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Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 10. August 2022 – Az. 37 O 86/22 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
G r ü n d e :
2Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.
3I.
4Die Parteien vertreiben Matratzen im Wege des Online-Handels. Die Antragstellerin ist Herstellerin der Matratze mit der Bezeichnung „A.“, die sie über ihre Webseite www.00000.de anbietet. Die Antragsgegnerin vertreibt eine Matratze unter der Bezeichnung „B.“ über ihre Webseite www.00000.de.
5Die Antragsgegnerin warb am 18. Juli 2022 auf ihrer Webseite www.00000.de wie folgt: (Screenshots Anlage AS 1):
6(*)
7Klickte ein Verbraucher auf den Link „Jetzt Testbericht ansehen“, erschien ein Link auf den Testbericht 09/2021 des Verbrauchermagazins C..
8Die Antragstellerin war der Auffassung, durch die Werbung werde der Eindruck erweckt, dass die D.-Matratze bei einem objektiven, neutralen und sachkundigen Test von C. besser abgeschnitten habe als die A.-Matratze von E.. Tatsächlich liege aber kein objektiver, neutraler und sachkundiger Test vor. Zumindest lasse sich aus dem Test keine Überlegenheit der D.-Matratze ableiten.
9Die Antragstellerin ließ deshalb die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Juli 2022 (Anlage AS 10) u.a. wegen eines Verstoßes gegen§§ 5, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG abmahnen. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Juli 2022 (Anlage AS 5) antwortete die Antragsgegnerin und gab eine teilweise Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab. Mit einem weiteren Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Juli 2022 erweiterte die Antragsgegnerin ihre bereits zuvor abgegebene teilweise Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Den streitgegenständlichen Anspruch wies die Antragsgegnerin jedoch zurück.
10Die Antragstellerin stellte daraufhin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2022 beim Landgericht Düsseldorf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin, mit dem sie beantragt hat,
11der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für Matratzen
12es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Matratzen wie folgt zu werben:
13(*)
14wenn dies geschieht wie in Anlage AS 1.
15Die 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hat den Antrag mit Beschluss vom 10. August 2022 (Az. 37 O 86/22) mit der Begründung zurückgewiesen, die Antragstellerin habe die Voraussetzungen eines Verfügungsanspruchs nicht dargelegt.
16Soweit die Antragstellerin vermute, der für die Bewerbung ihrer Produkte verwendete Test habe in Wirklichkeit nicht stattgefunden, weil eine der getesteten zehn Matratzen zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Kaufs durch die Tester nicht mehr auf dem Markt erhältlich gewesen sei, stelle dies eine reine Vermutung dar, die nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der von der Antragstellerin geschilderte zeitliche Ablauf lasse es vielmehr zu, dass die Matratze zu Testzwecken erworben worden sei, als sie noch auf dem Markt erhältlich gewesen sei.
17Den Vorwurf der Antragstellerin, aus dem Test gehe nicht hervor, welche Seite der Matratzen getestet worden sei, habe sie in ihrer Stellungnahme vom 8. August 2022 nicht mehr erhoben, nachdem die Kammer darauf hingewiesen habe, dass sich aus den textlichen Erläuterungen der Testveröffentlichung entnehmen lasse, welche Seiten mit welchem Härtegrad der Matratzen getestet worden sein sollen.
18Soweit die Antragstellerin schließlich auf mathematische Unstimmigkeiten der Ermittlung des für die einzelnen Produkte ausgewiesenen Gesamtergebnisses verweise, lägen solche mathematischen Unstimmigkeiten zwar vor. Es sei aber – so das Landgericht – nicht ersichtlich, dass sie sich in dem Testergebnis niedergeschlagen hätten, mit der Folge, dass sich bei zutreffender Ermittlung die Rangfolge der getesteten Produkte oder die Abstände der für sie vergebenen Gesamtnoten in relevanter Weise verändert hätten.
19Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Antragstellerin vom 25. August 2022 hat die 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2022 nicht abgeholfen.
20II.
21Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts vom 3. November 2022, auf die vollumfänglich Bezug genommen wird, nicht begründet.
221.
23Zwar hätte das Landgericht Düsseldorf seine Entscheidung nach Durchführung der mündlichen Verhandlung – wenngleich mit wortgleichem Tenor – in der Verlautbarungsform des Urteil treffen müssen, §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
24Weist das mit einem Eilantrag erstinstanzlich befasste Gericht den Antrag nach § 937 Abs. 2 Var. 2 ZPO oder nach § 922 Abs. 1 Var. 2 ZPO im Beschlusswege zurück, kann es für die Entscheidung darüber, ob der hiergegen gerichteten und insgesamt zulässigen sofortigen Beschwerde des Gläubigers gemäß § 572 Abs. 1 ZPO abzuhelfen ist, mündlich verhandeln (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 27. Februar 2013, 8 U 10/13, BeckRS 2013, 6722; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. November 2017, 9 W 30/17; KG Berlin, KG-Report 2003, 375; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn. 383; Drescher in: Münchner Kommentar, ZPO, 6. Auflage 2020, § 922 Rz. 17; a.A. Musielak/Voit, ZPO, 19. Auflage 2022, § 922 Rz. 10). Wird einen mündliche Verhandlung durchgeführt, ist über die Abhilfe gemäß §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Urteil zu entscheiden (OLG Hamburg, aaO, Berneke/Schüttpelz, aaO; Drescher in: MüKO ZPO, aaO). Dies entspricht der Rechtslage im weiteren Gang des Beschwerdeverfahrens, in dem das Beschwerdegericht vom Beschluss- ins Urteilsverfahren wechseln kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Oktober 2003, 20 W 38/03, BeckRS 2004, 09078). Die Vorschriften der §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO geben für beide Verfahrenswege jeweils vor, in welcher Form das mit dem Eilantrag befasste Gericht seine Entscheidung zu treffen hat.
