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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin, ein auf die Fleischindustrie spezia-lisierter EDV-Anbieter, schloß mit der Beklagten, die einen Fachgroßhandel im Cash-and-Carry-System für Fleischereien und Gastronomie betreibt, einen Vertrag über die Lieferung von Hard- und Software zum Gesamtpreis von 762.694,20 DM brutto.
3Vorausgegangen waren Besuche des Vorstandsmit-glieders K. der Beklagten bei der Klägerin und umgekehrt des Geschäftsführers der Klägerin bei der Beklagten. Bei einem dieser Besuche sah der Geschäftsführer K. der Beklagten bei der Klägerin Bildschirme, auf denen Schriftzeichen doppelt so groß wie herkömmlich erschienen. Er äußerte den Wunsch, daß auch die Beklagte solche Bildschirme erhalten solle.
4Nach der Vertragsunterzeichnung wurden Einzelhei-ten in wechselseitigen Fernschreiben vom 30.06. und 01.07.1987 konkretisiert und teilweise modifi-ziert. Dabei sagte die Klägerin zu, die Speicher-kapazität der Festplatte sei auch unter Berück-sichtigung einer Mengenerweiterung ausreichend; die Bildschirme hätten eine "um mindestens zwei mal größer (erscheinende) Schriftgröße" unter Hin-weis darauf, daß es sich um Bildschirme des I.-Sy-stems II Modell X handele. Die Klägerin ging auch mit ihrem Fernschreiben vom 01.07.1987 auf das Verlangen der Beklagten in deren Fernschreiben vom 30.06.1987 ein, wonach die Klägerin gewährleiste, "daß die im Vertrag genannte Konfiguration zur Ab-wicklung genannter Software geeignet ist, d.h. daß z.B. keine für Kunden und Lieferanten erkennbaren Verzögerungen bei der Eingangsverwiegung bzw. Fak-turierung entstehen."
5Am 02.09.1987 wurde ein Teil der Hard- und Softwa-re installiert, ein weiterer Teil - die "Fibu" - im Dezember 1987; diese installierten Teile wurden seit dem 01.01.1988 im Echtlauf genutzt. Nach von der Klägerin in den folgenden Monaten ausgeräumten Anpassungsschwierigkeiten der Fibu äußerte die Beklagte in einem Fernschreiben vom 01.07.1988 die Befürchtung, daß die Kapazität der gelieferten Festplatten von zwei mal 115 MB nicht ausreiche, woraufhin sich die Klägerin mit Schreiben vom 04.07.1988 bereiterklärte, der Beklagten kosten-frei eine höhere Plattenkapazität zur Verfügung stellen zu wollen, sollte entgegen ihren Erwartun-gen die Speicherkapazität tatsächlich zu gering sein.
6Mit Schreiben vom 19.07.1988 stellte die Beklag-te erstmals hinsichtlich des Zeitverhaltens der Anlage die Forderung, daß zwischen dem Abschluß einer Faktura und dem Beginn einer neuen Faktura maximal eine Sekunde Wartezeit liegen dürfte. Am 30.12.1988 übersandte die Beklagte der Klägerin ein Pflichtenheft mit zahlreichen Anforderungen, ohne deren Erfüllung sie nicht am Vertrag fest-halten wollte. In den dort genannten Rahmenbedin-gungen wurden die Anforderungen an das Zeitver-halten der Anlage wiederholt. Mit Schreiben vom 10.01.1989 erklärte die Klägerin, das Zeitverhal-ten der Anlagen auf 2 - 8 Sekunden begrenzen zu können und empfahl zur Reduzierung des Zeitverhal-tens eine Änderung der Konfiguration der Kassenar-beitsplätze. Mit Schreiben vom 14.03.1989 konkre-tisierte sie diesen Konfigurationsvorschlag. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.03.1989 als Nachtragsangebot ab, das sie nicht akzeptieren könne.
