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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts D. vom 07.04.2020 (Az.: 7 O 44/18) wird insoweit als unzulässig verworfen, als sie sich dagegen richtet, dass das Landgericht die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage auf Erstattung eines Betrages von 1.800 € bezüglich Zif. 02.2 der Schlussrechnung (S. 13 des angefochtenen Urteils) und auf Zahlung im Hinblick auf einen Wasserschaden in Höhe von 2.972,92 € (S. 13 unten des angefochtenen Urteils) abgewiesen hat.
Die Berufung der Klägerin wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagten zu 2., 3. und 4. gerichteten Klage richtet.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil einschließlich des ihm ab dem 04.02.2020 zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt, zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 230.000 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten zu 1. die Erstattung von ihrer Ansicht nach zu viel geleisteten Abschlagszahlungen geltend, die im Rahmen eines VOB/B Bauvertrages über die Errichtung eines Helikopterdachlandeplatzes auf dem Dach des Q. J. (Auftrag vom 16.04.2014, Anlage K 1, Bl. 6, 7 d. A., Schlussrechnung vom 28.03.2016 mit Korrekturen Anlage Bl. 10-25 d. A.) erbracht worden sind. Von den Beklagten zu 2., 3. und 4. fordert sie diesbezüglich Schadensersatz.
4Die Klägerin hat berechnete Mengenmehrungen bestritten und hierzu die Ansicht vertreten, es sei eine Anpassung der Einheitspreise auf Basis der Urkalkulation nach § 2 Abs. 3 VOB/B vorzunehmen gewesen (S. 2 der Replikschrift vom 21.08.2018, Bl. 778 d. A.). Insbesondere habe die Beklagte zu 1. entgegen der Planung und ohne Notwendigkeit kleinere Stahlträger verwendet und diese sodann nicht verschweißt, sondern mittels massenaufwendigerer Schraubverbindungen zusammengefügt, wodurch sich der Arbeitsaufwand verringert habe (S. 4-6 der Replikschrift, Bl. 780-782 d. A.).
5Die Beklagte zu 1. hat vorgetragen, sie habe die Stahlmassen korrekt nach dem Leistungsverzeichnis entsprechend dem Stahlgewicht insgesamt, d. h. mit dem Gewicht des Stahlträgers inclusive der angeschweißten Kopf- und Fußplatte abgerechnet, was auch der VOB/C/ATV Nr. 5 entspreche. Die Mengen aus Rechnungsposition 6, insbesondere 6.2, 6.3 und N 3 seien tatsächlich ausgeführt worden, sie seien erforderlich gewesen und zutreffend nach der ATV abgerechnet worden (S. 3 der Klageerwiderungsschrift vom 09.05.2018, Bl. 89 d. A.). Die gewählte Ausführung mit Schraubverbindungen sei technisch üblich, die Errichtung sei auch nicht anders zu bewerkstelligen. Die Pläne hätten ihr insoweit keine Vorgaben gemacht. Vielmehr sei Aufgabe der Beklagten zu 1. gewesen, Werkdetailplanungen zu erstellen und mit tragwerkplanerischer Berechnung dem Prüfingenieur vorzulegen, wie es auch geschehen sei (S. 5-7 des Schriftsatzes vom 31.08.2018, Bl. 831-833 d. A.).
6Die Beklagten zu 2.- 4. haben die Ansicht vertreten, wegen etwaiger Rückforderungen von Abschlags- oder Schlusszahlungen komme ein Anspruch gegen den Architekten erst in Betracht, wenn der Rückforderungsanspruch selbst scheitere oder nicht oder nicht mehr durchgesetzt werden könne (S. 6 der Klageerwiderungsschrift vom 11.05.2018, Bl. 74 d. A.). Es bestehe keine Gesamtschuld, weil es an einer rechtlichen Zweckgemeinschaft fehle (S. 7 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 75 d. A.). Jedenfalls könne ein Anspruch nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. zuerkannt werden (S. 7 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 75 d. A.).
