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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über Pflichten aus Verträgen über den Ankauf von Holz, die sie im Jahre 2007 nach dem Sturm „Kyrill“ geschlossen haben.
3Die Klägerin betrieb ein Sägewerk im niedersächsischen B. Sie gehört zur L-Gruppe, einem der größten Sägeindustrieunternehmen Europas.
4Das beklagte Land veräußert als Waldeigentümer regelmäßig Holz aus dem Staatswald an Sägewerke, wobei es einen bedeutenden Marktanteil in Nordrhein-Westfalen hat. Darüber hinaus vermittelt das beklagte Land Holzverkäufe zwischen den Eigentümern des Privat- und Kommunalwaldes und potentiellen Käufern.
5Im Januar 2007 führte der Orkan „Kyrill“ zu großen Schäden in den Wäldern, die im Land Nordrhein-Westfalen liegen. Dadurch kam es schlagartig zu einem großen Zusatzangebot an Holz auf dem Markt. Die Landesregierung beschloss, das Sturmholz möglichst schnell zu vermarkten. Zum Hintergrund und zum Ziel der Maßnahmen teilte die Landesregierung später in ihrem Abschlussbericht zu den Folgen des Sturmereignisses „Kyrill“ mit:
6„Nach der Sturmkatastrophe herrschte bei Waldbesitzern, Forstunternehmern und Sägewerkern Unsicherheit über die weitere Mengennachfrage der Sägeindustrie und die Preisentwicklung. Befürchtungen machten sich breit, dass Kyrillholz teilweise zu Preisen unterhalb der Aufarbeitungskosten gehandelt werden könnte. Die aufgearbeitete Sturmholzmenge im privaten Waldbesitz überstieg bei weitem die bestehenden konkreten Absatzmöglichkeiten, so dass der Lagerbestand im Wald unkontrolliert wuchs. Es machte sich bei manchen Waldbesitzern eine große Unruhe breit, da sie wegen der Holzpreiseinbrüche den Lohn der Arbeit mehrerer Generationen schwinden sahen.
7Das Gebot der Stunde war, die Märkte zu beruhigen, damit das Sturmholz ohne große Preisverluste verkauft werden konnte. Gleichzeitig sollte der Absatz für die mittelfristig zusätzlich zu erwartenden Hiebsanfälle aus so genannten Kalamitätsfolgehieben gesichert werden.“
8Wegen der weiteren Einzelheiten dazu wird auf die Anlage K 108 verwiesen.
9Am 20.02.2007 schlossen die L-Gruppe, die Landesforstverwaltung des beklagten Landes und weitere Beteiligte eine Vereinbarung über den Kauf von Holz. Die Vereinbarung sah vor, dass das beklagte Land in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt 2.700.000 Festmeter Rundholz und in den Jahren 2009 bis 2014 jeweils 500.000 weitere Festmeter Holz an die Klägerin verkauft. In dem Vertrag heißt es unter anderem:
10„Die o.g. (Anlage 1) Mengen der jeweiligen Jahre werden vom Privat-, Kommunal- und Staatswald geliefert. Die Landesforstverwaltung garantiert die oben genannten jeweiligen Liefermengen aus dem Landeswald, falls die anderen Waldbesitzerarten ihren Lieferverpflichtungen nicht nachkommen. Die Landesforstverwaltung tätigt keine weiteren Verkäufe unter den o.g. Preisen.“
11Am 17.04.2007 wurde ergänzend ein „Rahmenkaufvertrag“ geschlossen, an dem als Vertragsparteien die waldbesitzereigene X Sauerland GmbH („Verkäufer zu 1“), die waldbesitzereigene I Sauerland GmbH („Verkäufer zu 2“) sowie das beklagte Land für den Staatswald („Verkäufer zu 3“) und als Vermittler für Holzverkäufe aus dem Privat- und Kommunalwald („Vertragspartei zu 4“) beteiligt waren, ferner die Klägerin als Käuferin. Der Vertrag enthält unter anderem die folgenden Vereinbarungen:
12„1. Allgemeine Rahmenbedingungen
13Die L Holz Niedersachsen GmbH kauft für sich und die L Gruppe... im Zeitraum vom 20.02.2007 bis 31.12.2014 bis zu 5,2 Mio m³/f Fichtenstammholzabschnitte L2 und Fichtenstammholz lang L1 aus dem Privat-, Körperschafts- und Staatswald in Nordrhein-Westfalen (davon im Jahr 2007 in einer Größenordnung von bis zu 600.000 fm und im Jahr 2008 bis zu 1,6 Mio fm; die vereinbarten Mengen für 2007 und 2008 verringern sich um die Mengen aus NRW stammendem Fichtenstammholz, die der Käufer von anderen Lieferanten in den Jahren 2007 und 2008 erhält).... Zusätzlich sichert der Käufer die Abnahme von bis zu 500.000 m³/f ordentlich 2007 eingelagertem Holz aus Nasslagern im Jahr 2009 zu.
14Die Vertragsparteien zu 1) bis 4) verkaufen bzw. vermitteln von den oben genannten Mengen bis zu 4.425.000 fm Fichtenstammholz in den von L gewünschten Längen an den Käufer gemäß nachfolgenden Bedingungen.
15Die Aufteilung der Liefermengen erfolgt nach einem Lieferplan möglichst mit gleichbleibenden Monatsmengen, der jährlich zwischen den Vertragsparteien zu 1) bis 4) abgestimmt und mit dem Käufer einvernehmlich festgelegt wird. Sollte darüber kein Einvernehmen erzielt werden, so hat der Verkäufer zu 3) jedenfalls seine Liefermengen aus möglichst nahen Revieren zum Käufer zu liefern...
16Die Vertragsparteien zu 1) bis 4) schulden und haften dem Käufer gegenüber nur jeweils ihren bzw. für ihren Anteil aus dem jährlichen Lieferplan; - für die Anteile der jeweils anderen (allenfalls nicht erfüllenden) Vertragspartei wird nicht gehaftet, sofern in dieser Vereinbarung nichts Spezielles geregelt ist.
17Zusätzlich bieten die Vertragsparteien zu 1) bis 4) bis zu 500.000 fm ordentlich 2007 eingelagertes Holz aus Nasslagern im Jahr 2009 an, sofern diese Nasslagermengen vorhanden sind.
182.1 Sturmholz in den Jahren 2007 bis 2008
19Die Vertragsparteien zu 1) bis 4) verkaufen bzw. vermitteln und der Käufer kauft in den Jahren 2007 und 2008 nachfolgende Mengen Fichtenstammholz zu den nachfolgenden Bedingungen:
20...
21Für 2007 und 2008 gelten für alle Hölzer gemäß Ziffer 2.1, die den Anforderungen gem. Punkt 4 entsprechen, folgende Preise in Euro je m³/F zzgl. gesetzlicher MWSt:
22...
232.2. Holz aus Nasslager im Jahr 2009
24Der Käufer stellt in Aussicht, bis zu 500.000 m³/f ordentlich nass eingelagertes Holz (L1 und L2) frei Nasslagerplatz zu kaufen. Die Vertragsparteien zu 1) bis 4) stellen eine Lieferung von mindestens 200.000 fm in Aussicht. Nur im Falle, dass die Verkäufer über diese Mengen auch tatsächlich verfügen, verpflichten sie sich auch zur Lieferung. Darüber hinaus stelle die Vertragsparteien zu 1) bis 4) die Lieferung von bis zu 300.000 fm in Aussicht, sofern und soweit diese Mengen in Nasslagern in NRW zur Auslieferung vorhanden sind. Für Nasslagerhölzer gelten folgende Preise in Euro je m³/f zzgl. gesetzl. MWSt:
25...
262.3 Frischholz in den Jahren 2009 bis 2014
27In den Jahren 2009 bis 2014 verkaufen bzw. vermitteln die Vertragsparteien zu 1) bis 4) dem Käufer jährlich Frischholz (Fichtenstammholz) (inkl. neu anfallendem Kalamitätsholz) von jährlich mit einem Volumen von mindestens 500.000 m³/f (Volumenanteile L1 und L2) per anno nach Maßgabe folgender Bedingungen:
28A. Verkäufer zu 3)
29Der Verkäufer zu 3) verkauft verpflichtend per anno 195.000 fm an den Käufer zu nachfolgenden Bedingungen. Die Liefermenge des Verkäufers zu 3) wird durch die Liefermenge der Vertragsparteien zu 1), 2) und 4) begrenzt, sofern diese auch unter den Bedingungen dieses Punktes A. bzw. zu den Bedingungen des Käufers zu 3 [sic!] liefern. Liefern diese zusammen mehr als 305.000 fm jährlich an den Käufer zu den Bedingungen dieses Punktes A., verringert sich die Liefermenge des Verkäufers zu 3) entsprechend.
