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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.11.2015 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 77.184,66 € nebst 5% Zinsen seit dem 20.09.2011 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 96% und die Klägerin 4%.
Dieses und das angefochtene Urteil – soweit es aufrechterhalten bleibt – sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin ist führender Transportversicherer der J... D... GmbH (im Folgenden: J...). Diese beauftragte die Beklagte (vgl. Auftrag vom 02.03.2011, Anlage K 1, GA 9) einen am 07.03.2011 in R… gelöschten Container mit tiefgekühlten Lebensmitteln mit einem Gewicht von 15.761,97 kg von dort nach D… zu ihrem Firmensitz zu befördern. Der Transport erfolgte jedenfalls ohne aktive Kühlung zwischen dem 08.03.2011 17:00 Uhr und 09.03.2011 12:00 Uhr. Bei Ankunft in D… öffnete der Mitarbeiter der J..., der Zeuge F..., den Container und führte Temperaturmessungen durch. Der weitere Ablauf ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls beförderte der Fahrer der Beklagten die Ladung zurück nach R… zu der Beklagten, wo sie am Nachmittag gegen 15.15 Uhr eintraf. Bei Ankunft wurde die Ware durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständige H... B... K... unter Mithilfe des von der Reederei beauftragten Sachverständigen D... untersucht. Am 14.03.2011 transportierte die Beklagte die Sendung erneut zur J..., die die Ware gegen Quittung annahm.
4Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe entgegen eine Anweisung, eine ständige Kühlung von -20°C sicherzustellen, die vorgeschriebene Kühlkette unterbrochen. Die Messungen durch den Mitarbeiter der J... hätten dies ergeben. Die Ware habe zwischenzeitlich aber auch den Vorgaben der TLMV nicht mehr entsprochen. Damit sei die Ware nicht mehr verkehrsfähig gewesen und hätte vernichtet werden müssen. Ihr sei dadurch ein Schaden entstanden, der sich zusammensetze aus dem Wert der Ware gemäß Rechnung der Verkäuferin in Höhe von umgerechnet 57.137,92 €, den von der Beklagten berechneten Kosten für Abwicklung, Fracht, Einfuhrzoll, Veterinärinspektion etc. in Höhe von 15.720,46 €, Kosten einer Laboruntersuchung über 2.310,00 €, Kosten des Sachverständigen Dipl. Wirt. Ing. J... W... für sein Gutachten vom 01.09.2011 mit 1.232,34 € und Kosten der Entsorgung über 4.326,28 €. Die einzelnen Positionen sind der Höhe nach unstreitig.
5Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine aktive Kühlung sei angesichts der Transportdauer und des eingesetzten besonders isolierten Containers nicht erforderlich gewesen. Die Kühlkette sei zu keiner Zeit, weder am 09.03.2011 noch danach unterbrochen gewesen. Dies hätten die Untersuchungen bei Rückkehr der Waren nach R... gezeigt. Sie sei dann auch ohne Beanstandung am 14.03.2011 abgeliefert worden. Die Klägerin habe daher unnötig verkehrsfähige Ware vernichtet.
6Das Landgericht hat einen Sachverständigen beauftragt. Diesen hat die Klägerin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.08.2013 und Nichtabhilfebeschluss vom 28.08.2013 zurückgewiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 11.09.2013 die sofortige Beschwerde der Klägerin für begründet erachtet. Sodann hat der Sachverständige Dr. B... am 29.12.2014 ein Sachverständigengutachten (GA 442) sowie ein Ergänzungsgutachten vom 05.07.2015 (GA 483, 484) erstattet.