7Am 05.04.1989 lieferte die Klägerin der Beklagten neben anderen Teilen der Anlage unter anderem zwei neue 314 MB-Festplatte, deren Kapazität die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet. Sie weigerte sich, die Lieferung anzunehmen, und ließ sie verpackt in ihren Räumen stehen. Mit Schreiben vom 12.04.1989 erklärte die Beklagte den "Rücktritt vom Vertrag" und teilte der Klägerin mit, daß sie weitere Leistungen ablehnen werde. Daraufhin stellte die Klägerin mit Schreiben vom 28.04.1989 die vereinbarte Vergütung zum 26.05.1989 fällig und forderte die Beklagte zu Abnahme der bei ihr bereitstehenden restlichen Hard-und Software auf.
8Die Klägerin hat behauptet, die beiden von ihr ge-lieferten Festplatten mit einer Kapazität von je-weils 115 MB Speicherkapazität (davon eine "Spie-gelplatte" zur Sicherung) seien ausreichend gewe-sen; im übrigen habe sie am 05.04.1989 zwei Fest-platten von jeweils 314 MB nachgeliefert. Sie sei sogar bereit, Festplatten mit noch höherer Spei-cherkapazität zu Verfügung zu stellen.
9Die Klägerin hat den im Tatbestand des Urteils des Landgerichts wiedergegebenen Antrag gestellt, auf den Bezug genommen wird.
10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
11Sie hat behauptet, die von der Klägerin angebotene Plattenkapazität von jeweils 314 MB hätte zur ord-nungsmäßigen Speicherung der bei ihr anfallenden Daten nicht ausgereicht; gespeichert werden müßten die Daten für 8 Quartale.
12In Bezug auf das Zeitverhalten der Anlage bei der Fakturierung hat sie behauptet, bereits eine Zeitverzögerung von einer Sekunde, erst recht von einigen Sekunden zwischen zwei Fakturierungen, habe nicht dem Stand der Technik des Jahres 1987 entsprochen. Insbesondere entspreche diese Spanne nicht der vertraglichen Vereinbarung.
13Im übrigen hat die Beklagte bestritten, die ver-einbarten Monitore erhalten zu haben, da sie nicht wie vereinbart das größere Schriftbild wiedergeben könnten.
14Das Landgericht hat durch Vernehmung von Zeugen und durch Einholung eines Sachverständigengutach-tens Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 28.03.1990 und vom 27.05.1992 sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Keut-gen vom 07.03.1992 Bezug genommen.
15Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
16Gegen dieses Urteil haben beide Parteien gemäß den Feststellungen des Senats in der mündlichen Ver-handlung vom 24.05.1993 form- und fristgerecht Be-rufung eingelegt.
17Die Klägerin trägt vor, gemäß Ziffer 5 ihrer all-gemeinen Geschäftsbedingungen stehe ihr ein Zins-satz in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskont-satz zu.
18Sie beantragt,
19das angefochtene Urteil teilweise abzuän-dern und die Beklagte über die ausgeur-teilte Summe nebst 5 % Zinsen hinaus zur Zahlung von 2 % Zinsen über dem jeweili-gen des Bundesbank-Diskontsatz seit dem 27.05.1989 zu verurteilen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
22Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Beklagte vor, entgegen der Ansicht des Landgerichts handele es sich um einen Werkvertrag, weil das Gesamtpaket zu Erstellung der EDV-Anlage auf ihre individuellen und spezifischen Anforderungen habe abgestimmt werden müssen. Es sei deshalb Sache der Klägerin zu beweisen, daß sie die Gesamtleistung erbracht und diese von der Beklagten abgenommen worden sei oder sie diese Abnahme zu Unrecht verweigert habe. Eine Abnahme komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die notwendi-gen Hard- und Software-Handbücher nicht geliefert habe. Zum Zeitpunkt ihres Rücktritts sei die Kläge-rin nicht in der Lage gewesen, ihr eine vollständi-ge und vertragsgerechte Erfüllung anzubieten. Daher sei sie - die Beklagte - nicht in Annahmeverzug ge-wesen. Der Klägerin stünden keine Verzugszinsen zu.
