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I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 10.12.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 17.11.2017, Az. 22 O 72/16, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Schuldner auferlegt.
G r ü n d e :
2Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen die Höhe des mit Beschluss des Landgerichts vom 17.11.2017 nach § 890 ZPO verhängten Ordnungsgeldes ist zulässig, aber unbegründet.
3I.
4Das Landgericht hat mit Anerkenntnisurteil vom 20.12.2016 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31.01.2017 der Schuldnerin untersagt, als geschäftliche Handlung ihren Schaumkeramikfilter des Systems „A.“ als patentierten Feinstaubfilter zu bewerben wie im Internet unter der Domain www.............de auf der Website (Anlage K 1) geschehen.
5Mit Beschluss vom 31.01.2017, zugestellt am 08.02.2017, wurde der Schuldnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungstenor des Anerkenntnisurteils ein Ordnungsgeld bis 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis insgesamt 2 Jahre angedroht.
6Am 01.05.2017 bewarb die Schuldnerin auf einem Messestand auf dem C. ihre Schaumkeramikplatte mit einer Abbildung auf welcher u.a. „mit patentiertem Feinstaubfilter“ stand (Anlagen K 2-5).
7Auf seine Anfrage hin erhielt der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin von der Schuldnerin am 12.05.2017 einen Produktkatalog. Dem Katalog lag das Schreiben gemäß Anlage K 6 bei, auf dessen Rückseite sich eine Abbildung eines Schaumkeramikfilters sowie die Worte „Spezielle, langlebige Feuerraumauskleidung als hochwertige Spezialkeramik mit patentiertem Feinstaubfilter“ befand.
8Bei Aufruf der Domain der Schuldnerin www…………...de war am 25.07.2017 dort der Satz zu lesen „Der im Inneren verbaute und patentierte Feinstaubfilter sorgt für optimale Umweltwerte (Anlage K 7).
9Wegen dieser Verstöße verhängte das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 15.000,00 €, wobei es je Verstoß 5.000,00 € festsetzte. Der gegen die Höhe des Ordnungsgeldes gerichteten sofortigen Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht nicht abgeholfen.
10II.
11Die gem. §§ 793, 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Landgericht festgesetzte Höhe des Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden.
121)
13Die Schuldnerin hat die festgestellten Zuwiderhandlungen schuldhaft, nämlich fahrlässig begangen. Sie hat keine Umstände vorgetragen, aus denen ersichtlich wäre, dass sie alle ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Beachtung des Unterlassungsgebotes ergriffen hat.
14a)
15Angesichts des Bestrafungscharakters eines Ordnungsmittels muss eine Zuwiderhandlung gegen einen Unterlassungstitel schuldhaft (BVerfG GRUR 2007, 618 – Organisationsverschulden; BGH GRUR 1987, 648), d. h. vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt sein. Bei juristischen Personen ist das Verschulden der für sie handelnden Personen i. S. d. § 31 BGB maßgeblich. In Betracht komm ein Organisations- bzw. Überwachungsverschulden, wenn die für die Beachtung des Unterlassungsgebotes erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen nicht bzw. nicht ausreichend getroffen und/oder die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen versäumt wurden (BVerfG GRUR 2007, 618 – Organisationsverschulden; BGH GRUR 1991, 929; OLG Frankfurt GRUR-RR 2016, 48 – Erratum; OLG Nürnberg WRP 1999, 1184; OLG Zweibrücken GRUR 1988, 485 – Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel).
