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1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungs-beschluss des Landgerichts Dortmund – Rechtspflegerin - vom 30.12.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6336,65 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit eines von den Beklagten im Prozess eingeholten Privatgutachtens.
4Die Klägerin ist ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet der Busverglasung. Sie und die Nebenintervenientin reparieren etwa ..% aller beschädigten Busverglasungen bundesweit. Die Beklagten bieten ihren Mitgliedern KfZ-Haftpflicht- und Kaskoversicherungen an.
5Seit 2007 verlangten die Beklagten von den bei ihr versicherten Mitgliedern, dass diese vor Erteilung eines Reparaturauftrages zur Behebung eines Glasbruchschadens einen DEKRA-Glasschadensbericht einholen. Nach Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der Nebenintervenientin entfällt bei deren Beauftragung mit der Glasreparatur die Verpflichtung zur Einholung des Glasschadensberichts.
6Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagten u.a. darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, ihren Kunden bei Beauftragung der Nebenintervenientin den DEKRA-Glasschadensbericht zu erlassen, solange dieser verlangt werde, wenn die Klägerin den Reparaturauftrag erhalte. Sie hat vorgetragen, der Kooperationsvertrag verstoße gegen §§ 1, 19, 20 GWB. Der Marktanteil der Beklagten in der Spezialbranche für Busversicherungen liege bei über .. %. Nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.10.2008, in dem das Landgericht sich nicht abschließend dazu äußerte, wie aus seiner Sicht der Markt abzugrenzen sei, sind die Beklagten dem Vortrag der Klägerin zur Marktabgrenzung unter Hinweis auf Entscheidungen der EU-Kommission und eine Entscheidung des Senats vom 17.09.2008 (VI-Kart 11/07 (V), VersR 2009, 1420 zur Abgrenzung des sachlich relevanten Markts von Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen) entgegengetreten und haben (zutreffend) ausgeführt, es gebe keinen Spezialmarkt für Busversicherungen. Auf dem relevanten Markt für KfZ-Haftpflicht- und Kaskoversicherungen ergebe sich hingegen keine marktbeherrschende Stellung der Beklagten. Noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.06.2008 haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 19.05.2008 ein von ihnen beauftragtes Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. P. vom 16.05.2008 überreicht, das den Vortrag der Beklagten zur Marktabgrenzung bestätigt.
7Mit Urteil vom 24.09.2009 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, ein Verstoß gegen §§ 1, 19, 20 GWB, Art. 81 EGV sei nicht gegeben, es gebe nur einen einheitlichen Versicherungsproduktmarkt für alle Kraftfahrzeuge, nicht aber eigene Märkte für einzelne Produktgruppen. Den überzeugenden Ausführungen in dem von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten sei zu folgen.
8Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 25.09.2009 haben die Beklagten beantragt, die Kosten des Gutachtens der Sachverständigen P. i.H.v. 6336,65 € festzusetzen. Deren Ausführungen zur Marktabgrenzung seien streitentscheidend gewesen. Da die Klägerin vorgetragen habe, es gebe einen Kaskoversicherungsmarkt für Busse und LKW, seien die Beklagten gezwungen gewesen, substantiiert zu erwidern. Dazu sei auch eine Markterhebung erforderlich gewesen, um den relevanten Markt abzugrenzen. Diese sei von Frau Prof. Dr. P. durchgeführt worden.
9Die Rechtspflegerin hat den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten mit Beschluss vom 30.12.2009 insoweit zurückgewiesen und ausgeführt, Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens seien nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Verlangt werde, dass das Gutachten den Ausgang des Rechtsstreits beeinflusst habe. Dies sei nicht der Fall, da das Gutachten nicht verwertet worden sei. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer sofortigen Beschwerde und machen geltend, ausweislich der Urteilsgründe sei das Privatgutachten verwertet worden. Außerdem habe nur durch das Gutachten der Sachverständigen die Möglichkeit bestanden, substantiiert zu erwidern.
10II.
11Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kosten des Gutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. P. sind nicht erstattungsfähig.
12Der im Verfahren unterlegene Kläger hat die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH VersR 2003, 481 f.). Auch die Kosten eines im Verfahren verwendeten Privatgutachtens können erstattungsfähig sein (vgl. BGH a.a.O.; BGH NJW 1990, 122; Herget in Zöller, ZPO 28. Aufl., § 91 Rdnr. 13 - Privatgutachten).
