnimmt (C 2009, 1167, Rz. 19 – Partnerprogramm). Stellt somit die hier streitgegenständliche Benutzung – wie dargestellt – schon keine markenmäßige und damit rechtsverletzende Benutzung dar, kann das durch eine Suchmaschine automatisch erfolgte Auffinden dieses Zeichens nicht in Widerspruch dazu zu einer Markenverletzung führen.
622.
63Da keine markenmäßige Benutzung vorlag, bestand auch weder der in der Abmahnung geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG noch der Anspruch auf Auskunftserteilung aus § 19 MarkenG.
64II.
65Die negative Feststellungsklage ist – nachdem nach Erhebung der Widerklage der Antrag zu 2. hinsichtlich der Anlage KP 3, 2. Seite, wegen identischer Streitgegenstände übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist – zulässig und begründet. Denn die Beklagte hat auch gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen der Verwendung der Bezeichnung „SAM“ wie aus der Anlage KP 3, 1. Seite, ersichtlich.
661.
67Der Feststellungsantrag ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.
68Derjenige, der wegen Verletzung immaterieller Schutzrechte abgemahnt wird, kann grundsätzlich gerichtlich feststellen lassen, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist und dass die darin erhobenen Ansprüche nicht bestehen. Das erforderliche rechtliche Interesse an diesem prozessualen Vorgehen ist dem Abgemahnten schon dann zuzubilligen, wenn die Rechtsberühmung des Abmahnenden die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können (C 2009, 1162, Rz. 23 – DAX; C-RR 2006, 363 – BMW-Bildmarke; C 1995, 697 – FUNNY PAPER).
69Dies ist hier der Fall. Der dem Abmahnschreiben vom 01.03.2016 (Anlage KP 4) beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist zu entnehmen, dass sich die Beklagte eines Unterlassungsanspruchs berühmt, der zu einem generellen Verbot der Benutzung des Zeichens „SAM“ im geschäftlichen Verkehr führt. Dabei ist es unerheblich, dass die Beklagte in dem Abmahnschreiben auf die konkrete Verletzungsform der Anlage LHR 1, die der Anlage KP 3, 2. Seite entspricht, Bezug nimmt. Insoweit ist die Abmahnung mit der beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung als Einheit anzusehen. Insbesondere erfasst die Berühmung damit auch die konkrete Benutzungsform der Klägerin in Gestalt der Etikettierung, wie aus der Anlage KP 3, 1. Seite ersichtlich, sowie das Anbieten der so gekennzeichneten Ware. Die Klägerin hat demnach ein Interesse daran, feststellen zu lassen, dass diese konkrete Verwendung nicht von einem Unterlassungsanspruch der Beklagten erfasst ist.
70Zudem besteht ein Interesse der Klägerin, feststellen zu lassen, dass die Beklagte gegen sie keinen Unterlassungsanspruch wegen der Benutzung des Zeichens „SAM“ wie aus den Internetangeboten der Anlage KP 2 hat. Zwar bietet sie selbst in dieser Form keine Hosen über das Internet an, sondern nur ihre Abnehmerin. Allerdings besteht insoweit zumindest eine Erstbegehungsgefahr, aus der sich das erforderliche Rechtsschutzinteresse ergibt. Denn auch die Klägerin verfügt über eine Internetpräsenz unter www.alberto-pants.com, über die sie ihre Hosen zumindest bewirbt. Sie hat demnach ein schutzwürdiges Interesse daran, zwecks Rechtssicherheit feststellen zu lassen, dass eine Bezeichnung ihrer Hosen auf einer Internetpräsenz, wie aus der Anlage KP 2 ersichtlich, nicht in fremde Markenrechte eingreift.
712.
72Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte hat gegen die Klägerin weder einen Anspruch auf Unterlassung aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen der Benutzung des Zeichens „SAM“, wie aus der Anlage KP 2 ersichtlich, noch wegen der Verwendung wie aus den Etikettierungen der Anlage KP 3, 1. Seite, ersichtlich.
73Unstreitig stellt die Klägerin die in dieser Weise etikettierten Hosen her bzw. besitzt diese, um sie über ihre Abnehmer im Inland in den Verkehr zu bringen. Darin liegt allerdings entsprechend der Ausführungen unter Ziff. A. I. 1. b. keine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnung. Entsprechend der angegriffenen Verwendung innerhalb des Internetauftritts der Abnehmerin der Klägerin (Anlage KP 2) stellt das als Namen erkennbare Zeichen „SAM“ auf dem Etikett der Anlage KP 3, 1.Seite, zweifelsfrei lediglich eine erkennbare Modellbezeichnung der jeweiligen Hose dar. Zwar wird eine Anbringung von Zeichen auf den Etiketten von Bekleidungsstücken vom Verkehr regelmäßig als Herkunftshinweis aufgefasst (vgl. C 2014, 378, Rz. 20 – OTTO CAP, m.w.N.). Hier weist die Etikettierung der Anlage KP 3, 1. Seite, das Zeichen „SAM“ jedoch ausdrücklich im Kontext mit „style“ sowie der Zahlenfolge „4427“ auf. Das Wort „Style“ weist den Verkehr noch zusätzlich darauf hin, dass es sich lediglich um das „Modell“ der Hose handelt, nicht aber um die Marke.