25Unabhängig hiervon – ob durch Beschluss oder aufgrund durchgeführter mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden ist –, hat die Entscheidung inhaltlich nicht auf Zurückweisung der sofortigen Beschwerde (mit der Folge, dass nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ggf. Berufung einzulegen wäre) zu lauten, sondern gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO – wie geschehen – auf Nichtabhilfe und Vorlage an das Beschwerdegericht zu lauten.
262.
27Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
28Die Antragstellerin hat weder einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht, noch hat sie dargelegt und glaubhaft gemacht, dass der notwendige Verfügungsgrund vorliegt.
29a.
30Die Antragstellerin hält die mit dem Verfügungsantrag angegriffene Werbung für irreführend i.S.d. § 5 UWG und mit den Vorgaben zur vergleichenden Werbung unvereinbar, weil die Antragsgegnerin eine besondere Qualität und eine Überlegenheit ihrer Matratze gegenüber Konkurrenzprodukten behaupte und sich dabei auf den C.-Matratzentest stütze. Tatsächlich handele es sich aber bei dem C.-Test nicht um einen seriösen und objektiven Produktvergleich; das Testergebnis könne entsprechend auch nicht als Beleg für die vermeintlich überlegene Qualität der Matratze der Antragsgegnerin herangezogen werden.
31Die von der Antragstellerin geltend gemachten, angeblich gegen die Seriosität und Objektivität des IC.-Tests sprechenden Anhaltspunkte greifen jedoch nicht durch.
32Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss vom 10. August 2022 und der Nichtabhilfeentscheidung vom 3. November 2022 Bezug genommen. Ergänzend sind folgende Ausführungen, auch zu dem Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 21. November 2022, veranlasst:
33Soweit die Antragstellerin der Auffassung ist, sie habe umfassend dargelegt, warum kein seriöses Testinstitut eine Matratze testen würde, die zum Testzeitpunkt schon vom Markt genommen war, weil der Hersteller den europäischen Markt nach vorheriger Ankündigung verlassen habe und allein aus dem Umstand, dass die „F.“-Matratze zum Testzeitpunkt nicht mehr regulär und nicht mehr über die Webseite www.00000.com verkauft worden sei, gehe hervor, dass sich das Testinstitut mit den Marktgegebenheiten nicht auskenne, überzeugt dieser Vortrag nicht.
34Die Antragsgegnerin hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die in dem C.-Test aufgeführte Matratze „F.“ für Verbraucher im Mai 2021 noch – auf anderen Online-Platformen – auf dem Markt erhältlich war und deshalb auch für den Verbraucher, der sich nach einer geeigneten Matratze in Online-Shops umschaut, noch von Interesse war, wie die F.-Matratze im C.-Test abgeschnitten hatte. Ergänzend hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 5. September 2022 darauf hingewiesen, dass die F.-Matratze in einem Test der G. von Oktober 2019 als beste mittelharte Matratze bewertet worden sei. Aus diesem Umstand lässt sich der Schluss ziehen, dass auch im Jahr 2021 noch ein fortbestehendes Interesse der Verbraucher an einem Abschneiden dieser Matratze im Vergleich zu Konkurrenzprodukten bestand. Schließlich hat die Antragsgegnerin dargelegt, dass die F.-Matratze in einem noch am 1. September 2022 auf der Webseite 0000.de veröffentlichten Test der G. in der Kategorie „Schaumstoffmatratzen ab 10/2019“ als eine der getesteten Matratzen aufgeführt wird. Die Objektivität und Seriosität der Tests der G. wird die Antragstellerin nicht in Zweifel ziehen, insbesondere da sie bereits selbst in der Vergangenheit mit deren Testergebnissen für ihre A.-Matratzen geworben hat.
35Auch in Bezug auf den weiteren Angriffspunkt der Antragstellerin, gegen die Objektivität und Seriosität des C.-Tests spreche der Umstand, dass die im Test angegebenen Teilnoten nicht die Gesamtnote 2,0 ergeben würden, sondern die Note 2,224, verhilft ihrem Antrag nicht zum Erfolg.
36Wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 5. September 2022 vorgetragen hat, lässt sich die in einem Produkttest erzielte Gesamtnote nicht einfach aus den Teilnoten errechnen. Hierzu hat die Antragsgegnerin aus diversen Testergebnissen der Stiftung Warentest zitiert und dargelegt, dass auch bei den dortigen Tests die Gesamtnote nicht der rechnerischen Summe der Teilnoten entspricht. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten.
