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Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsstrafe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,
1. den Betreibern des Dienstes “Y“ über die Domains
anonymY.gd,
anonymY.la,
anonymY.mn,
anonymY.vg,
anonymY.mu,
anonymY.sh,
anonymY.tw,
anonymY.fm und/oder
anonymY1.org
zu ermöglichen, es Dritten zu ermöglichen den Spielfilm “X“ öffentlich zugänglich zu machen, indem sie diese Domains konnektiert hält;
2. die Domains
anonymY.gd,
anonymY.la,
anonymY.mn,
anonymY.vg,
anonymY.mu,
anonymY.sh,
anonymY.tw,
anonymY.fm und/oder
anonymY1.org
dem Registranten dieser Domains oder Dritten zur Umregistrierung auf einen anderen Registrar freizugeben, solange der streitgegenständliche Film “X“ über den Internetdienst “Y“ abrufbar bleibt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Diese wird für die Vollstreckung der Klägerin aus Ziffern 1. und 2.) des Tenors auf 10.000,00 €, im Übrigen auf 110 % des zu vollstreckenden Betrages festgesetzt.
T A T B E S T A N D:
2Die Klägerin nimmt die Beklagte nach vorausgegangenem einstweiligen Verfügungsverfahren (LG Köln, Beschluss vom 22.02.2015 zu Az.:14 O 332/15) nunmehr im Hauptsacheverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung in Anspruch.
3Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher urheberrechtlicher Verwertungsrechte zum Vertrieb und zur öffentlichen Zugänglichmachung an dem mehrfach ausgezeichneten Spielfilm “X“ (Anl. K4, Bl. 139 GA) in der Bundesrepublik Deutschland.
4Die Beklagte bietet Dienstleistungen im Internet an, speziell den Vertrieb und die Verwaltung von Domains. Sie ist Registrar der im Tenor aufgeführten Domains.
5Vor Beginn der Auswertung als DVD oder Blu-ray wurde der streitgegenständliche Spielfilm bereits im November 2011 im Rahmen der Online-Filesharing-Plattform «Y » anderen Nutzern ohne Zustimmung der Klägerin zum Download angeboten. Bei dem Dienst «Y» handelt es sich um eine der größten BitTorrent-Webseiten der Welt in Bezug auf Musikstücke und Filme. Das Geschäftsmodell von «Y » ist auf die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ausgerichtet. Mithilfe der Online-Filesharing-Plattform «Y» können Nutzer Werke, die sich auf ihren eigenen Rechnern befinden, in Fragmente (“torrents“) gestückelt teilen und herunterladen. Bittorrent ist ein Protokoll, mit dem die Nutzer Dateien teilen können. Hierzu müssen die Nutzer zunächst eine spezielle Software herunterladen, mit der Torrent-Dateien erstellt werden können. Diese verweisen auf einen zentralen Server (Tracker), der die Nutzer identifiziert, die dafür zur Verfügung stehen, eine bestimmte Torrent-Datei sowie die dahinter stehende Mediendatei zu tauschen. Diese Torrent-Dateien werden auf die Online-Filesharing-Plattform hochgeladen (“upload“), die sie dann indiziert, damit sie von den Nutzern gefunden werden können und die Werke, auf die diese Torrent-Dateien verweisen, auf die Computer der Nutzer heruntergeladen werden können (“download“). Die fraglichen Dateien sind zum größten Teil urheberrechtlich geschützte Werke, ohne dass die Rechteinhaber den Betreibern und den Nutzern dieser Plattform erlaubt haben, diese zu teilen (vgl. EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting, juris).
6Auf der Online-Filesharing-Plattform «Y» werden die Torrent-Dateien in mehreren Kategorien, unter anderem nach Aktualität, indexiert und eine Suchfunktion angeboten (Screenshot Seite 11 der Klageschrift, Bl. 54 GA). Studien aus den Jahren 2011 und 2014 (Anlagen K 42, K 43, Bl. 853 ff. GA) zufolge waren Titel aus der Top 100-Liste zu 99 % (2011) bzw. 97,5 % (2014) illegal. Der Registrant der oben stehenden Domains, Herr M, sowie die weiteren Gründer der Plattform « Y » wurden in Schweden rechtskräftig zu Haftstrafen wegen Beihilfe zu Urheberrechtsverletzungen auf « Y » verurteilt.
7Nach einer Beschlagnahme von Domainnamen mit Urteil des Stockholm District Courts vom 19.05.2015 (Anlage K 17) nahmen die Betreiber des Dienstes «Y» Neu- bzw. Umregistrierungen auf die streitgegenständlichen Domains vor.
8Domainnamen sind Übersetzungen der dem jeweiligen Computer zugeordneten, aus mehreren Zahlenblöcken bestehenden IP-Adresse. Sie erleichtern die Benutzung des Internets, weil sie für die Nutzer leichter im Gedächtnis zu behalten sind als scheinbar willkürliche Zahlenkombinationen. Domains sind als solche ihrer Funktion nach (Namens-)Einträgen in einem Telefonbuch vergleichbar. Die Auflösung des Domainnamens in die entsprechende IP-Adresse wird von sogenannten Nameservern vorgenommen.
9Betreiber einer Internetseite können grundsätzlich die von ihnen gewünschte Domain nur über einen bei der jeweiligen Registry akkreditierten Domain-Registrar registrieren lassen, hierbei müssen sie u.a. jeweils zwei Nameserver angeben, über die der gewünschte Domain-Name in die IP-Adresse ihres Computers aufgelöst werden soll. Die Beklagte ist ein bei der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), der Zentralstelle für die Vergabe von Internetadressen, akkreditierter Domain-Registrar. Die ICANN delegiert die Verwaltung der einzelnen Top-Level-Domains (TLD) teils an andere Organisationen und Unternehmen, sogenannte Registries. Je nach Art der Top Level Domain (TLD), erkennbar an der Endung (z.B. “.com“, oder “.de“) erfolgt die Vergabe von Domainnamen seitens der ICANN unmittelbar (für generische TLD wie “.com“) oder über andere Domain Name Registries für länder-spezifische TLDs (wie die DENIC für “.de“ oder SWITCG für “.ch“). Länderspezifische TLDs werden von nationalen, im Regelfall privatrechtlich organisierten Registry administriert. Der jeweilige Domainanmelder kann eine solche Anmeldung nicht unmittelbar bei einer Registry vornehmen, sondern nur über Vermittlung von Registraren, die bei der ICANN akkreditiert sind.
10Die von der Beklagten mit ihren Kunden (künftigen Domain-Inhabern) geschlossenen Domain-Namen-Registrierungsverträge (Vertragsmuster Anlage K 22, Bl. 412 ff. GA). lauten auszugsweise wie folgt:
113. Ihre Verpflichtung und Verantwortung
12Sie bestätigen …und erklären sich mit Folgendem einverstanden:
13……..
143.5 Einschränkungen und das Recht auf Leistungsverweigerung.
15Sie stimmen zu, für Schäden und für sämtliche Maßnahmen gegen 1API zu haften, die aus ihrer unangemessenen oder rechtswidrigen Nutzung des Eingetragenen Namens (Verbotene Aktivität) resultieren, einschließlich der Aussetzung, Stornierung oder Löschung eines Eingetragenen Namens, der…
16- Malware verbreitet, oder mit Botnets, Phishing, Piraterie, Marken- oder Urheberrechtsverletzungen…und anderen Aktivitäten arbeitet oder sich daran beteiligt, die im Widerspruch zu geltendem Recht stehen
178. Vertragsverletzung und Aussetzung von Dienstleistungen
18Rechte zur Leistungsverweigerung, Kündigung, Übertragung, Sperrung, Veränderung oder Aussetzung. Sie bestätigen und stimmen zu, dass 1API und jede entsprechende Registry sich das Recht zur Verweigerung, Stornierung, Übertragung oder Veränderung jeglicher Registrierung oder Transaktion vorbereiten können, oder das Recht, jegliche Domain-nahm in der Registry zu sperren, zurückzuhalten oder ähnliches, wenn sie dies in ihrem eigenen und alleinigen Ermessen aufgrund der folgenden Sachverhalte als notwendig erachten:
19…..
205. um geltende Gesetze und staatliche Vorschriften einzuhalten, …………
218. ein Auftreten einer der in Abschnitt 3.5 beschriebenen verbotenen Aktivitäten ::::
22Die Beklagte vergibt Domainnamen teils auch unter Einschaltung von sogenannten Resellern, die ihrerseits Verträge mit den Registranten schließen. Verträgen mit Resellern legt die Beklagte ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde (Anlage K 40, Bl. 847 ff. GA). Diese lauten auszugsweise wie folgt:
2311. Vertragsverletzung und Aussetzung von Dienstleistungen
24Rechte zu Leistungsverweigerung, Kündigung, Übertragung, Sperrung, Veränderung oder Aussetzung. Sie bestätigen und stimmen zu, sich das Einverständnis ihrer Kunden einzuholen in Bezug darauf, dass 1API, der Registrar und jede entsprechende Registry sich das Recht zur Leistungsverweigerung, …… Oder das Recht, jegliche Domain-Namen in der Registry zu sperren, zurückzuhalten oder Ähnliches wenn sie dies in ihrem eigenen und alleinigen Ermessen aufgrund der nachfolgenden Sachverhalte als notwendig erachten:
25….
