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Die Berufung des Klägers gegen das am 17.12.2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 94/19 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG anerkannte Kläger nimmt die Beklagte, ein gemäß § 10 RDG registriertes Inkassounternehmen, auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Verwendung bestimmter Formulierungen in Schreiben der Beklagten, mit denen diese gegenüber Schuldnern die Forderung nach Erstattung von Inkassokosten der Gläubiger begründet.
4Im Verfahren 31 O 92/16 LG Köln = 6 U 98/17 OLG Köln ist der Beklagten die Formulierung
5„Kosten unserer Tätigkeit nach § 4 Abs. 5 RDGEG, die im Rahmen des Verzugsschadens gemäß §§ 280, 286 BGB geltend gemacht werden: a) 1, 3 Geschäftsgebühr gem. § 4 Abs. 5 RDGEG iVm. Nr. 2300 VV RVG…“)
6nach §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG untersagt worden
7Die Beklagte verwendet nunmehr folgende Formulierungen:
8„Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG: a) Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten 0,3 Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG …“
9bzw.
10„Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie aufgrund unerlaubter Handlung nach den §§ 823 ff. BGB zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG: a) Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten 0,3 Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG …“
11Der Kläger erachtet auch diese Formulierungen als unlauter. Sie seien irreführend, § 5 UWG, und verstießen gegen das Transparenzgebot des § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG.
12Der Kläger hat vorgetragen, eine Irreführung ergebe sich zum einen daraus, dass die in den Schreiben enthaltene Wendung: „Inkassokosten, die Sie nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzugs […]“ bzw. „[…] aufgrund unerlaubter Handlung nach den §§ 823 ff. BGB zu erstatten haben“ in einer Absolutheit formuliert sei, die beim Empfänger den Eindruck erwecke, dass die Inkassokosten in der konkreten Höhe aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift in jedem Fall zu erstatten seien. Dies sei jedoch nicht zutreffend, weil Fälle denkbar seien, in denen der Schuldner den Verzug nicht zu vertreten habe. Hinsichtlich der deliktischen Haftung sei zu berücksichtigen, dass es zumindest gegenüber Minderjährigen an der erforderlichen Fahrlässigkeit fehlen könne. Zum anderen sei die Formulierung jedenfalls in ihrer Gesamtheit irreführend, weil der Verbraucher mit einer Vielzahl von Hinweisen auf unterschiedliche Gesetze konfrontiert werde und hierdurch der Eindruck entstehe, dass die Berechnung der Inkassokosten im Detail gesetzlich geregelt sei. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Verwendung von Begrifflichkeiten wie „Geschäftsgebühr“ und „Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale“. Der aufklärende Hinweis auf die vertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger sei nicht ausreichend, um aus der Irreführung herauszuleiten. Aus diesen Gründen verstoße die Ausgestaltung der Forderungsschreiben auch gegen die Transparenzvorgaben nach § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG.
13Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen,
151. es bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
in Forderungsschreiben zur erstmaligen und außergerichtlichen Geltendmachung einer nicht titulierten Forderung zur Geltendmachung der Inkassokosten
18a. die Formulierung
„Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG:
21Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten .. Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG aus .. EUR
22Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale analog Nr. 7022 VV RVG“
23zu verwenden, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:
24 25b. die Formulierung
„Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie aufgrund unerlaubter Handlung nach den §§ 823 ff. BGB zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG:
28Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten .. Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG aus .. EUR
29Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale analog Nr. 7022 VV RVG“
30zu verwenden, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:
31 322. an ihn 260,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Sie hat vorgetragen, die Klage sei bereits unzulässig, weil nach der Konzentrationsverordnung NRW das LG Düsseldorf zuständig sei. Darüber hinaus fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der Kläger in dem vorangegangenen Verfahren gegen die schon im Berufungsverfahren angekündigte Neuformulierung hätte wenden können. Zudem verfolge der Kläger vor dem LG Düsseldorf (Az. 12 O 83/18) bzw. nunmehr OLG Düsseldorf ein Verfahren mit ähnlich gelagertem Sachverhalt. Im Hinblick auf den Ausgang des dortigen Berufungsverfahrens sei das hiesige Verfahren nach § 148 ZPO auszusetzen. Der Kläger sei auch nicht nach § 2 Abs. 2 UKlaG befugt, einen Verstoß gegen § 4 Abs. 5 RDGEG zu rügen. In der Sache selbst hat die Beklagte gemeint, dass die beanstandeten Formulierungen nicht irreführend seien. Vielmehr sei erkennbar, dass es sich hierbei um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung geäußerte Rechtsansicht handele. Zudem werde durch den nun im Forderungsschreiben enthaltenen Zusatz „gemäß den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Gläubiger“ deutlich, dass sie nicht die Erstattung einer Vergütung auf gesetzlicher Grundlage bzw. nach einer gesetzlichen Taxe für sich in Anspruch nehme, sondern die verfolgten Inkassokosten auf vertraglicher Grundlage beruhten. Ihre Darstellung entspreche daher nicht nur der Wahrheit, sondern sei auch für einen verständigen Schuldner nachvollziehbar.