7Das Landgericht hat die auf Zahlung von 80.726,56 € nebst 5 % Zinsen seit dem 20.09.2011 gerichtete Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der weitergehenden Feststellungen wird gemäß § 540 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
8Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, für die Beurteilung der Frage, ob das streitgegenständliche Gut im Gewahrsam der Beklagten Schaden erlitten habe, sei nicht auf den Versuch der ersten Anlieferung bei der J... am 09.03.2011 abzustellen, da es zu einer Ablieferung nicht gekommen sei. Der Fahrer habe des Gelände der J... verlassen, bevor noch habe entschieden werden können, was mit der von ihr als verdorben angesehenen Ware geschehen sollte. Damit habe der Gewahrsam der Beklagten an der streitgegenständlichen Sendung bis zur Anlieferung am 14.03.2011 fortbestanden. Erheblich sei damit die Kühlung der Sendung auf dem Rücktransport von D… nach R..., die nicht ausreichend gewesen sei, die anschließende Lagerung in R... und die erneute Beförderung von R... nach D…. Die Beklagte habe ohne nähere Begründung verweigert, die Temperaturaufzeichnungen aus dem Lkw und die Ergebnisse des von ihr eingeholten Gutachtens vorzulegen. Damit habe sie sich der Beweisvereitelung schuldig gemacht. Da es sich bei den streitgegenständlichen Gütern um Tiefkühllebensmittel gehandelt habe, welche zwingend durchgehend mit -18°C zu befördern gewesen seien und die Beförderung der TLMV unterlegen habe, so dass nur eine kurzfristige Abweichung von +/-3°C zulässig gewesen wäre, sei eine Unterbrechung der Kühlkette mit -14,1°C unzulässig gewesen. Eine solche habe aber sowohl bei der Beförderung von R... nach D… als auch bei der Rückbeförderung von D… nach R... vorgelegen. Damit seien die Güter per se nicht mehr verkehrsfähig gewesen, dies auch ungeachtet einer molekularbiologischen Untersuchung. Daher hätte von einem Totalschaden ausgegangen werden müssen. Entsprechenden Beweisangeboten für das Vorliegen eines Totalschadens sei das Landgericht nicht nachgegangen.
9Die Klägerin beantragt,
10unter Aufhebung des der Klägerin am 04.12.2015 zugestellten Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 04.12.2015, Az. 38 O 5/15, die Beklagte zu verurteilen, an sie 80.726,56 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem 20.09.2011 zu bezahlen,
11hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Düsseldorf, Kammer für Handelssachen, zurückzuverweisen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags als zutreffend. Die J… habe das Transportgut am Vormittag des 09.03.2011 zu Unrecht nicht angenommen, so dass ihrem Fahrer nichts anderes übrig geblieben sei, als wieder nach R... zu fahren. Die Überprüfung der Ware in R... habe ergeben, dass die Ware bei Anlieferung am Morgen des 09.03.2011 einwandfrei gekühlt gewesen sei. Das sei auch bis zum 14.03.2011 der Fall gewesen. Die Ware sei mikrobiologisch einwandfrei gewesen. Die J... habe sie am 14.03.2011 ohne weiteres angenommen.
15Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
16Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11.07.2017. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2017 verwiesen. In Bezug auf die von der Beklagten benannten Zeugen D... und v... d... L... hat der Senat der Beklagten eine Frist gemäß § 356 ZPO gesetzt, die erfolglos geblieben ist. Die Zeugen konnten nicht geladen werden.
17II.
