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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 7.333,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.900,00 € seit dem 21.01.2015, aus 3.470,28 € seit dem 16.01.2015 und aus 1.962,87 € seit dem 12.03.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 702,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2015 zu zahlen.
Die Kosten für das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen U vom 08.01.2016 trägt die Beklagte. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 9/10 und der Kläger zu 1/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Der Kläger nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer seines Unfallgegners in Anspruch.
3Am 09.10.2014 stand der Kläger mit dem in seinem Eigentum stehenden Kfz des Typs Porsche 911 Carrera S Cabriolet an einer Ampel als der Versicherungsnehmer der Beklagten beim rückwärtigen Ausparken einen Unfall verursachte. Der Versicherungsnehmer der Beklagten stieß dabei mit seinem Kfz gegen die vordere Felge des klägerischen Kfz. Die Erstzulassung des Kfz des Klägers war am 03.07.2014 erfolgt. Die Laufleistung im Unfallzeitpunkt betrug etwa 3.500 km. Der Wiederbeschaffungswert liegt bei circa 120.000,00 €.
4Nach dem Unfall brachte der Kläger am 13.10.2014 sein Kfz zu einer Porsche-Vertragswerkstatt, wo er es am 14.10.2014 von einem Sachverständigen des TÜV - M begutachten ließ. Der Sachverständige stellte fest, dass das Kfz unfallbedingt nicht verkehrssicher sei. Er empfahl unter anderem aus Sicherheitsgründen den Austausch des Lenkgetriebes. Er ging von einer Reparaturdauer von zwei bis drei Arbeitstagen aus. Der Kläger beauftragte im Anschluss die Porsche-Vertragswerkstatt mit der Durchführung der vom Sachverständigen empfohlenen Reparaturmaßnahmen. Die Reparatur dauerte bis zum 24.10.2014.
5Durch seinen Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger vorgerichtlich 13.002,16 € als Schaden geltend machen. Der Betrag setzte sich zusammen aus Reparaturkosten von 6.664,29 €, einem merkantilen Minderwert von 1.900,00 €, Kosten für den Sachverständigen von 912,87 €, eine Nutzungsausfallentschädigung von 3.500,00 € sowie einer Kostenpauschale von 25,00 €. Darauf zahlte die Beklagte vorgerichtlich einen Betrag von 4.794,01 €. Auf daneben geltend gemachte Rechtsverfolgungskosten von 1.029,35 € leistete die Beklagte vorgerichtlich weitere 255,85 €.
6Der Kläger mahnte die Zahlung der noch offenen Beträge vorgerichtlich mit diversen anwaltlichen Schreiben an. Für den genauen Verlauf wird auf die Anlagen K 4b und K 6a sowie K 6b der Klageschrift verwiesen.
7Der Kläger behauptet, durch den Unfall sei an seinem Kfz ein merkantiler Minderwert von 1.900,00 € eingetreten. Er ist der Ansicht, dass auch die übrigen Kosten von der Beklagten zu erstatten sind. Denn maßgeblich sei, welche Kosten tatsächlich angefallen seien.
8Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.208,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.900,00 € seit dem 07.01.2015, aus 3.470,28 € seit dem 09.01.2015 und aus 1.962,87 € seit dem 05.03.2015 zu zahlen.
102. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 773,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
11Mit Schriftsatz vom 23.10.2015, welcher der Beklagten am 30.10.2015 zugestellt wurde, hat der Kläger den Antrag zu Ziff. 1 in Höhe von 875,00 € zurückgenommen. Daraufhin hat die Beklagte insoweit Kostenantrag gestellt. Hintergrund war, dass sich der klägerische Prozessbevollmächtigte beim Ablesen der Reparaturbestätigung im Datum verlesen hatte.
12Der Kläger beantragt nunmehr,
131. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.333,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.900,00 € seit dem 07.01.2015, aus 3.470,28 € seit dem 09.01.2015 und aus 1.962,87 € seit dem 05.03.2015 zu zahlen.
142. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 773,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie behauptet, dass ein merkantiler Minderwert aufgrund der relativ geringen Höhe des Schadens nicht vorliege. Sie behauptet zudem, die weiteren Schadenspositionen seien – soweit nicht schon vorgerichtlich von ihr beglichen – überhöht. Insbesondere habe das Lenkgetriebe nicht ausgetauscht werden müssen. Sie ist der Ansicht, dass nicht auf die tatsächlich angefallenen, sonder die objektiv erforderlichen Reparaturkosten abzustellen sei. Dies gelte entsprechend für die Dauer des Nutzungsausfalls.
18Die Klage wurde der Beklagten spätestens am 04.05.2015 zugestellt. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 29.10.2015. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen U vom 08.01.2016 verwiesen.
19Mit Zustimmung der Parteien wurde durch Beschluss vom 04.03.2016 die Fortsetzung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 7.333,15 € zu.
231.
24Für die verbleibenden Reparaturkosten in Höhe von 3.470,28 € ergibt sich der Anspruch aus § 7 StVG, § 115 VVG, § 249 BGB. Dabei kommt es auf die Frage, ob der Austausch des Lenkgetriebes aufgrund des Unfalls erforderlich war, nicht an. Denn der Kläger durfte auf Basis des von ihm in Auftrag gegebenen Privat-Gutachtens annehmen, dass der Austausch vorzunehmen war.
25Maßgeblich für die Höhe des vom Schädiger zu ersetzenden Schadens sind die tatsächlich angefallen Reparaturkosten, wenn der Geschädigte insoweit seine Obliegenheiten zur Schadensminderung berücksichtigt hat (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 29.10.1974, VI ZR 42/73, NJW 1975, 160, 161; ständige Rechtsprung, zuletzt bestätigt etwa bei BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 Tz. 7; ausführlich LG Saarbrücken, Urteil vom 23.01.2015, 13 S 199/14, NJW-RR 2015, 478). Denn „der ‚erforderliche‘ Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muß“ (Zitat aus BGH, NJW 1975, 160, 161).
26Der selbst nicht sachverständige Kläger hat seine Obliegenheiten erfüllt. Er hat mit der Begutachtung des beschädigten Porsche einen Sachverständigen des TÜV - M beauftragt auf dessen Fachkunde er vertrauen durfte. Auf Basis der Feststellungen des Sachverständigen hat er die Reparatur des Fahrzeugs bei einer Porsche-Niederlassung in Auftrag gegeben. Die Ausführung der Reparatur erfolgte im vorgegebenen Rahmen.
272.
28Der Anspruch zur Zahlung weiteren Nutzungsausfalls in Höhe von 1.050,00 € besteht ebenfalls gemäß den § 7 StVG, § 115 VVG, § 249 BGB.
29Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass dem Kläger pro Tag als Nutzungsausfallschaden ein Betrag von 175,00 € zusteht. Der Kläger kann diesen Betrag für die gesamte Zeit der reparaturbedingten Nichtverfügbarkeit seines Kfz beanspruchen. Diese Zeit begann bereits mit dem Unfall, da ab diesem Moment nach den unwidersprochenen, auf dem Privat-Gutachten basierenden Vortrag des Klägers das Kfz zwar fahrbereit, jedoch nicht verkehrssicher war.
30Ob die Reparaturdauer objektiv zu lang war, ist unerheblich. Denn der diesbezügliche zeitliche Ablauf lag nicht in der Hand des Klägers. Die Verzögerung der Reparatur erreichte auch nicht ein derartiges Ausmaß, dass der Kläger gehalten gewesen wäre, aktiv zu werden und darauf hinzuwirken, dass die Porsche-Niederlassung die Reparatur schneller vorantreibt.
313.
32Der Kläger hat einen Anspruch auf Kompensation des an seinem Kfz entstandenen merkantilen Minderwertes gegen die Beklagte gemäß den § 7 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 251 Abs. 1 BGB in Höhe von 1.900,00 €.
33Der geltend gemachte und vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte merkantile Minderwert liegt lediglich bei ca. 1,5% des geschätzten Wiederbeschaffungswertes. Es handelt sich damit in Anbetracht der zwar auf den ersten Blick geringen Unfallschäden, die aber dennoch zu umfangreichen Reparaturen geführt haben, um eine nachvollziehbare und angemessene Größe.
34Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unfall zu Schäden am Kfz des Klägers geführt hat, die aufgrund des Reparaturaufwandes bei einem Weiterverkauf offenbarungspflichtig wären (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Tz. 20). Das vorliegen eines merkantilen Minderwertes liegt somit bei dem im Unfallzeitpunkt gerade einmal seit drei Monaten zugelassenen Premiumfahrzeug des Klägers mit einer Laufleistung von ca. 3.500 km nahe.
35Bezüglich der konkreten Höhe des merkantilen Minderwerts schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen an. Mit dem Sachverständigen geht das Gericht davon aus, dass potentielle Käufer, die bereit sind, deutlich über 100.000,00 € für ein nahezu neuwertiges Fahrzeug auszugeben, umso mehr vor dem Kauf eines „Unfallwagens“ zurückschrecken. Jedenfalls würde dieses Käuferklientel den Wagen nicht ohne spürbaren Preisnachlass erwerben.
364.
37Die vorgerichtliche Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Kläger war unter Berücksichtigung der Komplexität des Falls und der Schadenshöhe zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Der diesbezügliche Gegenstandswert war jedoch auf die Höhe der berechtigten Forderung anzupassen. Es waren daher vom vorgerichtlichen Gegenstandswert die 875,00 € Nutzungsentschädigung abzuziehen, in deren Höhe die Klagerücknahme erklärt wurde. Damit ergibt sich ein vorgerichtlicher Gegenstandswert von 12.127,16 € und Rechtsanwaltskosten gemäß RVG in Höhe von 958,19 € brutto. Darauf hatte die Beklagte unstreitig bereits 255,85 € bezahlt, so dass ein Restbetrag von 702,34 € auszusprechen war.
38Der geltend gemachte Zinsanspruch für die Rechtsverfolgungskosten war gemäß § 291 Satz 1 BGB zuzusprechen.
39Der übrige Zinsanspruch des Klägers ergibt sich jeweils aus Verzug. Die merkantile Wertminderung wurde mit Schreiben vom 06.01.2015 unter Fristsetzung bis zum 20.01.2015 verlangt. Die weiteren Reparaturkosten wurden mit Schreiben vom 08.01.2015 unter Fristsetzung bis zum 15.01.2015 gefordert. Die restlichen Kosten für das Sachverständigengutachten sowie den Nutzungsausfall wurden mit Schreiben vom 04.03.2015 unter Fristsetzung bis zum 11.03.2015 geltend gemacht. Bezüglich der Höhe des Nutzungsausfalls lag zwar eine Zuvielmahnung vor, welche aber derart aufgeschlüsselt war, dass die Beklagte ermitteln konnte, wie hoch die tatsächlich geschuldete Leistung war und diese hätte bewirken können.
405.
41Die Kosten des Rechtsstreits waren wie geschehen aufzuteilen.
42Die Sachverständigenkosten waren in voller Höhe der Beklagten aufzuerlegen, da sie mit ihrem diesbezüglichen Vortrag vollständig unterlegen ist (vgl. Herget, in: Zöller, 31. Aufl. (2016), § 92 Rn. 5; Schulz, in: MüKo, ZPO, 4. Aufl. (2013), § 92 Rn. 12).
43Die teilweise Klagerücknahme war wirksam. Die Stellung des Kostenantrags durch die Beklagte ist als konkludente Einwilligung in die Rücknahme zu werten (Greger, in: Zöller, a.a.O., § 269, Rn. 15). Die Rücknahme führt zu einer entsprechenden Kostenbeteiligung des Klägers, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dabei war die Mehrkostenmethode anzuwenden (OLG Köln, Urteil vom 21.03.2014, 19 U 104/13, BeckRS 2014, 10869). Sie führt zu einem Kostenanteil des Klägers von etwa 9,6% oder gerundet 1/10.
44Die verbleibenden Kosten waren der Beklagten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aufzugeben.
45Der Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO. Aufgrund der Wertung der §§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 269 Abs. 2 und 4 ZPO war hinsichtlich des von der Klagerücknahme betroffenen Teils keine Abwendungsbefugnis auszusprechen (vgl. Herget, in: Zöller, a.a.O., § 708 Rn. 2).
danach: 7.333,15 €