74B.
75Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
76I.
77Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen der Verwendung des angegriffenen Zeichens, wie auf dem Etikett der Anlage LHR 1 ersichtlich.
78Eine markenmäßige Verwendung liegt nicht vor. Entsprechend der angegriffenen Verwendung innerhalb des Internetauftritts der Abnehmerin der Klägerin (Anlage KP 2) stellt das Zeichen „SAM“ auf dem Etikett zweifelsfrei lediglich eine erkennbare Modellbezeichnung der jeweiligen Hose dar. Zwar wird hier im Gegensatz zu der Verwendung gemäß der Anlagen KP 2 und KP 3, 1. Seite, in dem eingenähten Etikett das Zeichen „SAM“ in einer eigenen Zeile innerhalb der Kurzbezeichnung des Artikels („article“) neben den beschreibenden Angaben hinsichtlich des Schnitts („slim fit“) und des Stoffs („Cool Silk“) sowie der Artikelnummer genannt. Der Verkehr wird jedoch aus der konkreten Verwendung des Zeichens auf dem Waschetikett der Hose zweifelsfrei erkennen, dass es sich nicht um die Marke der Hose handelt.
79Zum einen wird er auch hier „SAM“ als Namen erkennen und daher die ihm bekannte Branchenübung berücksichtigen, dass Vornamen oftmals als Modellbezeichnungen zur Kennzeichnung verschiedener Modelle von Bekleidungsstücken, insbesondere Hosen, verwendet werden. Insoweit wird auf die Ausführungen in Ziff. A. I. 1. b. Bezug genommen. Zum anderen wird zwar – wie bereits oben erwähnt – eine Anbringung von Zeichen auf den Etiketten von Bekleidungsstücken vom Verkehr regelmäßig als Herkunftshinweis aufgefasst (C 2014, 378, Rz. 20 – OTTO CAP, m.w.N.). Dies gilt nach Ansicht der Kammer jedoch nur für die Hangtag-Etiketten, die an der Neuware angebracht sind, sowie für die eingenähten Labels, wie z.B. Nackenetiketten bei Oberbekleidung, nicht jedoch für die hier aus der Anlage LHR 1 ersichtlichen Waschetiketten, auf denen der Verkehr Artikelnummern, Waschanweisungen, den Herstellungsort („made in…“), die stoffliche Zusammensetzung des Bekleidungsstücks und höchstens eine Modellbezeichnung oder ein Bestellzeichen erwartet, nicht jedoch die bereits an anderer Stelle aufgebrachte Marke. Dies steht auch nicht in Widerspruch mit dem in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Beschluss der Kammer vom 20.01.2016, Az. 2a O 5/16, (Anlage LHR 35). Denn dort war das Zeichen „SAM“ in Alleinstellung auf einem eigenen Etikett aufgebracht, nicht aber auf dem Waschetikett selbst.
80II.
81Die Beklagte hat gegen die Klägerin daher auch keinen Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, auf Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung aus § 14 Abs. 6 MarkenG bzw. § 242 BGB. Da die Abmahnung mangels bestehender Ansprüche unbegründet war, kann sie von der Klägerin auch nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB verlangen.
82C.
83Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91a, 91 Abs. 1, 709 ZPO.
84Die Kostenentscheidung hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes im Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärungen entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen. Das Feststellungsinteresse ist aufgrund der Erhebung der Widerklage ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung teilweise – hinsichtlich der Anlage KP 3, 2. Seite, – entfallen, so dass der darauf bezogene Feststellungsantrag teilweise unzulässig geworden ist. Denn bei dem Antrag zu 1. der Widerklage handelt es sich um die korrespondierende Unterlassungsklage umgekehrten Rubrums. Das Feststellungsinteresse entfällt, soweit sich die Streitgegenstände decken, allerdings erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Leistungsklage nach § 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14–19d Rn. 395) – hier mit Beginn der mündlichen Verhandlung. Der ursprünglich zulässige Feststellungsantrag hätte Erfolg gehabt. Denn die Beklagte hatte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des angegriffenen Zeichens, wie aus der Anlage KP 3, 2. Seite, bzw. LHR 1 ersichtlich. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. B. I. Bezug genommen.
85Streitwert: 90.000,00 € bis zum 28.11.2017, wobei auf die Klage 75.000,00 € (Antrag zu 1.: 25.000,00 €, Antrag zu 2.: 50.000,00 €) und auf die Widerklage 15.000,00 € (Antrag zu 2. und 3.) entfallen;
8690.000,00 € ab dem 29.11.2017, wobei auf die Klage 50.000,00 € (Antrag zu 1.: 25.000,00 €, Antrag zu 2.: 25.000,00 €) und auf die Widerklage 40.000,00 € (Antrag zu 1.: 25.000,00 €; Antrag zu 2. und 3.: 15.000,00 €) entfallen.