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Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.09.2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 405/16 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen irreführender Werbung auf Unterlassung in Anspruch.
4Die Klägerin, die sich inzwischen in Liquidation befindet, vermittelte für Studienbewerber aus Deutschland und Österreich entgeltlich Studienplätze in medizinischen Studiengängen an ausländische Universitäten. Sie beriet bei der Wahl einer geeigneten Universität und begleitete den Bewerbungsprozess bis zum Erhalt des gewünschten Platzes. Mit Beschluss vom 03.07.2018, nach Erhebung der Klage im vorliegenden Verfahren, hat die Gesellschafterversammlung der Klägerin die Auflösung der Gesellschaft beschlossen.
5Die Beklagte ist eine auf Studienplatzklagen spezialisierte Rechtsanwaltsgesellschaft. Außerdem berät sie Studienbewerber bei der Studienplatzwahl und unterstützt sie bei der Erstellung einer strategisch sinnvollen Bewerbung. Auf ihrer Internetseite hält die Beklagte unter der Überschrift „Auslandsstudium Medizin: Die Ergänzung zur Studienplatzklage“ einen Link zur Homepage der N. GmbH & Co. KG vor. Diese vermittelt Medizinstudienplätze an ausländische Universitäten.
6In der Kanzlei der Beklagten ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht deren Geschäftsführer tätig. Die Beklagte warb auf Ihrer Homepage u.a. mit folgenden Angaben:
7- „Darüber hinaus veröffentlichen unsere Fachanwälte in Fachzeitschriften Aufsätze zu Themen des Hochschul-, Prüfungs- und Berufsrechts und besprechen Urteile“,
8- „Fragen Sie lieber vorher unsere Fachanwälte, welche Auswahl Sie bei ihrer Hochschulstart-Bewerbung treffen sollten“,
9- „Professor F. bearbeitet zusammen mit unseren Fachanwälten als Of Counsel Publikationen und Mandate im Prüfungsrecht sowie in der Studienplatzklage, hierbei insbesondere in den Fächern Humanmedizin, Zahnmedizin und Psychologie“,
10- „Unsere Fachanwälte und Professoren publizieren regelmäßig zu Rechtsfragen der Studienplatzklage“,
11- „Als Fachanwälte beraten wir seriös und realistisch, ohne falsche Versprechungen zu machen“.
12Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend gerügt. Die Äußerungen enthielten unwahre Angaben über die Vorteile und Eigenschaften des Unternehmens der Beklagten. Die Beklagte verfüge nicht über mehrere Fachanwälte, zumindest nicht im Verwaltungsrecht. Zwischen ihr und der Beklagten bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Sie seien unmittelbare Mitbewerber auf dem Gebiet der Studienberatung und der Vermittlung von Studienplätzen. Zudem fördere die Beklagte durch die Bewerbung der N. GmbH & Co. KG fremden Wettbewerb. Das Wettbewerbsverhältnis bestehe fort, obwohl sie, die Klägerin, sich in Liquidation befinde. Sie habe ihre Geschäftstätigkeit nicht aufgegeben. Nach wie vor bestünden Vermittlungsverträge zwischen ihr und ihren Kunden. Von ihr bereits versandte Vertragsformulare seien noch im Umlauf, und es würden auch Neuverträge abgeschlossen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14die Beklagte zu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,
15im geschäftlichen Verkehr in Deutschland auf der Internetseite www.v.-recht.de mit der Angabe „Fachanwälte“ und/oder „unsere Fachanwälte“ zu werben, solange in der Kanzlei der Beklagten nur ein einziger Fachanwalt tätig ist, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:
16(es folgen mehrere Screenshots der Kanzleihomepage der Beklagten, von deren Wiedergabe abgesehen wird)
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagte hat vorgetragen, dass die angegriffene Werbung zutreffend sei. Für sie seien neben dem Kanzleigründer verschiedene Fachanwälte, z.B. Fachanwälte für Verwaltungsrecht, gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Medienrecht und Medizinrecht als Of Counsel tätig. Außerdem fehle es an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, da die Klägerin nicht auf demselben sachlich relevanten Markt wie sie, die Beklagte, tätig sei und ihre Leistungen nicht substituierbar seien. Da sich die Klägerin in Liquidation befinde, bestehe jedenfalls inzwischen kein Wettbewerbsverhältnis mehr. Die Vermittlungsverträge würden nunmehr mit der T. GmbH geschlossen. Die Klägerin versende seit Juli 2018 keine neuen Verträge mehr.