30Die Preise für die Jahre 2009 bis 2014 werden unmittelbar vor Beginn des jeweiligen Jahres vereinbart. Aus heutiger Sicht gelten für die Frischholzlieferungen folgende Preise in Euro je m³/f zzgl. gesetzlicher MWSt als angemessen, wobei in Abhängigkeit von der Veränderung des durchschnittlichen Marktpreises des laufenden Jahres in Deutschland für die Jahre 2009 und 2010 ein Anpassungsbetrag bis zu +/- 5,00 Euro/m³/f und für die Jahre 2011 bis 2014 ein Anpassungsbetrag von bis zu +/- 15,00 Euro/m³/f vereinbart werden kann.
31Bis dass eine Einigung über die Veränderung der Marktlage bzw. die Preisanpassung gemäß oben genannten Maximalanpassungen per anno einvernehmlich zwischen den Käufer und NRW (Verkäufer zu 3) gefunden wird, gelten die jeweils zuletzt gültigen Preise bis zu einer Einigung weiter.
32Als feste Preisbasis für die Lieferzeit 2009 bis 2014 werden zwischen Käufer und Verkäufer zu 3) folgende Preise vereinbart:
33...
34B. Vertragsparteien zu 1), 2) und 4)
35Die Vertragsparteien zu 1), 2) und 4) bieten dem Käufer jährlich den Ankauf von Frischholz (inkl. neu anfallendem Kalamitätsholz) zu einem Volumen von mindestens 305.000 m³/f (Volumenanteile L1 und L2) an. Eine gesamtschuldnerische Haftung ist ausgeschlossen, jede Vertragspartei zu 1, 2, und 4 schuldet dem Käufer nur ihren Anteil aus dem jährlichen Lieferplan, sofern in dieser Vereinbarung nichts anderes geregelt ist. Die Preise für die Jahre 2009 bis 2014 werden unmittelbar vor Beginn des jeweiligen Jahres zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Sollten sich die Vertragsparteien zu 1), 2) und 4) nicht mit dem Käufer über den Preis einigen können, kommt für das betreffende Jahr kein Kaufvertrag zustande.
36Sofern jedoch der Käufer den Verkäufern zu 1), 2) und 4) Preise wie unten zu bb. definiert für die unter diesem Punkt angebotenen Mengen anbietet, sind die Verkäufer zu 1), 2) und 4) zur Lieferung der jährlichen Vertragsmenge zu diesen Preisen zu bb. verpflichtet.
37Sollten die Verkäufer zu 1 und 2 ihrer Lieferverpflichtung aus diesem Punkt B. aus welchen Gründen immer nicht zur Gänze nachkommen, ist NRW (Verkäufer zu 4) verpflichtet diese Mengen dem Käufer zu Preisen zu bb. zusätzlich zur eigenen Verpflichtung gemäß Punkt A. mit Priorität zu liefern, sofern NRW diese Mengen zum Verkauf oder von Dritten zur Vermittlung und/oder zur Vermarktung im betroffenen Lieferjahr zur Verfügung hat.
38bb. Preise gemäß dieser Bestimmung sind...
393. Kalamitätsklausel
40Ab einer Kalamität von 50 Mio fm Nadelholz in Deutschland oder im Katastrophenfall sind die o.gen. Konditionen neu zu verhandeln...“
41Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Wortlaut der Vereinbarung vom 20.02.2007 und des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007 verwiesen.
42Darüber hinaus schloss das beklagte Land nach dem Sturm „Kyrill“ sechs weitere Verträge mit sogenannten A-Kunden über die Abnahme von Holz. Keiner dieser Verträge enthält eine Meistbegünstigungsklausel oder eine Auffangverpflichtung des beklagten Landes für ausbleibende Lieferungen aus dem Privat- und Kommunalwald. Darüber hinaus sind in diesen Verträgen niedrigere Kaufpreise für Sturm- und Frischholz vereinbart.
43In den Jahren 2007 und 2008 belieferte das beklagte Land die Klägerin mit Holz. Die vorgesehenen Abnahmemengen wurden dabei nicht erreicht. Spätestens Anfang des Jahres 2009 geriet die Klägerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das führte auch zeitweise zu einem Zahlungsrückstand. Das beklagte Land lehnte es mit Schreiben vom 14.08.2009 ab, weiteres Holz zu liefern oder Lieferpläne zu erstellen. Ende September 2009 teilte das beklagte Land mit, dass es „keinen Festmeter mehr liefern möchte“.
44Zwischen den Parteien kam es zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Verträge. Mit rechtskräftigem Urteil des Einzelrichters vom 17.02.2012 hat die Kammer festgestellt, dass die Vereinbarung vom 20.02.2007 sowie der Rahmenkaufvertrag vom 17.04.2007 fortbestünden. Rücktritt und Kündigung durch das beklagte Land seien unwirksam. Der Vertrag sei auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam, nichtig oder vorzeitig beendet (LG Münster, Urteil vom 17.02.2012, 11 O 37/11, juris). Das Oberlandesgericht Hamm hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen (OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2012, 2 U 52/12, juris). Ein Verstoß gegen europäisches Beihilferecht war nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
45Am 19.07.2013 verfasste die Bundesregierung eine Mitteilung an die Europäische Kommission. Die hier streitgegenständlichen Verträge wurden dort als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV bezeichnet. Die Bundesregierung bat in der Mitteilung um eine Stellungnahme der Kommission und wies darauf hin, dass die Kommission mit einer Entscheidung Rechtssicherheit schaffen könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Mitteilung Bezug genommen [Anl. 2) zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018]. An der Erstellung dieser Mitteilung war auch das beklagte Land beteiligt. Unter anderem stellte es der Bundesregierung dafür Informationen zur Verfügung.
46Die Klägerin behauptet:
47Ihr und den mit ihr verbundenen Unternehmen seien erhebliche finanzielle Schäden dadurch entstanden, dass das beklagte Land während der Laufzeit des Vertrages weitere Lieferungen verweigerte. Sie habe deswegen ihr Werk in B schließen müssen. Das habe einen Schaden in Höhe von 48.563.618,60 € verursacht, wie sie in der Klageschrift behauptet, oder einen Schaden in Höhe von 50.328.366,35 €, wie sie im Schriftsatz vom 20.12.2013 behauptet. Außerdem seien umfangreiche Deckungskäufe erforderlich geworden, damit sie und die mit ihr verbundenen Unternehmen in die Lage versetzt wurden, Aufträge auszuführen. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert die Klägerin auf 3.960.729,00 €. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Zusammensetzung der geltend gemachten Schäden wird auf die Angaben in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 20.12.2013 verwiesen.
48Die Klägerin vertritt die folgenden Rechtsansichten:
49Das beklagte Land müsse aufgrund des Vertrages Holz liefern. Außerdem schulde es Schadensersatz, weil es seine Pflichten aus den Vereinbarungen vom 20.02.2007 und 17.04.2007 verletzt habe. Diese Vereinbarungen seien wirksam. Das ergebe sich schon aus der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Hamm vom 03.12.2012. Diese Entscheidung beziehe sich auch auf etwaige Nichtigkeitsgründe aufgrund von § 134 BGB i.V.m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV.
50Abgesehen davon begründeten die Verträge keine Beihilfe im Sinne von Art. 107, 108 AEUV:
51Sie habe sich vertraglich zu einer angemessenen Gegenleistung für die zugesagten Holzmengen verpflichtet. Der Abschluss eines langfristigen Vertrages zu festgelegten Konditionen sei die Gegenleistung des beklagten Landes für die Abnahme von Kalamitätsholz und Frischholz gewesen. In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin, dass die Vereinbarungen für das beklagte Land äußerst vorteilhaft gewesen seien, weil sie sowohl hinsichtlich des Zeitraumes von 2007 bis 2009 als auch hinsichtlich der ab dem Jahr 2010 geltenden Basispreise ein Preisniveau etabliert hätten, das über dem Preisniveau gelegen habe, das üblicherweise nach einem solchen Schadensereignis zu erwarten sei.
52Auch die Meistbegünstigungsklausel spreche nicht gegen, sondern für die Marktüblichkeit des Vertrages. Eine derartige Klausel lasse erkennen, dass die Vertragsparteien davon ausgehen, dass ein Vertragsschluss zu günstigeren Konditionen mit anderen Parteien grundsätzlich möglich wäre. Das spreche dafür, dass der vereinbarte Kaufpreis aus Sicht der Klägerin zu hoch gewesen sei. Außerdem habe die Meistbegünstigungsklausel ein auskömmliches Preisniveau gesichert, um nachhaltigen Wettbewerb zwischen den Holzabnehmern zu gewährleisten. Die Klägerin weist darauf hin, dass dem beklagten Land im Interesse der Waldbesitzer daran gelegen war, einen radikalen Preisverfall zu vermeiden.