18Die Berufung ist in Höhe von 77.184,66 € begründet. Der Klägerin steht aus abgetretenem und übergegangenem Recht ein Anspruch aus Art. 17, 29 CMR auf Ersatz des Schadens zu, der ihr aufgrund der Tatsache entstanden ist, dass das Transportgut in der Zeit bis zur endgültigen Ablieferung am 14.03.2011 in D… nicht, wie vertraglich vereinbart, in einem gefrorenen Zustand mit -20°C gehalten worden und auch im Verlauf des 09.03.2011 im Rahmen der fehlgeschlagenen Anlieferung des Transportguts in D… über den nach der TLMV zulässigen Wert von -18°C +/-3°C aufgetaut und damit nicht mehr verkehrsfähig war. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
191.a)Die Beklagte hat das tiefgefrorene Transportgut in R... in ihre Obhut übernommen. Diese Obhut endete erst mit der endgültigen Ablieferung des Guts am 14.03.2011 bei der J..., sie ist nicht schon am 09.03.2011 erfolgt. Eine Ablieferung setzt voraus, dass der Transporteur den Empfänger in die Lage versetzt, sich in den Besitz des Transportguts zu setzen. Für die Ablieferung ist der Transporteur darlegungs- und beweispflichtig. Zu einer Ablieferung ist es am 09.03.2011 nicht gekommen, da der Fahrer der Beklagten das Transportgut, ohne dass die J... hieran Besitz ergriffen hat, wieder nach R... verbracht hat. Die Obhutszeit des Transporteurs besteht auch dann fort, wenn ein kurzzeitiges oder endgültiges Ablieferungshindernis besteht, weil die Empfängerin die Annahme verweigert (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., CMR Art. 15 Rn 3 m.w.N.). Der Frachtführer ist dann gemäß Art. 15 CMR gehalten, eine Weisung des Absenders, der vorliegend ebenfalls die J... war, einzuholen. Solches ist nicht geschehen.
20Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Rücktransport nach R... am 09.03.2011 auf Weisung der J... geschehen ist. Der von der Beklagten benannte Zeuge v... d... L... konnte mangels ladungsfähiger Anschrift nicht vernommen werden. Der Zeuge F..., Mitarbeiter der J... und mit der Überprüfung der Sendung am Morgen des 09.03.2011 betraut, hat keine entsprechende Weisung bestätigt.
21b)In der Obhutszeit der Beklagten, nämlich bis zur endgültigen Ablieferung am 14.03.2011 in D…, ist ein Schaden des Transportguts eingetreten. Es befand sich nicht durchgehend im Zustand ausreichender Kühlung auf der Basis der vertraglichen Vereinbarung, die eine Kühlung zu jedem Zeitpunkt von -20°C vorsah. Insoweit ist auf den Auftrag vom 02.03.2011, Anlage K 3, zu verweisen. Darüberhinaus gilt unter Berücksichtigung der Bestimmungen gemäß § 2 Abs. 4 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (TLMV), wonach tiefgefrorene Lebensmittel nach dem ersten Einfrieren bis zur Abgabe an den Verbraucher an allen Punkten des Erzeugnisses ständig bei -18°C oder tiefer gehalten werden müssen, während des Versandes sind kurzfristige Schwankungen von höchstens 3°C zulässig, dass die Ware bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften nicht mehr verkehrsfähig ist. Gerade aufgrund der lebensmittelrechtlichen Folgen und den möglichen Imageschaden, der eintreten würde, wenn ein Kaufmann lebensmittelrechtlich unzulässige Tiefkühlprodukte in den Verkehr bringt, ist von einer mangelnden Verkehrsfähigkeit von Tiefkühlgut auszugehen, wenn die Ware den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht genügt. Die penible Handhabung der TLMV ist zur Abwehr erheblicher Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher unabdingbar (Senat, Urteil vom 09. Oktober 2002 – 18 U 38/02 –, Rn. 31, juris). Auf die Frage des mikrobiologischen Zustands der Ware kommt es damit nicht mehr an.