20Mit Urteil vom 17.09.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben.
21Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Zwischen ihr, einer Rechtsanwaltskanzlei, und der Klägerin, einer aufgelösten Agentur zur Vermittlung von Auslandsstudienplätzen, bestehe kein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Sowohl ihre Tätigkeiten als auch ihre Zielgruppen unterschieden sich signifikant voneinander. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob die Bewerber mit ihrer Hilfe einen Studienplatz in Deutschland einklagten oder ihnen ein Studienplatz von der Klägerin im Ausland vermittelt werde. So sei der Studienplatz in Deutschland kostenlos, im Ausland fielen dagegen teilweise erhebliche Studiengebühren an. Außerdem fänden im Ausland die Vorlesungen in englischer Sprache statt, in den Krankenhäusern werde sogar die Landessprache gesprochen. Jedenfalls sei die Aktivlegitimation der Klägerin nach der Liquidation entfallen. Die Klägerin werbe nicht mehr um neue Teilnehmer. Der Geschäftsbetrieb sei von einer Nachfolgegesellschaft übernommen worden. In der Sache selbst liege auch keine Irreführung vor. Darauf, ob die Fachanwälte als Of Counsel für Sie, die Beklagte, tätig seien und nicht als Partner oder Angestellte, komme es nicht an. Insoweit fehle auch die wettbewerbliche Relevanz. Schließlich sei das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich, nachdem diese nicht mehr werblich in Erscheinung trete.
22Die Beklagte beantragt,
23das am 17.09.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln, Az. 31 O 405/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Die Klägerin beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
27II.
28Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG (a.F. und n.F.; die für den vorliegenden Fall maßgebliche Gesetzeslage ist unverändert).
291. Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG als Mitbewerberin aktivlegitimiert. Der Senat hat im Verfahren 6 U 101/19 zu den identischen Einwänden der Beklagten (kein konkretes Wettbewerbsverhältnis, jedenfalls Wegfall der Aktivlegitimation aufgrund der Liquidation) mit Urteil vom 17.01.2020 ausgeführt:
30a) Die Beteiligten sind Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, weil sie als Anbieter von Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
31Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher auch dann anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 94/13 – GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal).
32Nach diesen Maßstäben besteht zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin und die Beklagte zu 1 [= Beklagte im vorliegenden Verfahren] setzen gleichartige Dienstleistungen an dieselben Endverbraucher ab. Die Angebote der Beteiligten richten sich an deutsche Interessenten für medizinische Studiengänge, die aufgrund einer nicht hinreichenden Abiturnote keinen Studienplatz erhalten würden und bereit sind, für Hilfe bei der Beschaffung eines Studienplatzes zu zahlen. Die Absatzmärkte der Beteiligten sind zwar nicht identisch, überschneiden sich aber: Zumindest einige Kunden der Beklagten zu 1 werden finanziell und nach ihren Sprachkenntnissen in der Lage sein, auch im Ausland zu studieren. Die Beklagte zu 1 und die Klägerin werden in der Regel alternativ und nicht kumulativ mit der „Besorgung“ eines Studienplatzes gegen Entgelt beauftragt. Beide sind bei der Wahl einer geeigneten Universität und dem Bewerbungsverfahren behilflich. Jeder, der sich zunächst an die Beklagte zu 1 wendet und mit ihrer Hilfe erfolgreich einen Studienplatz in Deutschland erhält oder einklagt, ist als potentieller Kunde für die Klägerin verloren. Die Antragstellerin ist insoweit durch das Handeln der Antragsgegnerin in ihrem Absatzerfolg betroffen und nicht nur irgendwie in ihrem Marktstreben.
33Die Ansicht der Beklagten, dass ein teures Studium in einer Fremdsprache für Bewerber, die sich für ein Studium an einer gebührenfreien staatlichen deutschen Universität interessierten, keine Alternative darstelle, ist angesichts der Verbreitung der englischen Sprache und der Tatsache, dass zahlreiche Auslandsstudiengänge in englischer Sprache angeboten werden, nicht nachvollziehbar.
34Dadurch, dass die Beklagte zu 1 auf ihrer Homepage mit dem Slogan „Auslandsstudium Medizin: Die Ergänzung zur Studienplatzklage“ wirbt, hat die Beklagte zu 1 auch deutlich gemacht, dass sich die Tätigkeitsbereiche auch aus ihrer Sicht überschneiden.