53Auch weitere Voraussetzungen einer Beihilfe in dem oben genannten Sinn lägen nicht vor. Es fehle an einer Selektivität. Das beklagte Land habe mit anderen Unternehmen „im Grundsatz vergleichbare Verträge abgeschlossen“. Die Verträge begründeten auch keine Verfälschung des Wettbewerbs. Für die Klägerin ergebe sich gegenüber ihren Wettbewerbern kein spürbarer Vorteil aus diesen Verträgen, weil es sich, wie die Klägerin behauptet, um Verträge zu marktüblichen Konditionen handele.
54Die vereinbarte Laufzeit des Vertrages sei beihilferechtlich nicht zu beanstanden, sondern vollkommen marktüblich, wie die Klägerin behauptet. Außerdem begünstige sie allenfalls das beklagte Land, weil die - wie behauptet - relativ hohen Preise langfristig festgeschrieben worden seien.
55Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Verträge zwischen ihr und dem beklagten Land eine Signalwirkung für andere Vertragspartner des beklagten Landes gehabt hätten. Diese hätten anschließend ähnliche Verträge mit dem beklagten Land geschlossen.
56Selbst wenn es sich um eine Beihilfe handele, seien die Verträge nicht nichtig. Konsequenz sei allenfalls eine beihilferechtskonforme Anpassung der Verträge oder eine Teilnichtigkeit.
57Zur weiteren Begründung legt die Klägerin ein Gutachten der consulting group vom 22.11.2013 vor. Diesem Gutachten zufolge hat sich für das beklagte Land kein Nachteil daraus ergeben, dass die Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 einseitig Mengen reduzieren konnte, wenn sie Sturmholz von anderen Anbietern in Nordrhein-Westfalen kaufte. Durch diese Verträge sei jedenfalls der Preis für die gesamte Sturmholzmenge stabilisiert worden. Insgesamt sei es dem beklagten Land mit den Verträgen gelungen, den Preis für die gesamte Menge an Sturmholz auf ein adäquates Niveau zu heben und damit die Märkte erheblich zu stabilisieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 22.11.2013 verwiesen (Anlage K 106).
58Soweit die Schäden bei den mit ihr verbundenen Unternehmen eingetreten seien, könne sie die Ansprüche aufgrund einer Abtretung geltend machen, hilfsweise aufgrund einer Drittschadensliquidation.
59Außerdem könne sie aufgrund der Vereinbarungen vom beklagten Land Holzlieferungen für die Jahre 2010 bis 2013 verlangen, hilfsweise die Aufstellung von Lieferplänen für den Fall, dass das Gericht es für erforderlich halte, vor einer Klage auf Erfüllung zunächst derartige Pläne aufzustellen.
60Darüber hinaus könne sie aufgrund von Nr. 2.3. B. bb des Vertrages vom 17.04.2007 Auskunft verlangen über die von den fünf größten Nadelholzkunden des beklagten Landes in den Jahren 2010 bis 2013 abgenommenen Mengen und jeweils gezahlten Preise.
61Außerdem sei das beklagte Land verpflichtet, an einer förmlichen Anmeldung der Vereinbarungen mitzuwirken. Diese Pflicht habe es durch die Beteiligung an der Mitteilung vom 19.07.2013 nicht erfüllt. Dabei handele es sich schon nicht um einen Antrag im Sinne von Art. 108 AEUV, sondern lediglich um eine Mitteilung. Außerdem enthalte diese Mitteilung eine unzulässige Wertung, weil die Maßnahme dort als mit dem Binnenmarkt unvereinbar bezeichnet werde. Darüber hinaus werde in der Mitteilung auf das vom beklagten Land eingeholte PwC-Gutachten verwiesen, das unzutreffende Tatsachen zu den Marktpreisen enthalte. Im Übrigen habe die Bundesregierung das Ergebnis schon vorweggenommen, indem sie die „Beihilfe“ als unvereinbar mit dem Binnenmarkt qualifiziert habe.
62Ein Anspruch auf Mitwirkung sei nicht verjährt. Die Klägerin habe erst im Jahre 2015 oder 2016 Kenntnis von dem Verhalten der Bundesregierung gegenüber der Kommission erlangt. Außerdem verstoße das beklagte Land gegen § 242 BGB, wenn es gegenüber diesem Anspruch jetzt die Einrede der Verjährung erhebe.
63Die Klägerin beantragt,
64I.
65das beklagte Land zu verurteilen, an sie 54.289.095,35 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
66II.
67das beklagte Land zu verurteilen, auf Grundlage der Vereinbarung vom 20.2.2007 in Verbindung mit Ziff. 2.3 lit. A. des Rahmenkaufvertrages vom 17.4.2007
68 308.750 fm Fichtenstammholzabschnitte in einer Länge von 4,00 m zzgl. 10 cm Übermaß, mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende, in den Güteklassen B, C oder Cgw herzustellen sowie der Klägerin frei Waldstraße zu übergeben und zu übereignen;
69 308.750 fm Fichtenstammholzabschnitt in einer Länge von 5,0 m zzgl. 10 cm Übermaß, mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende, und in den Güteklassen B, C oder Cgw herzustellen sowie der Klägerin frei Waldstraße zu übergeben und zu übereignen;
70hilfsweise zu dem Antrag zu II. für den Fall, dass das Gericht vom Erfordernis der Aufstellung von Lieferplänen vor Klage auf Erfüllung ausgehen sollte,
71das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin einen verbindlichen, vollständigen Lieferplan für die im Jahr 2013 fällig werdende sowie die für die Jahre 2010, 2011 und 2012 nachzuliefernde Holzmenge gem. Ziff. 2.3 lit. A. des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007, d.h. bzgl. Fichtenstammholzabschnitten im Umfang von 780.000 fm in der Länge L2 (davon zu 50 % Länge 4,00 m und zu 50 % Länge 5,00 m; jeweils zzgl. 10 cm Übermaß), mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende und in den Güteklassen B, C und Cgw zu übergeben und ihr vollumfänglich das darin bezeichnete Fichtenstammholz zu übergeben und zu übereignen;
72III.
73das beklagte Land zu verurteilen, auf Grundlage der Vereinbarung vom 20.2.2007 in Verbindung mit Ziff. 2.3 lit. B. des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007
74 der Klägerin 482.916,67 fm Fichtenstammholzabschnitte in einer Länge von 4,00 m zzgl. 10 cm Übermaß, mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende in den Güteklassen B, C oder Cgw frei Waldstraße zu übergeben und zu übereignen;
75 der Klägerin 482.916,67 fm Fichtenstammholzabschnitte in einer Länge von 5,00 m zzgl. 10 cm Übermaß, mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende und in den Güteklassen B, C oder Cgw frei Waldstraße zu übergeben und zu übereignen;
76hilfsweise zu dem Antrag zu III. für den Fall, dass das Gericht vom Erfordernis der Aufstellung von Lieferplänen vor Klage auf Erfüllung ausgehen sollte,
77das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin einen verbindlichen, vollständigen und mit der X Sauerland GmbH abgestimmten Lieferplan für die im Jahr 2013 fällig werdende sowie die für die Jahre 2010, 2011 und 2012 nachzuliefernde Holzmenge gem. Ziff. 2.3 lit. B. des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007, d.h. bzgl. Fichtenstammholzabschnitten im Umfang von 1.220.000 fm in der Länge L2 (davon zu 50 % Länge 4,00 m und zu 50 % Länge 5,00 m; jeweils zzgl. 10 cm Übermaß), mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende und in den Güteklassen B, C oder Cgw zu übergeben und ihr vollumfänglich das darin bezeichnete Fichtenstammholz zu übergeben und zu übereignen;
78IV.
79das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin über die von seinen fünf größten Nadelholzkunden in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 abgenommenen Mengen an Fichtenstammholzabschnitte in der Länge L2 (4,00 m und/oder 5,00 m zzgl. 10 cm Übermaß), mit einer Stärke ab 1a, d.h. ab einem Mindestzopfdurchmesser von 13 cm ohne Rinde, bis zu einem maximalen Zopfdurchmesser von 45 cm bzw. einem maximalen Stammfußdurchmesser von 55 cm jeweils ohne Rinde am stärksten Ende und in den Güteklassen B, C oder Cgw und die dafür jeweils gezahlten Preise unter Vorlage der jeweiligen Verträge und Rechnungen Auskunft zu erteilen;
80hilfsweise zu den vorstehenden Anträgen zu I. bis IV. für den Fall, dass das Gericht tatsächlich von einer Beihilfe ausgehe, mit dem erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018 erhobenen Antrag zu
81V.,
82das beklagte Land zu verurteilen, die förmliche Anmeldung der Vereinbarung vom 20.02.2007 in der Fassung des Rahmenvertrages vom 17.04.2007 über die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) 2015/1589 vorzunehmen und alle sachdienlichen Auskünfte und Informationen der europäischen Kommission in Abstimmung mit der Klägerin mitzuteilen, die nach der Auffassung der Klägerin für eine Entscheidung der europäischen Kommission entsprechend der Art. 4, 9 und 15 der Verordnung (EU) 2015/1589 erforderlich sind.