16Aus der Pflicht eines Unterlassungsschuldners, alle ihm zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das Unterlassungsgebot künftig befolgt wird und eine etwaige noch gegebene Störung nachhaltig beseitigt wird (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1993, 415 – Straßenverengung), folgt u.a. die Verpflichtung eines Unternehmens, seine Mitarbeiter ebenso wie die von ihm beauftragten Vertriebsunternehmen bzw. Händler über das Unterlassungsgebot schriftlich zu unterrichten und hierbei nachdrücklich die Einhaltung desselben anzuordnen sowie auf die Folgen bei Nichtbeachtung des Verstoßes hinzuweisen. Ferner müssen Rückmeldungen angeordnet und Sanktionen für die Nichteinhaltung der Anordnung angedroht werden. Darüber hinaus müssen die Anordnung streng überwacht und gegebenenfalls angedrohte Sanktionen auch verhängt werden, um die Durchsetzung der Anordnungen sicherzustellen (BGH GRUR 2013, 1067 – Beschwer des Unterlassungsschuldners; OLG Frankfurt BeckRS 2017, 134633; OLG Düsseldorf Urt. v. 3.9.2015 – I-15 U 119/14; OLG Hamburg NJW-RR 1993, 1392; OLG Nürnberg WRP 1999, 1184). Auf Vertriebspartner bzw. selbständige Dritte, deren Handeln im Einflussbereich des Schuldners liegt und das ihm wirtschaftlich zugutekommt, hat der Schuldner nachhaltig aktiv einzuwirken, um künftige Verletzungen zu verhindern (BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel; OLG Düsseldorf Urt. v. 10.9.2015 – I-15 U 129/14; Urt. v. 3.9.2015 – I-15 U 119/14; OLG Köln OLG-Report 2008, 434; OLG Schleswig MMR 2005, 845; KG MMR 2005, 460; OLG Jena NJOZ 2004, 3205; OLG Nürnberg NJW-RR 1993, 723).
17b)
18Ausgehend hiervon hat die Schuldnerin den ihr obliegenden (strengen) Sorgfaltspflichten nicht genügt.
19Sie hat zwar unstreitig im November 2006 aus ihren Katalogen und Broschüren die untersagte Werbung entfernt und laufende Online-Angebote manuell überprüft und bearbeitet.
20Sie hat jedoch keinerlei Maßnahmen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass sie ihre Vertriebspartner/Händler nach Zustellung des Anerkenntnisurteils bzw. des die Ordnungsmittel androhenden Beschlusses schriftlich angewiesen hätte, für die Beachtung des Unterlassungstitels Sorge zu tragen und insbesondere „alte“ Werbematerialen zu vernichten. Ihr Rundschreiben vom 03.05.2017 – sofern dessen Inhalt überhaupt als eine nachdrückliche Aufforderung im oben beschriebenen Sinne verstanden werden kann – verschickte sie erst nachdem die (hier) erste Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot bekannt wurde. Ebenso wenig hat die Schuldnerin Überwachungsmaßnahmen vorgetragen, mit denen sie eine etwaige schriftliche Anweisung ihrer Vertriebspartner/Händler hätte kontrollieren können.
21Gleichfalls kein Vortrag findet sich dazu, dass die Schuldnerin ihren eigenen Mitarbeitern, die für die Versendung von Werbematerialien bzw. Katalogen zuständig sind, eine entsprechende schriftliche Anweisung erteilt hat, die sie sodann auch kontrollierte. Offenbar sind nicht sämtliche Schreiben, in dem die untersagte Werbung steht, vernichtet worden, und ebenso offenbar hat sie jedenfalls etwaige Überwachungsmaßnahmen nicht ergriffen, denn anderenfalls wäre das Schreiben gem. Anlage K 6 dem an den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin versandten Katalog nicht beigefügt worden.
22Schließlich ist dem Vortrag der Schuldnerin nicht zu entnehmen, dass sie eine ausreichende Anweisung einschließlich effektiver Überwachungsmaßnahmen mit Blick auf ihre eigene online-Werbung erteilt hätte. Welche Anweisung sie wem wann erteilt hat, trägt sie nicht konkret vor. Ob sie Überwachungsmaßnahmen vorgesehen hat, auch nicht. Es ist zudem insbesondere nicht erkennbar, dass und weshalb sie nicht in der Lage gewesen sein soll, die „inaktiven Produkte‘“ zu recherchieren und zu korrigieren. Ihr Vortrag hierzu ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, unsubstantiiert. Vor allem deshalb, weil die Gläubigerin schlicht die Website der Schuldnerin aufgerufen hat, und die untersagte Werbung nicht bei einem konkreten Produkt fand, sondern unter dem Titel „B. – Ein Name, der für Qualität steht!“. Unter diesem Titel beschreibt die Schuldnerin allgemein ihre Tätigkeit.
