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Oberlandesgericht Düsseldorf, I-15 U 76/14

Datum:
30.12.2014
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-15 U 76/14
ECLI:
ECLI:DE:OLGD:2014:1230.I15U76.14.00
 
Vorinstanz:
Landgericht Duisburg, 22 O 54/13
Leitsätze:

1.

Die Anwendbarkeit des § 5a Abs. 2 UWG wird hinsichtlich der Rechtsfrage, ob ein Unternehmen, das in seiner Werbung Prüfsiegel verwendet, eine Fundstelle anzugeben hat, unter welcher sich der Verbraucher näher über die zur Anwendung gekommenen Prüfkriterien informieren kann, grundsätzlich weder durch speziellere europarechtliche Normen (UGP-Richtlinie 2005/29/EG; Werbe-Richtlinie 2006/114/EG) noch durch speziellere nationale Regelungen (§ 22 Abs. 3 ProdSG i. V. m. Anlage zur Gestaltung des GS-Zeichens; § 5a Abs. 3 UWG) ausgeschlossen.

2.

Die Angabe einer unter 1. näher erläuterten Fundstelle stellt auch im Falle der Ver-wendung eines Prüfsiegels jedenfalls dann eine „wesentliche Information“ i.S.v. § 5a Abs. 2 UWG dar, wenn das verwendete Prüfsiegel sich auf die Produktqualität und/oder die Produktsicherheit bezieht. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Werbung unter Hinweis auf ein Prüfsiegel und der – nach der BGH-Rechtsprechung fundstellenpflichtigen (GRUR 2010, 248 – Kamerakauf im Internet) – Werbung mit einem „Warentest“ gewisse Unterschiede bestehen. Die Frage nach einer entsprechenden Verpflichtung ist für Prüfsiegel aus sich heraus zu beantworten, wobei Unterschieden/Gemeinsamkeiten zu/mit Warentest (nur) indizielle Bedeutung zukommt.

3.

Dass ein im Rahmen der Werbung verwendetes Prüfsiegel auch als Gemeinschaftsmarke Schutz genießt, steht der Annahme einer „wesentlichen Information“ ebenfalls nicht entgegen: Weder die Gewährleistungs-, noch die Garantie-, noch die Verdichtungsfunktion der Marke schließen eine Fundstellenpflicht aus. Dem mündigen Durchschnittsverbraucher muss zumindest die Option offenstehen, nähere Informationen zu den Prüfkriterien zu erhalten.

4.

Im Rahmen der gebotenen Abwägung der Verbraucher- und Unternehmensinteres-sen sind grundsätzlich auch etwaige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des wer-benden Unternehmens und/oder Dritter zu berücksichtigen. Um die Pflicht zur Ertei-lung wesentlicher Informationen ggf. begrenzen können, müssen diese Geheimnisse allerdings anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls nachvollziehbar dargetan werden. Die rein abstrakte Möglichkeit der Berührung/Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen genügt jedenfalls nicht.

5.

Die Anforderungen an die zur Verfügung zu stellenden Informationen hängen stets auch von den Möglichkeiten und Begrenzungen des eingesetzten Kommunikationsmittels ab, wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 5a Abs. 2 UWG ergibt. Im Falle einer Internetwerbung ist es regelmäßig zumutbar, Angaben zu den angewandten Prüfkategorien unter einem link zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um Informationen, die die betroffenen Unternehmen erst noch mühsam beschaffen müssten, so dass ein „Vorenthalten“ wesentlicher Informationen auch nicht unter diesem Aspekt ausscheidet.

 
Tenor:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. Januar 2014 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg (Az.: 22 O 54/13) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils folgende Fassung erhält:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen,

in Zeitungsanzeigen, im Internet, Wettbewerbsprospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Waren mit einem Prüfsiegel zu bewerben, ohne anzugeben, wie die dem Hinweis zugrunde liegenden Informationen zu erhalten sind, wenn dies wie aus der Anlage K 1 ersichtlich geschieht.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die durch die Streithilfe in zweiter Instanz entstandenen Kosten trägt die Streithelferin.

III.

Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 40.000,- abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

 
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