83Das beklagte Land beantragt,
84die Klage abzuweisen.
85Das beklagte Land stützt seine Rechtsverteidigung unter anderem auf die folgenden Rechtsansichten:
86Die Verträge seien nichtig, weil sie gegen europäisches Beihilferecht verstießen. Sie enthielten eine Begünstigung der Klägerin, welche durch den Vertragspreis nicht gerechtfertigt werde. Ein hypothetischer, marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter hätte einen derartigen Vertrag nicht geschlossen. Das ergebe sich aus der Preisgestaltung zum Vorteil der Klägerin, einer überlangen Laufzeit des Vertrages, einer Auffangverpflichtung zu Gunsten der Klägerin, aus weiteren wirtschaftlichen Vorteilen für die Klägerin wie beispielsweise der Möglichkeit, die vereinbarten Mengen für 2007 und 2008 zu verringern, außerdem aus einer „Nichtdurchsetzung der vertraglichen Regelungen für die Jahre 2007 und 2008 und Auswirkung auf die Konditionen für 2009 bis 2013“, ferner aus dem Geschehen im zeitlichen Umfeld des Vertragsabschlusses. In diesem Zusammenhang behauptet das beklagte Land, dass die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwartbare Preisentwicklung deutlich über den im Vertrag vereinbarten Basispreisen gelegen habe. Darüber hinaus hätte ein hypothetisches privates Unternehmen vergleichbarer Größe diesen Vertrag nicht geschlossen, weil die vereinbarte Liefermenge nicht haltbar gewesen sei, wie das beklagte Land behauptet, außerdem, weil die Klägerin berechtigt gewesen sei, die vereinbarte Liefermenge des beklagten Landes einseitig zu reduzieren, weil der Mechanismus zur Preisanpassung keine Erhöhung des Preises im Einklang mit der zu erwartenden Preisentwicklung innerhalb der Laufzeit des Vertrages garantiere und weil das beklagte Land restliche Mengen aufgrund der Meistbegünstigungsklausel nicht zu günstigeren Konditionen an Dritte verkaufen könne.
87Aus Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV ergebe sich ein Durchführungsverbot, weil die Europäische Kommission unstreitig damals weder über die Maßnahme unterrichtet worden war noch einen Beschluss dazu erlassen hat. Die Verträge dürften deswegen nicht erfüllt werden. Sie seien nach § 134 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nichtig. Für die Verletzung von angeblichen Pflichten aus diesen Verträgen werde auch kein Schadensersatz geschuldet.
88Die Kammer sei nicht durch das rechtskräftige Urteil vom 17.02.2012 daran gehindert, jetzt eine Unwirksamkeit nach den oben genannten Vorschriften festzustellen. Die Anwendung europäischen Rechtes sei vorrangig.
89Darüber hinaus verstießen die Verträge gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Das beklagte Land habe auf dem relevanten Markt eine marktbeherrschende Stellung. Die Klägerin sei ein Unternehmen mit relativer Marktmacht. Die vereinbarte Liefermenge führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von gleichartigen Sägewerksunternehmen.
90Wegen des Hilfsantrages zu V. vertritt das beklagte Land die Auffassung, dass es etwaige Ansprüche jedenfalls durch Mitwirkung an der Mitteilung der Bundesregierung vom 19.07.2013 erfüllt habe.
91Im Übrigen erhebt das beklagte Land wegen dieses Hilfsantrages und wegen sämtlicher etwaiger Ansprüche die Einrede der Verjährung.
92Die Europäische Kommission hat noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Verträge eine Beihilfe zugunsten der Klägerin begründen.
93Mit Beschluss vom 17.09.2014 hat die Kammer dem Europäischen Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
94„Verlangt das Europäische Recht, insbesondere die Art. 107, 108 AEUV (bzw. Art. 87, 88 EGV) und der Effektivitätsgrundsatz, in einem Zivilrechtsstreit über die Vollziehung eines zivilrechtlichen Vertrages, der eine Beihilfe gewährt, eine Außerachtlassung eines in derselben Sache ergangenen rechtskräftigen zivilrechtlichen Feststellungsurteils, welches das Fortbestehen des zivilrechtlichen Vertrages ohne Auseinandersetzung mit dem Beihilferecht bestätigt, wenn nach dem nationalen Recht die Vollziehung des Vertrages nicht anders abgewendet werden kann?“
95Der Europäische Gerichtshof hat auf diese Vorlage mit Urteil vom 11.11.2015 für Recht erkannt:
96„Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist es nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, wenn die Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift, in der der Grundsatz der Rechtskraft niedergelegt ist, ein nationales Gericht daran hindert, im Anschluss an seine Feststellung, dass die Verträge, die Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sind, eine unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durchgeführte staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen, sämtliche Konsequenzen aus diesem Verstoß zu ziehen, weil in einer unanfechtbar gewordenen Entscheidung eines nationalen Gerichts ohne Prüfung der Frage, ob mit den genannten Verträgen eine staatliche Beihilfe verbunden ist, ihr Fortbestand festgestellt wurde.“
97Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Kammer und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11.11.2015 (C-505/14) verwiesen (beide veröffentlicht bei juris).
98Entscheidungsgründe:
99Die zulässige Klage ist nicht begründet.
100I.
101Die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz, Lieferung von Holz, Aufstellung von Lieferplänen und Erteilung von Auskünften ergeben sich weder aus den Verträgen vom 20.02. und 17.04.2007 noch aus § 280 BGB beziehungsweise aus §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Verträge sind aufgrund von § 134 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nichtig. Die Rechtskraft des Urteils vom 17.02.2012 steht nicht entgegen.
1021.
103Die Verträge begründen für die Klägerin eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV. Eine Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift ist eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel, die geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, die dem Begünstigten einen selektiven Vorteil gewährt und die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 26.04.2018, C-233/16, juris; Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 63. EL Dezember 2017, Art. 107 AEUV Rn. 24 m.w.N.).
104a.
105Die Klägerin erhält durch die Holzlieferungen einen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Ein derartiger Vorteil ist anzunehmen, wenn das betroffene Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die ihm unter normalen Marktbedingungen nicht gewährt worden wäre. Wenn es eine Gegenleistung erbringt, die marktüblich ist, liegt kein Vorteil und damit keine Beihilfe vor. Dafür muss festgestellt werden, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Investor von vergleichbarer Größe genauso wie die staatliche Einrichtung unter den gleichen Bedingungen bereit gewesen wäre, die Unterstützung zu geben (sogenannter Privatinvestortest; vergleiche zum Beispiel EuGH, Urteil vom 04.09.2014, C-533/12 P und C-536/12 P, juris; Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 63. EL Dezember 2017, Art. 107 AEUV Rn. 46-53; Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, 1. Auflage 2013, Art. 107 AEUV Rn. 105 ff.).
106Ein derartiger Investor hätte die Verträge vom 20.02. und 17.04.2007 allerdings nicht abgeschlossen:
107aa.
108Die Verträge begründeten in erster Linie eine Pflicht des beklagten Landes zur Lieferung von Holz, ohne dass eine dauerhafte Gegenleistung dafür gesichert war. Das ist auch in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018 erörtert worden.
109(1.)
110Das beklagte Land verpflichtete sich in Nr. 2.1 des Vertrages vom 17.04.2007, zusammen mit den anderen Vertragspartnern im Jahre 2007 insgesamt 175.000 Festmeter Sturmholz und im folgenden Jahr 750.000 Festmeter Sturmholz an die Klägerin zu verkaufen. Nach Nr. 2.3 A. dieses Vertrages musste es außerdem in den Jahren 2009 bis 2014 jährlich 195.000 Festmeter Frischholz an die Klägerin verkaufen. Aus Nr. 2.3 B. ergab sich die zusätzliche Pflicht, in den Jahren 2009 bis 2014 ein Volumen von „mindestens 305.000“ Festmeter Frischholz pro Jahr zu liefern, wenn die übrigen im Vertrag unter Nr. 1. und 2. genannten Verkäufer ihre entsprechende Lieferpflicht nicht erfüllten und das beklagte Land diese Mengen zum Verkauf oder zur Vermittlung im betroffenen Lieferjahr zur Verfügung hatte.