37Soweit die Antragstellerin schließlich noch geltend gemacht hat, der Test sei auch deshalb nicht seriös, weil unklar sei, welche Liegeseite der Wendematratze „A.“ getestet worden sei und aus dem Test nicht hervorgehe, welche „H.“-Matratze mit welchem Liegegefühl Gegenstand des Tests gewesen sei, ergeben sich hieraus ebenfalls keine Zweifel an der Seriosität und Objektivität des C.-Tests. Da im Rahmen des C.-Tests „Schaum-Matratzen mit dem Härtegrad „H3“ (mittel)“ getestet worden sind (Anlage AS 4, Seiten 3 und 6) und die Matratze „H.“ nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin im maßgeblichen Zeitraum in den Härtegraden „weich“, „medium“ und „hart“ angeboten wurde, ist für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar, dass C. im streitgegenständlichen Test die „H:“ mit dem Härtegrad „medium“ getestet hat.
38Ebenso ist für den Verbraucher zweifelsfrei erkennbar, dass bei der A.-Wendematratze der Antragstellerin die „mittelfeste“ Seite der Matratze getestet wurde, weil in dem Testbericht darauf hingewiesen wird (Anlage AS 4, Seite 6), dass bei Wendematratzen mit unterschiedlichen Härten nur die H3-Seite geprüft wurde und die Antragstellerin selbst und die Stiftung Warentest in ihrem Heft 3/2021 (Anlage AG 16) die „mittelfeste“ Seite der A.-Wendematratze auch mit „H3“ bezeichnen.
39b.
40Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihr die Sache dringlich ist und der für den Erlass der beantragten Unterlassungsverfügung notwendige Verfügungsgrund vorliegt.
41Die in § 12 Abs. 1 UWG vorgesehene tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit hat die Antragsgegnerin widerlegt. Sie hat Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die den Schluss auf eine Kenntniserlangung der Antragstellerin von der angegriffenen Werbung bereits im Dezember 2021 zulassen (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2009, 343; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Auflage 2022, § 12 Rz. 2.13).
42Der Antragstellerin war bereits im Dezember 2021 bekannt, dass die Antragsgegnerin mit dem angegriffenen C.-Test wirbt. Dies ergibt sich aus der als Anlage AG 11 vorgelegten Antragsschrift der Antragstellerin vom 21. Dezember 2021 in einem vor dem Landgericht Kiel geführten Verfahren, die auf Seite 12 diese Werbung der Antragsgegnerin wiedergibt:
43(*)
44Diese Werbung enthält bereits das von der Antragstellerin als unseriös angegriffene Testsiegel und es bezeichnet die Antragsgegnerin als „Testsieger“. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin im Dezember 2021 auch Kenntnis von dem von der Antragsgegnerin in der nunmehr streitgegenständlichen Werbung verwendeten „Siegertreppchen“ mit der namentlichen Nennung der von der Antragstellerin vertriebenen Matratze hatte, wofür bereits gewisse Anhaltspunkte sprechen, weil es der Lebenserfahrung entsprechen dürfte, dass vor Führung eines Verfügungsverfahrens die gesamte Webseite des Wettbewerbers in Augenschein genommen wird, wenn sich der Vorwurf gerade gegen eine auf dieser Webseite befindliche Werbung richtet. Denn jedenfalls führt die zusätzliche Verwendung des „Siegertreppchens“ bei der Werbung mit dem C.-Testsiegel nicht dazu, dass die Dringlichkeit wieder auflebt. Zwar kann die Dringlichkeit aufleben bzw. wieder neu entstehen, wenn sich die Umstände wesentlich ändern, z.B. der Verletzer sein Verhalten intensiviert (OLG Hamburg, WRP 2005, 1301; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 273; OLG München, MD 2017, 183). Diese Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
45Da sich die Antragstellerin mit der Begründung gegen die hier gegenständliche Werbung wendet, das Testsiegel bzw. Testergebnis, mit dem die Antragsgegnerin werbe, sei aufgrund der fehlenden Objektivität und Seriosität des Testinstituts bzw. des durchgeführten Tests unlauter und mit den Vorgaben zur vergleichenden Werbung unvereinbar, führt das Hinzufügen des Siegertreppchens, das die Stellung der Antragsgegnerin als „Testsieger“ bildlich herausstellt und veranschaulicht, nicht zu einer derartigen Veränderung und Intensivierung, dass es sich um eine neue Verletzungssituation handelt. Auch der Umstand, dass sie die Antragstellerin als „Zweitplatzierte“ erstmalig namentlich nennt, führt vor dem Hintergrund des Klageangriffs nicht zu einer Intensivierung des angegriffenen Verhaltens. Denn Angriffspunkt der Antragstellerin ist die angebliche Unseriosität des Tests, mit dessen Ergebnis geworben wird, nicht jedoch das Testergebnis selbst und die Einstufung der Antragstellerin als „Zweitplatzierte“.
46III.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
48Der Beschwerdewert beträgt 60.000,00 €.