23Im übrigen wiederholt die Beklagte hinsichtlich ih-rer Beanstandungen der klägerischen Leistungen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
24Sie beantragt,
25unter teilweiser Abänderung des angefoch-tenen Urteils die Klage abzuweisen.
26Die Klägerin beantragt,
27die Berufung der Beklagten zurückzu-weisen.
28Sie meint, das Landgericht habe den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zu Recht als Kauf-vertrag bewertet. Jedenfalls könne sich die Beklag-te nicht auf eine fehlende Abnahme im Sinne des Werkvertragsrechts berufen, weil sie die Herstel-lung der Gesamtanlage nicht zugelassen habe.
29Im übrigen wiederholt auch die Klägerin ihr Vor-bringen erster Instanz.
30Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Beide Berufungen sind zulässig. Nur die Berufung der Klägerin hat jedoch in der Sache Erfolg, wäh-rend die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.
331.
34Allerdings hält der Senat den Vertrag der Parteien für einen Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB. Rein wertmäßig lag das Schwergewicht zwar bei der Hard-ware und der Standardsoftware (ca. 470.000,00 DM und 200.000,00 DM netto), wogegen die individu-ell anzupassende Software nur einen Wert von ca. 54.000,00 DM netto hatte. Nach den vertragli-chen Vereinbarungen sollten aber kundenspezifische Änderungen in acht Programmbereichen vorgenommen werden. Hierdurch wurde der Charakter der zunächst standardisierten Branchenlösung derart verändert, daß der Vertrag insgesamt als Werkvertrag anzusehen ist, dessen Inhalt im übrigen auch die Parteien als unteilbare Gesamtleistung qualifizieren.
352.
36Der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungs-anspruch setzt beim Werkvertrag nach § 641 BGB grundsätzlich die Abnahme voraus, die hier nicht erfolgt ist und von der Beklagten im Hinblick auf den erklärten Rücktritt im Schreiben vom 12.04.1989 endgültig verweigert wird. Es ist jedoch anerkannt, daß der Unternehmer den Werklohn schon vor Fertig-stellung und Abnahme des Werkes verlangen kann, wenn der Besteller die Erfüllung des Vertrages grundlos ablehnt. Das folgt sowohl aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) als auch im Hinblick auf den in § 162 BGB zum Ausdruck gekommenen Grundsatz, daß sich eine Partei nicht auf das Fehlen einer Anspruchsvoraussetzung berufen kann, wenn sie deren Eintritt selbst wider Treu und Glauben verhindert hat (BGH NJW 1990, 3008, 3009). Unter diesem Ge-sichtspunkt greifen die von der Beklagten vorgetra-genen Rücktrittsgründe sämtlich nicht durch.
37Substantiiert gerügt hat die Beklagte in der Berufungsinstanz drei Punkte: Einmal die mangelnde Kapazität der Festplatten, sodann das Zeitverhalten bei der Eingangsverwiegung und vor allem bei der Fakturierung und schließlich die auf den Bildschir-men abgebildete Schriftgröße. Aufgrund der Erklä-rungen des Geschäftsführers K. der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist hierzu vorab festzustellen, daß der allein wesentliche Grund für den Rücktritt der Beklagten von dem Ver-trag mit der Klägerin das Zeitverhalten der Anlage war. Wörtlich hat der Geschäftsführer der Beklagten in diesem Zusammenhang erklärt, er könne nur über einen Punkt nicht hinwegspringen, das sei die Geschwindigkeit der Anlage. Bei den beiden anderen Rügen handele es sich im Grunde um Nebensachen, die für sich alleingenommen die Beklagte noch nicht zum Rücktritt veranlaßt hätten.
38Unter diesen Umständen kommt es entscheidend darauf an, ob die Beklagte das Zeitverhalten der Anlage zu Recht rügt. Der Senat vermag der Argumentation der Beklagten nicht zu folgen.