111Dem stand allerdings keine ausreichend gesicherte Pflicht der Klägerin zur Abnahme des Sturmholzes in den Jahren 2007 und 2008 gegenüber. Nach Nr. 1 des Vertrages verringerten sich die vereinbarten Mengen für diese Jahre um die Mengen von aus Nordrhein-Westfalen stammendem Fichtenstammholz, welche die Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 von anderen Lieferanten erhielt. Das begründete für das beklagte Land das naheliegende Risiko, dass gerade das Sturmholz der Jahre 2007 und 2008 in erheblichem Umfang nicht von der Klägerin abgenommen würde. Ebenso bestand für das beklagte Land das naheliegende Risiko, dass es nicht in der Lage sein würde, das Holz an andere Abnehmer zu veräußern. Aufgrund der Meistbegünstigungsklausel nach dem Vertrag vom 20.02.2007 hätte es dieses Holz nicht unter den Preisen, welche es mit der Klägerin vereinbart hatte, an weitere Käufer veräußern können. Darüber hinaus war es aus der Sicht des Jahres 2007 fraglich, ob es dem beklagten Land gelingen würde, das Sturmholz zu den mit der Klägerin vereinbarten Preisen oder sogar zu höheren Preisen an Dritte zu veräußern. Ein wirtschaftlich handelnder Marktbeteiligter musste ernsthaft davon ausgehen, zu derartigen Preisen keine Abnehmer zu finden. Das gilt erst recht, wenn die vereinbarten Preise jedenfalls in den ersten Jahren über dem Marktpreis lagen, wie die Klägerin mehrfach betont. Dadurch konnte der gewährte Vorteil für das beklagte Land, der im erhofften Absatz von Sturmholz zu bestimmten Preisen bestand, ohne weiteres jedenfalls in einem erheblichen Umfang wieder entfallen.
112(2.)
113Auch für die Jahre 2009 bis 2014 war nicht ausreichend gesichert, dass das beklagte Land die im Vertrag genannten Mengen Frischholz tatsächlich an die Klägerin veräußern konnte. Die Liefermenge des beklagten Landes sollte sich nach Nr. 2.3 A. in dem Umfang verringern, in dem die übrigen Vertragsparteien zusammen über die vereinbarten 305.000 Festmeter jährlich hinaus Frischholz an die Klägerin lieferten.
114(3.)
115Darüber hinaus hätte jedenfalls für einen marktwirtschaftlich handelnden Investor anstelle des beklagten Landes ein erhebliches Interesse daran bestanden, das im Jahr 2007 in Nasslager eingelagerte Sturmholz möglichst zeitnah zu veräußern. Sturmholz kann auf diese Weise nur über einen begrenzten Zeitraum gelagert werden, nach den nicht näher bestrittenen Angaben des beklagten Landes über etwa zwei bis drei Jahre. Den möglicherweise relativ hohen Preisen, welche in Nr. 2.2 des Vertrages vom 17.04.2007 genannt werden, stand aber auch insoweit keine gesicherte Abnahmepflicht der Klägerin gegenüber. Nach Nr. 1. des Vertrages vom 17.04.2007 sicherte die Klägerin für das Jahr 2009 lediglich die Abnahme von „bis zu 500.000 m³/f“ Holz aus Nasslagern zu. Dadurch wurde allerdings keine Pflicht der Klägerin zur Abnahme einer bestimmten Menge begründet. Das ergibt sich aus der näheren Konkretisierung in Nr. 2.2 dieses Vertrages. Demzufolge stellte die Klägerin lediglich „in Aussicht“, diese Menge zu kaufen. Eine Pflicht wird in dieser Vertragsbestimmung nur für die Verkäufer begründet. Diese müssen das Holz liefern, wenn sie über diese Mengen auch tatsächlich verfügen. Auch darauf hätte sich ein marktwirtschaftlich handelnder Investor nicht eingelassen. Diese Bestimmungen begründeten für einen Verkäufer das erhebliche Risiko, dass er das Holz aus den Nasslagern nicht möglichst zeitnah an die Klägerin veräußern konnte. Wegen der Meistbegünstigungsklausel nach der Vereinbarung vom 20.02.2007 bestand das weitere Risiko, dass er dieses Holz auch nicht an sonstige Kunden hätte verkaufen können. Diese Risiken werden nicht ausreichend durch andere Gegenleistungen der Klägerin ausgeglichen. Aus den oben genannten Gründen hatte das beklagte Land keine rechtlich gesicherte Möglichkeit, auch nur in den Jahren 2007 und 2008 die im Vertrag genannten Mengen an die Klägerin zu veräußern und dafür die vereinbarten Preise zu erzielen.
116Das Gutachten vom 22.11.2013, welches die Klägerin vorlegt, geht demgegenüber zu Unrecht davon aus, dass wegen des Holzes aus dem Nasslager „ein gleichverteilter Verbindlichkeitscharakter zwischen Käufer und Verkäufer“ bestehe, weil auch die Verkäufer eine Lieferung lediglich „in Aussicht“ stellten (S. 11 f. des Gutachtens vom 22.11.2013, Anl. K 106). Durch Nr. 2.2 des Vertrages vom 17.04.2007 „verpflichteten“ die Verkäufer sich allerdings zu einer „Lieferung von mindestens 200.000 fm“ für den Fall, dass sie über diese Mengen auch tatsächlich verfügen.
117(4.)
118Derartige Vereinbarungen können aus Sicht eines Staates sinnvoll sein, der die Holzindustrie in seinem Gebiet schützen und dafür Beihilfen gewähren will. Sie führen dazu, dass jedenfalls bestimmte Mengen von Holz aus seinem Gebiet sicher abgenommen werden. Soweit es um den Schutz der heimischen Holzindustrie geht, kommt es für den Staat unter Umständen nicht darauf an, ob er sein eigenes Holz veräußert oder ob die in seinem Gebiet ansässige Holzindustrie in die Lage versetzt wird, ihr Holz zu veräußern. Ein wirtschaftlich handelnder Marktbeteiligter müsste allerdings bei seiner Entscheidung die Folgen der Verträge für sein eigenes Unternehmen berücksichtigen. Gerade bei niedrigen Marktpreisen müsste er damit rechnen, dass er anstelle der mit ihm konkurrierenden Unternehmen Holz liefern müsste. Bei höheren Marktpreisen in anderen Jahren könnten die konkurrierenden Unternehmen an seiner Stelle Holz verkaufen. Ein privater Investor würde keinen derartigen Vertrag schließen. Ein derartiger Vertrag würde umfangreiche Pflichten für ihn begründen, aber keine sicheren Ansprüche. Wesentliche Vorteile hätte der Vertrag in erster Linie für die Vertragspartnerin des privaten Investors, außerdem für die mit ihm konkurrierenden Unternehmen.
119(5.)
120Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass auch private Käufer an den Verträgen beteiligt waren, nämlich die X Sauerland GmbH und die I Sauerland GmbH. Das rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass private Verkäufer anstelle des beklagten Landes den gesamten Vertrag so abgeschlossen hätten wie das beklagte Land. Die Vertragsbedingungen für die privaten Verkäufer waren nur teilweise mit denen für das beklagte Land identisch. So war beispielsweise in Nr. 1. des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007 vorgesehen, dass sich auch die Liefermengen der privaten Firmen ebenso wie diejenigen des beklagten Landes für die Jahre 2007 und 2008 um die Mengen aus NRW stammenden Fichtenstammholzes verringern sollten, welche die Klägerin von anderen Lieferanten erhielt. Im Übrigen haben allerdings zahlreiche Regelungen dieser Verträge nur nachteilige Folgen für das beklagte Land, aber nicht für die übrigen Verkäufer. Beispielsweise wird durch die Meistbegünstigungsklausel nach der Vereinbarung vom 20.02.2007 nur die Landesforstverwaltung und damit das beklagte Land verpflichtet, aber kein privater Verkäufer. Auch die Auffangverpflichtung nach Nr. 2.3 B. des Vertrages vom 14.04.2007 gilt nur für das beklagte Land, nicht dagegen für die privaten Verkäufer, welche an diesen Vertrag beteiligt waren. Nach Nr. 2.3 A. dieses Vertrages sollten sich im Übrigen unter den dort genannten Bedingungen nur die Liefermengen des beklagten Landes reduzieren, nicht aber diejenigen der weiteren Verkäufer. Für die weiteren Verkäufer enthielt außerdem Nr. 2.3 B. des Vertrages vom 17.04.2007 die Regelung, dass ab 2009 in den Jahren, für welche sie sich mit der Klägerin nicht über einen Preis einigen konnten, kein Vertrag über Frischholz zu Stande kommen sollte. Für das beklagte Land sollten in einem derartigen Fall dagegen die zuletzt gültigen Preise weiter gelten.
121bb.
122Ein wirtschaftlich handelnder Marktbeteiligter hätte diese Verträge auch nicht mit der Meistbegünstigungsklausel nach dem Vertrag vom 20.02.2007 geschlossen.
