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Der nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als außerordentliche Kündigung anzusehende Haustürwiderruf eines Beitritts zu einer Genossenschaft beendet die Mitgliedschaft des Gesellschafters nicht sofort, sondern erst zum Schluss des Geschäftsjahres. Die Verlagerung des Wirkungszeitpunkts dieser außerordentlichen Kündigung auf den Schluss des Geschäftsjahres ergibt sich aus der auf eine nicht geschlossene Mitgliederzahl ausgerichteten Rechtsform der Genossenschaft.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 05.05.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve und das ihm zugrundeliegende Verfahren aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über sein Abfindungsguthaben aus der Beteiligung an der Beklagten, die unter der Mitgliedsnummer … geführt wird, bezogen auf den 31.12.2014, zu erteilen und ihm Rechnung zu legen.
Im Übrigen wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger nimmt, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, die Beklagte nach dem von ihm erklärten Widerruf seines Beitritts im Wege der Stufenklage auf Auskunft über das Auseinandersetzungsguthaben und dessen Auszahlung sowie auf die Feststellung in Anspruch, der Beklagten zu keinen weiteren Zahlungen mehr verpflichtet zu sein.
4Zunächst wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils insoweit Bezug genommen, als diese den Feststellungen des Senats nicht widersprechen.
5Das Landgericht hat, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, sowohl den Auskunfts- als auch den Leistungsantrag der Stufenklage als derzeit nicht fällig und die Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen, da der Kläger wegen seines mit Schreiben vom 25.02.2014 wirksam erklärten Widerrufs nicht, wie in dem Feststellungsantrag vorausgesetzt, am 25.02.2014, sondern erst am 31.12.2014 aus der Beklagten ausgeschieden sei. Aber auch eine Feststellung, dass der Kläger der Beklagten seit dem 31.12.2014 keine Zahlung mehr schulde, scheide aus, da der Beklagte seine Einlage noch nicht vollständig eingezahlt habe. Die vorerwähnte Wirksamkeit des Widerrufs ergebe sich aus §§ 312, 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. Da sich die Beklagte nicht qualifiziert zu dem entsprechenden Vortrag des Klägers erklärt habe, sei davon auszugehen, dass der Kläger seine Beitrittserklärung vom 25.09.2007 gemäß § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. in einer der Beklagten zurechenbaren Haustürsituation abgegeben habe, da der Kläger die für die Beklagte tätige Vermittlerin lediglich als Beraterin für seine Versicherungsverträge und damit nicht gemäß § 312 Abs. 3 BGB zur Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung an der Beklagten zu sich nach Hause bestellt habe. Dieser Beitritt stelle auch eine „entgeltliche“ Leistung im Sinne des § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar, da er Kapitalanlagezwecken gedient habe, wie sich nicht zuletzt daraus ergebe, dass der Geschäftsanteil durch vermögenswirksame Leistungen habe eingezahlt werden sollen. Die Widerrufserklärung des Klägers vom 25.02.2014 sei gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. auch nicht verfristet, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, weil der Widerruf eines Beitritts zu einer Genossenschaft nicht, wie in der Widerrufsbelehrung angegeben, zur Rückgewähr der beiderseits empfangenen Leistungen, sondern zur Beendigung der Mitgliedschaft mit Wirkung für die Zukunft und zur Entstehung eines Anspruchs auf das im Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft bestehende Auseinandersetzungsguthaben führe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs.1 BGB-InfoV a.F. berufen, da die von der Beklagten verwandte Belehrung von der Musterbelehrung der Anlage 2 der BGB-InfoV abweiche. So enthalte die Belehrung der Beklagten nicht den Satz der Musterblehrung: „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen.“ Zudem verwende die Beklagte die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt eines Durchschlages dieser Beitrittserklärung, die diese Widerrufsbelehrung und ihre Vertragserklärung beinhaltet.“, statt der der von der Musterbelehrung vorgesehenen Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“. Entgegen der Meinung des Klägers seien allerdings seine aus dem wirksamen Widerruf folgenden Ansprüche auf Auskunft und Zahlung des Abfindungsguthabens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14.04.2015 noch nicht fällig gewesen. Zum einen sei gemäß dem Rechtsgedanken des § 67a Abs. 2 Satz 2 GenG die Mitgliedschaft des Klägers durch seinen Widerruf vom 25.02.2014 ohnehin erst zum Schluss des Geschäftsjahres der Beklagten beendet worden, der gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 der Satzung mit dem Schluss des Kalenderjahres zusammenfalle, da der Widerruf nach den Rechtsgrundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wie eine außerordentliche Kündigung wirke, die gemäß § 67a Abs. 2 S. 2 GenG nur zum Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres wirksam werde. Zum anderen werde der nur zur Berechnung des Abfindungsanspruchs dienende Auskunftsanspruch nicht vor dem Abfindungsanspruch fällig und dieser werde, wie aus § 73 Abs. 4 GenG i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 2 der Satzung folge, erst 6 Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres, mithin am 01.07.2015, fällig. Selbst wenn man entgegen der Kammer annähme, die Fälligkeit des Auskunftsanspruches richte sich nach § 48 Abs. 3 GenG, weil danach der Jahresabschluss spätestens eine Woche vor der Generalversammlung vorgelegt werden müsse, gelangte man zu keinem anderen Ergebnis, da nicht vorgetragen sei, dass die Generalversammlung der Beklagten bereits einberufen worden sei.