265. um geltende Gesetze und staatliche Vorschriften einzuhalten….
278. ein Auftreten der in Abschnitt 3.5 beschriebenen verbotenen Aktivitäten
28Zu diesen verbotenen Aktivitäten zählen nach Ziffer 3.4 der AGB unter anderem Urheberrechtsverletzungen (Bl. 848 GA).
29Die Beklagte unterstützt jährlich 3 Millionen Domainregistrierungen, sowohl die Registrierung als auch die Abrechnung laufen vollkommen automatisiert. Die Daten der jeweiligen Registranten werden der Beklagten von Seiten der Reseller über eine elektronische Schnittstelle mitgeteilt und in einem automatisierten Verfahren bei den jeweiligen Registries eingepflegt. Nach den Vorgaben der ICANN ist jeder Registrar verpflichtet, die Kontaktdaten des Domaininhabers sowie der administrativ und technisch zuständigen Person bei der Domain-Registrierung abzufragen und zu speichern. Die Daten werden in sogenannten WHOIS - Datenbanken im Internet öffentlich zur Verfügung gestellt. Der jeweilige Registrant hat ferner jeweils zwei Nameserver anzugeben, über die die Auflösung des Domainnamens zu der IP-Adresse des Registranten erfolgen soll.
30Die Registrierung der streitgegenständlichen Domains wurden bei der Beklagten über ihren Reseller von der M Holdings Ltd., vertreten durch Herrn M, als Registrant registriert. Als Nameserver war die Firma B, Inc. (USA) eingetragen. Diese bietet ihren Kunden unter anderem die Verschlüsselung von IP-Adressen an in der Weise, dass der Betreiber der IP-Adresse nicht zurückverfolgt werden kann.
31Sämtliche streitgegenständlichen Domains waren unter der IP-Adresse 103.9.76.38 erreichbar, wie der Klägerin von Seiten der Firma B auf Anfrage mitgeteilt wurde (Screenshot der E-Mail vom 09.12.2015, Schriftsatz vom 02.12.2016 Seite 18, Bl. 788 GA und Anlagenkonvolut K9). Der Internetdienst Y wurde unter dieser IP-Adresse von dem in Vietnam ansässigen Host Provider C Co. Ltd. gehostet (Who-Is IP Informationen, Anlage K 21).
32Die aktuellen Betreiber von « Y » und der Aufenthalt von Herrn M sind nicht bekannt. In dem Impressum des Dienstes «Y » werden keine Betreiber der Seite genannt, sondern es wird lediglich auf eine unbenannte Organisation verwiesen, die auf den Seychellen registriert sei. Der Aufruf des Kontaktformulars führt zu einer Fehlermeldung mit dem sinngemäßen Hinweis, dass jede Suche vergeblich sei (Anlage K 18).
33Mit E-Mail vom 04.12.2015 (Anlage K 30) wandte sich die Klägerin an den Registranten unter der zu den streitgegenständlichen Domains in den Whois-Einträgen (Anlagenkonvolut K9) eingetragenen E-Mail Adresse. Die Klägerin erhielt daraufhin eine Fehlermeldung, dass diese E-Mail-Adresse nicht mehr aktiv sei (Anlage K 31).
34Die Kläger wandte sich ferner mit Schreiben vom 04.02.2015 (Anlage K 32) per E-Mail sowie postalisch an den in Vietnam ansässigen Host Provider und forderte ihn vergeblich zur Unterlassung unter Darlegung der konkreten Rechtsverletzung auf.
35Die Klägerin forderte die Beklagte mit E-Mail vom 04.12.2015 (Anlage K 26, Bl. 451 ff. GA) unter Beifügung von Anlagen (u.a. Screenshots der Download-Angebote des streitgegenständlichen Films) sowie E-Mail vom 11.12.2015 (Anlage K 28) vergeblich auf, die streitgegenständlichen Domains zu dekonnektieren und zu sperren, solange der Film X auf “Y“ verfügbar sei. Die Beklagte verwies die Klägerin mit E-Mail vom 11.12.2015 (Anlage K 29) an den verantwortlichen Webhosting-Provider und erklärte zugleich ihre Bereitschaft, in einem Gerichtsurteil oder -beschluss festgelegte Forderungen umzusetzen. In der Folge war der streitgegenständliche Film über die oben stehenden Domains weiterhin abrufbar (Anlagenkonvolut K 25, Bl. 420 ff. GA).
36Auf Antrag der Klägerin hat die erkennende Kammer der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel mit Beschluss vom 22.12.2015 zu Az. : 14 O 332/15 die im Tenor aufgeführten Handlungen verboten. Am Tag der Zustellung der einstweiligen Verfügung (28.12.2015) veranlasste die Beklagte in einem automatisierten Verfahren die Dekonnektierung bei den jeweiligen Registries. Der Internetdienst «Y » ist seitdem unter den streitgegenständlichen Domains nicht mehr erreichbar (Anlagenkonvolut K37, Bl. 810 ff. GA). Ausweislich der Whois-Records zu den streitgegenständlichen Domains sind diese für eine Übertragung gesperrt (Statusmeldung « ClientTransferProhibited », Anlagenkonvolut K 38, Bl. 819 ff.). Diese Eintragung nahm die Beklagte vor. Die Dekonnektierung führte dazu, dass die Erreichbarkeit von « Y » erheblich beeinträchtigt wurde (Artikel Torrent Freak vom 28.12.2015 und 28.01.2016, Anlagen K 33f, Bl. 516 ff GA).
37Die Klägerin behauptet, allein die Inanspruchnahme der Beklagten sei geeignet, effektiv die über die streitgegenständlichen Domains ermöglichten Rechtsverletzungen, den streitgegenständlichen Film betreffend, zu unterbinden, weil eine Inanspruchnahme des Registranten und des Webhosters ihr nicht möglich sei. Eine Inanspruchnahme der Firma B sei gleichfalls nicht zielführend, weil, insoweit unstreitig, der Beklagten jederzeit die Eintragung eines anderen Nameservers bei der jeweiligen Registry an Stelle der B auf Antrag das Registranten möglich sei.
38Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte sei vorrangig unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung, jedenfalls als Störerin zur Unterlassung verpflichtet.
39Die Beklagte habe mit Gehilfenvorsatz gehandelt, weil sie sich trotz mehrfacher Aufforderung geweigert habe, die andauernde Rechtsverletzung zu unterbinden. Die rechtswidrige Haupttat liege darin, dass « Y » den streitgegenständlichen Film « X » als Torrent gelistet habe und damit Angebot und Nachfrage im BitTorrent-Netzwerk zusammenbringe. Damit habe « Y » maßgeblich die Urheberrechtsverletzungen derjenigen, die den Film « X » im Internet zum Download anbieten bzw. herunterladen, unterstützt. Es handele sich um einen Fall von Kettenbeihilfe. Die Beihilfehandlung der Beklagten sei darin zu sehen, dass sie in Kenntnis der Urheberrechtsverletzungen die Domains konnektiert halte. Darüber hinaus sei aufgrund der überragenden Bekanntheit von « Y » davon auszugehen, dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Registrierung und Konnekterung der streitgegenständlichen Domains Kenntnis davon gehabt habe, dass sie damit Urheberrechtsverletzungen fördern werde. Insoweit liege der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem aktiven Tun.
40Hilfsweise trägt die Klägerin vor, dass eine Haftung der Beklagten auch nach den Grundsätzen der Störerhaftung gegeben sei. Die Kausalität des Handelns der Beklagten sei gegeben, da hierzu bereits das Vereinfachen des Zugangs zu den auf dem Portal « Y » auffindbaren Inhalten genüge. Das Vorbringen der Beklagten, sie sei zu einer Dekonnektierung und Transfersperrung nicht in der Lage, sei durch den tatsächlichen Ablauf der Dekonnektierung und Sperrung seit dem 28. 12.2015 widerlegt.
41Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, die Beklagte sei neben der Dekonnektierung der im Tenor aufgeführten Domains auch verpflichtet, die streitgegenständlichen Domains für eine Umregistrierung auf einen neuen Registrar zu sperren. Sie behauptet hierzu, nur so könne der weitere Abruf von urheberrechtlich geschützten Werken verhindert werden könne. Ansonsten drohe, dass der Dienst « Y » die Domains zu einem anderen Registrar umziehe und die streitgegenständlichen Domains in Kürze wieder erreichbar seien. Dies folge daraus, dass, insoweit unstreitig, die Domain the piratebay.org nach Dekonnektierung und Freigabe seitens des Registrars EuroDNS am 07.02.2015 bei einem anderen Registrar registriert worden und nach wenigen Tagen wieder über diese Domain erreichbar war.