123Durch diese Klausel wurde das beklagte Land für die Dauer von fast acht Jahren daran gehindert, Mitbewerbern günstigere Preise einzuräumen als der Klägerin. Diese Klausel, die vereinbarten, nicht unerheblichen Mengen und die lange Vertragsdauer führten zu einer langfristigen Bindung an die Klägerin. Darüber hinaus war es bei Vertragsschluss ohne weiteres erkennbar, dass diese Vereinbarung sich auch im Fall einer erneuten Kalamität während der Laufzeit von rund acht Jahren erheblich zum Nachteil des beklagten Landes auswirken konnte. Nach Nr. 3. des Vertrages vom 17.04.2007 waren die Konditionen lediglich ab einer Kalamität von 50 Millionen Festmeter Nadelholz in Deutschland oder im dort näher definierten Katastrophenfall neu zu verhandeln. Bei einer geringeren Kalamität hätte für die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, zu günstigeren Konditionen Holz einzukaufen. Dem beklagten Land wäre es bei dem dann zu erwartenden Überangebot voraussichtlich nicht oder allenfalls unter erheblichen Schwierigkeiten möglich gewesen, Holz aus dem Landeswald zu veräußern.
124Dem stand keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin gegenüber. Es kommt nicht darauf an, dass die Klägerin sich durch die Verträge gegenüber anderen Vertragspartnern möglicherweise zu einer langfristigen Abnahme von Holz verpflichtet hatte. Aus den oben genannten Gründen ergab sich daraus jedenfalls für das beklagte Land kein gesicherter Anspruch.
125cc.
126Der Vertrag begründet weitere Nachteile für das beklagte Land, auf die ein privater Investor sich nicht eingelassen hätte. Nach Nr. 2.3 A. des Vertrages vom 17.04.2007 sollen in den Jahren 2009 bis 2014 für das Holz aus dem Staatswald die zuletzt gültigen Preise weiter gelten, bis die Parteien sich über die Veränderung der Marktlage beziehungsweise die Anpassung des Preises geeinigt haben. Nach dem Wortlaut des Vertrages hat keine Partei die Möglichkeit, eine Anpassung des Preises zu erzwingen oder den Abschluss von Kaufverträgen mangels Einigung abzulehnen. Es gibt entgegen den Annahmen der Klägerin keinen Anhaltspunkt dafür, dass beide Parteien das Preisrisiko tragen (anders ohne nähere Begründung S. 19 des von der Klägerin vorgelegten Gutachtens vom 22.11.2013, Anl. K 106). Die Regelung ist zu Lasten des beklagten Landes unausgewogen. Bei steigenden Marktpreisen kann das beklagte Land keine Preiserhöhung durchsetzen. Es müsste sein Holz zu den bereits festgesetzten Preisen an die Klägerin verkaufen. Bei sinkenden Marktpreisen ist die Klägerin dagegen aufgrund von Nr. 2.3 A (1. Absatz) des Vertrages vom 17.04.2007 nicht daran gehindert, Holz von den anderen Vertragsparteien zu beziehen und so die vom beklagten Land zu liefernde Menge zu verringern. Bei einer Laufzeit von fast acht Jahren kann sich das gerade im Fall einer Kalamität, die unterhalb der in Nr. 3. des Vertrages vom 17.04.2007 genannten Grenze liegt, erheblich zu Lasten des beklagten Landes auswirken.
127Anders als die Klägerin meint, hatte das beklagte Land keine sichere Möglichkeit, „die Vereinbarung des jährlichen Lieferplanes zu blockieren“, um „auch in den Verhandlungen über die Preisanpassung nicht vollkommen vom Willen des Käufers abhängig zu sein“ und so höhere Preise durchzusetzen. Das beklagte Land war schon nicht berechtigt, seine Mitwirkung an dem Lieferplan ohne weiteres zu verweigern. Aus Nr. 1 (4. Absatz) des Vertrages vom 17.04.2007 ergab sich die Pflicht, den Lieferplan jährlich zwischen den Vertragsparteien zu 1) bis 4) abzustimmen und mit der Klägerin einvernehmlich festzulegen. Es gibt auch keinen Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land in der Lage gewesen wäre, dadurch einen ausreichenden Druck auf die Klägerin auszuüben, dass es sich weigerte, daran mitzuwirken. Wenn über die jährlichen Lieferpläne kein Einvernehmen erzielt wurde, konnte das beklagte Land nach Nr. 1 (4. Absatz) dieses Vertrages seine Lieferungen nicht grundsätzlich verweigern. Es musste dann vielmehr seine Liefermengen aus möglichst nahen Revieren an die Klägerin liefern.
128Es kommt auch nicht darauf an, ob die Parteien zu der Zeit, als der Rahmenkaufvertrag noch nicht durch das beklagte Land angezweifelt wurde, stets ein Einvernehmen über den Preis erreicht haben. Für die Frage, ob ein privater Investor anstelle des beklagten Landes der Vertrag abgeschlossen hätte, kommt es auf die Umstände an, welche bei Vertragsschluss vorlagen oder jedenfalls erkennbar waren (Bewertung ex ante).
129Die Kammer geht bei diesen Ausführungen im Gegensatz zu den Ausführungen auf S. 11 des Urteils vom 17.02.2012 davon aus, dass keine Partei die Möglichkeit gehabt hätte, bei einer fehlenden Einigung über neue Preise nach § 313 BGB eine Preisanpassung zu erzwingen. Die Parteien haben die Möglichkeit einer „Veränderung des durchschnittlichen Marktpreises des laufenden Jahres in Deutschland“ bei Vertragsschluss vorausgesehen und berücksichtigt. Das ergibt sich schon aus Nr. 2.3 A des Vertrages vom 17.04.2007. Die Kammer ist insoweit an die Rechtsansicht aus dem Urteil vom 17.02.2012 nicht gebunden. Dabei handelt es sich nicht um eine tragende Begründung des Tenors.
130dd.
131Die Auffangpflicht nach Nr. 2.3 B. des Vertrages vom 17.04.2007 begründete für das beklagte Land einen weiteren Nachteil. Nach dieser Regelung musste das beklagte Land Holz an die Klägerin liefern, wenn die Verkäufer zu 1 und 2 ihre eigenen Pflichten aus diesem Vertrag gegenüber der Klägerin nicht erfüllten. Ein privater Veräußerer hätte eine derartige Vereinbarung nicht geschlossen. Insbesondere in den Zeiten, in denen seine Konkurrenz nur niedrige Preis erzielen könnte, hätte für ihn kein Anlass bestanden, Lieferpflichten der konkurrierenden Unternehmen zu erfüllen und über seine bestehenden Verpflichtungen hinaus Holz zu veräußern, welches ihm bei höheren Marktpreisen dann nicht mehr zur Verfügung steht.
132ee.
133Ergänzend, ohne dass es darauf noch ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass die in der Vereinbarung vom 17.04.2007 festgelegten Vertragsbasispreise zu diesem Zeitpunkt nicht marktüblich waren. Das ergibt sich aus einem Vergleich mit den Preisen, welche mit den übrigen A-Kunden vereinbart worden waren. Jedenfalls für die Jahre 2010 bis 2014 lagen die mit der Klägerin vereinbarten Preise überwiegend unter den mit den anderen Kunden vereinbarten Preisen.
134ff.
135Bei der Frage, ob die Gegenleistung der Klägerin für die Leistungen des beklagten Landes insgesamt angemessen war, kommt es nicht darauf an, ob die Marktpreise durch diesen Vertrag stabilisiert werden sollten oder ob sie tatsächlich dadurch stabilisiert worden sind. Es ist schon fraglich, ob die hier vereinbarten Maßnahmen und die Maßnahmen, welche in den Verträgen mit den anderen sechs A-Kunden vereinbart waren, überhaupt dazu geeignet waren. Dazu muss die Kammer allerdings keine Feststellungen treffen. Ein privater Verkäufer würde dieses Ziel jedenfalls nicht durch den Abschluss eines derartigen Vertrages verfolgen:
136Dem beklagten Land ging es bei Vertragsschluss erkennbar nicht darum, die Preise für das eigene Holz aus dem Landeswald zu stabilisieren. Das Ziel des beklagten Landes war es vielmehr, die Preise für das Holz aller Waldbesitzer im Gebiet des Landes zu stabilisieren. Das ergibt sich schon aus dem Bericht der Landesregierung zu den Folgen des Sturmereignisses vom Januar 2007. Demzufolge sollte durch diese Verträge die „große Unsicherheit“ beseitigt werden, welche „bei Waldbesitzern, Forstunternehmern und Sägewerkern... über die weitere Mengennachfrage der Sägeindustrie und die Preisentwicklung“ herrschte (S. 89 f. des Berichtes der Landesregierung, Anl. K 108). Darüber hinaus ergibt sich das aus dem Vertrag vom 20.02.2007. Diesem Vertrag zufolge sollten die dort genannten Holzmengen „vom Privat-, Kommunal- und Staatswald“ geliefert werden.
