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Oberlandesgericht Hamm, 4 RVs 131/20

Datum:
06.01.2021
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 RVs 131/20
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2021:0106.4RVS131.20.00
 
Vorinstanz:
Amtsgericht Detmold, 3 Ds 380/19
Schlagworte:
Weisungen, Jugendstrafrecht, Bestimmtheit, Verfahrensrüge, Revision, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Nachholung der Begründung einer Verfahrensrüge
Normen:
JGG §§ 5, 10, 11, 55; StPO §§ 44, 45, 344 Abs. 2
Leitsätze:
  1. Weisungen müssen hinreichend bestimmt sein. Die Grundzüge der Ausgestaltung müssen vom Gericht vorgenommen werden, dem Weisungsunterworfenen muss das ihm abverlangte Verhalten deutlich werden und jugendrichterliche Weisungen müssen erzieherisch klar sein. Eine Weisung, bei Gesprächen bei der Drogenberatung „mitzuarbeiten“ wird dem nicht gerecht.
  2. Entscheidend für den Fristbeginn (§ 45 Abs. 1 StPO) wann das Hindernis i. S. v. § 44 Abs. 1 StPO ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten. Auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Verteidigers kommt es hingegen nicht an.
  3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Revisionsrügen ist in der Regel jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger in der tatrichterlichen Hauptverhandlung anwesend waren. Ist die Revision des Angeklagten infolge der rechtzeitig erhobenen Sachrüge frist- und formgerecht begründet worden, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen nur ausnahmsweise bei besonderen Verfahrenslagen in Betracht, in denen dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint. Ist Gegenstand der Verfahrensrüge und Anlass für das Wiedereinsetzungsgesuch die Nichtgewährung von Akteneinsicht, muss der Beschwerdeführer zur Zulässigkeit seines Wiedereinsetzungsbegehrens für jede Rüge ausreichend darlegen, dass er gerade durch die fehlende Akteneinsicht an einer ordnungsgemäßen Begründung gehindert war.
  4. Die §§ 44 ff. StPO dienen nicht dazu, etwaige (vom Angeklagten unverschuldete) handwerkliche Mängel in der Rechtsmittelbegründung seines Verteidigers nachträglich zu beheben, sondern nur dazu, über eine (vom Angeklagten nicht verschuldete) Fristversäumnis hinwegzuhelfen.
 
Tenor:

1. Der Antrag des Angeklagten vom 16.11.2020 und der Antrag des Angeklagten vom 10.12.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung einer Verfahrensrüge werden verworfen.

2. Die Anträge des Angeklagten vom 24.08.2020 und vom 11.09.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung einer Verfahrensrüge werden verworfen.

3. Das angefochtene Urteil wird mit den insoweit zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben, als der Angeklagte angewiesen wurde, „bei der Drogenberatung […] mitzuarbeiten“ und die Erfüllung der Weisung dreier binnen sechs Monaten bei der Drogenberatung wahrzunehmender Beratungsgespräche zweimonatlich unaufgefordert schriftlich dem Gericht mitzuteilen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere für Jugendsachen zuständige Abteilung des Amtsgerichts Detmold zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

 
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