6Diese rechtliche Würdigung greift der Kläger mit der Berufung an. Zwar habe das Landgericht seinen Widerruf vom 25.02.2014 zutreffend als wirksam erachtet. Zu Unrecht sei es jedoch davon ausgegangen, dass seine Beteiligung erst zum Schluss des Geschäftsjahres der Beklagten am 31.12.2014 ihr Ende gefunden habe. Wie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.05.2012 – II ZR 1/11, Rz. 22 ergebe, führe der Widerruf im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Gesellschaft mit Wirkung „ex nunc“ zu einer Beendigung der Mitgliedschaft des Widerrufenden. Soweit das Landgericht seine Meinung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2009 – II ZR 138/08 gestützt habe, überzeuge dies nicht, weil der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Der Beitritt des dortigen Klägers sei wegen einer für die Einzahlung des Geschäftsanteils in der Satzung nicht vorgesehenen Ratenzahlungsvereinbarung von Anfang unwirksam gewesen. Deshalb habe der dortige Kläger ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gehabt, das er nur versehentlich unter der Bezeichnung „Widerruf“ ausgeübt habe. Nur vor diesem Hintergrund habe der Bundesgerichtshof den von ihm erklärten „Widerruf“ als außerordentliche Kündigung ausgelegt. Sollte man dies anders sehen, müsste die Beklagte ihm entsprechend seinem Hilfsantrag zumindest eine auf den 31.12.2014 bezogene Auskunft erteilen. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang die Nichtfälligkeit des Auskunftsanspruchs damit begründe, es sei nicht vorgetragen worden, dass die Generalversammlung der Beklagten bereits stattgefunden habe, hätte das Landgericht einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen, statt Tatsachen zugrunde zu legen, die von keiner Partei vorgetragen worden seien.
7Ursprünglich hat der Kläger mit dem Klageantrag zu Nr. 1 beantragt, ihm Auskunft über sein Abfindungsguthaben bezogen auf den 25.02.2014 und nur hilfsweise bezogen auf den 31.12.2014 zu erteilen. Mit Zustimmung der Beklagten hat der Kläger den Hauptantrag zu Nr. 1. zurückgenommen und zuletzt
8beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über sein Abfindungsguthaben aus der Beteiligung an der Beklagten, die unter der Mitgliedsnummer … geführt wird, bezogen auf den 31.12.2014 zu erteilen und eine Abrechnung zu erstellen;
2. die Beklagte zu verurteilen, das sich aus Nummer 1. des Klageantrags ergebende Abfindungsguthaben an ihn auszuzahlen;
3. festzustellen, dass er seit dem 25.02.2014 nicht verpflichtet ist, weitere Zahlungen auf die bei der Beklagten unter der Mitgliedsnummer … geführte Beteiligung zu leisten.
4. den Rechtsstreit, soweit es der Senat für geboten hält, zur Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte hat den Auskunftsanspruch, soweit er sich auf den 31.12.2014 bezieht, anerkannt und dazu erklärt, dem Kläger stehe kein Auseinandersetzungsbetrag zu. Aus diesem Grund sei der mit dem Klageantrag zu Nr. 2. geltend gemachte Zahlungsanspruch unbegründet. Der Feststellungsantrag sei gleichfalls unbegründet, weil der Kläger verpflichtet sei, ihr die noch bis zum 31.12.2014 ausstehenden Raten auf die Einlage zu zahlen. Sie habe ihr obiges Anerkenntnis „sofort“ erklärt, weil der Auskunftsanspruch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht fällig gewesen sei. Der Jahresabschluss habe sogar erst nach dem Verkündungstermin des angefochtenen Urteils vorgelegen. Von daher sei der Kläger zur vollen Kostentragung verpflichtet. Abgesehen davon sei entgegen der rechtlichen Würdigung des Landgerichts der von dem Kläger erklärte Widerruf ohnehin verfristet gewesen, weil die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung der Musterbelehrung entsprochen habe. Sollte man dies anders sehen, hätte jedenfalls der Widerruf aus den von dem Landgericht angeführten Gründen die Mitgliedschaft des Klägers erst zum 31.12.2014 beendet.
