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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. September 2011 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.546,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2010 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
2Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen eine von der Beklagten ausgesprochene Abmahnung. Die Beklagte ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „T.“, die unter anderem für Wasserbetten Schutz beansprucht. Die Klägerin, die in der Vergangenheit mit der Beklagten zusammen gearbeitet hatte, handelt mit Wasserbetten.
3Die Beklagte mahnt die Klägerin mit Schreiben vom 24. November 2010 wegen einer Verletzung ihrer Marke ab und verlangte die Zahlung einer Vertragsstrafe. Gegenstand der Abmahnung war der Umstand, dass bei der Eingabe des Suchbegriffs „T. in Köln“ auf der Internetseite „maps.google.de“ ein Hinweis auf die Klägerin mit der Überschrift „T. Betten“ erfolgte, wie auf Seite 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 2. März 2011 (Bl. 39 GA) wiedergegeben.
4Die Klägerin macht geltend, die Eintragung bei Google Maps, die sog. „Places-Funktion“ nicht veranlasst zu haben. Sie habe weder die Eintragung vorgenommen, noch die Verknüpfung mit der geschützten Bezeichnung „T.“ veranlasst. Sie könne auch nicht das gesamte Internet daraufhin überwachen, ob irgendjemand ihr Unternehmen in Zusammenhang mit der Marke der Beklagten bringe.
5Die Beklagte behauptet, die Eintragung bei der Funktion „Places“ könne ausschließlich von dem Geschäftsinhaber vorgenommen werden. Es müsse auch davon ausgegangen werden, dass nur die Klägerin diese Werbeschaltung vorgenommen haben könne.
6Das Landgericht hat die auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.704,50 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und sogleich begründete Berufung der Klägerin.
7Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, ihr stehe unter dem Gesichtspunkt der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ein Anspruch gegen die Beklagte zu. Für die Eintragung bei „Google Maps“ sei sie nicht verantwortlich, weil sie von dieser bis zu der streitigen Abmahnung noch nicht einmal Kenntnis hatte und im Übrigen den Eintrag weder veranlasst noch vorgenommen habe.
8Die Klägerin beantragt,
9das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.704,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2010 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.
13Der Senat hat Beweis erhoben auf Grund des Beweisbeschlusses vom 14.August 2012, Bl. 197 GA, durch Vernehmung von M. aus Hamburg von der Google Germany GmbH als Zeugen. Hinsichtlich des Beweisthemas wird auf den genannten Beweisbeschluss und hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Sitzungsprotokoll vom 6. November 2012, Bl. 215 ff. GA, Bezug genommen.
14Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg, denn ihr stehen unter dem Gesichtspunkt der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung wegen eines Eingriffs in ihren Gewerbebetrieb Ansprüche gegen die Beklagte zu. Der Zahlungsanspruch ist allerdings um den auf die Abwehr der Vertragsstrafe entfallenden Anteil zu kürzen, weil das Verlangen einer Vertragsstrafe keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt und eine andere Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist.
16Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht stellt bei schuldhaftem Handeln einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, der nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (BGH Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 15.07.2005 – GSZ 1/04, GRUR 2005, 882 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Abmahnung vom 24. November 2010 eine derartige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung darstellt. Der Beklagten ist der ihr obliegende Beweis, dass die Klägerin ihre Marke verletzt habe, nicht gelungen.
17Der Beklagten, die die Klägerin abgemahnt hat, obliegt es, darzutun und zu beweisen, dass die Klägerin tatsächlich ihre Marke verletzt hat, dass die Abmahnung vom 24. November 2010 mithin zu Recht erfolgt ist. Insoweit kann sich die Darlegungs- und Beweislast bei der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nicht anders darstellen als bei einer negativen Feststellungsklage. Das bedeutet, dass derjenige, der sich eines Anspruchs berühmt hat, darlegen und beweisen muss, dass ihm dieser Anspruch auch zustand.
18Dies kann indes im Streitfall nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, die Eintragungen bei Google Places könnten von jedermann, der über ein Google-Konto verfüge, vorgenommen und geändert werden. Auch würden derartige Einträge von Google aus verschiedenen Quellen generiert. Sie selber habe die streitige Eintragung nicht veranlasst oder vorgenommen, was sich schon daraus ergebe, das eine nicht nach außen kommunizierte Rufnummer angegeben sei. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, nur ein Geschäftsinhaber könne Einträge bei Google Places vornehmen und verändern. Hieraus folge unmittelbar, dass die Klägerin die streitige Eintragung vorgenommen haben müsse.