131.)
14Diese Kosten sind allerdings nur ausnahmsweise als notwendige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) anzusehen (vgl.BGH a.a.O.). Dies gilt insbesondere für die Kosten eines während des laufenden Verfahrens eingeholten Privatgutachtens (vgl. OLG Zweibrücken, MDR 2009, 415; OLG Brandenburg, JurBüro 2007, 652; Herget in Zöller a.a.O.). Die Beurteilung der Notwendigkeit hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante - also vor der Beauftragung des Gutachters - als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen (vgl. BGH a.a.O.). Allerdings ist es grundsätzlich Sache des Gerichts die Einholung eines Sachverständigengutachtens anzuordnen, wenn es dies für erforderlich hält. Deshalb ist gerade hinsichtlich der Frage, ob die Einholung eines Privatgutachtens notwendig war, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Herget in Zöller, a.a.O.) Danach ist die Einholung eines Privatgutachtens im laufenden Verfahren nur dann notwendig, wenn im Prozess erforderlicher substantiierter Sachvortrag ohne dessen Einholung nicht möglich ist (vgl. BGH NJW 1990, 122). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn technische oder medizinische Kenntnisse erforderlich sind, um ausreichend vortragen zu können. Auch kommt in Betracht, dass nach Erstattung eines vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens gegen eine Partei entschieden würde, und sie dem Ergebnis der Begutachtung erst nach Einholung eines Privatgutachtens entgegentreten kann (vgl. BVerfG NJW 2006, 136) Erst in zweiter Linie kann es dann für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten darauf ankommen, ob das Privatgutachten den Prozess beeinflusst hat (zum Meinungsstand vgl. Herget in Zöller a.a.O.).
152.)
16Nach diesen Grundsätzen scheidet hier eine Erstattung der Kosten des Privatgutachtens aus.
17Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der §§ 1, 19, 20 GWB, Art. 81 EGV trug die Klägerin. Deshalb musste sie substantiiert dazu vortragen, wie der Markt für KfZ – Versicherungen abzugrenzen ist, insbesondere dazu, dass es einen Markt für Bus- und LKW-Versicherungen gibt. Eine Befragung der Marktteilnehmer war dazu von ihr nicht vorgenommen worden.
18Gegenüber dem Vorbringen der Klägerin hatten sich die Beklagten vor allem nach dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.10.2008 in einem nachgelassenen Schriftsatz sachgerecht unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung verteidigt und detailliert zu der vorzunehmenden Marktabgrenzung ausgeführt. In dieser Situation bestand auf Seiten der Beklagten keine Notwendigkeit zu weiterer Substantiierung, zumal der Senat in der zitierten Entscheidung, die Marktabgrenzung ohne Befragung der Marktteilnehmer vorgenommen hatte. Zu weiterem Vortrag waren die Beklagten auch nicht durch die mündliche Verhandlung gezwungen, denn das Landgericht hatte insbesondere noch keine abschließende Meinung zur vorzunehmenden Marktabgrenzung geäußert. Insoweit hätte es jedenfalls ausgereicht, dazu vorzutragen, dass auch eine Befragung der Marktteilnehmer die vorgenommene Marktabgrenzung bestätigen werde und vorsorglich – gegenbeweislich – Sachverständigenbeweis anzutreten.
19Danach konnten die Beklagten ohne Einholung eines Privatgutachtens zuwarten, ob die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2009 die Klage ohne weitere Sachverhaltsaufklärung abweisen, oder aber auf die Beweisanträge der Parteien bzw. von Amts wegen eine Beweisaufnahme zur Marktabgrenzung anordnen würde.
20Auch aus der den Parteien eines Rechtsstreits obliegenden Kostengeringhaltungspflicht folgte deshalb, dass die Beklagten nicht schon nach dem ersten Verhandlungstermin privat ein Sachverständigengutachten beauftragen durften.
21Bestand damit keine Notwendigkeit, ein solches Gutachten einzuholen, scheidet die Erstattungsfähigkeit aus. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass das Gericht zur Begründung seiner Entscheidung auf das Gutachten – bei dem es sich prozessual um Sachvortrag der Beklagten handelt – Bezug genommen hat.
22III.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
24Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 bis 3 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.