37Mit Urteil vom 17.12.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
38Mit der Berufung hält der Kläger sein erstinstanzliches Begehren aufrecht. Er rügt eine Verletzung des materiellen Rechts. Das Landgericht habe eine unzutreffende Verkehrsauffassung zugrunde gelegt. Es habe unberücksichtigt gelassen, dass der Durchschnittsverbraucher nicht über Rechtskenntnisse verfüge, und die angegriffenen Formulierungen mit dem Verständnis eines Juristen gelesen. Es erscheine ausgeschlossen, dass ein Richter seine juristischen Kenntnisse gleichsam ausblende, so dass die Auslegung zwingend unterbewusst beeinflusst sei. Im Zweifel sei ein demoskopisches Sachverständigengutachten einzuholen, das er auch ausdrücklich zum Beweis anbiete. Aus der Sicht eines echten Durchschnittsverbrauchers seien die angegriffenen Formulierungen irreführend. Der Empfänger befinde sich in einer Drucksituation, sei durch die zahlreichen Gesetzesabkürzungen und rechtstechnischen Begriffe überfordert und könne das Dreiecksverhältnis zwischen Schuldner, Gläubiger und Inkassobüro nicht nachvollziehen. Der Beklagten sei es zwar unbenommen, im Verhältnis zu ihren Auftraggebern nach den Bestimmungen des RVG abzurechnen, die nicht notwendige Verwendung von Begrifflichkeiten des RVG im Verhältnis zum Schuldner haben aber einzig den Zweck, den Empfänger der Scheiben zu verunsichern. Daraus, dass ein Rechtsanwalt im Verhältnis zu seinen Mandanten zur Verwendung entsprechender Formulierungen befugt sei, ergebe sich keine abweichende Beurteilung, zumal die sehr große Gruppe von Verbrauchern, die schon einmal eine anwaltliche Kostenrechnung erhalten hätten, aufgrund der streitgegenständlichen Formulierungen den Eindruck gewinnen müsse, die Beklagte mache – ebenso wie ein Rechtsanwalt – die Inkassokosten auf der Grundlage des RVG geltend. Unabhängig davon verstießen die angegriffenen Formulierungen gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 RDG. Das Landgericht habe die Anforderungen verkannt, die an eine „klare und verständliche“ Darstellung zu stellen seien. § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG gehe insoweit über ein reines Irreführungsgebot hinaus und begründe besondere Informationspflichten. So müsse die Begründung der Inkassokosten nach ihrer äußeren Gestaltung ohne weiteres verständlich sein. Insbesondere müsse aber auch der Text ohne weitere Hilfe nachvollziehbar sein. Letzteres sei hier nicht der Fall, da der Verbraucher mit den Gesetzesabkürzungen und den rechtstechnischen Formulierungen nicht vertraut sei und erst Recht das Vergütungsverzeichnis zum RVG nicht kenne. Die Erläuterungen seien nicht klar und verständlich, insbesondere nicht ohne Zuhilfenahme weiterer Unterlagen nachvollziehbar.
39Der Kläger beantragt sinngemäß,
40unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte gemäß seinen erstinstanzlichen Anträgen zu Unterlassung und Zahlung zu verurteilen.
