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Es wird festgestellt, dass der Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 217 O 144/12 – vom 24.07.2012 den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, soweit darin der Beteiligten zu 3.) gestattet worden ist, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift desjenigen Inhabers eines Internetanschlusses zu erteilen, dem am 24.06.2012 um 12:28:26 CET die IP-Adresse 87.1xx.xxx.xx zugewiesen war.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Beschwerdeführer und Beteiligte zu 1) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Köln, durch den der Beteiligten zu 3) gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gestattet worden ist, unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft zu erteilen über diejenigen Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen worden waren. Aufgrund dieses Beschlusses ist der Beteiligte zu 1) namens der Beteiligten zu 2) außergerichtlich in Anspruch genommen worden. Der Beteiligte zu 1) bestreitet die Aktivlegitimation der Beteiligten zu 2); dieser seien die Nutzungs- und Auswertungsrechte betreffend das Filmwerk „J“ ausschließlich für das deutschsprachige Territorium und lediglich für die Sprachfassungen deutsch, flämisch und holländisch eingeräumt worden, während es sich bei der ermittelten Datei mit dem Namen „A…“ augenscheinlich um eine russische Sprachfassung handele.
4II.
5Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere – jedenfalls nach Maßgabe der vom Bundesgerichtshof im Beschluss vom 05.12.2012 (GRUR 2013, 536 –Die Heiligtümer des Todes) aufgestellten Grundsätze – fristgerecht eingelegt worden. Sie führt auch in der Sache zum Erfolg.
6Die Antragstellerin hat zwar hinreichend belegt, dass sie für Deutschland ein ausschließliches Recht zur Verwertung dieses Films unter anderem im Kino-, Video und Onlinebereich für die englische Originalfassung sowie für die deutsche, flämische und holländische Sprachfassung besitzt.
7Daraus folgt im vorliegenden Falle jedoch kein Verbietungsrecht gegenüber einer russischen Sprachfassung des Filmwerkes, worauf die Antragstellerin mit Verfügung vom 05.06.2013 bereits hingewiesen worden ist. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die hier ermittelte Datei mit dem Namen „A…“ eine russische Sprachfassung des Filmwerkes enthalte, ist die Antragstellerin auf den Hinweis des Senats jedenfalls nicht mehr entgegengetreten.
8Wie der Senat im Beschluss 6 W 255/12 vom 01.02.2013, der dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannt ist, bereits grundsätzlich ausgeführt hat, ist der Auskunftsanspruch gegen Dritte gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ein Hilfsanspruch zur Vorbereitung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gegen den Verletzer. Er ist daher an die Bedingung geknüpft, dass die Voraussetzungen eines Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruchs aus § 97 UrhG erfüllt sind (vgl. BGH GRUR 2012, 1026 Rn. 20 – Alles kann besser werden). Das der dinglichen Rechtsposition des ausschließlich Nutzungsberechtigten zugeordnete Verbietungsrecht gemäß § 97 Abs. 1 UrhG wird grundsätzlich durch den Inhalt der eingeräumten Nutzungsart (§ 31 Abs. 1 UrhG) bestimmt (vgl. Senat ZUM-RD 2000, 332, 335) und findet seine Grenze regelmäßig in der jeweils eingeräumten Nutzungsart und den hierzu getroffenen vertraglichen Vereinbarungen (vgl. BGH GRUR 1992, 310, 311 – Taschenbuch-Lizenz; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, vor § 28 Rn. 82; Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Auflage, § 97 Rn. 133). Das Verbietungsrecht kann indessen über das Benutzungsrecht hinausgehen, wenn dies erforderlich erscheint, um die Nutzungsbefugnis zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch wirksam zu schützen (vgl. BGH NJW 1953, 1258, 1259 – Lied der Wildbahn; GRUR 1999, 984, 985 – Laras Tochter; Wild in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 97 Rn. 50).
9Dementsprechend kann der zur Verwertung eines Werks in einer bestimmten Nutzungsart Berechtigte aus § 97 Abs. 1 UrhG befugt sein, auch gegen die unberechtigte Nutzung des Werks in einer konkurrierende Nutzungsart vorzugehen, wenn diese unmittelbar wirtschaftlichen Einfluss auf die an ihn lizenzierte Verwertung hat und deshalb seine materiellen Interessen betroffen sind (vgl. OLG München vom 15.01.2013 – 6 W 86/13 -; LG München MMR 2004, 192, 194; Reber in: Beck´scher Online-Kommentar Urheberrecht, Stand 15.09. 2012, § 97 Rn. 12; s. auch BGH GRUR 1992, 697, 698 – ALF; Senat, MMR 2010, 487 – Culcha Candela; Beschl. v. 12.02.2013 – 6 W 27/13).