35Nicht entscheidend ist, dass sich die Tätigkeiten der Parteien voneinander unterscheiden. Denn letztlich verfolgen beide – wie dargelegt – das Ziel, einem Abiturienten ein Medizinstudium zu ermöglichen, wenn er aufgrund des Abiturschnitts in Deutschland nicht ohne weiteres einen Studienplatz erhält. Damit sind die Leistungen, auch wenn sie in der Sache voneinander abweichen, substituierbar. Es spielt auch keine Rolle, dass die Kosten unterschiedlich ausfallen und für ein Studium im Ausland Sprachkenntnisse erforderlich sind. Denn jedenfalls in weiten Teilen wird sich der Kreis der Interessenten überschneiden (s.o.).
36Die Aktivlegitimation der Klägerin ist auch nicht dahingehend beschränkt, dass die Klägerin den Beklagten die Nutzung des Briefkopfes nur untersagen kann, soweit sich die Leistungen der Klägerin und der Beklagte zu 1 an einen übereinstimmenden Kundenkreis (hier insbesondere Studienplatzbewerber) richten. Die Nutzung des Briefkopfes stellt – wie darzulegen ist – eine geschäftliche Handlung dar. Diese kann gegenüber jedem Verbraucher eine werbende Wirkung auch für den übereinstimmenden Tätigkeitsbereich der Parteien beinhalten, so dass das Verbot nicht eingeschränkt werden kann.
37b) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Aktivlegitimation der Klägerin nicht durch den Beschluss, dass die Gesellschaft liquidiert werde, entfallen ist.
38Zutreffend gehen die Beklagten allerdings davon aus, dass ein Wettbewerbsverhältnis zum Zeitpunkt der verletzenden Handlung und zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehen muss (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 Rn. 3.29 mwN). Unstreitig war die Klägerin zum Zeitpunkt der angegriffenen Verletzungshandlung auf dem Markt in der beschriebenen Weise tätig. Die Klägerin hat ihren Geschäftsbetrieb auch nicht in einer Form aufgegeben, dass die Aktivlegitimation entfallen würde. Allerdings besteht eine Anspruchsberechtigung nicht mehr, wenn ein Mitbewerber seine Geschäftstätigkeit endgültig aufgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1995 – I ZR 85/93, GRUR 1995, 697 – FUNNY PAPER; Urteil vom 10.03.2016 – I ZR 183/14, GRUR 2016, 1187 – Stirnlampen, Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 8 Rn.3.29 Jestaedt in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl., Kap. 18 Rn. 15, jeweils mwN).
39Vorliegend hat die Klägerin mit Gesellschafterbeschluss vom 03.07.2018 die Auflösung der Gesellschaft beschlossen und den bisherigen Geschäftsführer zum Liquidator bestellt. Weiter wird in dem Gesellschafterbeschluss aufgeführt, dass der Liquidator berechtigt ist, im Rahmen der Liquidation schwebende Geschäfte zu beenden und auch neue Geschäfte einzugehen. Der Liquidator solle ein Geschäftskonzept entwickeln, welches die Aufrechterhaltung und ggf. Übertragung des Geschäftsbetriebs an Dritte beinhalte. Weiter ist in dem Beschluss festgehalten, dass die Gesellschaft jederzeit fortgeführt werden und die Liquidation aufgehoben werden könne. Im Rahmen der Berufungsbegründung hat die Beklagte (erstmals) ausgeführt, die Klägerin verschicke keine neuen Studienvermittlungsverträge mehr. Messestände seien lediglich von der Klägerin noch angemietet gewesen. Tatsächlich würden diese von der T.GmbH betrieben. Die Klägerin werbe keine neuen Kunden mehr und die Klägerin habe im Rahmen eines anderen Verfahrens zwischen den Parteien selbst vorgetragen, dass ein Teil des Geschäftsbetriebs von einem Dritten übernommen worden sei. Unstreitig betreut die Klägerin allerdings weiterhin bestehende Verträge, auch soweit einzelne Kunden der Klägerin, die bereits im Ausland ein Studium aufgenommen haben, einen Wechsel nach Deutschland vornehmen wollen.