41Die Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
44II.
45Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
46Die Frage, ob das Landgericht sachlich und örtlich zuständig war, stellt sich im Berufungsverfahren nicht, § 513 Abs. 2 ZPO. Die - zutreffenden - Ausführungen des Landgerichts dazu, dass dem Kläger nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, keine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens besteht, der Kläger für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG aktivlegitimiert ist, und das Versenden der angegriffenen Forderungsschreiben eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt, sind im Berufungsverfahren nicht angegriffen.
471. Im Rahmen des Unterlassungsbegehrens ist nur noch streitig, ob einer der beiden vom Kläger geltend gemachten Unlauterkeitstatbestände greift. Der Kläger beruft sich auf § 5 UWG / Irreführung und § 3a UWG / Verstoß gegen § 11a RDG als Marktverhaltensvorschrift.
48a) Eine lauterkeitsrechtlich unzulässige Irreführung liegt nicht vor.
49aa) Die gerügten Angaben sind objektiv richtig. Die Beklagte war von den Gläubigern mit der Einziehung von Forderungen beauftragt worden. Den beiden Forderungsschreiben lagen – unbestritten zulässige – Vereinbarungen zwischen der Beklagten und den Gläubigern zugrunde, die Inkassodienstleistungen analog zu den Vergütungsregelungen des VV RVG abzurechnen. Grundlage für den Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten im Verhältnis Gläubiger / Angeschriebene warenVerzug gemäß §§ 280, 268 BGB bzw. Delikt gemäß §§ 823 ff. BGB. Die Höhe des Erstattungsanspruchs im Verhältnis Beklagte / Angeschriebene ist nach § 4 Abs. 5 RDGEG begrenzt.
50bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten können auch objektiv richtige Angaben irreführend sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises mit ihnen eine unrichtige Vorstellung verbindet (s. KBF Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 5 Rn. 1.51, 1.60).
51Angesprochener Verkehrskreis ist der allgemeine Verbraucher. Abzustellen ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der dem Forderungsschreiben die angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Das Verständnis eines solchen Durchschnittsverbrauchers kann der Senat ohne weiteres selbst beurteilen. Der Ansicht des Klägers, dies sei hier nicht möglich, weil das juristische Vorverständnis des Gerichts keine unbeeinflusste Betrachtung zuließe und es daher der Einholung eines Verkehrsgutachtens bedürfe, kann nicht beigetreten werden. Der Senat ist in der Lage, die Schreiben unter Ausblendung seiner juristischen Kenntnisse zu beurteilen. Im Übrigen erfolgen der Vortrag des Klägers zur Notwendigkeit eines demoskopischen Gutachtens und sein entsprechender Beweisantritt erstmals in zweiter Instanz und mithin zu spät. Der Kläger beruft sich letztlich darauf, dass kein Jurist das Verkehrsverständnis im vorliegenden Fall ermitteln könne. Dies hätte er schon in erste Instanz vortragen und auf der Einholung eines Verkehrsgutachtens bestehen können und müssen.
52(1) Der Kläger hat eine Irreführung darin gesehen, dass die in den Schreiben enthaltene Wendung „Inkassokosten, die Sie nach §§ … BGB zu erstatten haben“ so absolut formuliert sei, dass sie beim Empfänger den Eindruck erwecke, die Inkassokosten seien in der konkreten Höhe aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift in jedem Fall zu erstatten. Dies überzeugt nicht. Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, werden Aussagen über die Rechtslage nur in bestimmten Fällen von § 5 Abs. 1 UWG erfasst. Ist für den betroffenen Verkehrskreis erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung, weil es dem Unternehmer bei der Verfolgung seiner Rechte unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Eine entsprechende Meinungsäußerung ist grundsätzlich selbst dann nicht wettbewerbswidrig, wenn sie sich als unrichtig erweist. Ob die Rechtsansicht richtig ist, muss in dem Rechtsverhältnis geprüft werden, auf das sie sich bezieht, und kann nicht im Wettbewerbsprozess entschieden werden (s. BGH, Urteil vom 25.04.2019, I ZR 93/17, Prämiensparverträge, juris, Tz. 30, 31).