20Ergänzend wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
21Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 10.03.2016 ausführliche Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt.
22II.
23Wegen des von der Beklagten erklärten Teilanerkenntnisses war gemäß § 307 Satz 1 ZPO auch ohne einen entsprechenden Antrag des Klägers ein Teilanerkenntnisurteil zu erlassen. Der Umstand, dass die Beklagte den Auskunftsanspruch bereits mit ihrer Berufungserwiderung erfüllt hat, stand dem Erlass des Teilanerkenntnisurteils nicht entgegen, da gemäß § 307 Satz 1 ZPO ein Anerkenntnisurteil allein aufgrund des Anerkenntnisses und unabhängig von der Schlüssigkeit und Begründetheit des anerkannten Anspruchs zu ergehen hat.
24Soweit nach der teilweisen Klagerücknahme des Klägers und dem teilweisen Anerkenntnis des Beklagten noch über die Begründetheit der Berufung zu entscheiden ist, ist diese erfolgreich. Der Kläger hat nach den Rechtsgrundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft in Verbindung mit § 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 GenG sowie §§ 12 (2) und (3), 18 (3) der Satzung einen Anspruch auf Abrechnung, den die Beklagte bislang nicht befriedigt hat (s. hierzu Nr. 1. und 2.). Ferner ist die Sache analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO zur Entscheidung des Leistungsantrags zu Nr. 2. und des Feststellungsantrags zu Nr. 3. an das Landgericht zurückzuverweisen (s. hierzu Nr. 3.).
251. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass durch den mit Schreiben vom 25.02.2014 gemäß §§ 312, 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. wirksam erklärten Widerruf (s. hierzu a)) die Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten erst zum 31.12.2014 (s. hierzu b)) beendet worden ist, ist zutreffend.
a) Gemäß § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. ist der Kläger zum Widerruf seines Beitritts berechtigt gewesen, weil er am 25.09.2007 seinen Beitritt zu der Beklagten in einer der Beklagten zurechenbaren Haustürwiderrufsituation erklärt hat. Sein Widerruf ist gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB auch nicht verfristet gewesen, weil die Beklagte zum einen den Kläger falsch über die Rechtsfolgen des Widerrufs belehrt hat und sich zum anderen wegen redaktioneller Abweichungen von der Musterbelehrung der Anlage 2 der BGB-InfoV a.F. nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zunächst auf die überzeugende Begründung des landgerichtlichen Urteils verwiesen, zu der lediglich anzumerken ist, dass sich die Gültigkeit der von dem Landgericht zutreffend angewandten alten Fassungen des BGB und der BGB-InfoV nicht aus Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB, sondern aus Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB ergibt. Soweit die Beklagte geltend macht, die von ihr verwandte Widerrufsbelehrung sei nur im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „frühestens“ falsch, geht dies an der rechtlichen Würdigung des Landgerichts vorbei, weil das Landgericht zutreffend darauf abgestellt hat, dass die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung auch deshalb falsch ist, weil durch sie dem Kläger entgegen § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht seine aus dem Widerrufsrecht folgenden Rechte verdeutlicht worden sind. Im Falle des Beitritts zu einer Gesellschaft erfordert dies, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auch eine Belehrung darüber, dass der Widerruf nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft allenfalls zu einem etwaigen Abfindungsanspruch entsprechend dem Wert seines Gesellschaftsanteils im Zeitpunkt seines Ausscheidens führt (BGH, Urteil vom 18.03.2014 – II ZR 109/13, Rz. 11). Hierauf weist die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung nicht hin. Ferner macht die Beklagte vergeblich geltend, sie könne sich trotz der von dem Landgericht zutreffend festgestellten redaktionellen Änderungen der Musterbelehrung der Anlage 2 zur BGB-InfoV auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. setzt grundsätzlich voraus, dass der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 18.03.2014 – II ZR 109/13, Rz. 15). An einer inhaltlichen Entsprechung zwischen der Musterbelehrung und der von der Beklagten verwandten Belehrung fehlt es jedoch schon deshalb, weil Letztere den in Ersterer enthaltenen Satz „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen.“ gar nicht, d.h. auch nicht sinngemäß enthält.