42Die Klägerin ist ferner der Ansicht, die Dekonnektierthaltung der Domains zwinge die Beklagte auch nicht zu einem Vertragsbruch gegenüber ihren Vertragspartnern. Sie trägt hierzu vor, die Konnektierung und Dekonnektierung gehöre zum Tagesgeschäft eines Registrars und sei in den AGB der Beklagten auch ausdrücklich vorgesehen. In den von der Beklagten vorgelegten AGB der Zentralregister (Anl. B8) finde sich keine Regelung, die besage, dass der Registrar nicht in der Lage sei, Domains zu sperren oder zu dekonnektieren. Registrare hätten zudem gegenüber den Registries ein Weisungsrecht. Schließlich sei in den ICANN-Bedingungen (Anl. B8) in Ziffer 3.8 bestimmt, dass der Registrar eine Transfer-Nachfrage unter anderem ablehnen müsse im Falle des Urteils eines zuständigen Gerichts. Aus den Erläuterungen der ICANN zum Status Code « ClientTransferProhibited » (Anlage K 39, Bl. 833 GA) gehe zudem unmissverständlich hervor, dass es der Registrar und nicht die Registry sei, der die Sperre einer Domain veranlassen könne. Schließlich folge die Sperrmöglichkeit auch aus dem eigenen Reseller-Vertrag (Ziffer 11, Anlage K 40, Bl. 847 ff. GA). Die Klägerin bestreitet, dass die AGB der Beklagten bei der Vergabe länderspezifischer Domains wie bei den streitgegenständlichen keine Anwendung fänden. Sie behauptet, ebenso wie bei generischen TLDs sei die Beklagte auch bei länderspezifischen TLDs zu einer Dekonnektierung auch tatsächlich in der Lage.
43Die von dem BGH entwickelten Subsidiaritätskriterien zur Störerhaftung des Access-Providers fänden auf die Beklagte als die Rechtsverletzung fördernden Dienstleister keine Anwendung. Die Klägerin könne sich aussuchen, ob sie gegen die Beklagte oder andere nahe an der Verletzung stehende Störer vorgehe.
44Die Klägerin ist ferner der Ansicht, es habe für sie keine Veranlassung gegeben, gegen weitere Beteiligte vorzugehen. Darüber hinaus habe sie dies versucht. Den Reseller habe sie nicht in Anspruch nehmen müssen, weil dessen Identität ihr - insoweit unstreitig - weder bekannt, noch von der Beklagten mitgeteilt worden sei.
45Angesichts der vertraglichen Beziehungen der Beklagten zu dem Domaininhaber sei die Beklagte auch zur Dekonnektierung verpflichtet ungeachtet der möglichen Auswirkungen der Sperrmaßnahmen auf rechtmäßig über die Domains abrufbare Inhalte.
46Schließlich sei das Vorgehen der Klägerin auch verhältnismäßig, weil die Beklagte vertragliche Ansprüche gegenüber dem Registranten habe, die Urheberrechtsverletzungen zu unterlassen.
47Die Klägerin beantragt,
48wie erkannt.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klage sei bereits nicht zulässig. Es fehle bereits an der Bestimmtheit des Klageantrags zu 1), weil die Klägerin den Betreiber des Dienstes „Y“ nicht als Partei benannt habe. Der Registrant sei nicht zwingend als Betreiber des Dienstes zu klassifizieren. Der Klageantrag zu 1) sei auch inhaltlich nicht korrekt. Registrare könnten eine Domain nur konnektierthalten, wenn sie zugleich als DNS-Provider agierten.
52Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Klage sei unbegründet. Sie behauptet hierzu, sie sei als Registrar der streitgegenständlichen Domains technisch nicht in der Lage, die Domains zu dekonnektieren und für eine Übertragung zu sperren. Die eigentliche Dekonnektierung werde, wenn auch auf ihre Veranlassung in einem automatisierten Verfahren, von dem Zentralregister (Registry) vorgenommen. Die Tätigkeit der Beklagten beschränke sich auf die automatische Weitergabe von Kundenaufträgen. Die Beklagte erbringe lediglich die technische Vermittlung und sei - insoweit unstreitig - an der Auflösung der Webseiten durch die Zentralregister sowie die Firma B nicht beteiligt. Die Beklagte behauptet, durch die Funktion der Firma B als DNS-Provider halte diese die Domains konnektiert und könne jederzeit eine Dekonnektierung vornehmen mit der Folge, dass die Domains nicht mehr aufrufbar seien.
53Die Beklagte bestreitet ferner ein Verschulden. Ein Gehilfenvorsatz sei nicht gegeben. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer Anschreiben keine Ausführungen zu Versuchen der Kontaktaufnahme zu sonstigen Beteiligten (Registrant, Domain-Betreiber, Webhost) gemacht. Die von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzungen seien nicht offenkundig gewesen. Die anderen Beteiligten seien sachnäher gewesen. Ihr Schreiben vom 11.12.2015 sei nicht als Verweigerung, sondern als rechtlicher Hinweis zu verstehen gewesen. Die Beklagte bestreitet ferner, bereits im Zeitpunkt der Registrierung der streitgegenständlichen Domains Kenntnis davon gehabt zu haben, dass der Dienst „Y“ Urheberrechtsverletzungen fördern werde.
54Die Beklagte ist der Ansicht, sie als Registrar sei nicht gehalten, Inhalte unter der Domain zu überprüfen oder zu überwachen und könne dies auch nicht, weil - unstreitig - die Registrierung in einem automatischen Verfahren ohne menschliche Intervention erfolge.
55Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, sie hafte auch nicht als Störerin. Ihre Inanspruchnahme sei unverhältnismäßig, weil die Klägerin nicht zunächst die näher Beteiligten in Anspruch genommen habe. Sie sei aufgrund ihrer neutralen Stellung und ihrer technisch beschränkten Möglichkeiten nicht einem Host-Provider gleichzustellen. Auch im Vergleich zu einem Access Provider bleibe der Beitrag der Beklagten noch zurück, weil sie keine Inhalte weiterleiten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung des Access-Providers gelte für die Beklagte erst recht. Die Erfüllung der erhobenen Unterlassungsansprüche sei ihr auch unzumutbar, weil sie diesen nur nachkommen könne, wenn sie gegenüber ihren Vertragspartnern, den jeweiligen Registries, vertragsbrüchig werde. Die Beklagte behauptet hierzu, sie laufe Gefahr, bei einer beantragten Dekonnektierung, die nicht den Vertragsbedingungen entspreche, insbesondere nicht auf einer Kündigung des Vertrages von Seiten des Domaininhabers beruhe, von dem Domaininhaber oder der Registry wegen vertragsverletzenden Verhaltens in Anspruch genommen zu werden oder gar die Registry als Vertragspartnerin zu verlieren. Auch sei hierdurch ihre Akkreditierung bei der ICANN möglicherweise gefährdet. Zudem sei zwar zutreffend, dass in den Vertragsbedingungen zwischen dem Registrar und der Registry vereinbart sei, dass beide nicht an Urheberrechtsverletzungen teilnehmen dürften, in den Vertragsbedingungen sei aber – insoweit unstreitig - nicht bestimmt, dass in einem Fall von Urheberrechtsverletzungen die Domain zu sperren sei oder vom Registrar gesperrt werden dürfe.
56Die Beklagte behauptet, ihre AGB seien vorliegend nicht einschlägig, weil die Registry den Registrierungsvertrag direkt mit dem Registranten schließe. Der Domaininhaber stimme zu keinem Zeitpunkt den AGB der Beklagten zu. Sie leite vielmehr nur, einem Postservice vergleichbar, die Anträge an die Registry weiter. Vielmehr seien ausschließlich die AGB der Registries (Anl. B8, Bl. 657 ff.) anwendbar. Danach seien Anträge für eine Dekonnektierung von dem Registrant an den Registrar zu stellen. Über den Antrag selbst entscheide ausschließlich die Registry. Nur diese sei in der Lage, eine solche Dekonnektierung vorzunehmen.
57Die Beklagte behauptet weiter, sie selbst habe nicht die Dekonnektierung der streitgegenständlichen Domains nach Erlass der einstweiligen Verfügung (14 O 332/15 LG Köln) vorgenommen. Dies habe vielmehr die Registry auf ihren Antrag hin durchgeführt. Auch bei diesem Antrag habe sie sich bereits vertragsverletzend verhalten. Zwar sei zutreffend, dass die betroffenen Registries sich bislang nicht gegen die Sperrung der Domains gewendet haben, doch könnten sie jederzeit in der Zukunft eingreifen.
58Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, für den Antrag zu 2) (eine so genannte Transfersperre) fehle jegliche Rechtsgrundlage. Zwar könne sie den Übergang einer Domain dadurch verhindern, dass in dem Domain-Status eingetragen werde “client transfer prohibited“ (Out-Code). Dabei handele es sich aber um einen Vertragsverstoß, sowohl gegenüber dem Registranten, als auch gegenüber der Registry. Eine dauerhafte Sperre sei nur möglich, wenn die Registry daran mitwirke. Denn die Registry würde in dem Fall, dass der Registrant die Freigabe der Domain fordere, sich an die Beklagte als Registrar wenden unter Fristsetzung zur Herausgabe des Out-Codes und Entfernung der Sperre. Dies könne die Registry notfalls auch gegen den Willen der Beklagten durchsetzen, weil die Registry auf ihren eigenen Datenbestand in vollem Umfang zugreifen könne. Eine dauerhafte Sperre sei deshalb nur möglich, wenn die Registry daran mitwirke.
59Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, die beantragten Sperrmaßnahmen seien für sie unzumutbar, weil sie als rein technische Registrierungsstelle keine Überprüfungsmöglichkeiten der Inhalte habe.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
61Die Akten LG Köln zu Az.. 14 O 332/15 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
62E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
63A. Die Klage ist zulässig.
641.
65Das Landgericht Köln ist gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2016, I ZR 43/14 - An Evening with Marlene Dietrich, juris Rn. 17). Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt.
66Die Klägerin stützt ihre Ansprüche darauf, dass der streitgegenständliche Film über die im Tenor aufgeführten Internetseiten ohne Zustimmung der Klägerin öffentlich zugänglich wurde und diese in Deutschland abrufbar waren. Damit ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln nach § 32 ZPO eröffnet, denn eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit des Internetauftritts im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts ist im Rahmen der Geltendmachung von Urheberverletzungen nicht Voraussetzung für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit (vgl. BGH a.a.O, juris Rn. 17).
672.
68Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
69Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Der Gebrauch von allgemeinen Begriffen im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung kann genügen, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Besteht zwischen den Parteien Streit über die Bedeutung von allgemeinen Begriffen, muss der Kläger die Begriffe hinreichend konkret umschreiben und gegebenenfalls mit Beispielen unterlegen oder sein Begehren an der konkreten Verletzungshandlung orientieren (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 5/15 – World of Warcraft I, juris Rn, 28 m.w.N.).
70Nach diesen Grundsätzen sind die Unterlassungsanträge hinreichend bestimmt.
71Mit dem Klageantrag zu 1) begehrt die Klägerin, der Beklagten solle untersagt werden, die streitgegenständlichen Domains konnektiert zu halten. Die Klägerin hat in der Klageschrift klargestellt, dass sie nicht Beseitigung eines bestehenden Zustands begehrt, sondern ihr Antrag darauf gerichtet ist zu verhindern, dass die Beklagte weiterhin die streitgegenständlichen Domains registriert und konnektiert. Dieses Klageziel ist in die Zukunft gerichtet und kann Gegenstand eines Unterlassungsantrags sein. Auch ist aufgrund der Formulierung „konnektiert hält“ nicht unklar, was der Beklagten verboten werden soll. Zwischen den Parteien besteht Übereinstimmung darin, dass die „Konnektierung“ die aktive Zuordnung einer Domain zu einer bestimmten IP-Adresse bei der jeweiligen für die Domainvergabe zuständigen Registry auf Antrag der Beklagten als Registrar ist und die Auflösung der Domain nach der jeweiligen IP-Adresse auf der Registry-Ebene beinhaltet. Das Rechtsschutzziel der Klägerin ist damit hinreichend klar umrissen. Die Parteien streiten lediglich darum, ob es der Beklagten tatsächlich und rechtlich möglich ist, diese (aktive) Zuordnung zu beenden. Die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten Unmögliches verlangt, ist indes nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 15). Schließlich ist der Klageantrag zu 1) auch hinreichend bestimmt, obgleich die Beklagte die Betreiber des Dienstes „Y“ nicht namentlich benannt hat. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass der Unterlassungsantrag insoweit nicht auf den jeweiligen Registranten der Domains oder eine bestimmte Person bzw. Firma beschränkt sein sollte, sondern jeden für die Bereitstellung und den Betrieb des Dienstes „Y“ Verantwortlichen erfassen sollte. Aus diesem Grund bedurfte es keiner namentlichen Konkretisierung.
72Die Klage ist auch im Unterlassungsantrag zu 2) hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die von der Klägerin gewählte Formulierung ist ohne weiteres selbsterklärend.
73B.
74Die Klage ist auch begründet.
751.
76Der Klägerin steht gegen die Beklagte zunächst aus §§ 97 Abs. 1, 19a, 94 Abs. Abs. 1 S. 1 i.V.m. 31 Abs. 3 UrhG ein Anspruch auf Unterlassung zu, den Betreibern des Dienstes „Y“ über die im Tenor aufgeführten Domains zur möglichen, es Dritten zu ermöglichen, den streitgegenständlichen Spielfilm „X“ öffentlich zugänglich zu machen, indem sie diese Domains konnektiert hält.
77Die Klägerin ist als Inhaberin u.a. der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Filmherstellers zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films „X“ aktivlegitimiert.
78Der Film „X“ wurde sowohl von den Nutzern des über die streitgegenständlichen Domains aufrufbaren Dienstes „Y“, als auch durch die Betreiber des Dienstes selbst nach §§ 94 Abs. 1 S. 1, 15, 19 a UrhG öffentlich zugänglich gemacht.
79Der Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung in §§ 94 Abs. 1 S. 1, 15, 19 a UrhG ist einheitlich zu verstehen. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 19 a UrhG). Es handelt sich um einen Unterfall der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG.
80Unstreitig waren über die von der Beklagten registrierten und verwalteten Domains (Anlagenkonvolut K9, Bl. 190 ff. GA) eine BitTorrent-Suchseite sowie ein BitTorrent-Tracker zur Vermittlung des Up- und Downloads der BitTorrent-Nutzer untereinander erreichbar und war es den Nutzern dieser Online-Filesharing-Plattform möglich, dort Download-Angebote zu dem streitgegenständlichen Film einzustellen und diese herunterzuladen, wie aus den von der Klägerin zur Akte gereichten Screenshots (Anlagen K23-25, Bl. 418 ff. GA) zu ersehen. Die Nutzer der Online-Filesharing-Tauschbörse haben damit in die der Klägerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zustehenden Verwertungsrechte der öffentlichen Zugänglichmachung eingegriffen.
81Im Rahmen der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe, wie er in § 15 Abs. 2 und 3 UrhG definiert ist, ist davon auszugehen, dass auch die Betreiber des Dienstes „Y“ den streitgegenständlichen Fällen öffentlich zugänglich gemacht haben im Sinne von §§ 94 Abs. 1, 15 Abs. 3, 19 a UrhG.
82Der Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 3 UrhG ist in Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Amtsblatt EG Nummer L 167 Seite 10; im Folgenden: Richtlinie 2001/29) in das Urheberrechtsgesetz eingefügt worden (BGBl. I s. 1774 vom 10.09.2013). In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist geregelt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.
83Ausgehend von dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung ist der Begriff der öffentlichen Wiedergabe in Art. 15 Abs. 3 UrhG nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu bestimmen. Dabei ist zunächst unerheblich, dass der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2001/29 - anders als die Richtlinie selbst - eine nähere Definition der öffentlichen Wiedergabe und insbesondere der Öffentlichkeit in § 15 UrhG geregelt hat. Denn die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind. Es ist mithin nicht Sache der Mitgliedstaaten und damit auch nicht diejenige des deutschen Gesetzgebers, den in der Richtlinie 2001/29 verwendeten, dort aber nicht definierten Begriff „öffentlich“ zu definieren (vergleiche dazu EuGH, Urteil vom 17. 12.2006 - C-306/05 - SGAE, Rn. 31).
84Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 04.10.2011, C-403/08 und C-429/08, Football Association Premier League, Rn. 185 ff.; Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting Brein, juris Rn. 22 ff) sind daher Sinn und Tragweite dieses Begriffs mit Blick auf die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, und den Zusammenhang, in den sich die auszulegende Vorschrift einfügt, zu bestimmen. Dabei ist zunächst wegen des Hauptziels der Richtlinie 2001/29, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke u. a. bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten, ein weites Verständnis des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe zu Grunde zu legen.
85Ausgehend von Erwägungsgrund 9 und 10 der Richtlinie 2001/29, deren Hauptziel darin besteht, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten, ist der Begriff der öffentlichen Wiedergabe weit zu verstehen (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15, Stichting Brein u.a., juris Rn. 22 m.w.N.). Aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe zwei kumulative Tatbestandsmerkmale vereint, nämlich eine Handlung der Wiedergabe eines Werks und die Öffentlichkeit der Wiedergabe (EuGH, Urteil vom 26.04.2017 Stichting Brein, C-527/15, juris Rn. 29). Um zu beurteilen, ob ein Nutzer eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe vornimmt, sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Dabei erfordert der Begriff der öffentlichen Wiedergabe eine individuelle Beurteilung. Unter Anwendung der Kriterien hat der Gerichtshof zunächst die zentrale Rolle des Nutzers und die Vorsätzlichkeit seines Handelns hervorgehoben. Zur Öffentlichkeit hat er ferner ausgeführt, dass diese eine bestimmte Zahl potentieller Leistungsempfänger bedeutet und ferner aus recht vielen Personen bestehen muss. Die öffentliche Wiedergabe erfordert ferner, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder ansonsten für ein neues Publikum wiedergegeben wird, an das die Rechteinhaber nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten. Schließlich hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass nicht unerheblich sei, ob eine Wiedergabe Erwerbszwecken diene (EuGH, Urteil vom 26.04.2017, C-527/15 – Stichting Brein, Rn. 28 ff; Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting, juris Rn. 23 ff.)
86Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der EuGH für den Dienst „Y“ entschieden, dass die von dem Dienst „Y“ vorgenommene Bereitstellung und das Betreiben einer Online-Filesharing-Plattform eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG der über diese Plattform abrufbaren Werke darstellt und daher gegen das Urheberrecht verstoßen kann (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15 – Stichting Brein/ZiggoBV u.a., juris Rn. 47). Hierzu hat er ausgeführt, dass die Handlung der Wiedergabe darin liege, dass die Betreiber der Online-Filesharing-Plattform „Y“ durch deren Bereitstellung und Betrieb ihren Nutzern nicht nur einen Zugang zu den betreffenden Werken anbieten, sondern beim Zugänglichmachen der abrufbaren Werke eine zentrale Rolle spielten. Diese gründe darauf, dass die Plattform Torrent-Dateien indexiere und durch Einteilung der Werke in Kategorien die Nutzung der Filesharing-Plattform wesentlich erleichtert werde, zudem die Plattform die Aktualität und Vollständigkeit der Torrent-Datei überwache. Die fraglichen geschützten Werke würden auch tatsächlich öffentlich wieder gegeben, weil die Plattform von einer beträchtlichen Anzahl von Personen (mehr als 10 Millionen Peers) genutzt werde. Auch liege eine Wiedergabe an ein „neues Publikum“ vor, weil die Betreiber der Online-Filesharing-Plattform „Y“ in voller Kenntnis handelten, dass ein sehr großer Teil der Torrent-Dateien auf Werke verweise, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht worden seien. Schließlich werde die Plattform mit dem Ziel der Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt.
87Der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sei unter diesen Umständen dahin auszulegen, dass er die Bereitstellung und das Betreiben einer Filesharing-Plattform im Internet erfasst, die durch die Indexierung von Metadaten zu geschützten Werken und durch das Anbieten einer Suchmaschine den Nutzern dieser Plattform ermöglicht, diese Werke aufzufinden und sie im Rahmen eines „Peer-to-Peer“-Netzes zu teilen (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610 / 15, juris Rn. 48).
88Da die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes im Hinblick auf die im Urheberrecht bestehende Vollharmonisierung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ richtlinienkonform auszulegen sind (vgl. EuGH, Urteil v. 13.02.2014, C-466/12 – Svensson u.a.; Dreier/Schulze, UrhG, 5. Auflage § 15 Rn. 29 m.w.N.) ist für den Streitfall davon auszugehen, dass die Betreiber des Dienstes „Y“ auch den streitgegenständlichen Film „X“ öffentlich wiedergegeben haben im Sinne § 15 Abs. 2,3 UrhG und Art. 3 Abs. 1 RL 2001/29/EG, in der Form der öffentlichen Zugänglichmachung nach §§ 94 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 2, 3, 19 a UrhG.
89Der Eingriff in das der Klägerin zustehende, ausschließliche Verwertungsrecht war rechtswidrig, da, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, die Klägerin hierzu ihre Zustimmung nicht erteilt hatte.
90Der Klägerin steht gegen die Beklagte unter dem Aspekt der Störerhaftung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch, die streitgegenständlichen Domains nicht konnektiert zu halten, zu.
91Zunächst ist festzuhalten, dass die Registrierung und Konnektierung der streitgegenständlichen Domains kein einmaliger Akt ist, sondern die Beklagte damit gegenüber ihren Kunden bzw. ihrem Reseller eine dauerhafte positive Leistung erbringt. Dies erhellt bereits daraus, dass die Vergütung für die fortdauernde Konnektierung nicht pauschal abgegolten wird, sondern in Intervallen zu zahlen ist, wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.07.2017 erläutert hat.
92Die Beklagte hat durch die Registrierung der streitgegenständlichen Domains und die Aufrechterhaltung der Konnektierung derselben in adäquat kausaler Weise dazu beigetragen, dass die Betreiber des Dienstes „Y“ und dessen Nutzer den streitgegenständlichen Film ohne Zustimmung der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht haben. Denn durch die Registrierung und die Zuweisung der Domains war der Dienst „Y“, für die Nutzer, die nur den prägnanten Namen in die Adressleiste eingeben mussten, jedenfalls erheblich einfacher und leichter zugänglich. Eine Mitursächlichkeit ist aus diesem Grund selbst dann gegeben, wenn der Inhalt der Domains auch durch die Eingabe der IP-Adresse erreichbar war (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.10.2014,1 U 25 / 14, juris Rn. 39).
93Die Beklagte trifft als Registrar keine allgemeine Prüfungs- und Überwachungspflicht hinsichtlich der Inhalte der Domains, deren Konnektierung sie auf Antrag der Regis-tranten veranlasst hat. Eine täterschaftliche Haftung der Beklagten kommt nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht. Zwar geht die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer der Störerhaftung grundsätzlich vor (BGH GRUR 2013, 1030 – File-Hosting-Dienst, juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 26.11.2015 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 19). Dies setzt indes voraus, dass die Beklagte die beanstandete Rechtsverletzung selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2009 I ZR 57/07 – Cybersky, juris Rn. 18). Die Beklagte hat, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Download-Angebot des streitgegenständlichen Films nicht selbst erstellt. Auch ist davon auszugehen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der erstmaligen Registrierung und Konnektierung der streitgegenständlichen Domains keine Kenntnis von dem Inhalt der diesen zugeordneten IP-Adresse hatte. Hierzu hat die Beklagte nachvollziehbar dargetan, dass die Registrierung und Dekonnektierung von Domains täglich in vierstelliger Zahl in einem vollständig automatisierten Verfahren ohne weitere Überprüfung erfolge. Dem ist die Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Überdies wurde im Zeitpunkt der erstmaligen Registrierung und Konnektierung der im Tenor aufgeführten Domains (Anfang 2015) der streitgegenständliche Film auch noch nicht über den Dienst „Y“ zum Download angeboten. Dies geschah nach Vortrag der Klägerin vielmehr erstmals am 19.11.2015. Die Registrierung der Domains als solche konnte aus diesem Grund bereits nicht in die Rechte der Klägerin eingreifen.
94Die Beklagte haftet entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht gemäß § 27 StGB, § 830 Abs. 2 BGB als Gehilfin der von Dritten begangenen Rechtsverletzungen. Die Gehilfenhaftung setzt die wissentliche und willentliche Unterstützungshandlung zu einer vorsätzlichen Straftat voraus. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ist hierzu nicht ausreichend, dass die Beklagte trotz Aufforderung von Klägerseite keine Dekonnektierung der streitgegenständlichen Domains vornahm. Da die Beklagte als Registrar keine anlasslose Überprüfungs- und Überwachungspflicht traf (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris zur vergleichbaren Situation des Access-Providers), vermochten die Hinweise der Klägerin auf mögliche Rechtsverletzungen zwar eine Nachforschungs- und Überprüfungspflicht von Seiten der Beklagten auszulösen, deren Nichterfüllung indes nicht eine Gehilfenhaftung, sondern lediglich eine Störerhaftung begründen kann. Denn die fehlende Überprüfung der Hinweise der Klägerin auf deren Stichhaltigkeit ersetzt auf Seiten der Beklagten nicht die für eine Gehilfenhaftung vorauszusetzende positive Kenntnis von der unterstützten Straftat. Denn abzustellen ist insoweit nicht auf die durch die Abmahnung vermittelte Kenntnis von einer ohne Abstimmung oder Wissen der Beklagten bereits begangenen Straftat, sondern auf die positive Kenntnis der Beklagten, dass die Rechtsverletzung nicht nur von Klägerseite behauptet, sondern tatsächlich erfolgt war und noch andauerte. Das gilt zum einen im Hinblick darauf, dass in einem BitTorrent-Netzwerk keine Gewähr für Dauer und Umfang der jeweiligen Download-Angebote besteht, sondern diese von dem jeweiligen Nutzerverhalten abhängen. Zum anderen waren die von der Klägerin erteilten Hinweise zu Rechtsverletzungen auf der über die streitgegenständlichen Domains aufrufbaren Plattform “Y“, auch wenn sie vorliegend stichhaltig erschienen, nur Vortrag einer Partei.