22Dies steht zur Überzeugung des Senats nach Durchführung der Beweisaufnahme fest. Die Messungen des von der Beklagten beauftragten Zeugen K... haben ergeben, dass das Transportgut bei Rückkehr nach R... am 09.03.2011 gegen 15.15 Uhr teilweise eine Temperatur von -14,1°C aufwies. Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. B... (Gutachten vom 29.12.2014, GA 442ff.), die er bei seiner Anhörung durch den Senat bestätigt und zu deren Zustandekommen auch der Zeuge K... vor dem Senat bekundet hat, war das Transportgut bei seiner Rückkehr nach R... am 09.03.2011 wenigstens in Teilen wärmer als die nach der TLMV erlaubten -18°C +/-3°C, jedenfalls aber wärmer als die vereinbarten -20°C. Das leitet der Sachverständige insoweit nachvollziehbar aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen des Zeugen K... (Anlage B 10), insbesondere den Lichtbildern, die die Messergebnisse zeigen, ab (Gutachten S. 6, GA 447). Damit war das Transportgut jedenfalls bei der Ablieferung am 14.03.2011 bei der J... durch die zwischenzeitliche Nichteinhaltung der erforderlichen Kühlung beschädigt worden. Des Weiteren hat der Sachverständige Dr. B... in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Mitarbeiter der J... F... am 09.03.2011 gegen 8:00 Uhr keine aussagekräftigen Messungen vorgenommen hat, weil er ein nicht geeichtes Infrarotthermometer benutzt hat, es hätte ein Stechthermometer eingesetzt werden müssen. Er hat weiterhin in erster Instanz ausgeführt, dass sich aus den bei der Rückkunft des Transportguts in R... durch den Zeugen K... gemessenen Temperaturen rückschließen lasse, dass die Temperaturen bei der ersten Ankunft in D… den Anforderungen der TLMV genügten, da der Zeuge K..., wovon der Sachverständige noch in erster Instanz ausgegangen ist, mit einem – geeignetem – Stechthermometer um 15:15 Uhr eine Temperatur von -14,1°C, -14,8°CF und -17,1°C gemessen habe, was den Rückschluss zulasse, dass das Transportgut bei Anlieferung um 8:00 Uhr zumindest bei -15° Celsius gelegen habe, was nach der TLMV ausreiche (Gutachten S. 6, GA 447; Ergänzungsgutachten vom 05.07.2015, S. 4, GA 484). Diese Feststellung hat er im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat insoweit nicht aufrechterhalten, als dass die diesen Überlegungen zugrunde liegenden, von dem Zeugen K... genommenen beiden Messergebnisse nicht sämtlich mit einem Stechthermometer ermittelt worden sind, sondern die -17,1° Celsius anzeigende Messung mit einem Infrarotthermometer vorgenommen worden ist. Für den Senat folgt daraus, dass die Messung der -17,1°C gegen 15:15 Uhr für die Temperatur des Gefrierguts am 09.03.2011 gegen 8:00 Uhr ebenso wenig aussagefähig ist, wie die Messungen des Zeugen F..., da alle Beteiligten davon ausgehen, dass allein das Stechthermometer verlässliche Ergebnisse zu erbringen vermag. Allein eine mit einem Infrarotthermometer vorgenommene Messung von -17,1°C vermag eine Feststellung nicht zu begründen, wonach das Gefriergut am 09.03.2011 gegen 8:00 Uhr den Anforderungen der TLMV genügt hat, erst recht kann nicht festgestellt werden, dass das Transportgut mit -20°C nach den Vorgaben des Auftrags gekühlt war. Der Senat hat darüber hinaus erhebliche Zweifel, ob die Untersuchungen und Messungen durch den von der Beklagten beauftragten Zeugen K... überhaupt ausreichende Anknüpfungstatsachen liefern, um eine Feststellung der Kühltemperatur am 09.03.2011 gegen 8:00 Uhr mittels eines Rückschlusses zu erlauben. Der Zeuge hat dazu bekundet, er sei von der Beklagten beauftragt worden, mal vorbei zu kommen und ein kleines Schreiben zu verfassen. Das ganze Gutachten habe darin bestanden, einmal schnell zu gucken und dann sei man wieder weg gewesen. Dementsprechend liegt auch kein offizielles