137Wenn die Angaben der Klägerin zutreffen, ist es durch die Verträge auch tatsächlich gelungen, „einen substanziellen Anteil an der Stabilisierung des Gesamtmarktes für Fichtenstammholz in Jahr 2007“ zu leisten, „den Preis auf ein adäquates Niveau zu heben (für die gesamte Menge an Sturmholz) und damit den Rundholzmarkt zu stabilisieren“ beziehungsweise eine „Initialwirkung für die folgende Preisstabilisierung des Gesamtmarktes NRW (!)“ zu erzielen (S. 12 und 14 des Gutachtens vom 22.11.2013, Anl. K 106). Die Klägerin verweist auf die positiven Effekte des Vertrages „für das Land und die Waldbesitzer“ (Bl. 38 des Schriftsatzes vom 18.02.2015).
138Ein marktwirtschaftlich handelnder Investor hätte diese Ziele aber nicht mit derartigen Vereinbarungen verfolgt. Es ist schon fraglich, ob er überhaupt ein Interesse daran gehabt hätte, „einen substanziellen Anteil an der Stabilisierung des Gesamtmarktes“ zu leisten. Selbst wenn das der Fall wäre, hätte er nicht die in Nr. 1 und Nr. 2.3 A. des Rahmenkaufvertrages vom 17.04.2007 genannten Vereinbarungen abgeschlossen. Wie bereits ausgeführt, hätte er keinen Anlass gehabt, umfangreiche Pflichten für sich zu begründen und durch seine eigenen Leistungen die mit ihm konkurrierenden Unternehmen zu stärken.
139Es kommt auch nicht darauf an, ob die Verträge eine „Signalwirkung“ hatten oder haben sollten mit der Folge, dass andere Unternehmen der holzverarbeitenden Industrie in der folgenden Zeit ihrerseits Verträge mit dem beklagten Land über die Lieferung von Holz schlossen. Alleine die Hoffnung darauf hätte einen privaten Anbieter nicht veranlasst, den hier vorliegenden Vertrag mit den oben genannten ungünstigen Bedingungen zu schließen. Erst recht hätte er diesen Vertrag nicht in der Erwartung geschlossen, anschließend noch mehrere derartige Verträge zu vergleichbar schlechten Bedingungen mit anderen Unternehmen zu schließen.
140gg.
141Für die Entscheidung darüber, ob ein privater Investor anstelle des beklagten Landes die Verträge ebenso abgeschlossen hätte, kommt es nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die im Vertrag vereinbarten Preise über den tatsächlich unmittelbar nach dem Sturm „Kyrill“ geltenden oder für nächsten Jahre zu erwartenden Marktpreisen lagen. Auch das ist in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018 erörtert worden. Unerheblich ist es auch, ob sich aus der Meistbegünstigungsklausel jedenfalls ein Indiz dafür ergibt. Ein wirtschaftlich handelnder Marktbeteiligter würde die vereinbarten Preise nur dann als Gegenleistung berücksichtigen, wenn er darauf einen gesicherten Anspruch hätte. Aus den oben genannten Gründen ist das allerdings nicht der Fall. Die Verträge begründeten für die Klägerin keine feste Pflicht zur Abnahme von bestimmten Mengen bei dem beklagten Land.
142b.
143Durch diese Verträge wurde ein selektiver Vorteil im Sinne von Art. 107 AEUV für die Klägerin begründet. Selektiv ist ein Vorteil, der geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 26.04.2018, C-233/16, juris, und EuGH, Urteil vom 21.12.2016, C-20/15 P und C-21/15 P, juris). Soweit ersichtlich, hat das beklagte Land weder mit den sechs anderen A-Kunden noch mit sonstigen Vertragspartnern vergleichbare Verträge geschlossen, die eine feste Laufzeit von fast acht Jahren haben, die feste Lieferpflichten einschließlich einer Auffangpflicht des beklagten Landes für Ausfälle von anderen Vertragspartnern begründen, die keine gesicherte Möglichkeit vorsehen, die Preise bei einer Veränderung der Marktlage zu ändern, und die den Vertragspartner nicht zu einer ausreichend gesicherten Gegenleistung verpflichten.
144c.
145Darüber hinaus handelt es sich hier um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme aus staatlichen Mitteln, weil das verkaufte Holz aus staatlichen Mitteln geleistet wird und diese Leistung dem Staat zuzurechnen ist (vergleiche dazu im einzelnen Grabitz/Hilf/Nettesheim a.a.O. Rn. 31 f.). Diese Maßnahme ist geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, weil sie die Stellung der Klägerin im Vergleich zu Mitbewerbern aus anderen Mitgliedstaaten stärken kann (vergleiche zu diesem Merkmal Grabitz/Hilf/Nettesheim a.a.O. Rn. 74, 77 m.w.N.). Wenn die Verträge vollständig umgesetzt worden wären, hätte die Klägerin dadurch die Möglichkeit erhalten, über einen langen Zeitraum Holz zu festgelegten Preisen in einem erheblichen Umfang von dem beklagten Land zu beziehen und so unter Umständen deutlich günstiger als Mitbewerber einzukaufen. Andere Unternehmen der Sägeindustrie, welche mit der Klägerin konkurrierten, hätten bei einer Umsetzung der Verträge geschwächt werden können. Das beklagte Land wäre für sie dann als Holzlieferant über einen relativ langen Zeitraum in einem nicht unerheblichen Umfang ausgefallen. Es liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass das zu einer Verfälschung des Wettbewerbes führen kann (vgl. dazu Grabitz/Hilf/Nettesheim a.a.O. Rn. 68).
146Die Beihilfe fällt nicht unter eine Gruppenfreistellungsverordnung. Insbesondere handelt es sich nicht um eine de-minimis-Beihilfe im Sinne von Art. 2 der Verordnung EG Nr. 1998/2006, weil das Bruttosubventionsäquivalent nicht ohne Risikobewertung im Voraus genau berechnet werden kann. Bei den hier betroffenen Mengen und Preisen spricht außerdem alles dafür, dass das Bruttosubventionsäquivalent über einem Betrag von 200.000,00 € in drei Steuerjahren liegt.
1472.
148Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein privatrechtlicher Vertrag, durch den eine Beihilfe entgegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV gewährt wird, grundsätzlich nach § 134 BGB nichtig. Das Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV soll im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen die verfrühte Gewährung einer Beihilfe ohne vorherige Anzeige und positive Kommissionsentscheidung verhindern. Das System der präventiven Beihilfenkontrolle durch die Europäische Kommission soll gesichert werden. Außerdem sollen Wettbewerbsvorteile des Einzelnen verhindert werden, die sich daraus ergeben können, dass ihm auf einem nicht vorgesehenen Weg eine Beihilfe gewährt wird (BGH, Beschluss vom 13.09.2012, III ZB 3/12, juris; BGH, Urteil vom 05.12.2012, I ZR 92/11, juris; OVG Berlin, Urteil vom 18.12.2017, OVG 6 B 3.17, juris). Die Kammer braucht nicht zu entscheiden, ob sich in bestimmten Fällen als Rechtsfolge lediglich eine Teilnichtigkeit ergibt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das bei Kaufverträgen der Fall sein, in denen dadurch eine Beihilfe gewährt wurde, dass die Parteien einen zu niedrigen Kaufpreis vereinbart haben. In derartigen Fällen soll es genügen, nur den beihilferechtswidrig erlangten Vorteil abzuschöpfen (vergleiche BGH, Urteil vom 05.12.2012, I ZR 92/11, Rn. 35, 39, juris). Im hier vorliegenden Fall ergibt sich Beihilfe allerdings nicht aus der Höhe des Kaufpreises, sondern vielmehr aus den anderen oben genannten Umständen. Der beihilferechtswidrig erlangte Vorteil lässt sich hier nicht sicher bestimmen, weil er sich aus dem Zusammentreffen von zahlreichen verschiedenen Bestandteilen des Vertrages ergibt. Außerdem lässt sich auch trotz der salvatorischen Klausel in Nr. 9 des Vertrages vom 17.04.2007 nicht sicher feststellen, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die Parteien einen Vertrag ohne die beihilferechtswidrigen Bestimmungen geschlossen hätten. Die Kammer hat schon im Vorlagebeschluss vom 17.09.2014 darauf hingewiesen, dass insbesondere der Kaufpreis schon deswegen nicht an den jeweiligen Marktpreis angepasst werden kann, weil das von den Parteien nicht gewollt war. Auch die Parteien haben in Kenntnis dieses Vorlagebeschlusses keine Tatsachen dazu mitgeteilt, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt ein beihilferechtskonformer Vertrag abgeschlossen worden wäre.
1493.