95Dahinstehen kann, ob hinsichtlich der Differenzierung zwischen einer täterschaftlichen Haftung und einer Störerhaftung, wie sie nach deutschem Recht vorgenommen wird, im Rahmen der öffentlichen Wahrnehmbarmachung im Nachgang der Entscheidung des europäischen Gerichtshofs zur Haftung des Dienstes „Y“ (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, C-610/15, juris) eine Neuorientierung vorzunehmen sein könnte. Denn vorliegend macht die Klägerin gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Schadensersatz, wofür ein täterschaftliches und damit schuldhaftes Verhalten erforderlich wäre, sondern lediglich auf Unterlassung geltend. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist auch ausgehend von den Grundsätzen der Störerhaftung begründet.
96Die Störerhaftung wird richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet und findet im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 S. 1 BGB - weiter Anwendung (BGH, Urteil vom 26.01.2015, I ZR 41/15, Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 74).
97Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, wird die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störern Anspruch genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 22.07.2010 – I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet I, juris Rn. 45; BGH, Urteil vom 17.08.2011, I ZR 57/09 – Stiftparfum; BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 21 m.w.N.).
98Dahinstehen kann, ob die Beklagte als Registrar, der zu einer Erleichterung des Internetzugangs durch Verknüpfung von Domainnamen und IP-Adressen beiträgt, als Diensteanbieter im Sinne von § 2 TMG einzustufen ist und dieser die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG zugute kommt. Denn auf Unterlassungsansprüche im Rahmen der Störerhaftung findet die Haftungsprivilegierung nach §§ 8 – 10 TMG keine Anwendung. Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31 EG. Art. 14 RL 2000/31/EG lässt nach seinem Abs. 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 21; BGH, 01.03.2016, VI ZR 34/15 - www.jameda.de II, juris Rn. 19 m.w.N.).
99Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
100Die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, einen adäquat kausalen Beitrag zu den streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen geleistet durch Aufrechterhalten der Konnektierung der streitgegenständlichen Domains. Die Position der Beklagten ist in wesentlichen Punkten der eines Access-Providers vergleichbar. Auch die Beklagte verfolgt ein anerkanntes, nicht von vornherein auf Urheberrechtsverletzungen ausgerichtetes Geschäftsmodell, das für das Funktionieren des Internets wesentlich ist, weil Internetnutzer sich Namen grundsätzlich besser merken können als Zahlenkombinationen von IP-Adressen. Die Beklagte erbringt ebenso eine rein technische Dienstleistung, sie hat auf die Inhalte der Webseiten keinen Einfluss. Auch ist die Beklagte, die in einem automatisierten Verfahren jährlich mehrere Millionen Registrierungen verwaltet, rein tatsächlich nicht in der Lage, die Inhalte der über die anzumeldenden Domains verknüpften Online-Angebote vor der Registrierung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Bei dieser Sachlage dürfen der Beklagten keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 – L´Oréal/eBay, juris Rn. 139; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 – Kinder-Hochstühle im Internet II m.w.N.).
101Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu dem für die Klägerin geschützten Film, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem die Beklagte von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf den konkreten Film hingewiesen worden war (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access.-Providers, juris Rn. 27). Die Klägerin hat die Beklagte mit E-Mails vom 04.12.2015 (Anlage K 26) und 11.12.2015 (Anlage K 28) auf die streitgegenständliche Rechtsverletzungen aufmerksam gemacht. Die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen waren für die Beklagte anhand der von der Klägerin übermittelten Unterlagen offenkundig. Denn die Klägerin hat zum einen zum Nachweis ihrer Aktivlegitimation eine Kopie des Blu-Ray- Covers des Films beigefügt, auf welchem die Klägerin in der üblichen Weise als Rechteinhaberin bezeichnet war (§§ 94 Abs. 4,10 Abs. 1 UrhG). Zum Nachweis der Rechtsverletzung hat die Klägerin zum anderen Screenshots beigefügt, aus denen sich die über die streitgegenständlichen Domains aufrufbaren Links zu Download-Angeboten des Films „X“ ergaben. Ferner hat die Klägerin die Beklagte darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Dienst „Y“ um eine strukturell urheberrechtsverletzende Website mit illegalem Geschäftsmodell handele und hierzu ein Urteil des High Court London, Großbritannien, vom 20.02.2012 beigefügt. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin weder deren Aktivlegitimation gerügt, noch die Rechtsverletzung als solche in Zweifel gezogen, sondern lediglich die Ansicht vertreten, die Klägerin müsse sich an den zuständigen Webhoster wenden, als Registrar sei die Beklagte nicht haftbar. Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin nicht ausreichend auf die Umstände der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen hingewiesen und diese nachgewiesen habe.
102Der Beklagten war im Hinblick auf die Offenkundigkeit der Rechtsverletzung auch eine anlassbezogene Prüfpflicht zumutbar.
103Bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung sind die betroffenen Grundrechte der EU-Grundrechtecharta zu prüfen sowie die Grundrechte nach deutschem Grundrechtsverständnis zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 31f m.w.N.). Die Klägerin kann sich als Rechteinhaberin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen, die das geistige Eigentum schützen. Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH GRUR 2014, 468 – UPC-Telekabel, juris Rn. 61; BGH, Urteil vom 26.11.2015 I ZR 174/14, juris Rn. 36).
104Auf Seiten der Beklagten ist das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht der Berufsfreiheit, sowie das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU- Grundrechtecharta zu berücksichtigen. Diese erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmens, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen. Bei Art und Umfang des aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwandes für die Durchsetzung einer Sperranordnung handelt es sich um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH a.a.O. juris Rn. 37). Zu berücksichtigen ist andererseits, dass gegebenenfalls eine Sperranordnung einem Diensteanbieter die Verpflichtung zu Maßnahmen von wirtschaftlich, technisch und organisatorisch hohem Aufwand auferlegen kann, ohne dass der Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit tangiert wird (vgl. EuGH GRUR 2014, 468 – UPC Telekabel, juris Rn. 49 ff).
105Bei der von der Klägerin begehrten Dekonnektierung handelt es sich auch nicht um eine der Beklagten rein tatsächlich nicht mögliche Handlung, die dieser deshalb unzumutbar wäre. Hiergegen spricht zunächst, dass unmittelbar nach Zustellung der einstweiligen Verfügung der erkennenden Kammer am 28.12.2015 die streitgegenständlichen Domains nach ihrem eigenen Vorbringen auf ihre Veranlassung dekonnektiert wurden und seitdem nicht mehr konnektiert wurden. Auch ist davon auszugehen, dass der Beklagten selbst eine Dekonnektierung möglich ist, weil die Beklagte über die elektronischen Schnittstellen, mittels derer sie die Anträge ihrer Kunden bzw. Reseller bei den jeweiligen Registries einpflegt, auch die entsprechenden Eingaben vornehmen kann, die zu einer Sperrung (Dekonnektierung) der Domain führen. Den Ausführungen der Klägerin dazu, dass nach den Regeln der ICANN der Registrar (und nicht die Registry) die Eintragung „clienthold“ vornimmt, welche dann von der Registry umgesetzt werden muss, ist die Beklagte, die selbst geltend macht, Mitglied der ICANN zu sein, nicht entgegengetreten. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, für generische und länderspezifische Top Level Domains bestünden unterschiedliche Bedingungen im Verhältnis zu den Registries. Die Beklagte hat aber nicht dargetan, dass es ihr rein tatsächlich nicht möglich sei, die jeweiligen Domains auf „clienthold“ zu setzen.
106Die Dekonnektierung der Domains ist der Beklagten damit tatsächlich möglich und auch wirtschaftlich zumutbar. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, die Sperrung der streitgegenständlichen Domains erfordere nur einen geringen technischen und wirtschaftlichen Aufwand. Auch dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Dekonnektierung von neun Domains im Hinblick auf das Auftragsvolumen der Beklagten, welches jährlich eine siebenstellige Zahl von Domains betrifft, wirtschaftlich ins Gewicht fallen könnte.
107Gegen die Zumutbarkeit der Dekonnektierung spricht auch nicht die von der Beklagten vorgetragene, nur eingeschränkte Wirkung. Denn die zu treffenden Sperrmaßnahmen müssen nur hinreichend effektiv sein, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen, nicht erforderlich ist hingegen, dass Rechtsverletzungen vollständig abgestellt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 27.03.2014, C-314/12 - UPC-Telekabel, juris Rn. 63). Aus diesem Grund steht der Zumutbarkeit der Dekonnektierung nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Beklagten der Dienst „Y“ weiterhin über die zugehörige IP-Adresse unmittelbar aufgerufen werden kann und der Bettreiber die Möglichkeit hat, andere Domains registrieren zu lassen. Bei der Beurteilung der Effektivität von Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten abzustellen. Der Störer kann sich nicht darauf berufen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme nicht die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts verhindere, weil anderenfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 47). Weder die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit, wie das auf Ausweichen auf andere Domains, noch etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten sprechen gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung, sondern stärken vielmehr die Notwendigkeit den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen (BGH, a.a.O., juris Rn. 48 f zur Inanspruchnahme eines Access-Providers).