Gutachten vor, sondern nur ein Anschreiben des Zeugen an die Beklagte vom 10.03.2011 (Anlage B 3, GA 143), in dem er seine Beobachtungen zusammenfasst, sowie die von ihm gefertigten Lichtbilder, die er dem Sachverständigen Dr. B... zur Verfügung gestellt hat. Dass es zu präziseren Feststellungen nicht gekommen ist, liegt allein im Verantwortungsbereich der Beklagten, da ihr Fahrer, wie ausgeführt, die Ware zurück nach R... transportiert hat. Die von dem Zeugen K... verwendeten Messgeräte ergeben sich zum einem aus seinem genannten Anschreiben und zum anderen aus seiner Fotodokumentation (GA 90; in Farbe Anlagenband Beklagte B 10), auf deren Bild 3 und 4 mittels Stechthermometer -14,8°C und -14,1°C gemessen wurden, eine Messung mittels Infrarotthermometer wird in leicht verschwommenen Bild 9 wiedergegeben und weist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme -17,1°C aus. Die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 04.10.2017 geben keine Veranlassung, den Zeugen K... nochmals anzuhören. Die Art des verwendeten Thermometers lässt sich auf den Lichtbildern Anlage B 10 erkennen. Die Messung Bild 9 zeigt eindeutig ein Infrarotthermometer, dessen grundsätzliche Verwendung der Zeuge bestätigt hat. Die als appendix 7 (GA 47ff.) vorgelegten Auszüge aus der Messtabelle in Bezug auf die Temperatur im Inneren des Transportcontainers geben keine weiteren Aufschlüsse. Die Aufzeichnung bricht am 09.03.2011 um 12 Uhr, d.h. bei Beginn der Rückfahrt nach R..., ab. Für die Zeit davor, nämlich mit der Entnahme aus dem Tiefkühllager am 08.03.2011 sind Umgebungstemperaturen im Container zwischen -16,5°C und -10,7°C am 09.03.2011 um 7:00 Uhr, vor Öffnung des Containers durch den Zeugen F..., notiert.
23c)
24Die Abnahme des Transportguts am 14.03.2011 durch J... bestätigt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass das Transportgut schadensfrei war. Angesichts der vorangegangenen Auseinandersetzung der Parteien und der Tatsache, dass J... nicht nur Empfängerin im Rahmen des Transportauftrages sondern auch Verfügungsbefugte über die Ware war, hat sie insoweit nur von ihrem Dispositionsrecht Gebrauch gemacht.
252.Die Beklagte kann sich nicht auf zu ihren Gunsten bestehende Haftungsbefreiungen oder -beschränkungen nach Art. 17 Abs. 2, Abs. 4, Art. 18, 23 CMR berufen, weil sie den Schaden durch ein ihr zur Last fallendes qualifiziertes Verschulden verursacht hat, Art. 29 Abs. 1 CMR.
26Die Beklagte hat es trotz vertraglicher Verpflichtung unterlassen dafür zu sorgen, dass das Transportgut durchgehend ausreichend gekühlt war. Welche Sicherheitsvorkehrungen ein Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung im übernommenen einwandfreien Zustand zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Bei Tiefkühltransporten ist anerkannt, dass der Frachtführer ein geeignetes Transportfahrzeug zur Verfügung stellen muss (Senat, Urteil vom 09. Oktober 2002 – 18 U 38/02 –, Rn. 34, juris). Er trägt damit die Verantwortung, dass das Transportgut zu jedem Zeitpunkt nach den vertraglichen Vereinbarungen transportiert werden kann, dies gilt auch dann, wenn zeitliche Verzögerungen auftreten, die einen längeren Verbleib des Transportguts im Transportfahrzeug bedingen. Setzt er vor diesem Hintergrund ein Fahrzeug ohne aktive Kühlung ein, geht er damit bewusst – im Sinne eines qualifizierten Verschuldens – das Risiko eines Verderbs der Ware bei Verzögerungen des Transports ein. Die Beklagte vermag dabei mit ihrem Einwand, sie habe bei der J... angefragt, ob der Einsatz einer aktiven Kühlung gewünscht sei, worauf keine Reaktion erfolgt sei, nicht gehört werden. Es oblag ihr, den Einsatz eines geeigneten Fahrzeugs vorzusehen, oder aber, bei Bedenken, den Transport abzulehnen.