39Nach ihren Erklärungen in der mündlichen Verhand-lung will die Beklagte im Grunde bei der Fakturie-rung der Waren eine Zeitdifferenz von 0 Sekunden erreichen; vorher hat sie allerdings einen Zeitraum von höchstens 2 Sekunden akzeptiert, der nach den Darlegungen des Sachverständigen K. indessen auch nicht erreichbar ist. Die Beklagte hat es aber versäumt, der Klägerin vor Vertragsschluß ihre Ansprüche hinreichend deutlich zu machen. In dem Vertragsgegenstand gewordenen Fernschreiben der Be-klagten vom 30.06.1987 heißt es unter Ziffer 3 (wie bereits im Tatbestand erwähnt): "Die C. (:Klägerin) gewährleistet, daß die im Vertrag genannte Konfigu-ration zur Abwicklung genannter Software geeignet ist, d.h. daß z.B. keine für Kunden und Lieferanten erkennbaren Verzögerungen bei der Eingangsverwie-gung bzw. Fakturierung entstehen." (Auf Verzögerun-gen bei der Eingangsverwiegung kommt es in diesem Rechtsstreit nicht an; darauf hebt die Beklagte nicht ab.) Diese Klausel hat die Klägerin in ihrem Anwortfernschreiben bestätigt.
40Die Beklagte hat es hier unterlassen, eindeutig festzulegende Werte zu nennen. Dies war jedoch ihre Aufgabe, denn es ist grundsätzlich Sache des Bestellers, für den Auftragnehmer ein Anforderungs-profil, das sog. Pflichtenheft zu erstellen (Senat, NJW RR 1992, 761 = JurPC 1992, 1587; Junker, Die Enwicklung des Computerrechts in den Jahren 1991 und 1992, NJW 1993, 824, 828; Müller-Hengstenberg, Abnahme von Computerprogrammen, CR 91, 327 ff., 331: Zur Mitwirkungspflicht des Auftraggebers gehört die Festlegung der Anforderungen an Ant-wortzeiten). Das Pflichtenheft repräsentiert die Erwartungen des Auftraggebers und enthält seine Zielvorgaben für das zukünftige EDV-System. Es basiert auf Informationen aus dem Verantwortungsbe-reich des Kunden und bildet die Grundlage für die anschließende Programmierung. Daß die Erstellung des Pflichtenheftes in die Sphäre des Auftraggebers gehört, läßt sich auch aus § 645 Abs. 1 BGB entneh-men, wonach der Besteller eines Werkes für Anwei-sungen an den Unternehmer verantwortlich ist (Jun-ker a.a.O.). Die Übersendung eines Pflichtenheftes an die Klägerin am 30.12.1988 konnte das bis dahin fehlende Pflichtenheft nicht ersetzen. Dieses muß Grundlage des Vertrages sein und kann nicht später mit Zusatzwünschen des Bestellers nachgeschoben werden. Jedenfalls von einem in der Anwendung von EDVerfahrenen Laien wie der Beklagten, die bereits vorher mit einer EDV-Anlage gearbeitet hatte, kann eine hinreichend präzise Angabe darüber, welche Leisungen die Anlage in einem bestimmten Punkt erbringen soll, erwarten. Das bedeutet, daß sie der Klägerin den Ablauf an der Kasse so hätte schildern müssen, daß der Klägerin hätte klar werden müssen, daß der nächste Kunde ohne jegliche Verzögerung bedient werden sollte. Dagegen ist die Klausel "für Kunden und Lieferanten nicht erkennbar" ein rein subjektiver Begriff, der nicht eindeutig eine Zeiteinheit von höchstens zwei Sekunden bedeutet. Davon mußte die Klägerich auch nicht ohne weiteres ausgehen, denn eine Null- oder nur ganz geringfü-gig darüberliegende Verzögerung entspricht nicht der allgemeinen Erfahrung im Cash-and-Carry-Groß-handel. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung wiederum ausgeführt hat, eine verzögerungslose Abwicklung komme bei ihr dadurch zustande, daß an der jeweiligen Kasse eine zweite Person den Kassierer unterstützt, so ist auch dies nicht allgemein üblich und brauchte des-halb von der Klägerin ohne besonderen Hinweis auch nicht in Rechnung gestellt zu werden. Ein solcher völlig verzögerungsloser Ablauf widerspricht sogar jeder praktischen Erfahrung.