10Das kann hier indes nicht festgestellt werden. Ein Verbietungsrecht gegenüber weiteren Spachversionen hat der Senat in der oben erwähnten Entscheidung vom 01.02.2013 nur unter der Voraussetzung bejaht, dass die lizenzvertraglichen Absprachen neben dem der Antragstellerin eingeräumten Verwertungsrecht zugleich die ausdrückliche Verpflichtung der Lizenzgeberin enthielten, in Deutschland keine weiteren Sprachversionen auszuwerten. Eine solche Vereinbarung haben die Lizenzpartner im vorliegenden Falle nicht getroffen. Zu einer Ausweitung des Verbietungsrechts auf Konstellationen wie die vorliegende, wo es an einer entsprechenden Vereinbarung fehlt, sieht der Senat sich nicht veranlasst. Dem steht schon der aus § 31 Abs. 5 UrhG folgende Übertragungszweckgedanke entgegen, der allgemein im Urheberrecht und insbesondere auch bei der Einräumung von Nutzungsrechten gilt. Danach hat das Urheberrecht generell die Tendenz, soweit wie möglich beim Urheber zurückzubleiben, woraus auch eine Spezifizierungslast folgt (vgl. Senat, ZUM 2007, 401 – Videozweitverwertung; Dreier/Schulze, UrhG, 4. Auflage 2013, § 31, Rn. 110 f. m. w. N.): Wenn der Lizenznehmer sichergehen will, dass sein exklusives Verwertungsrecht von Auswertungen weiterer Sprachfassungen oder anderer Nutzungsarten im Vertragsgebiet verschont bleiben soll, muss er dies im Vertrag im einzelnen bezeichnen bzw. regeln. Dass solche Regelungen in entsprechenden Filmauswertungsverträgen auch ausdrücklich getroffen werden, ist dem Senat nicht zuletzt aus der bereits erwähnten Sache 6 W 255/13 geläufig. Der Senat kann vor diesem Hintergrund aufgrund des ergänzten Vorbringens der Antragstellerin auch nicht eine stillschweigende Absprache der genannten Art zugrunde legen. Die jetzt vorgelegte Zusatzvereinbarung vom 18.06.2013 („Amendment“) mag Wirkung für künftige Verletzungsfälle entfalten, wirkt aber nicht auf den hier maßgeblichen Verletzungszeitpunkt zurück.
11Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass das illegale Angebot russischer Sprachversionen in Deutschland die der Antragstellerin eingeräumten Nutzungsrechte betreffend deutsche, flämische und holländische Sprachfassungen in dem Sinne beeinträchtigt, dass dies unmittelbaren wirtschaftlichen Einfluss auf die an ihn lizenzierte Verwertung hat und deshalb seine materiellen Interessen betroffen sind, wie es Voraussetzung für ein weitergehendes Verbietungsrecht wäre. Am 31.12.2011 lebten in Deutschland 195.310 Ausländer mit Herkunft aus der Russischen Föderation. Eingebürgert wurden (nur) im Jahre 2012 3.167 Zuwanderer aus der Russischen Föderation. Einen russischen Migrationshintergrund wiesen im Jahre 2011 zwar 1.227.000 Männer und Frauen in Deutschland auf (alle Zahlen: Statistisches Bundesamt, vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerung.html), jedoch berücksichtigt diese Zahl alle Zuwanderer aus dem betreffenden Sprachraum seit 1950 einschließlich der Nachkommen der Zuwanderer, die bereits in Deutschland geboren sind. Darunter wird sich ein ganz erheblicher Teil von Personen befinden, die bereits der russischen Sprache nicht mehr hinreichend mächtig sind und schon von daher nicht daran interessiert sind, russische Sprachfassungen von Filmen in illegalen Tauschbörsen zu beziehen. Durch diesen Personenkreis wird die Antragstellerin hinsichtlich des illegalen Angebots russischer Sprachfassungen in ihrem Verwertungsrecht also ohnehin nicht beeintrachtigt sein. Diejenigen Personen aus dem russischen Sprachraum, die des Deutschen nicht hinreichend mächtig sind und deshalb an der russischen Sprachversion interessiert sind, werden wiederum nicht geneigt sein, als legale Alternative zum illegalen Bezug des Filmwerkes den Erwerb einer englischen, deutschen, flämischen oder holländischen Sprachfassung in Betracht zu ziehen. Eine relevante wirtschaftliche Beeinträchtigung der der Antragstellerin eingeräumten Verwertungsrechte ist danach nicht erkennbar.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
13Beschwerdewert: 800,00 €.