27Vorliegend hat die Beklagte die Tiefkühlware schon am Abend des 08.03.2011 aus dem Tiefkühllager in den zwar speziell isolierten aber nicht mit einer aktiven Kühlung ausgestatteten Lkw verbracht, wo es sich bis zum ersten Anlieferungsversuch bereits über 12 Stunden befunden hatte und dort weitere 7 Stunden bis zur Rückkunft in R... verblieb, um sodann in einem Kühlhaus bei ca. 5°C untersucht zu werden. Erst danach ist die Ware wieder bei -21°C eingelagert worden.
28Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Verbleib der Ware in dem Fahrzeug über den Morgen des 09.03.2011 hinaus nicht auf einem Verhalten der J... beruht, da ihre Überlegungen über die Annahme des Transportguts durch die Abfahrt des Lkw nicht zu einem Ende geführt werden konnten. Das geht zu Lasten der Beklagten. Zwar hat der Sachverständige Dr. B... ausgeführt, dass die durch den Zeugen F... durchgeführten Messungen mit einem nicht geeichten Infrarotthermometer nicht geeignet waren, eine fehlerhafte Anlieferung zu belegen. Der Zeuge F... selbst hat seine Messungen aber nicht zum Anlass genommen, den Fahrer des Lkw wieder zurückzuschicken. Die Beklagte selbst hat nicht vorgetragen, dass ihr Fahrer durch eine bestimmte Person bei der J... zurückgeschickt worden ist.
293.Die Klageforderung ist in Höhe von 77.184,66 € nebst Zinsen begründet; im Übrigen unbegründet.
30a)Die Klägerin kann von der Beklagten nach Art. 17, 29 CMR den Wert der Ware ersetzt verlangen, weil diese nicht mehr verkehrsfähig war. Wie dargelegt, hat die Kühlung des Transportguts den Vorschriften der TLMV nicht entsprochen. Den Warenwert in Höhe von 57.137,92 € hat die Klägerin mit Rechnung ihrer Lieferantin vom 02.02.2011 (Anlage K 7, GA 96) belegt. Dem ist die Beklagte der Höhe nach nicht entgegen getreten.
31b)
32Im Rahmen des Art. 29 CMR kann sich die Beklagte auch nicht auf die Haftungsbeschränkungen des Art. 23 CMR berufen, es sind auch die Schäden zu ersetzen, die im Rahmen des Art.23 Abs. 4 CMR nicht zu ersetzen wären (Koller, a.a.O., Art. 29 CMR Rn 8).
33(1)Die Kosten für die Abwicklung, Fracht und Zölle sind nach Art. 23 Abs. 4 CMR mit 15.720,46 € zu ersetzen.
34(2)Die Kosten für die Entsorgung sind nach Art. 17, 29 Abs. 1 CMR mit 4.326,28 € zu ersetzen. Die Höhe hat die Klägerin mit Rechnung vom 29.09.2011 (Anlage K 11, GA 100) belegt.
35(3)Die mit 2.310,00 € geltend gemachten Kosten einer Laboruntersuchung kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen, weil eine Erforderlichkeit des Aufwands der Kosten nicht ersichtlich ist. Die Klägerin selbst geht davon aus, dass der Schadensverdacht in Bezug auf die Unterbrechung der Kühlkette die Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig gemacht hat, so dass es einer Laboruntersuchung nicht bedurfte.
36(4)Die mit 1.243,34 € geltend gemachten Kosten des Gutachtens W... kann die Klägerin ebenfalls nicht ersetzt verlangen, weil das Gutachten für einen Schadensnachweis nicht geeignet war, da der Gutachter seine Ausführungen nicht aufgrund eigener Feststellungen und Wahrnehmungen erbracht hat.
37c)Der Zinsanspruch folgt aus Art. 27 CMR.
384.Die Kostenentscheidung folgt aus 92 Abs. 1 ZPO.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
40Ein Grund, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.
41Streitwert: 80.726,56 €