108Die nach Zustellung der einstweilen Verfügung am 28.12.2015 erfolgte Dekonnektierung hat, wie die Klägerin durch Vorlage entsprechender Internetberichte dokumentiert hat, zumindest vorübergehend zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des Dienstes „Y“ geführt. Dies erscheint plausibel vor dem Hintergrund, dass die überwiegende Zahl der Nutzer den Zugang zu dem Dienst über den Domainnamen, nicht über die meist unbekannte und umständlich einzugebende IP-Adresse versuchen wird. Die Dekonnektierung de Domain ist damit als hinreichend effektiv anzusehen, weil sie den domainbezogenen Zugriff auf den Internetauftritt des Dienstes „Y“ nachhaltig erschwerte.
109Im Rahmen der Zumutbarkeit ist ferner grundsätzlich zu berücksichtigen, inwieweit durch die Sperrmaßnahmen auch rechtmäßige Inhalte auf den Domains blockiert werden. Da Sperrmaßnahmen das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta und Art 5 Abs. 1 S. 1 GG) betreffen, müssen solche Maßnahmen, die der Anbieter von Internet-Zugangsdiensten ergreift, streng zielorientiert sein, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen. Solche dürfen den Internetnutzern „nicht unnötig“ vorenthalten werden. Voraussetzung einer Sperrung ist aber nicht, dass ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden, weil andererseits sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells hinter wenigen legalen Angeboten verstecken könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 27.03.2014, C-314/12 – UPC Telekabel, juris Rn. 56, 63). So liegt der Fall indes hier.
110Die große Mehrheit der auf der Online-Filesharing-Plattform „Y“ angebotenen Torrent-Dateien verweist auf urheberrechtlich geschützte Werke, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber zwischen den Nutzern getauscht werden (vgl. EuGH, Urteil v. 14.06.2017, C-610/15 – Stichting u.a., juris Rn. 12). So hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass der legale Anteil an aktuellen Titeln, die besonders nachgefragt werden (Top 100) nur im einstelligen Prozentbereich liegt. Auch werden diese legalen Inhalte nicht von dem Vertragspartner des Registrars bzw. Resellers, dem Registranten, sondern von Dritten über die Domains im Wege von Torrents zur Verfügung gestellt. Diese sind indes lediglich Nutznießer der rein tatsächlichen, erleichterten Zugangsmöglichkeit, die mittels der Konnektierung der Domains erfolgt, basierend auf dem Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten bzw. ihrem Reseller und dem Registranten der Domains. Von vornherein ist diese Zugangsmöglichkeit von dem Bestand des Vertragsverhältnisses abhängig. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, ebenso den Geschäftsbedingungen, die sie dem Vertragsverhältnis mit ihrem Reseller zugrunde legt, kann die Beklagte die Konnektierung im Falle eines Verstoßes gegen die Vertragsbedingungen kündigen und die Konnektierung jederzeit beenden. Dies etwa, wenn der Registrant nicht seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt, oder auch gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, insbesondere Urheberrechtsverletzungen begeht. Die Grundsätze, die für die Prüfung der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen gelten, die von einem Access-Provider vorgenommen werden sollen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 - Störerhaftung des Access-Providers) sind aus diesem Grund auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn von vornherein schuldet die Beklagte, anders als ein Access-Provider als Telekommunikationsunternehmen seinen Kunden, den (dritten) Internetnutzern nicht die Erleichterung des Zugangs über die von dem Registranten angemeldeten Domains. Bei der Abwägung sind aus diesem Grund nicht die Rechte der Internetnutzer, sondern die Grundrechte des Registranten auf Meinungsfreiheit und gegebenenfalls Berufsfreiheit in Bezug auf die Bereitstellung rechtmäßiger Inhalte abzuwägen. Hier gilt indes, dass die Rechtsordnung keine Geschäftsmodelle billigt, die auf einer Verletzung von Rechten Dritter gründen (BGH, Urteil vom 15.01.2009, I ZR57/07 – Cybersky, juris Rn. 33).
111Die Beklagte kann sich weiter auch nicht darauf berufen, dass ihr im Hinblick auf ihre vertraglichen Verpflichtungen zu ihren Vertragspartnern, dem Registranten und den jeweiligen Registries sowie der ICANN eine dauerhafte Dekonnektierung nicht zumutbar sei, weil sie sich vertragsbrüchig verhalte, sowie eventuell Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sei. Im Hinblick darauf, dass die Konnektierung der streitgegenständlichen Domains Urheberrechtsverletzungen, insbesondere im Hinblick auf den streitgegenständlichen Film, Vorschub leistet, in den AGB der Beklagten aber Urheberrechtsverletzungen von Seiten des Registranten gerade als Anlass für eine Sperrung aufgeführt werden, besteht vorliegend keine Grundlage für Schadensersatzansprüche des Registranten gegen die Beklagte. Gleiches gilt für das Verhältnis der Beklagten zu den Registries. Auch insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die AGB vorsehen, dass keiner der Vertragspartner sich an Urheberrechtsverletzungen beteiligen darf. Wenn die Beklagte, um Hilfestellung bei der Unterbindung solcher Urheberrechtsverletzungen zu leisten, die streitgegenständlichen Domains dauerhaft dekonnektiert, kann sie aus diesem Grund nicht von den Registries wegen Vertragsverletzung in Anspruch genommen werden. Vielmehr dürfte das Vorgehen der Beklagten auch im Interesse dieser Registries sein, die sich ansonsten gleichfalls Unterlassungsansprüchen der Rechteinhaber ausgesetzt sehen könnten wegen der fortbestehenden Registrierung. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte wegen der dauerhaften Dekonnektierung der streitgegenständlichen Domains ihre Akkreditierung bei der ICANN verlieren könnte. Vielmehr sehen die Bedingungen der ICANN, wie die Klägerin unwidersprochen ausgeführt hat, ausdrücklich eine Sperrung von Seiten des Registrars im Fall von Urheberrechtsverletzungen vor.
112Der Beklagten werden durch die Verpflichtung es zu unterlassen, den Betreibern des Dienstes „Y“ über die streitgegenständlichen Domains zu ermöglichen, es Dritten zu ermöglichen, den Spielfilm „X“ öffentlich zugänglich zu machen, indem sie diese Domains konnektiert hält, in der Sache auch keine mit ihrer Tätigkeit nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt. Denn aufgrund ihrer vertraglichen Bindungen zu dem Registranten, vermittelt durch den Reseller, braucht die Beklagte im Hinblick auf die erfolgte Dekonnektierung nicht in eine eigene Sachprüfung einzutreten, ob der streitgegenständliche Film „X“ weiterhin über den Internetdienst „Y“ abrufbar ist, sondern kann von dem Regis-tranten den Nachweis verlangen kann, dass der streitgegenständlich Film über den Dienst „Y“ nicht mehr zum Download angeboten wird und bis zu diesem Nachweis die Aufhebung der Dekonnektierung gegenüber dem Registranten und auch gegenüber der Registry in zulässiger Weise verweigern Denn beide dürfen sich, ebenso wenig wie die Beklagte, an Urheberrechtsverletzungen beteiligen, wie auch ausdrücklich in den jeweiligen AGB festgehalten ist.
113Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sie im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche nur subsidiär hafte, weil die Klägerin nicht in hinreichendem Maße gegen Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen, wie den Betreiber der Webseite, den Hostprovider oder den zwischengeschalteten Nameserver, die Firma B, vorgegangen sei.
114Zunächst ist festzuhalten, dass die Störerhaftung gegenüber der Inanspruchnahme des Täters oder anderer an der Rechtsverletzung Beteiligter im Grundsatz nicht subsidiär ist (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14, juris Rn. 82). Im Falle des Betreibers einer Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (BGH, Urteil vom 27.03.2007, VI ZR 101/06, juris Rn. 13; Urteil vom 26.11.2015, I ZR 177/14, juris Rn. 82). Eine subsidiäre Haftung besteht dagegen für den Access-Provider, der weder wie der Betreiber beanstandeter Webseiten die Rechtsverletzung selbst begangen noch zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen hat. Insoweit kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26.11.2015, juris Rn. 82) unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine Inanspruchnahme des Access-Providers deshalb nur in Betracht, wenn die des Betreibers der Webseite oder des Hostproviders scheitert oder jede Erfolgsaussicht fehlt und anderenfalls ein Rechtsschutzlücke entstehen würde.
115Hier kann dahinstehen kann, ob die Beklagte einem Access-Provider gleichzustellen ist und wie dieser nur nachrangig haftet. Denn für die Klägerin bestehen keine Erfolgsaussichten hinsichtlich der Inanspruchnahme sonstiger Beteiligter, die im Verhältnis zu der Beklagten näher an der streitgegenständlichen Rechtsverletzung sind. Unwidersprochen hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr wegen des unbekannten Aufenthaltes und der fehlenden Erkenntnisquellen weder möglich war, den Registranten der streitgegenständlichen Domains, Herrn M, noch die derzeitigen Betreiber der Domains in Anspruch zu nehmen. Auch hat die Klägerin dargetan, dass sie vergeblich versucht hat, den Hoster in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin war nicht darauf zu verweisen, den in Vietnam ansässigen Host-Provider vorrangig auf Unterlassung zu verklagen, weil die Effektivität des Rechtsschutzes dort fraglich und eine zeitnahe Umsetzung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin nicht gewährleistet war.