7Die Schlussrechnungsprüfung sei aufwendig gewesen, da die Beklagte zu 1. zunächst nicht die erforderlichen Massenzusammenstellungen, Aufmaßpläne und Nachweise übersandt habe, weshalb die erste Prüfung ohne diese Nachweise vorgenommen worden sei und die Beklagte zu 2. der Klägerin empfohlen habe, die Gewährleistungsbürgschaft (Bl. 869 f. d. A.) zunächst nicht „auszuzahlen“ (S. 11 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 79 d. A.). Erst nach Vorlage der vorbezeichneten Unterlagen sei dann die als Anlage K 2 vorgelegte „2. Korrektur“ vorgenommen worden (S. 12 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 80 d. A.).
8Entgegen der bei vorgenannter, „2. Korrektur“ vertretenen Auffassung sei es nicht richtig gewesen, zu Titel 06 die „Massen der Kleineisenteile“ mit der Begründung nicht anerkannt zu haben, dass diese Teile in den Einheitspreisen zu inkludieren gewesen seien (S. 12 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 80 d. A.). Im Leistungsverzeichnis seien Massenschätzungen angegeben worden, die auf der Grundlage der Massenermittlungen der mit der Tragwerksplanung beauftragten Ingenieure M. erfolgt seien. Insoweit sei es zu Massenerhöhungen gekommen, wogegen die Beklagte zu 1. bei Einheitspreisen geblieben sei. Da jedoch ein Pauschalpreisvertrag vorliege, habe das Risiko von Massenmehrungen bei der Klägerin gelegen (S. 12 f. der Klageerwiderungsschrift, Bl. 81 f. d. A.). Die Beklagten zu 2. – 4. haben auf dieser Grundlage eine 3. Korrektur der Schlussrechnungsprüfung als Anlage B 2-4/12 (Bl. 695-710 d. A.) vorgelegt und kommen so auf eine Überzahlung von lediglich 59.795,86 € brutto (S. 14 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 82 d.A.). Die Beklagten haben ferner ihre Ansicht, die Schlussrechnungsprüfung ordnungsgemäß vorgenommen zu haben, durch Darstellung ihres Vorgehens erläutert (S. 15-18 der Klageerwiderungsschrift, Bl. 83-86 d. A.).
9Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
10Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzung und mündlicher Anhörung des Sachverständigen Z. auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 07.12.2018 (Bl. 942 f. d. A.).
11Mit dem angefochtenen Urteil hat es die Beklagte zu 1. zur Zahlung von 55.333,31 € nebst Zinsen an die G. verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus dem zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. geschlossenen Vertrag. Es habe in den Ausschreibungsunterlagen keine Vorgaben hinsichtlich der Ausführung der Konstruktion des Stahlbaus gegeben, weshalb es der Beklagten zu 1. freigestanden habe, wo und in welcher Form sie Schraubverbindungen der Stahlbaukonstruktion ausführe. Dass die Beklagte zu 1. überwiegend Schraubstoßverbindungen ausgeführt habe, habe zu einer Erhöhung der in der Ausschreibung enthaltenen Mengenvordersätze geführt, sei aber üblich und entspreche den Regeln der Technik, wobei sich das Landgericht insoweit auf die Angaben des Sachverständigen Z. gestützt hat. Die Klägerin habe Mehrmengen nach Einheitspreisen berechnen dürfen und sei nicht gehalten gewesen, nach § 2 Abs. 3 VOB/B den Einheitspreis auf Basis der Urkalkulation anzupassen. Vielmehr sei es Sache der Klägerin gewesen, zusammen mit einem entsprechenden Anpassungsverlangen eine Neuberechnung vorzulegen. Dass der Sachverständige seine Ermittlungen ausschließlich anhand von Plänen, nämlich der geprüften Ausführungspläne, vorgenommen hat, ohne das Bauwerk vor Ort in Augenschein zu nehmen, sei nicht zu beanstanden, zumal es der DIN 18335 entspreche, anhand von Gewicht abzurechnen und das Gewicht anhand von Zeichnungen zu ermitteln.
12Die Beklagte zu 1. habe den Beweis einer Beauftragung zu einem Pauschalpreis von 33.075,00 € nicht zu führen vermocht. Die Beklagte sei auch berechtigt, unter Pos. 02.2 im Titel 02 eine Standzeit von 20 Wochen abzurechnen, da das Leistungsverzeichnis eine Grundstandzeit von 4 Wochen und weitere 16 Wochen als Vordersatz über die Laufzeit des Hauptauftrages vorgesehen habe.