232)
24Die Höhe des festzusetzten Ordnungsgeldes orientiert sich an dem Gedanken, dass künftigen Zuwiderhandlungen vorgebeugt und begangene Zuwiderhandlungen strafähnlich sanktioniert werden sollen (BGH GRUR 2014, 909 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; BGH GRUR 2012, 541 – Titelschuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren). Die Bemessung der Ordnungsmittel ist deshalb in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten (BGH GRUR 2017, 318 – Dügida; BGH GRUR 2004, 264 – Euro-Einführungsrabatt; Cepl/Voß/Haft, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. A., 2015, § 890 ZPO Rn. 58 m. w. N.).
25Vorliegend sind der Schuldnerin 3 Zuwiderhandlungen zur Last zu legen, die allesamt fahrlässig erfolgten.
26Zutage getreten sind die Zuwiderhandlungen ca. 3 bis 5 Monate nach Zustellung des Ordnungsmittelandrohungsbeschlusses. Von einer nur kurzen Dauer der Verstöße kann folglich keine Rede sein, auch wenn die Schuldnerin nach Bekanntwerden des ersten Verstoßes auf dem C. zügig das Rundschreiben vom 03.05.2017 versandte.
27Was die Art des Verstoßes anbelangt, handelt es sich keineswegs um Bagatellen und/oder Verstöße ohne Gefährlichkeit. Vielmehr sind Werbemaßnahmen, in denen mit einer Patentierung geworben wird, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nachhaltig geeignet, Fehlvorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise zu erzeugen. Die Zuwiderhandlungen der Schuldnerin wirken sich zudem auf 3 unterschiedlichen Gebieten aus: Messe, Printmedium und Internet. Diesen Veröffentlichungsmedien ist gemein, dass mit ihnen jeweils ein erheblicher Personenkreis angesprochen wird. Sowohl bei einer Ausstellung auf einer mehrtägigen Publikumsmesse als auch per Internet wird die Werbung an einen großen Adressatenkreis adressiert und kann von diesem wahrgenommen werden; die Ansprache möglichst vieler Personen ist gerade der Sinn und Zweck dieser Art der Präsentation. Letztlich gilt Ähnliches für das Schreiben gem. Anlage K 6. Soweit die Schuldnerin vorträgt, dass Begleitschreiben sei „nur“ dem Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin auf dessen ausdrückliche Nachfrage eines Angebots übermittelt worden, ergibt sich derartiges nicht aus dem Begleitschreiben. Das Schreiben ist ohne persönliche Anrede formuliert und auch kein (sonst wie) personalisiertes Schreiben, das als Reaktion auf eine konkrete Angebotsaufforderung verstanden werden könnte. Es handelt sich um ein allgemeines Schreiben, mit dem sich die Schuldnerin für das allgemeine Interesse an ihren Produkten bedankt und der Anforderung nach einem Katalog nachkommt. Dem gesamten Inhalt und den Formulierungen des Schreibens nach ist es ein solches, das an jeden Interessierten versendet wird. Mit ihm wurde demnach ebenfalls einem breiten Personenkreis die untersagte Werbung zugänglich gemacht. Bei der Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung war überdies zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin unstreitig Marktführerin im Kamin- und Kachelofenbau ist. Ihre Produkte und Angebote sprechen demnach einen großen Kreis an Verbrauchern an.
28Angesichts dessen erscheint das vom Landgericht festgesetzte Ordnungsgeld der Höhe nach angemessen, aber auch ausreichend.
29III.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
31Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die hierfür in § 574 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind.
32Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 15.000,00 €.