116Entgegen der Ansicht der Beklagten war die Klägerin auch nicht verpflichtet, anstelle der Beklagten vorrangig die Firma B in Anspruch zu nehmen. Dabei kann der Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt werden, dass die Firma B technisch in der Lage sei, eine Auflösung der Domains nach den IP-Adressen zu verhindern. Denn die Inanspruchnahme der Firma B war der Klägerin nicht zuzumuten, weil die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs keinen nachhaltigen Erfolg für die Klägerin versprach. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte jederzeit bei den jeweiligen Registries einen anderen Nameserver auf Antrag des Registranten an Stelle der Firma B hätte eintragen können. Auch hätte die Beklagte sich selbst als Nameserver der streitgegenständlichen Domains eintragen können, wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.07.2017 erläuterte. Ein Wechsel des Nameservers hätte damit nur zu einer kurzfristigen Dekonnektierung der streitgegenständlichen Domains geführt. Denn es war zu erwarten, dass der Registrant der streitgegenständlichen Domains umgehend die Beklagte über ihren Reseller beauftragt hätte, einen anderen Nameserver anstelle der Firma B in den Registries einzutragen, was Sperrmaßnahmen der Firma B ins Leere hätte laufen lassen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Dienst „Y“ in der Vergangenheit nach einer Dekonnektierung seiner Domain binnen weniger Tage eine Neukonnektierung bei einem anderen Registrar hatte vornehmen lassen. Die Änderung der Nameserver hätte noch einen geringeren Aufwand erfordert, weil keine neue Registrierung erforderlich gewesen wäre.
117Schließlich ist zu berücksichtigen, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Firma B nicht näher an der Rechtsverletzung ist als die Beklagte selbst. Denn die Beklagte steht ebenso in einer vertraglichen Bindung zu dem Registranten wie die Firma B, jeweils vermittelt über den Reseller der Beklagten. Auch vor diesem Hintergrund besteht kein Anspruch der Beklagten, dass andere Vertragspartner vorrangig in Anspruch genommen werden.
118Abschließend ist festzuhalten, dass durch die der Beklagten auferlegten Sperrmaßnahmen auch die Interessen des Registranten auf Zugang zum Internet nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Der Registrant hat es selbst in der Hand, die Sperrung dadurch aufheben zu lassen, dass er gegenüber der Beklagten als Registrar den Nachweis erbringt, dass das streitgegenständliche Filmwerk über den Internetdienst „Y“ nicht mehr abrufbar ist. Eine solch geringfügige Einschränkung wie die vorübergehende Suspendierung wäre im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts hinzunehmen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.10.2014, 1 U 25/14, juris Rn. 54).
119Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beklagte verpflichtet war, die streitgegenständlichen Domains spätestens nach Zugang der Aufforderung der Klägerin vom 11.12.2015 zu dekonnektieren, und keine erneute Konnektierung vorzunehmen, weil die Beklagte als Störerin zur Verletzung der Rechte der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films über die streitgegenständlichen Domains beigetragen hat und die von der Klägerin begehrte Unterlassung der Beklagten zumutbar ist.
120Die Beklagte hat gegen diese Unterlassungspflicht verstoßen. Bis zur Zustellung der einstweiligen Verfügung der erkennenden Kammer am 28.12.2015 war der streitgegenständliche Film über den Internetdienst „Y“ (auch) über die im Tenor aufgeführten Domains abrufbar.
121Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 33 - Clone-CD; BGH Urteil vom 21.04.2016, I ZR 100/15 - Notarielle Unterlassungserklärung, juris Rn. 29). Eine solche hat die Beklagte indes nicht abgegeben.
122Es liegen im Streitfall auch keine Umstände vor, die darauf schließen lassen, die Wiederholungsgefahr sei ausnahmsweise auch ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt. Hierzu reicht die Aufgabe der Nutzungshandlung nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2013, I ZR 55/12 - Restwertbörse II, juris Rn. 23). Denn die Beklagte ist nicht gehindert, die streitgegenständlichen Domains jederzeit wieder zu konnektieren bzw. deren Dekonnektierung zu veranlassen. Die Beklagte vertritt nach wie vor die Rechtsauffassung, zur Dekonnektierung nicht verpflichtet zu sein und behauptet, dies sei ihr auch tatsächlich nicht möglich. Den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung hat die Beklagte nur im Hinblick auf die Verpflichtung der Klägerin zur Hauptsacheklage zurückgenommen. Die streitgegenständlichen Domains sind unstreitig weiterhin auf Herrn M sowie die Firma M Holdings LTD registriert, der Registrant dort tatsächlich aber nicht erreichbar. Die derzeit gegebene Dekonnektierung stellt damit keine endgültige Unterlassung der eventuellen Rechtsbeeinträchtigungen der Klägerin dar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit erneuter Dekonnektierung auch eine erneute öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films erfolgt.
1232.
124Soweit die Klägerin von der Beklagten Unterlassung der Freigabe der streitgegenständlichen Domains zur Umregistrierung verlangt, solange der streitgegenständliche Film „X“ über den Internetdienst „Y“ abrufbar bleibt, steht der Klägerin gegen die Beklagte aus vorstehenden Gründen gleichfalls ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 94 Abs. 1, 15, 19a UrhG zu.
125Ein solcher Unterlassungsanspruch kann auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt werden und setzt - als vorbeugender Unterlassungsanspruch - voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch kann sich nicht nur gegen den möglichen Täter, sondern auch gegen denjenigen richten, der als potenzieller Teilnehmer oder Störer eine Erstbegehungsgefahr für durch Dritte begangene Verletzungshandlungen begründet hat (vgl. BGH GRUR 2015, 1108 Tz. 41, 53 - Green-IT).
126Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Denn die Betreiber der Online-Filesharing-Plattform „Y“ haben in der Vergangenheit gerade bezüglich zumindest eines Teils der streitgegenständlichen Domains nach einer Dekonnektierung und Freigabe der Domains durch einen anderen Registrar über den Reseller der Beklagten diese veranlasst, die Neukonnektierung der streitgegenständlichen Domains vorzunehmen, wodurch erneut eine erleichterte Auffindbarkeit des Dienstes „Y“ erfolgte. Dieses Verhalten der Betreiber des Dienstes „Y“ in der Vergangenheit begründet die ernstliche Besorgnis, dass eine Freigabe der Domains von Seiten der Beklagten zu einer erneuten Registrierung der Domains bei einem anderen Registrar führen würde. Vor diesem Hintergrund würde die Freigabe dieser Domains von Seiten der Beklagten eine tatsächliche Unterstützungsleistung im Sinne einer Beihilfehandlung (§ 27 StGB, § 830 Abs. 2 BGB) zu den von den Betreibern des Dienst „Y“ begangenen Urheberrechtsverletzungen, den streitgegenständlichen Film betreffend, bedeuten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass, solange eine Eintragung als „ClientTransferProhibited“ in den jeweiligen Registries erfolgt ist, eine Umregistrierung der Domains nicht möglich ist. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten, insbesondere der von dieser vertretenen Ansicht, ihre Vertragsbindungen zu Registrant und Registry erlaubten ihr nicht die von der Klägerin geforderten Sperrmaßnahmen und auf Antrag des Registranten sei eine Domain freizugeben, besteht die ernstliche Gefahr, dass die Beklagte auf Antrag des Registranten der Neuregistrierung der streitgegenständlichen Domains dadurch Vorschub leisten würde, dass sie einem entsprechenden Antrag des Registranten auf Umregistrierung bzw. Freigabe der Domains nachkäme. Vor diesem Hintergrund ist auch der Unterlassungsanspruch zu 2) aus dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begründet.
127Der Beklagten werden auch insoweit keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt. Denn auch hier gilt, dass die Beklagte nicht eigenständig Nachforschungen anstellen muss, ob der streitgegenständliche Film „X“ über den Internetdienst „Y“ weiterhin abrufbar ist, sondern aufgrund ihrer vertraglichen Bindungen zu dem Registranten, vermittelt durch den Reseller, von diesem den Nachweis verlangen kann, dass der streitgegenständliche Film über den Dienst „Y“ nicht mehr zum Download angeboten wird und bis zu diesem Nachweis eine Umregistrierung auch gegenüber dem Registranten und der Registry verweigern kann.
128III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
129IV. Der Schriftsatz der Klägerin vom 11.09.2017 hat vorgelegen, gab indes keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.
130Streitwert: bis 100.000,00 €
131Rechtsbehelfsbelehrung:
132Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1331. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
1342. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
135Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
136Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
137Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
138Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.