53Der informierte Durchschnittsverbraucher versteht hier unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung, die angegriffenen Formulierungen im Kontext der Forderungsschreiben ohne weiteres als das, was sie sind, nämlich als Forderungen, nicht als ihn bereits bindende Feststellungen. Beide Schreiben stellen zu Anfang klar, dass es um Forderungen der benannten Firmen geht und woraus diese folgen. Die Beklagte hat in keinem der beiden Schreiben gegenüber den Empfängern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht. Soweit der Kläger in erster Instanz auf denkbare Fälle ersichtlich unberechtigter Forderungen verwiesen hat, hat er auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte die angegriffenen Formulierungen selbst dann benutzt, wenn es eindeutig mangels Verschulden oder Vertretenmüssen an den Voraussetzungen für eine Haftung aus Verzug bzw. Delikt fehlt. Allgemein weiß auch ein juristisch nicht vorgebildeter Verbraucher, dass nicht jede Forderung berechtigt ist, dass es Sache des Gläubigers ist, seine Forderung ggf. vor Gericht einzuklagen, und dass nicht jedes gerichtliche Verfahren vom Kläger gewonnen wird.
54(2) Auch die Anführung der gesetzlichen Vorschriften (BGB, RDGEG, VV RVG) versteht der angesprochene Verkehr nicht dahingehend, dass die Inkassokosten in jedem Fall in der konkreten Höhe aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift zu erstatten sind und ihre Berechnung im Detail gesetzlich geregelt ist. Die Inkassokosten finden sich als Unterpunkt 4 einer Forderungsaufstellung und Teil der errechneten Gesamtforderung. Der angesprochene Verbraucher ist im normalen Rechtsverkehr an solche Aufstellungen gewöhnt. Die Formulierungen weichen nicht von denen ab, die sich regelmäßig z.B. in anwaltlichen Forderungsschreiben finden. Gleich zu Beginn der Forderungsposition „Inkassokosten“ wird klargestellt, dass diese „gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger“ geltend gemacht werden. In den nachfolgenden Unterpunkten 4. a) und 4. b) wird nochmals eindeutig Bezug genommen auf das vertraglich mit dem Gläubiger Vereinbarte. Die unmittelbar anschließende Verwendung der Begriffe „Geschäftsgebühr“ und „Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale“ „analog … VV RVG“ versteht der angesprochene Verkehr bei Wahrung durchschnittlicher und der Situation angemessener Aufmerksamkeit auch ohne juristische Vorbildung dahingehend, dass es sich bei diesen Positionen um die von der Beklagten mit dem Gläubiger vereinbarten Gebühren und Entgeltpauschalen handelt. Eine Irreführung/Fehlvorstellung, dass es bei den geforderten „Inkassokosten“ um gesetzlich geregelte oder behördlich festgesetzte und insoweit weniger zweifelhafte „Gebühren“ geht, folgt daraus nicht. Der unter Ziff. 4 formulierte Satz „Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger … Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten … Geschäftsgebühr [bzw. Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale] analog Nr. … VV RVG“ ist grammatikalisch eindeutig.
55Dass sich der Satzteil zu den Inkassokosten „… die Sie nach §§ 280, 286 aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten haben“ bzw. „… die Sie aufgrund unerlaubter Handlung nach den §§ 823ff. BGB zu erstatten haben“, auf die Begründung der Forderung im Eingang des Schreibens bezieht, ist für den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher ebenfalls ohne weiteres erkennbar.
56(3) Dem angesprochenen Verkehrskreis der Durchschnittsverbraucher, die zwar zumeist über keine juristische Vorkenntnisse verfügen, sich aber gleichwohl regelmäßig im Rechtsverkehr bewegen, sind ohne weiteres sowohl die Begriffe „Gläubiger“, „Geschäftsgebühr“ und/oder „Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale“ verständlich als auch die Grundkonstellation der Forderungseinziehung durch einen Dritten. Dass Rechtsanwälte fremde Forderungen beitreiben, ist allgemein bekannt und das dabei – aber auch in zahlreichen anderen Konstellationen (Versicherungsfälle pp.) – entstehende Dreiecksverhältnis dem Verkehr nicht fremd. Zwischen anwaltlichem und nicht-anwaltlichem Inkasso besteht insoweit kein Unterschied.
