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Oberlandesgericht Hamm, 30 U 114/21

Datum:
24.09.2021
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
30. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
30 U 114/21
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2021:0924.30U114.21.00
 
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 4 O 217/20
Schlagworte:
Corona, Covid-19, Miete, Minderung, Pandemie, Unmöglichkeit, Vertragsanpassung, Störung der Geschäftsgrundlage
Normen:
BGB § 134; BGB § 275; BGB § 326; BGB § 313 Abs. 1; BGB § 535 Abs. 2; BGB § 536 Abs. 1; EGBGB Art. 240 §§ 1 - 7
Leitsätze:

1.

Art. 240 §§ 1-7 EGBGB lassen die Pflicht des gewerblichen Mieters zur Entrichtung der Miete nicht entfallen.

2.

Die Covid-19-Pandemie führt – vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen – nicht zu einer Minderung der Miete nach § 536 BGB.

3.

Ebenso begründet diese Pandemie keine vorübergehende Nichtigkeit des Mietvertrages nach § 134 BGB.

4.

Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete entfällt infolge der Pandemie weiter auch nicht nach §§ 326 Abs. 1, 275 BGB. Der Vermieter schuldet grundsätzlich nur die Überlassung des Mietobjekts in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand. Die Erfüllung dieser Leistung wurde durch die gesetzlichen und tatsächlichen Covid-19-Beschränkungen nicht unmöglich.

5.

Die Beschränkungen der Covid-19-Pandemie können jedoch nach § 313 BGB ein Recht zur Anpassung des Mietvertrages nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage begründen. Erforderlich ist aber, dass das pandemiebedingte Risiko nach dem Mietvertrag nicht einer Vertragspartei (allein) zugewiesen ist und das Festhalten an den vereinbarten Regelungen zumindest für eine Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Letzteres wird nicht vermutet, sondern ist konkret darzulegen und aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen. Die Annahme einer „pauschalen Mietreduzierung“ um 50 % aufgrund der Pandemie ist damit nicht vereinbar (in Abweichung zu OLG Dresden, Urt. v. 24.02.2021 – 5 U 1782/20 –, ZMR 2021, 476 ff.,  KG Berlin, Urt. v. 01.04. 2021 – 8 U 1099/20 –, ZMR 2021, 579 ff. und zu OLG Köln, Urt. v. 14.05.2021 – 1 U 9/21 – BeckRS 2021, 16198, Rn. 26 ff.).

 
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.03.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen aus 3.813,85 Euro statt seit dem 06.05.2020 erst seit dem 07.05.2020 von der Beklagten geschuldet sind.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 
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