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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 2022 – Az. 34 O 105/20 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weiter verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „X.“ wie folgt zu werben:
„Ganz natürlich – die sanften Schlafhelfer
Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen:“
sofern dies geschieht wie in Anlage K 3 ersichtlich.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2A)
3Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, begehrt von der Beklagten, einem Pharmaunternehmen, die Unterlassung verschiedener Werbeaussagen für das von ihr in Verkehr gebrachte Nahrungsergänzungsmittel „X.“.
4Die Beklagte bewarb im Internet unter ihrer Domain www.x..de das vorgenannte Produkt (auszugsweise) wie folgt:
5Wegen der weiteren Einzelheiten der Bewerbung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.
7Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei den vorstehenden Werbeaussagen handele es sich um gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health Claims Verordnung = HCVO). Unter anderem mangels Zulassung in der Liste der zugelassenen Health Claims und mangels anerkannter wissenschaftlicher Belege der Wirkung im Sinne der Werbeaussagen seien diese wettbewerbswidrig und zu unterlassen.
8Die Beklagte hat gemeint, die erstgenannte Aussage „Ganz natürlich – die sanften Schlafhelfer“ und weiter „Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen: …“ stelle schon keine gesundheitsbezogene Angabe dar. Selbst wenn sie aber als eine solche interpretiert werde, so sei sie inhaltlich zutreffend. Die angegriffene Werbeaussage zur Passionsblume sei gerechtfertigt aufgrund der Monographie zur Passionsblume „Community herbal monograph on Passiflora incarnata L., herba“ von 2013, vorgelegt als Anlage B6.
9Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
10Mit diesem hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,
11I. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „X.“ wie folgt zu werben
„Die Passionsblume kann nervöse Unruhezustände …“
14und/oder
15„… Einschlafstörungen …
16lindern“,
17sofern dies jeweils geschieht, wie aus der Anlage K 3 ersichtlich;
18II. an den Kläger 238 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. März 2021 zu zahlen.
Abgewiesen hat es die Klage hingegen, soweit der Kläger die Bewerbung im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „X.“ mit der Aussage „Ganz natürlich – die sanften Schlafhelfer Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen: …“, wenn dies geschieht, wie aus der Anlage K 3 ersichtlich, zum Gegenstand seines Unterlassungsbegehrens gemacht hat.
21Zur Begründung der für das Berufungsverfahren allein relevanten Klageabweisung hat das Landgericht ausgeführt, die angegriffene Aussage sei schon keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO. Ein „sanfter Schlaf“ sei wie der Begriff des „gemütlichen Sitzens“ oder des „angenehmen Ruhens“ für den Durchschnittsverbraucher ein Zustand des Wohlbefindens des Menschen. Der Begriff stelle dabei keinen Bezug zur Gesundheit her, es handele sich vielmehr in der Tradition unserer Kultur um eine Angabe des Wohlbefindens und die Beschreibung eines Ruhezustandes und werde als Synonym für das Wort „Schlummern“ verstanden, das ebenfalls einen Zustand des Wohlbefindens beschreibe.
22Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren im Umfang der Klageabweisung vollumfänglich weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht er geltend, das Landgericht habe fehlerhaft keine Gesamtbetrachtung angestellt und die angegriffene Aussage nicht im konkreten werblichen Kontext bewertet. Insbesondere habe es das Verb „sehnen“ übergangen, das gerade dazu führe, dass die in Rede stehende Angabe einen Gesundheitsbezug aufweise. Der Schlaf sei bekanntlich für die Körperfunktionen elementar. Eine Schlafstörung sei eine subjektiv empfundene und objektiv beobachtbare Abweichung vom normalen Schlaf in quantitativer bzw. qualitativer Hinsicht, die mit einer eingeschränkten Tagesbefindlichkeit einhergehe. Eine Schlafstörung sei häufig ein Symptom einer psychischen oder körperlichen Erkrankung und stelle selbst eine Indikation dar. Der Verzehr von „X.“ werde als Hilfe für einen guten Schlaf ausgelobt. Auch stelle die Angabe ausdrücklich auf denjenigen ab, der sich nach einer solchen Hilfe sehne, der also gerade keinen guten Schlaf habe.
23Der Kläger beantragt sinngemäß,
24unter teilweiser Abänderung des am 16. Februar 2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az. 34 O 105/20, die Beklagte weiter zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „X.“ wie folgt zu werben:
25„Ganz natürlich – die sanften Schlafhelfer
26Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen:“
27sofern dies geschieht, wie in Anlage K 3 ersichtlich.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, die Aussagen „sanfte Schlafhelfer“ und „Sehnsucht nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf“ stellten unspezifische Allerweltsbegriffe dar. So bleibe unklar, was ein Verbraucher mit diesen Begriffen assoziieren solle: Einen tiefen Schlaf, einen langen Schlaf oder aber einen ununterbrochenen Schlaf. Zumindest werde er darunter keinen „gesunden Schlaf“ oder „gestärkten Schlaf“ verstehen. Auch das Verb „sehnen“ ändere an dieser Bewertung nichts. Denn hierunter werde allgemeinhin das schwärmerische, im Hier und Jetzt unbefriedigte Suchen verstanden.
31Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
32B)
33Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Ihm steht gegen die Beklagte über den vom Landgericht bereits ausgeurteilten Unterlassungsanspruch hinaus auch ein Anspruch auf Unterlassung der Aussage „Ganz natürlich – die sanften Schlafhelfer“ und weiter „Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen“ im Kontext der konkreten Bewerbung ausweislich Anlage K 3 gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG a.F., § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. Art. 3, Art. 10 HCVO zu.
341.
35Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG a.F., der nach § 15a Abs. 1 UWG n.F. im vorliegenden Verfahren weiterhin zur Anwendung kommt, klagebefugt. Zu seinen Mitgliedern gehört eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden, die auf dem von der Beklagten bedienten bundesweiten Markt für Nahrungsergänzungsmittel Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte anbieten. Soweit die Beklagte Bedenken an der erheblichen Anzahl von betroffenen Mitgliedsunternehmen angemeldet hat, werden diese vom Senat nicht geteilt. Welche Anzahl von Gewerbetreibenden „erheblich“ ist, lässt sich nicht von vornherein und generell bestimmen (BGH GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Eine Mindestanzahl ist nicht erforderlich, es müssen lediglich Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (stRspr; vgl. nur BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V; OLG Nürnberg WRP 2014, 239 Rn. 30; OLG Frankfurt WRP 2019, 908). Dies ist im Streitfall angesichts des Umstandes, dass Hersteller, Einzel-, Großhändler in nennenswerter Zahl im Bereich der Nahrungsmittel Mitglieder des Klägers sind, zu bejahen.
362.
37Die angegriffene Werbeaussage stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar, die den Absatz des Nahrungsergänzungsmittels der Beklagten unmittelbar fördern soll.
383.
39Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben für Lebensmittel stellt eine unlautere geschäftliche Handlung gemäß § 3 Abs. 1 UWG dar, wenn sie nicht nach den Bestimmungen der HCVO verwendet werden dürfen.
40a)
41Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die Vorgaben der HCVO stellen Marktverhaltensregelungen in diesem Sinne dar, deren Verletzung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2013, 958 – Vitalpilze). Die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die nach ihrem Art. 4 in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat, kennt zwar keinen der Bestimmung des § 3a UWG entsprechenden Unlauterkeitstatbestand. Dieser Umstand steht der Anwendung der genannten Vorschrift aber nicht entgegen, weil die Rechtsvorschriften der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten und damit die Bestimmungen der HCVO nach Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 9 der LR 2005/29/EG von dieser unberührt bleiben (BGH GRUR 2018, 1266 – Bekömmliches Bier; BGH GRUR 2013, 958 – Vitalpilze).
42b)
43Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II (Art. 3 bis 7) und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV (Art. 10 bis 19) der Verordnung entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen sind und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung aufgenommen sind.
44aa)
45Die beanstandete Werbeaussage stellt eine gesundheitsbezogene Angabe dar.
46(1)
47Unter einer „gesundheitsbezogenen Angabe“ ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO jede Angabe zu verstehen, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Begriff „Zusammenhang“ ist nach der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshofs weit zu verstehen. Er erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert (EuGH GRUR 2012, 1161 – Deutsches Weintor; EuGH GRUR 2013, 1061 – GreenSwan Pharmaceuticals; BGH GRUR 2015, 403 – Monsterbacke).
48(2)
49Die Frage, ob eine Aussage auf das gesundheitliche Wohlbefinden abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 HCVO aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen (BGH GRUR 2014, 1013 – Original Bachblüten; OLG Hamm WRP 2015, 228). Dazu gehören nach Art. 13 Abs. 1 lit. a) HCVO auch in Bezug auf die Bedeutung eines Nährstoffs für Körperfunktionen und nach Art. 13 Abs. 1 lit. b) HCVO in Bezug auf die psychischen Funktionen des menschlichen Körpers erfolgende Beschreibungen und Verweisungen (BGH GRUR 2014, 1013 – Original Bachblüten). Die Gesundheit bzw. das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne der HCVO sind abzugrenzen vom „allgemeinen Wohlbefinden“. Lediglich auf das allgemeine Wohlbefinden bezogene Werbeaussagen unterliegen nicht den Regelungen der HCVO (BGH GRUR 2011, 246 Tz. 8 – Gurktaler Kräuterlikör; OLG Hamm, Urteil vom 7. Oktober 2014 – I-4 U 138/13, MD 1/15 S. 44, 47). Denn die sie erfassende im ursprünglichen Entwurf in Art. 11 Nr. 1 Buchstabe a) der HCVO enthaltene Wendung - „Angaben, die auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffs oder des Lebensmittels in Bezug auf Gesundheit und Wohlbefinden verweisen“ - ist gestrichen worden (BGH GRUR 2011, 246 – Gurktaler Kräuterlikör m.w.N.).