57(4) Dass durch die Benennung gesetzlicher Vorschriften in einem Forderungsschreiben der Druck auf den Empfänger erhöht werden mag, liegt in der Natur der Sache und ist lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte gemäß § 11a Nr. 5 RDG (s.u.) Art, Höhe und Entstehungsgrund der Inkassovergütung darlegen muss. Insoweit sind die Angaben zum Anspruchsgrund als solchen (Verzug, §§ 280, 286 BGB bzw. unerlaubte Handlung, §§ 823 ff. BGB) unter Irreführungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Auch die Ausführungen zur Höhe der Inkassovergütung (gemäß der mit dem Gläubiger vertraglich vereinbarten Geschäftsgebühr und Pauschale analog Nr. …VV RVG) begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Dass die Beklagte diese Rechtsnormen nicht hätte anführen müssen, um § 11a RDGEG zu genügen, führt nicht zur Lauterkeitswidrigkeit ihrer Benennung. Dies gilt gleichermaßen für § 4 Abs. 5 RDGEG („Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger … unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG“), der immerhin speziell Fälle der vorliegenden Art betrifft.
58b) Der Kläger meint, dass sich die Unlauterkeit jedenfalls aus einem Verstoß gegen die besonderen Informationspflichten gemäß § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG ergebe, wonach dann, wenn Inkassovergütungen geltend gemacht werden, klare und verständliche Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund erforderlich sind.
59Dem kann ebenfalls nicht beigetreten werden. Als Entstehungsgrund für die Inkassoforderung werden dem Angesprochenen hier Verzug, §§ 280, 286 BGB, bzw. unerlaubte Handlung, §§ 823 ff. BGB, genannt. Zugleich wird ihm mitgeteilt, dass ein Auftrag zur Einziehung der Forderung besteht und Grundlage für den Anspruch auf Zahlung von Inkassokosten die vertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger ist. Damit sind alle Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Forderungsschreiben erfüllt, die vom Senat im Vorverfahren 6 U 98/17 mit Urteil vom 05.10.2018 erwogenen worden sind.
60Der Kläger stützt sich im Berufungsverfahren letztlich auch nicht auf ein Zuwenig an Angaben, sondern auf ein, wie er meint, unklares und unverständliches Zuviel, nämlich die Verwendung von Gesetzesabkürzungen und rechtstechnischen Formulierungen, die für den Verbraucher nicht ohne weiteres nachvollziehbar seien.
61Das überzeugt nach Sinn und Zweck des § 11a RDG, so wie er sich aus der umfassenden Gesetzesbegründung (BT-Dr. 17/13057, S. 17 ff.) ergibt, nicht. Die Regelung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers mehr Transparenz beim Forderungseinzug gewährleisten. Sie soll sicherstellen, dass die von einem Inkassounternehmen mit einer Zahlungsaufforderung konfrontierte Privatperson alle Angaben erhält, die sie benötigt, um die Berechtigung einer gegen sie geltend gemachten Forderung zu überprüfen und sich gegebenenfalls gegen sie zur Wehr zu setzen. Zuvor bestand eine solche gesetzliche Pflicht zur schlüssigen Darlegung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnschreiben nicht. Dies führte dazu, dass die Verbraucher oft nicht über die Informationen verfügten, die sie benötigten, um die Berechtigung der gegen sie erhobenen Forderungen - insbesondere auch der Ansprüche auf Erstattung von Verzugszinsen, der Inkassovergütung und der sonstigen Inkassokosten wie Auslagen und Umsatzsteuer oder eines weiteren Verzugsschadens - zu beurteilen. Die unter § 11a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 und Satz 2 RDG geregelten Darlegungs- und Informationspflichten für Inkassounternehmen sollten insofern auf der Ebene des Berufsrechts Abhilfe in einem Bereich schaffen, in dem es in der Vergangenheit gerade durch die mit dem Forderungseinzug beruflich befassten Unternehmen gehäuft zu Missbrauch und überhöhten Rechnungen gekommen war. Gemäߠ § 11a Abs. 1 Satz 1 RDG sollen die Angaben den Privatpersonen mit der ersten Geltendmachung der Forderung durch den Inkassounternehmer übermittelt werden. Die Informationen müssen in klarer und verständlicher Weise erfolgen und für die durchschnittlichen Adressaten der Zahlungsaufforderung ohne weiteres verständlich sein. Sie müssen dem Schreiben ohne Inanspruchnahme weiterer Hilfe den Grund ihrer Inanspruchnahme und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt sowie die genaue Höhe und ggf. Berechnung der gegen sie erhobenen Haupt- und Nebenforderungen entnehmen können. Die einzelnen Mindestangaben sind in den Nummern 1 bis 6 geregelt. Nach § 11a Abs. 1 Nr. 5 sind eine Inkassovergütung oder sonstige Inkassokosten unter Angabe von Art, Höhe und Entstehungsgrund genau zu bezeichnen. Die Inkassovergütung ist das Entgelt, das die Auftraggeberin oder der Auftraggeber und das Inkassounternehmen für den Forderungseinzug vereinbart haben.
62Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden, dass sie mit den Angaben zu den gesetzlichen Grundlagen und den diesen zugeordneten Fachbegriffe inhaltlich ein über die Mindestinformationen des § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG hinausgehendes Mehr geleistet hat. Die angegriffenen Schreiben enthalten so viele – in klarer und verständlicher Weise dargebotene und als solche ohne weiteres verständliche – Sachinformationen, dass der Adressat problemlos in der Lage ist, die Berechtigung gerade auch der geltend gemachten Forderung „Inkassokosten“ im Einzelnen zu überprüfen und sich ggf. gegen sie zur Wehr zu setzen. § 11a RDG verlangt dagegen nicht, die zur Darlegung von Art, Höhe und Entstehungsgrund der Inkassokosten angeführten Informationen ihrerseits weiter zu erläutern und z.B. den Inhalt der genannten Rechtsvorschriften darzulegen. Erforderlich ist ein für den Adressaten verständlicher Text, nicht aber die Vermittlung juristischer Kenntnisse. Es genügt, dass den Schreiben ohne weitere Hilfe der Grund für die Inanspruchnahme, der zugrunde liegende Lebenssachverhalt, die Höhe und bezüglich der Inkassokosten gerade auch deren Berechnungsweise entnommen werden kann. Dass dem Adressaten im Einzelfall eine Überprüfung der Forderungen auf ihre Berechtigung hin nur mit juristischer Hilfe möglich sein mag, steht der Feststellung, dass die angegriffenen Schreiben den Darlegungs- und Informationspflichten gemäß § 11a RDG genügen, nicht entgegen.
63Im Übrigen war der Gesetzgeber der Ansicht, dass die Angaben, die nach § 11a RDG im Mahnschreiben enthalten sein müssen, inhaltlich nicht über die Inhalte einer seriösen Zahlungsaufforderung oder eines Mahnbescheidantrags hinausgingen. Der Kläger betont selbst die Ähnlichkeit zwischen anwaltlichen und den angegriffenen Forderungsschreiben. Dies liegt insoweit auf der Hand, als Rechtsanwälte bei Inkassodienstleistungen nach § 43d BRAO den gleichen Darlegungs- und Informationspflichten unterliegen wie die Rechtsdienstleister nach § 11a RDG. Dass sich die Schreiben der Beklagten in Wortwahl und Begründungstiefe einem anwaltlichen Schreiben annähern, begründet den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 11a RDG gerade nicht.
64Dass der Gesetzgeber de lege ferenda sogar auf eine Gleichbehandlung von Inkassodienstleistern und Rechtsanwälten abzielen mag, ist für das vorliegende Verfahren dagegen ohne Belang.
652. Der Annexanspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt dem Schicksal des Hauptanspruchs.
66III.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
68Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
69Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 10.000 €.
70Für die von der Beklagten angeregte Anhebung des Streitwertes auf über 20.000 € besteht keine Veranlassung. Der Kläger hat den Wert in der Klageschrift mit 10.000 € angegeben. Der Betrag steht in Einklang mit den Wertfestsetzungen des Senats in vergleichbaren Fällen.