41Darüber hinaus ist auch unklar, was überhaupt unter "Fakturierung" in diesem Zusammenhang zu verstehen sein sollte. Die Beklagte will jetzt darauf hinaus, daß unmittelbar an den Abschluß der Eingaben zur ersten Rechnung die Eingaben zur zweiten Rechnung in die EDV-Anlage in Angriff genommen werden können. Die Ausdrucksweise der Beklagten in ihrem Fernschreiben vom 30.06.1987 könnte jedoch so verstanden werden, daß nach Abschluß der Fakturie-rung, also nach Ausdruck der Rechnung, sofort mit einer neuen Eingabe begonnen werden sollte. Dieses Verständnis wird bestärkt durch die Äußerung des Geschäftsführers K. der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach er nämlich bei einer Besichti-gung vor Vertragsschluß in Düsseldorf auf dem Weg zum Drucker habe zwanzig Sekunden warten müssen. Eine derartige Zeitverzögerung habe die Beklagte nicht in Kauf nehmen wollen. Diese Beanstandung hat aber nichts mit derjenigen zu tun, die die Beklagte jetzt vorbringt und die das Zeitverhalten der Anlage bei den Eingaben für den jeweiligen Kunden in den Computer betreffen. Wenn im übrigen durch die Formulierung in dem Fernschreiben der Beklagten eine Zeitverzögerung in der von ihrem Geschäfts-führer angegebenen Größenordnung vermieden werden sollte, dann brauchte die Klägerin auch von daher gesehen nicht mit einer Nullverzögerung zu rechnen, wenn der Begriff "für Kunden und Lieferanten nicht erkennbar" verwendet wurde. Wenn nach den Ausfüh-rungen des Sachverständigen K. im Juli 1987 ein Zeitabstand von etwa drei Sekunden bei dem zwischen den Parteien vereinbarten PC-Netzwerk unter optima-len Bedingungen zu erreichen war und unter normalen Verhältnissen zu dieser Zeit mit einer Zeitspanne zwischen sechs und neun Sekunden zu rechnen war, dann muß die Beklagte dies unter den dargestellten Umständen auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien hinnehmen. Wenn die Beklagte mehr hätte haben wollen, hätte sie dies eindeutig zu erkennen geben müssen. Dies wäre ihr um so leichter möglich gewesen, als ihr Geschäfts-führer schon vor dem Landgericht erklärt hat, bei der Vorgängeranlage habe der neue Kunde erfaßt werden können, sobald die Abschlußtaste für den letzten Kunden betätigt worden war. Dies im Vertrag eindeutig zu formulieren, wäre für die Beklagte ein leichtes gewesen, auch wenn sie im übrigen nicht EDV-sachverständig war. Es handelte sich nicht um eine rein technische Frage, bei der man von der Klägerin verlangen müßte, daß sie bei der Beklagten nachgefragt hätte. Da die Beklagte ihr Wünsche nicht in der geschilderten Weise präzisiert hat, schuldete die Klägerin ein Ergebnis, das dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entsprach (Junker a.a.O. 829 unter Bezugnahme auf BGH NJW RR 1992, 556 = CR 1992, 543). Im Normal-bereich in diesem Sinne hielt sich das Werk der Klägerin, ganz abgesehen davon, daß es, wie der Sachverständige ausgeführt hat, ohne weiteres hätte nachgebessert werden können.