50(3)
51Für die in diesem Kontext vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund (16) Satz 3 HCVO entscheidend, wie der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht.
52(4)
53Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Landgericht die angegriffene Werbeaussage zu Unrecht als auf das allgemeine Wohlbefinden und nicht auf die Gesundheit bezogene Angabe eingestuft.
54So ist schon der Ausgangspunkt der landgerichtlichen Beurteilung unzutreffend. Es geht entgegen der Ausführungen des Landgerichts nicht um den Begriff des „sanften Schlafs“, sondern unter anderem um den einer „sanften Hilfe für einen guten Schlaf“. Sanft soll nach der zu beurteilenden Werbeaussage also nicht der Schlaf sein, sondern die beworbene Nahrungsergänzung, womit erkennbar auf den Unterschied zu einem Arzneimittel angespielt werden soll. Auch hat das Landgericht zu Unrecht keine Gesamtbetrachtung der angegriffenen Werbeaussage vorgenommen. So heißt es in der Werbeaussage überdies: „Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen“. Mit den Worten „Hilfe“ und „sehnen“ wird also gerade an all die Verbraucher appelliert, die keinen guten Schlaf haben, also unter Schlafstörungen leiden, sonst bedürften sie keiner „Hilfe“ und „sehnten“ sich auch nicht nach einem guten Schlaf. So heißt es eingangs der Werbeaussage (Anlage K 3) auch: „Guter Schlaf, davon träumen viele. Ob ein Tag gut verlaufen wird, das entscheidet sich oft in der Nacht. Im Schlaf erholen wir uns und sammeln Kraft für den Tag. Was aber, wenn wir nur schwer einschlafen und durchschlafen können? Tatsächlich leidet jeder 3. Erwachsene an einem gestörten Schlaf. …“.
55Schlafstörungen können sowohl Auswirkung seelischer Störungen sein als auch solche Störungen hervorrufen. Auch ist das Schlafvermögen eine Funktion des menschlichen Organismus. Die Werbeaussage verheißt den unter einem „schlechten“ Schlaf leidenden Personen Besserung und ist geeignet, sie auf den Gedanken zu bringen, anstelle eines in der Regel verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf das hier beworbene Produkt zurückzugreifen, um ihre Schlafstörungen zu mindern oder zu beseitigen.
56Die Werbeaussage besteht damit entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus völlig unspezifischen Allerweltsbegriffen und ist auch nicht mit den von ihr angeführten (Gegen-) Beispielen („Bleib gelassen“, „Schlaf gut“ und „Einfach ausgeglichen“) vergleichbar. So mag es sich bei der Aussage „Schlaf gut“ isoliert betrachtet um eine allgemeine Floskel mit appellativem Charakter handeln, die auch im alltäglichen Leben ohne konkreten gesundheitlichen Bezug üblicherweise benutzt wird, so die diesbezügliche Begründung des von der Beklagten zitierten Oberlandesgerichts Oldenburg (MD 2015, 1259). Im Streitfall geht die Werbeaussage aber hierüber deutlich hinaus und rechtfertigt überdies der Kontext, in dem die Aussage gemacht wird, den Schluss, dass es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe handelt. So hat denn auch das Oberlandesgericht Oldenburg in der von der Beklagten angeführten Entscheidung in den Aussagen „Für erholsamen Schlaf“, „Entspanntes Einschlafen“ und „Erholsames Durchschlafen“ ohne weiteres eine gesundheitsbezogene Angabe gesehen.
57bb)
58Die Werbeaussage ist indes nicht zugelassen. So gibt es für Melatonin zwar zwei zugelassene gesundheitsbezogene Angaben, und zwar „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“ und „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“ (Art. 13 Abs. 3 HCVO; s. Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und Gesundheit von Kindern). Diese Aussagen sind indes nicht gleichbedeutend mit der angegriffenen Werbeaussage. Im Übrigen stehen die zugelassenen Health Claims für Melatonin unter anderem unter der ausdrücklichen Bedingung, dass sie nur für Lebensmittel Verwendung finden dürfen, die 0,5 mg bzw. 1 mg Melatonin pro Portion enthalten. Diese Anforderung erfüllt das in Rede stehende Produkt „X.“ unstreitig nicht.
59C)
60Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91, § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.
61Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
62Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.000 € (entsprechend der nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)