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Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 43/13

Datum:
16.08.2013
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 UF 43/13
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2013:0816.3UF43.13.00
 
Schlagworte:
Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung und Scheidungsantragstellung bei Demenzerkrankung des antragstellenden Ehegatten; Voraussetzungen der einseitigen Zerrüttung einer Ehe bei demenzbedingt nicht mehr möglicher sicherer Feststellung eines Trennungs- und Scheidungswillens des Ehescheidungs-Antragstellers zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung; Voraussetzungen für den Ausschluss eines Nachscheidungsunterhaltsanspruchs im Scheidungsverbund bei kurzer Ehedauer
Normen:
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2, § 125 Abs. 2 S. 2, § 128, § 287 Abs. 1; ZPO § 254,; BGB § 259 Abs. 1 und 2, § 260 Abs. 1 und 2, § 1564 S. 1, § 1565 Abs. 1 und 2,; § 1566 Abs. 1, § 1567, § 1579, § 1580, § 1605, § 1572, § 1573 Abs. 2, § 1578 b;
Leitsätze:

1. Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten eines an Demenz erkrankten Ehegatten durch dessen gesetzlichen Betreuer für einen wirksamen Ehescheidungsantrag gemäß den §§ 125 Abs. 2 S. 2, 287 Abs. 1 FamFG, 1564 S. 1 BGB.

2. Eine einseitige, dem Familiengericht den Ausspruch der Ehescheidung ermöglichende Zerrüttung der Ehe lässt sich gemäß den §§ 1565, 1566, 1567 BGB jedenfalls feststellen, wenn die Ehegatten unstreitig seit mehr als einem Jahr räumlich getrennt voneinander leben und die Anhörung des an Demenz erkrankten Antragstellers nach § 128 FamFG sowie das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme den Rückschluss zulassen, dass dieser zum Zeitpunkt der Trennung bzw. zu einem danach liegenden Zeitpunkt noch den hinreichend sicheren natürlichen Willen zur Trennung und Ehescheidung sowie die Ablehnung der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft erklärt hat.

3. Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.

4. Im Ehescheidungsverbund kann zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr in zulässiger Form hilfsweise für den Fall, dass das Familiengericht die abgelehnte Ehescheidung auszusprechen beabsichtigt, ein Stufenantrag zum Nachscheidungsunterhalt mit Auskunftsanträgen und unbeziffertem Zahlungsantrag gestellt werden.

5. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB im Rahmen von Stufenanträgen dem Grunde nach hinreichend schlüssig dargelegt ist, gemäß § 1579 Nr. 1 BGB wegen sehr kurzer Ehedauer verwirkt sein kann und gemäß § 1578 b BGB herabgesetzt oder befristet werden kann.

 
Tenor:

1.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – xxx vom 11.01.2013 (Az.: xxx) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

2.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 32.000,00 € festgesetzt (Scheidung: 7.000,00 €, Versorgungsausgleich: 1.000,00 €, nachehelicher Unterhalt: 24.000,00 €).

 
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