42Aufgrund der Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erübrigt sich an sich ein Eingehen auf die beiden anderen Rügen der Speicherkapazität und des Schriftbildes. Rein vorsorglich ist hierzu folgendes auszuführen:
43Die Kapazität von 115 MB, die die zunächst gelie-ferten Festplatten hatten, war nach dem Gutachten des Sachverständigen K. in der Tat zu gering und daher im werkvertraglichen Sinne fehlerhaft, da das von ihm ermittelte erforderliche Speichervo-lumen 307 MB betrug. Die Klägerin hat jedoch der Beklagten schon im April 1988 zwei Festplatten zu je 314 MB zur Verfügung gestellt, die damals ausreichend waren. Es kommt in diesem Zusammenhang letztlich nicht darauf an, ob diese Festplatten, wie die Klägerin behauptet, der Beklagten bereits geliefert und von dieser nur nicht ausgepackt wor-den sind. Nach der BGH-Entscheidung NJW 1990, 3008 reichte es bereits aus, wenn die Klägerin insoweit zur Mängelbeiseitigung bereit war. Der Besteller kann aus der unterbliebenen Fertigstellung und Män-gelbeseitigung kein Recht zur endgültigen einseiti-gen Leistungszurückweisung ableiten, wenn er selbst seine Gegenleistung verweigert oder von ungerecht-fertigten und unzumutbaren Bedingungen abhängig macht und damit der Gegenpartei Veranlassung zur Einstellung der noch ausstehenden Arbeiten gibt. In solchen Fällen kann der Unternehmer ungeachtet sei-ner an sich gegebenen Vorleistungspflicht nach Treu und Glauben seine weitere Tätigkeit verweigern, so-lange der Besteller auf seinem Standpunkt verharrt. Abgesehen davon ist das Bestreiten der Beklagten im Hinblick auf die Lieferung der Festplatten zu 314 MB mit Nichtwissen auch unzulässig. Denn sie hat die Pflicht, sich das Wissen über Geschehnis-se im Bereich ihrer Wahrnehmungsmöglichkeiten zu beschaffen (BGHZ 109, 205). Da nach ihrem Vortrag die Festplatten bei ihr verpackt lagern, hat sie die Möglichkeit, ggfls. mit sachverständiger Hilfe, festzustellen, ob es sich nun um Festplatten von 314 MB handelt oder nicht.
44Soweit die Beklagte sich darauf beruft, auch die Kapazität von 314 MB sei nicht ausreichend und erfülle die vertraglichen Anforderungen nicht, kann sie auch damit nicht durchdringen. In diesem Zusam-menhang beruft sie sich darauf, daß die Speicherka-pazität für die Buchhaltung so ausgelegt sein müs-se, daß die Daten von zwei Geschäftsjahren (in der mündlichen Verhandlung war sogar von drei Jahren die Rede) gespeichert und verarbeitet werden könn-ten, und bezieht sich hierbei auf das Schreiben des W. Genossenschaftsverbandes vom 26.05.1992 (Bl. 37 d.A.). Deshalb reiche auch die Kapazität von 314 MB nicht aus.
45Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der bei der Beklagten seit August 1988 für die Buchhaltung ver-antwortliche Zeuge B. vor dem Landgericht bekundet hat, bei der Beklagten seien in der Finanzbuchhal-tung die Daten mindesten drei Monate gespeichert worden, bevor sie ausgedruckt wurden. Bei Jahresab-schluß habe man mit dem letzten Monat für das Aus-drucken etwa neun Monate gewartet. Schon diese Aus-sage spricht gegen den Vortrag der Beklagten. Dar-über hinaus hat der Sachverständige K. zur Erläu-terung seines Gutachtens vor dem Landgericht ausge-führt, er habe seinen Berechnungen insoweit einen Zeitraum von fünf Quartalen zugrundegelegt, und zwar aufgrund seiner Erfahrungen in seiner bisheri-gen Sachverständigentätigkeit. In dem Betrieb, in dem er angestellt sei, würden die letzten drei bis vier Quartale gespeichert, der weiter zurückliegen-de Zeitraum sei ausgeschrieben und würde auf Daten-sicherung gezogen. Wenn die Beklagte einen so lan-gen Zeitraum von zwei oder sogar drei Jahren spei-chern wollte, hätte sie auch dies bei der Auftrag-serteilung deutlich machen müssen. Wegen ihrer Ver-pflichtungen im Hinblick auf das Anforderungsprofil kann auf die Ausführungen oben Bezug genommen werden.