28b) Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der von dem Kläger nach den vorstehenden Ausführungen mit Schreiben vom 25.02.2014 wirksam erklärte Widerruf die Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten erst zum 31.12.2014 beendet hat. Ohne Erfolg wendet die Berufung gegen die von dem Landgericht angeführten Argumente ein, es habe sich dabei zu Unrecht auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2009 – II ZR 138/08, Rz. 10, bezogen. Dieser Beschluss wie auch das vom Landgericht zusätzlich herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.07.2003 - II ZR 387/02, NJW 2003, S. 2821, 2823, belegen, dass der Gesellschafter einer – aus welchen Gründen auch immer – fehlerhaften Gesellschaft, das Recht hat, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen (BGH, Urteil vom 21.07.2003 - II ZR 387/02, NJW 2003, S. 2821, 2823). Wenn der Gesellschafter seinen Beitritt zur Gesellschaft gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. widerruft, besteht nur die Besonderheit darin, dass der Grund für die fehlerhafte Gesellschaft – die Ausübung seines Gestaltungsrechts gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB - zeitlich mit seiner außerordentlichen Kündigungserklärung zusammenfällt. Gleichwohl ändert dies nichts daran, dass der Widerruf nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wie eine außerordentliche Kündigung zu behandeln ist, wie der Bundesgerichtshof z.B. mit Beschluss vom 05.05.2008 – II ZR 292/06, Rz. 9, hinsichtlich des Haustürwiderrufs einer Beitrittserklärung zu einer Kommanditgesellschaft klargestellt hat. Dementsprechend kann sich auch der Gesellschafter einer Genossenschaft durch die Erklärung eines Haustürwiderrufs nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft von der Genossenschaft lösen (BGH, Urteil vom 01.03.2011 – II ZR 297/08, Rz. 19). In diesem Zusammenhang hat das Landgericht überzeugend aus einer Analogie zu § 67a Abs. 2 S. 2 GenG geschlussfolgert, dass der nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als außerordentliche Kündigung anzusehende Haustürwiderruf eines Beitritts zu einer Genossenschaft die Mitgliedschaft des Gesellschafters nicht sofort, sondern erst zum Schluss des Geschäftsjahres beendet. Diese Einschränkung trägt dem Wesen der Genossenschaft Rechnung, die nach § 1 GenG eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl ist. Ist demnach die Genossenschaft ihrem Wesen nach auf den freien Wechsel der Gesellschafter und auch auf eine größere Zahl von Gesellschaftern angelegt, muss in dieser Rechtsform dafür Sorge getragen werden, dass die Genossenschaft durch die ständige Fluktuation in ihrem Mitgliederbestand nicht organisatorisch überlastet wird. Deshalb ist es der Rechtsform der Genossenschaft immanent, dass ihre Gesellschafter die ordentliche (§ 65 Abs. 2 Satz 1 GenG) wie auch die außerordentliche Kündigung (§§ 67 Satz 1, 67a Abs. 2 Satz 2 GenG) ebenso wie die Genossenschaft den Ausschluss eines Gesellschafters (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GenG) jeweils nur zum Schluss des Geschäftsjahres erklären können. Diese gemäß § 18 GenG mit zwingender Gesetzeskraft ausgestatteten Bestimmungen haben für die Genossenschaft den entscheidenden Vorteil, dass die im Rahmen des Jahresabschlusses ohnehin festzustellende Handelsbilanz gegenüber jedem ausscheidenden Gesellschafter, gleichgültig wann er im laufenden Geschäftsjahr gekündigt hat oder ausgeschlossen worden ist, auch die Grundlage für die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 GenG jeweils zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnungen ist. Wollte man dies anders sehen, müsste gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 GenG, der wegen § 18 GenG ebenfalls zwingend ist, zu den verschiedenen Zeitpunkten, an denen im Laufe des Geschäftsjahres eine außerordentliche Kündigung, ein Widerruf oder ein Ausschluss erklärt würde, jeweils eine gesonderte Handelsbilanz festgestellt werden, wozu wiederum gemäß § 48 Abs. 1 GenG nur die Generalversammlung befugt ist. Der vorgenannten Analogie stehen europarechtliche Bedenken nicht entgegen. Die 1. Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften hat mit ihrer Entscheidung vom 15.04.2010 (Rs. C-215/08, Rz. 35 ff., 50) die Grundsätze über fehlerhafte Gesellschaften mit der "Haustürgeschäfterichtlinie" für vereinbar erklärt. Wie dargelegt, folgt bereits aus den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft die Einordnung des Widerrufs einer Beteiligung als eine außerordentliche Kündigung des Beitrittsvertrags. Die Verlagerung des Wirkungszeitpunkts dieser außerordentlichen Kündigung auf den Schluss des Geschäftsjahrs ergibt sich hingegen aus der spezifischen Rechtsform der Genossenschaft, deren autonome Ausgestaltung nicht den Beschränkungen des europäischen Verbraucherschutzrechts unterliegt. Gilt mithin, dass der in einer Haustürwiderrufsituation erklärte Beitritt zu einer Genossenschaft nur mit Wirkung zum Schluss des Geschäftsjahres der Genossenschaft erklärt werden kann, ist die Beklagte dem Kläger zur Rechnungslegung auf den 31.12.2014 verpflichtet, weil der Kläger seinen Widerruf mit Schreiben vom 25.02.2014 erklärt hat und das Geschäftsjahr der Beklagten gemäß § 38 Abs. 1 ihrer Satzung das Kalenderjahr ist.
292. Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 GenG sowie §§ 12 (1) bis (3), 18 (2), (3) und (4) ihrer Satzung ist die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet, eine Auseinandersetzungsrechnung zu erstellen, aus der sich nach den Berechnungsregularien von § 18 (2) und (3) der Satzung in Verbindung mit der zum 31.12.2014 festgestellten Handelsbilanz der Beklagten ergibt, ob und inwieweit dem Kläger ein Geschäftsguthaben zusteht, ob und inwieweit der Kläger gemäß § 18 (4) der Satzung noch bis zu seinem Ausscheiden am 31.12.2014 rückständig gewordene Raten auf seine Einlage zu zahlen hat und ob und inwieweit er ggf. gemäß § 73 Abs. 2 Satz 4 GenG Nachschüsse erbringen muss. Eine solche Abrechnung hat die Beklagte dem Kläger bislang nicht erteilt.
3. Analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO kann das Berufungsgericht die noch nicht entscheidungsreifen Stufenanträge an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, wenn dieses die Stufenklage insgesamt abgewiesen hat und das Berufungsgericht hingegen dem Rechnungslegungsanspruch stattgibt (BGH, Urteil vom 03.05.2006 – VIII ZR 168/05, Rz. 14). Da das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen hat, sind mit der Berufung auch die Klageanträge zu Nrn. 2. und 3. in die zweite Instanz gelangt. Da der Senat abweichend vom Landgericht den auf der ersten Stufe geltend gemachten Rechnungslegungsanspruch aus den nachfolgend angeführten Gründen als begründet ansieht, bleibt dem Kläger gemäß § 254 ZPO bis zu der ggf. im Vollstreckungswege zu erwirkenden Rechnungslegung vorbehalten, seinen Leistungsantrag Nr. 2. zu beziffern. Analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO ist diese Zurückverweisung auch auf den negativen Feststellungsantrag zu Nr. 3. zu erstrecken. Dies folgt daraus, dass gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil bei Gefahr widersprechender Entscheidungen unzulässig ist. Diese Gefahr ist gegeben, weil die Begründetheit der negativen Feststellungsklage von dem mit der Stufenklage geltend gemachten Rechnungslegungsanspruch beeinflusst wird. Der negative Feststellungsantrag zu Nr. 3. ist nämlich dann begründet, wenn der Kläger nachweist, dass ihm gemäß §§ 12 (2) und (3), 18 (3) der Satzung ein Auseinandersetzungsguthaben zusteht oder die gemäß §§ 18 (2) – (4) der Satzung zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung mit „Null“ abschließt, d.h. weder er noch die Beklagte etwas zu fordern hat. Diesen Nachweis hat er zwar bislang nicht erbracht, dies könnte sich möglicherweise aber durch die ausstehende Abrechnung noch ändern.
III.
34Da über die Klageanträge Nr. 2. und Nr. 3 noch nicht entschieden worden ist, bleibt die Kostenentscheidung auch hinsichtlich des Berufungsverfahrens dem Landgericht vorbehalten.
35Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8. EGZPO.
36Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Frage, ob der Haustürwiderruf eines Beitritts zu einer Genossenschaft die Mitgliedschaft auch schon vor Schluss des Geschäftsjahres beenden kann, ist für dieses Urteil, das nur den Klageantrag zu Nr. 1. entscheidet, nicht entscheidungserheblich, da der Kläger nach seiner teilweisen Klagerücknahme eine Auskunft und Abrechnung zu einem früheren Beendigungszeitpunkt als dem Schluss des Geschäftsjahres der Beklagten nicht mehr verlangt hat.
37Der Streitwert für den Rechtsstreit zweiter Instanz wird gemäß §§ 43, 47, 48 GKG, 3 ZPO auf € 7.200,- festgesetzt.