40Damit besteht weiterhin ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Denn die Klägerin ist auf dem Markt der Vermittlung von Studienplätzen weiterhin tätig. Dies hat die Beklagte – wie dargelegt – nur teilweise bestritten. Solange die Klägerin weiterhin im Ausland studierende Kunden betreut und – insoweit unstreitig – eine mögliche Rückkehr und damit einen Studienplatzwechsel nach Deutschland betreut, kann eine geschäftliche Handlung der Beklagten – wie die Nutzung des Briefkopfes – auch die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin beeinträchtigen. Nicht erheblich ist, ob die Klägerin weiterhin aktiv um neue Kunden wirbt, solange die geschäftliche Handlung – wie hier – in die Kundenbeziehungen der Klägerin eingreifen können.
41Darauf, ob – mit der Ansicht von Jestaedt (in Ahrens aaO, Kap. 18 Rn. 15) - angenommen werden kann, dass es ausreichend ist, wenn die Firma noch nicht vollständig abgewickelt ist, weil diese jederzeit ihren Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen könnte (zweifelnd: OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.06.2019 – 2 U 48/18, juris), kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
42Soweit die Beklagten sich darauf berufen, die Klägerin habe in einem anderen Verfahren vorgetragen, ihr Geschäftsbetrieb sei von einem Dritten übernommen worden, so dass die fehlende Tätigkeit der Klägerin deutlich werde, trifft dies in der Sache nicht zu. Denn die Klägerin hat unstreitig ausdrücklich nur vorgetragen, dass ein Teil des Geschäftsbetriebs der Klägerin auf eine andere juristische Person übertragen worden sei. Die entsprechenden Ausführungen der Klägerin in einem anderen Verfahren ermöglichen daher keinen Rückschluss auf die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe ihren Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt.
43Es besteht keine Veranlassung, hiervon im vorliegenden Verfahren abzuweichen:
44a) Zur Ansicht der Beklagten, dass sich sowohl die Tätigkeiten der Parteien als auch ihre Zielgruppen signifikant voneinander unterschieden, ist bereits im o.a. Urteil alles Notwendige gesagt. Die Absatzmärkte der Beteiligten sind zwar nicht identisch, überschneiden sich aber. Dass beide Parteien aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen, kann der Senat ohne weiteres selbst feststellen. Einer Beweisaufnahme hierzu bedarf es nicht. Daher muss auch nicht dem Beweisantritt der Beklagten - Einholung einer Verkehrsbefragung dazu, dass die Leistungen als nicht austauschbar angesehen werden - nachgegangen werden.
45Außerdem bewirbt die Beklagte auf ihrer Homepage mit dem Slogan „Auslandsstudium Medizin: Die Ergänzung zur Studienplatzklage“ die Dienstleistungen der N. GmbH & Co KG, einer unmittelbaren Konkurrentin der Klägerin, die ebenso wie diese Medizinstudienplätze an ausländischen Universitäten vermittelt. Durch die Förderung des Absatzes einer unmittelbaren Konkurrentin der Klägerin wird deren Wettbewerb beeinträchtigt. Die N. GmbH & Co KG ist nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin von Rechtsanwalt O. initiiert worden und deren Kooperationspartner. Es ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass beide Unternehmen eng zusammenarbeiten. Die Stellung der Beklagten geht über die eines Werbepartners der N. GmbH & Co. KG weit hinaus. Insoweit ist der vorliegende Fall in tatsächlicher Hinsicht mit der von der Beklagten angeführten BGH-Entscheidung (Urteil vom 17.10.2003, I ZR 173/12 – Werbung für Fremdprodukte) nicht vergleichbar.
46b) Die Liquidation einer Gesellschaft führt nur in Ausnahmefällen zur sofortigen Einstellung des Geschäftsbetriebs (vgl. Köhler in Köhler/Bornlamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 2 Rn. 30). Ausweislich des Gesellschafterbeschlusses vom 03.07.2018 ist der Liquidator hier sogar ausdrücklich berechtigt, nicht nur im Rahmen der Liquidation schwebende Geschäfte zu beenden, sondern auch neue Geschäfte einzugehen; außerdem kann die Gesellschaft jederzeit durch Gesellschafterbeschluss fortgeführt und die Liquidation aufgehoben werden. Dass die Klägerin gleichwohl ihren Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt hat, ist von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen und mit geeigneten Mitteln unter Beweis gestellt. Demgegenüber hat die Klägerin detailliert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie weiterhin die von ihr an ausländische Universitäten vermittelte Studenten betreut und vor allem auch bei Fragen eines möglichen Rückwechsels an deutsche Universitäten berät und unterstützt. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2020 auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH, wonach ein nur potenzielles Wettbewerbsverhältnis für die Mitbewerberstellung nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 28.11.2019, I ZR 23/19 – Pflichten des Batterieherstellers, juris, Rn. 42), trägt daher nicht.