19Der hierzu von beiden Parteien benannte Zeuge M. konnte zu dieser Frage aus eigener Anschauung nur wenig bekunden. Aus eigener Kenntnis konnte der Zeuge letztlich nur berichten, dass die Angaben zu „Points of Interest“ auch von Brancheninformationsdiensten zugekauft würden. Im Übrigen hat der Zeuge auf die Hilfeseiten zu der Funktion Google Maps verwiesen und bekundet, selber keine Kenntnisse über die Funktionsweise zu haben. Zwar ist den von dem Zeugen zur Akte gereichten Ausdrucken zu entnehmen, dass der Unternehmer sein Unternehmen eintragen und verifizieren kann, was dann zur Folge hat, dass der Eintrag als „vom Unternehmensinhaber bestätigt“ angezeigt wird. Dem ist jedoch nicht zu entnehmen, dass es nur derartige bestätigte Unternehmenseinträge gäbe und dass Personen, die nicht der Unternehmer sind, solche Einträge nicht vornehmen könnten. Vielmehr ergibt sich aus dem Hinweis „Wenn Ihr Eintrag bereits in Google vorhanden ist, empfiehlt es sich trotzdem, ihn zu bestätigen ...“ unmittelbar, das Einträge auch ohne Zutun des Unternehmensinhabers zustande kommen können. Das ist auch aus Sicht sowohl des Suchmaschinenbetreibers, wie aus der Sicht des Nutzers plausibel: Der Suchmaschinenbetreiber hat ein Interesse daran, möglichst viele „Points of Interest“ in seiner Suchmaschine zu erfassen, damit seine Nutzer mittels der Suche auch das Gesuchte finden. In gleicher Weise haben die Nutzer der Suchmaschine ein Interesse an einer umfangreichen Datenbank. Die beanstandete Eintragung der Klägerin kann damit auch ohne ihr Zutun zustande gekommen sein, sei es, dass – veraltete – Daten von einem Dritten an den Suchmaschinenbetreiber veräußert wurden, sei es, dass unbekannte Dritte im Interesse einer Vollständigkeit der Points of Interest den Eintrag veranlasst haben.
20Die Klägerin trifft auch keine Verpflichtung, ihrerseits das Internet darauf zu überwachen, ob an irgend einer Stelle ihr Unternehmen in Verbindung mit der Marke der Beklagten genannt wird. Eine derartige Verpflichtung hätte dann bestehen können, wenn die Eintragung ursprünglich auf eine Veranlassung der Klägerin zurückgegangen wäre. Dann würde aus der Unterlassungspflicht auch eine Pflicht folgen, fortbestehende Verletzungen zu beseitigen. Hier fehlt es indes an der dafür erforderlichen ursprünglichen Verletzungshandlung. Die Klägerin haftet auch nicht als Störer auf Unterlassung.Voraussetzung hierfür wäre, dass sie durch ihr Handeln die Gefahr einer Markenverletzung geschaffen oder erhöht hat. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass sie über die bloße Tatsache ihrer Existenz hinaus irgendeinen Beitrag zu der Eintragung in der Funktion Google Places geleistet hätte.
21Die Abmahnung war damit unberechtigt. Dies beruht auch auf einem Verschulden der Beklagten, denn bei sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts hätte sie erkennen können und müssen, das eine rechtsverletzende Handlung seitens der Klägerin nicht festgestellt werden kann.
22Ein Anspruch besteht indes nur in Höhe von 1.546,73 €. Die Klägerin berechnet auf der Grundlage eines Streitwertes von 55.100,00 € und einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr Anwaltskosten von insgesamt 1.704,50 €. Dabei ist der Ansatz einer 1,5-fachen Gebühr nicht zu beanstanden, da der Sachverhalt insbesondere in tatsächlicher Hinsicht überdurchschnittlich schwierig war. Allerdings entfällt ein Teil des Streitwertes auf die Zurückweisung des Vertragsstrafeverlangens, hinsichtlich dessen kein Anspruch besteht. Dementsprechend ist nur der Teil der Kosten ersatzfähig, die auf die Abwehr der Schutzrechtsverletzung entfallen (vgl. BGH GRUR 2010, 744 Rn. 50 – Sondernewsletter). Ausgehend von einem auf die Schutzrechtsverletzung entfallenden Teilstreitwert von 50.000,00 € ergibt dies den zuerkannten Betrag von 1.546,73 €.
23Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
25Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.