150Die Kammer ist nicht aufgrund von § 322 ZPO daran gehindert, hier eine Nichtigkeit nach § 134 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV anzunehmen. Die Rechtskraft des Urteils vom 17.02.2012 erstreckt sich nicht auf einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV. Die Fragen, ob eine Beihilfe vorliegt und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, waren nicht Gegenstand des zugrunde liegenden Rechtsstreits. Mit dem Effektivitätsgrundsatz wäre es nicht vereinbar, wenn das Gericht jetzt wegen der Rechtskraft des Urteils vom 17.02.2012 nicht in der Lage wäre, sämtliche Konsequenzen aus einem Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV zu ziehen. Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten vielmehr, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem Ziel im Einklang steht, welches vom Unionsrecht verfolgt wird. Zur effektiven Durchsetzung des Unionsrechtes ist es im hier vorliegenden Fall insbesondere zulässig, § 322 ZPO so auszulegen, dass die Rechtskraft sich nicht auf einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV erstreckt, welcher nicht Gegenstand des damaligen Rechtsstreits war (vergleiche das auf den Vorlagebeschluss der Kammer ergangene Urteil des EuGH vom 11.11.2015, C-505/14, juris).
1514.
152Die Klägerin kann auch keinen Schadensersatz nach §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB verlangen. Das beklagte Land hat möglicherweise bei den Vertragsverhandlungen Pflichten dadurch verletzt, dass es die Kommission nicht nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV von der Beihilfe unterrichtete. Es würde allerdings dem Zweck dieser Vorschrift widersprechen, der Klägerin dafür Schadensersatz zuzusprechen. Art. 108 Abs. 3 AEUV soll der Kommission vor der beabsichtigten Einführung oder der Umgestaltung von Beihilfen ausreichend Zeit verschaffen, deren Vereinbarkeit mit Art. 107 AEUV zu prüfen (Grabitz/Hilf/Nettesheim a.a.O. Art. 108 Rn. 8) und Maßnahmen nach Art. 108 Abs. 2 AUEV zu treffen. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn das begünstigte Unternehmen zwar keine Beihilfe erhalten dürfte, als Schadensersatz aber Leistungen in entsprechendem Umfang ohne das vorgesehene Verfahren nach Art. 108 AEUV verlangen könnte.
153II.
154Die Klage war auch wegen des Hilfsantrages zu V. abzuweisen, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018 gestellt hat. Es ist schon zweifelhaft, ob dieser Antrag überhaupt zulässig ist. Nach dem Wortlaut soll das beklagte Land unter anderem verurteilt werden, alle sachdienlichen Auskünfte und Informationen zu erteilen, welche „nach der Auffassung der Klägerin“ für eine Entscheidung der europäischen Kommission erforderlich sind. Die Kammer braucht nicht zu entscheiden, ob der Antrag insoweit ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO ist oder ob er so ausgelegt werden kann, dass er einen bestimmten Inhalt erhält, weil er sich möglicherweise auf die Auffassung der Kommission beziehen soll. Der Antrag hat jedenfalls keinen Erfolg, weil er nicht begründet ist:
1551.
156Ein etwaiger Anspruch auf Mitwirkung bei der förmlichen Anmeldung ist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.
157Das beklagte Land war möglicherweise aufgrund von § 311 Abs. 2 BGB verpflichtet, an einer Notifizierung nach Art. 108 AEUV mitzuwirken, sobald es erkannte, dass die Verträge eventuell eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV begründeten. Ein entsprechender Anspruch der Klägerin ist dann spätestens bei der Anfertigung der Klageerwiderung vom 07.06.2013 entstanden, in welcher das beklagte Land sich mit ausführlichen Darlegungen auf eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen das europäische Beihilferecht berief. Die möglicherweise anspruchsbegründenden Umstände waren aber auch der Klägerin im Jahr 2013 bekannt, als sie die Klageerwiderung erhielt. Die Verjährungsfrist von drei Jahren, welche mit Ablauf des 31.12.2013 begann, war schon lange abgelaufen, als die Klägerin den Hilfsantrag zu V. in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2018 stellte.
158Für den Beginn der Verjährungsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin erst im Jahre 2015 oder 2016 von dem Verhalten der Bundesregierung gegenüber der Kommission erfahren hat. Dabei handelt es sich nicht um eine anspruchsbegründende Tatsache im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, sondern allenfalls um eine anspruchsvernichtende Tatsache im Sinne von § 362 BGB.
159Das beklagte Land ist auch nicht durch § 242 BGB daran gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Nach dieser Vorschrift darf ein Schuldner die Einrede der Verjährung nicht erheben, wenn er durch sein Verhalten objektiv, auch unabsichtlich, bewirkt, dass eine Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und wenn die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. zum Beispiel BGH, Urteil vom 14.11.2013, IX ZR 215/12, juris). Derartige Tatsachen liegen hier aber nicht vor. Insbesondere kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das beklagte Land der Bundesregierung zur Vorbereitung der Mitteilung vom 19.07.2013 falsche Tatsachen mitgeteilt hat, beispielsweise indem es das PwC-Gutachten mit möglicherweise falschen Tatsachen an die Bundesregierung weiterleitete. Es gibt jedenfalls keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin dadurch oder durch ein anderes Verhalten des beklagten Landes davon abgehalten wurde, den Hilfsantrag zu V. früher zu stellen.
1602.
161Darüber hinaus ist ein etwaiger Anspruch auf Durchführung der Anmeldung oder auf Mitwirkung daran nach § 362 Abs. 1 BGB untergegangen. Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass das beklagte Land an der Mitteilung der Bundesregierung vom 19.07.2013 beteiligt war und der Bundesregierung insbesondere Tatsachen mitgeteilt hat, welche dort genannt werden. Auch aus den Angaben der Klägerin ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land eine etwaige Pflicht zur Mitwirkung so völlig unzureichend erfüllt hat, dass das im Ergebnis als Nichterfüllung bewertet werden müsste. Insbesondere hat die Klägerin nicht mitgeteilt, welche dem beklagten Land bekannten und für ein Anmeldungsverfahren sachdienlichen Informationen in der 41 Seiten umfassenden Mitteilung überhaupt noch fehlen sollen. Die Klägerin meint insoweit lediglich, dass eine Mitteilung nicht ausgereicht hätte, sondern dass ein Antrag erforderlich gewesen wäre. Ein Antrag auf Prüfung und Entscheidung der Europäischen Kommission zu der Frage, ob hier eine Beihilfe vorliegt, ist allerdings auf Seite 41 der Mitteilung enthalten. Abgesehen davon war das beklagte Land allenfalls zur Mitwirkung an einer Maßnahme der Bundesregierung verpflichtet. Den Inhalt dieser Maßnahme musste die Bundesregierung selber bestimmen. Die Anträge sind nach Art. 108 AEUV, Art. 2 Verordnung (EU) 2015/1589 von den Mitgliedstaaten zu stellen, im hier vorliegenden Fall also von der Bundesrepublik Deutschland.
162Im Übrigen kommt es nicht darauf an, dass die Bundesregierung die hier betroffenen Verträge in der Mitteilung vom 19.07.2013 als „mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe“ bezeichnet hat. Es liegt nahe, dass das auf eine Stellungnahme des beklagten Landes zurückgeht. Selbst wenn das der Fall ist, hat das beklagte Land etwaige Pflichten an einer Mitwirkung dann allerdings nicht so schlecht erfüllt, dass das einer Nichterfüllung entspräche. Bereits diese Mitteilung konnte ohne weiteres zu dem von der Klägerin gewünschten Prüfungsverfahren bei der Europäischen Kommission führen. Die Kommission war schon aufgrund dieser Mitteilung nach Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/1589 verpflichtet, von Amts wegen die in diesem Schreiben enthaltenen Auskünfte über mutmaßliche rechtswidrige Beihilfen zu prüfen. Etwaige Rechtsauffassungen des beklagten Landes oder der Bundesregierung waren in diesem Verfahren für die Europäische Kommission nicht verbindlich.
163Ebenso ist es unerheblich, ob die Mitteilung der Bundesregierung auch auf das vom beklagten Land eingeholte PwC-Gutachten gestützt wird und ob dieses Gutachten falsche Tatsachen zu den Marktpreisen oder zu anderen Fragen enthält. Bereits die Mitteilung reichte aus, um die Kommission zu einer Prüfung nach Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/1589 zu veranlassen. Mehr konnte die Klägerin auf keinen Fall vom beklagten Land verlangen.
164III.
165Es gibt keinen Anlass, den Parteien aufgrund ihrer am Ende der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge eine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie hatten vor der mündlichen Verhandlung ausreichend Zeit, zur Sach- und Rechtslage vorzutragen. Davon haben sie umfangreich Gebrauch gemacht. Die Rechtsansicht der Kammer zur Frage der Beihilfe war ihnen aufgrund des Vorlagebeschlusses vom 17.09.2014 bekannt. Keine Partei hat ihren am Ende der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Schriftsatznachlass näher begründet und mitgeteilt, zu welchen Fragen überhaupt noch Ergänzungen erforderlich sein sollten.
166IV.
167Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
168V.
169Der Streitwert wird auf 30 Mio. € festgesetzt (§ 39 Abs. 2 GKG).