47Soweit die Beklagte auf den Übergang des Geschäftsbetriebs der R. GmbH i.L. auf die T.GmbH verweist, verkennt sie auch im vorliegenden Verfahren, dass nicht der gesamte Geschäftsbetrieb übergegangen ist.
482. Die angegriffene Werbung stellt unstreitig eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
493. Die streitgegenständliche Werbung ist irreführend i.S.d. § 5 UWG, da sie unwahre Angaben über eine vorteilhafte Eigenschaft der Gesellschaft der Antragsgegnerin, nämlich deren besondere Fachkompetenz enthält. Der angesprochene Verkehr versteht die Werbeangaben dahingehend, dass es sich bei der Beklagten um eine größere Kanzlei handelt, der eine Mehrzahl von Fachanwälten angehört, als Partner oder Angestellte. Eine solche Kanzlei wird regelmäßig als leistungsfähiger, spezialisierter und qualifizierter angesehen als eine kleine Kanzlei mit nur einem Fachanwalt.
50Bei der Beklagten handelt es sich inzwischen um eine Einzelkanzlei. Dass ihr im Februar 2016, im Zeitpunkt der gerügten Verletzungshandlung, zwei Fachanwälte angehörten, ist weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass für die Antragsgegnerin verschiedene Of Counsel Fachanwälte tätig waren und sind, leitet aus der Irreführung nicht heraus. Zum einen handelt es sich bei den damals - Februar 2016 - für die Beklagte tätigen Of Counsel Anwälte und B. und G. um Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz und Informationstechnologierecht. Die angegriffene Werbung der Beklagten vermittelt im Gesamtkontext jedoch den Eindruck besonderer Fachkompetenz speziell auf dem Gebiet der Hochschulzulassungsklagen / des Hochschulrechts, das dem Verwaltungsrecht zuzuordnen ist und jedenfalls keinerlei Bezüge zum Wettbewerbsrecht aufweist. Zum anderen sind Of Counsel Rechtsanwälte keine Partner oder Angestellte in der von der Beklagten betriebenen Anwaltskanzlei. Sie werden lediglich für bestimmte Einzelaufgaben hinzugezogen. Es macht aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise einen erheblichen Unterschied, ob die weiteren (Fach)Anwälte als Mitglieder derselben Kanzlei unternehmensintern gebunden sind, gemeinsame Interessen verfolgen und einander als unmittelbare Ansprechpartner ständig zur Verfügung stehen, oder ob sie außerhalb der unternehmensinternen Organisation im Einzelfall als Fachmann beauftragt werden und die Beklagte - in unklarem Umfang und zu unklaren Bedingungen - beraten. Dass die Rechtsanwälte B. (Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Informationstechnologierecht) und G. (Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht) über einen längeren Zeitraum regelmäßig für die Beklagte tätig gewesen sein mögen und Rechtsanwalt C. (Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz) inzwischen ebenfalls regelmäßig für die Beklage arbeitet, ändert an ihrer Stellung als Of Counsel nichts. Insoweit kann dahinstehen, ob Rechtsanwalt C. insbesondere in Fragen des Hochschul-, Prüfungs- und Berufsrechts tätig ist. Auch unter Zugrundelegung des Tatsachenvortrags der Beklagten ist ihre Werbung mit „unsere Fachanwälte“ irreführend.
514. Die Irreführung ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher wesentlich zu beeinflussen. Für die Entscheidung über die Auswahl eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung einer Studienplatzklage ist die Größe der Kanzlei von nicht unerheblicher Bedeutung.
525. Zum Einwand des Rechtsmissbrauchs gilt das bereits im Verfahren 6 U 101/19 mit Urteil vom 17.01.2020 Gesagte:
53Soweit die Beklagte meint, das Vorgehen der Klägerin sei – insbesondere vor dem Hintergrund, die Gesellschaft werde liquidiert – rechtsmissbräuchlich (§ 8 Abs. 4 UWG), sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich. Wie dargelegt besteht zwischen der Klägerin und der Beklagten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Liegt ein solches vor, ist das Vorgehen nicht rechtsmissbräuchlich.
54Im Übrigen ist die Klage eingereicht worden, weil die Beklagte eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage hat setzen lassen. Die Klage ist im November 2016 erhoben worden. Der Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft erfolgte im Juli 2018.
55III.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
57Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
58Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 25.000,00 €.