46Was schließlich die gelieferten Bildschirme und die auf ihnen abgebildete Schriftgröße angeht, so ist zunächst noch einmal darauf hinzuweisen, daß der Geschäftsführer K. der Beklagten diesen Punkt in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich als Ne-bensache bezeichnet hat, die für den Rücktritt der Beklagten vom Vertrag nicht entscheidend gewesen sei. Im übrigen ist hierzu vorab festzuhalten, daß die Klägeirn die Bildschirme geliefert hat, die die Vertreter der Beklagten bei ihr gesehen und im Fernschreiben vom 30.06.1987 bestellte hatten. Es handelt sich um Bildschirme des I.-Systems II Modell X. Wenn diese Bildschirme bei der Beklagten nicht die gewünschte Schriftgröße wiedergaben, dann liegt das daran, daß die Beklagte nicht die zugehö-rige I.-Software verwendete, sondern die Software der Beklagten. Wenn hier möglicherweise ein Mißver-ständnis zugrundegelegen hat, dann wäre jedenfalls die Beklagte nach Treu und Glauben verpflichtet ge-wesen, das spätere Angebot der Klägerin, zur Abbil-dung des größeren Schriftbildes kostenlos gesonder-te Displays zu installieren, anzunehmen. Dieses An-gebot hat die Klägerin auch nicht später zurückge-nommen, wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegrün-dung meint. Lediglich der zugrundeliegende Vorgang ist in dem Schriftsatz der Klägerin vom 23.01.1990 (Bl. 132 a d.A.) anders geschildert worden als vorher. Diese Bewertung des Senats hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten wird durch die oben wiedergegebenen Äußerungen von deren Geschäftsfüh-rer in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Beweisaufnahme des Landge-richts nicht ergeben hat, daß die Vertreter der Beklagten der Klägerin gegenüber bei ihrem Besuch schon den Wunsch nach einer größeren Schrift ein-deutig klargemacht haben. Nach der Aussage des Zeu-gen Br., der damals für die Beklagte tätig war, be-steht die Möglichkeit, daß der Geschäftsführer der Beklagten seinen Wunsch lediglich intern gegenüber dem Zeugen Br., nicht aber auch gegenüber Vertre-tern der Klägerin zu erkennen gegeben hat. Insofern ist zweifelhaft, ob das Fernschreiben der Beklagten vom 30.06.1987 unter Ziffer 4 einen Bezugspunkt in den vorangegangenen Verhandlungen der Parteien hat-te. Darauf kommt es aber letztlich nicht an.
47Soweit die Beklagte schriftsätzlich meint, die Klä-gerin sei mit weiteren Leistungen schon lange vor dem 12.04.1989 in Verzug gewesen, ist dieses Vor-bringen einmal nur unzureichend substantiiert, zum andern widerspricht es auch eindeutig den Erklärun-gen des Geschäftsführers der Beklagten in der münd-lichen Verhandlung, die schon mehrfach wiedergege-ben worden sind.
483.
49Die Berufung der Klägerin ist begründet, weil nach § 5 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Klägerin Verzugszinsen mit 2 % über den Diskontsatz der Bundesbank vereinbart worden sind. Daß diese AGB dem Vertrag der Parteien zugrunde lagen, ist unstreitig.
504.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vor-läufig vollstreckbar.
52Wert der Beschwer der Klägerin: ca. 900.000,00 DM