13Für den Wasserschaden sei die Klägerin berechtigt, den von der Beklagten zu 1. akzeptierten Betrag von 1.578,87 € einzubehalten.
14Gegenüber den Beklagten zu 2. – 4. bestehe kein Anspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB und dem Architektenvertrag, weil die Beklagte zu 2. ihre Pflichten bei Prüfung von Abschlagsrechnungen und Schlussrechnung nicht verletzt habe. Den Ausführungen des Sachverständigen folgend sei von einer branchenüblichen Rechnungsprüfung durch die Beklagte zu 2. auszugehen. Im Rahmen der 3. Schlussrechnungsprüfung sei zwar hinsichtlich der ermittelten Mengen der Pos. 06.1 und 06.2 ein Übertragungsfehler aufgetreten. Dies beruhe jedoch auf einem Fehler bei Übertragung der „strukturierten Listen“ von der Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2., diese Listen seien sehr fehleranfällig bei der Prüfung. Überdies sei die 3. Schlussrechnungsprüfung erst im Verlauf des Rechtsstreits vorgenommen worden und könne daher nicht kausal für die streitgegenständlichen Ansprüche wegen früherer Überzahlungen geworden sein.
15Dass die Beklagte zu 2. im Titel 02 zugunsten der Beklagten zu 1. die unstreitige Bauzeit habe akzeptieren müssen, könne nicht zu einem Schaden der Klägerin geführt haben, weil es infolge der Streichung der Positionen im Titel 02 gerade nicht zu einer Überzahlung habe kommen können.
16Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, das Landgericht habe sich hinsichtlich der Stahlmengen ausschließlich und unreflektiert auf die unzureichende Begutachtung durch den Sachverständigen gestützt (S. 2 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1214 d. A.). Die Ansicht des Sachverständigen, bei den zum Vertrag gehörenden Plänen habe es sich nur um Empfehlungen gehandelt, sei nicht haltbar. Das Landgericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, weil die Beweisfragen unzu-reichend beantwortet worden seien, die Mengenermittlungen und die zu ihnen führenden Arbeitsschritte durch den Sachverständigen nicht nachvollziehbar dargestellt worden seien und auf dieser Grundlage fundierte Gegendarstellungen noch nicht möglich gewesen seien (S. 2 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1214 d. A.). Die Haftung der Beklagten zu 2. – 4. sei unzureichend überprüft worden, da diese die Ausschreibung nebst Plänen konzipiert hätten, weswegen diesbezügliche Unklarheiten oder Unvollständigkeiten zu ihren Lasten zu gehen hätten (S. 3, 9 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1215, 1221 d. A.).
17Der Sachverständige habe ausgeführt, es liege eine Abweichung zwischen Planunter-lagen und gewählter Ausführungsart vor (S. 3 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1215 d. A.). Die Frage, welche Unterlagen Vertragsgegenstand wurden, sei jedoch Rechtsfrage. Die Planunterlagen seien keine Empfehlungen, sondern verbindlich ge-wesen (S. 4 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1216 d. A.). Die Beklagte zu 1. habe das Leistungssoll aus den Plänen ermitteln müssen (S. 4 der Berufungsbegründungs-schrift, Bl. 1216 d. A.). Eine etwaige Planfreigabe begründe keine Abweichung vom vertraglichen Bausoll (S. 4 f. der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1216 f.). Zum Bau-soll nimmt sie Bezug auf die Anlagen K 3 und K 4, von denen die Beklagte zu 1. abge-wichen sei, indem sie eine höhere Anzahl von Schraubverbindungen vorgenommen habe, wodurch sie sich das Schweißen der Verbindungsstellen erspart habe. Auch der Transport sei erleichtert worden, weil man kürzere Träger habe anliefern und vor Ort kleinere Kräne habe einsetzen können und man für die Verschraubung kein Fachpersonal benötigt habe (S. 5 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1217 d. A.).
18Das Landgericht habe die Beweisaufnahme abgebrochen. Die Fragen des Beweisbe-schlusses seien nicht vollständig beantwortet worden, so etwa die Frage, ob Mehrprei-se für die Massenmehrung korrekt aus der Urkalkulation entwickelt worden seien. Einwendungen der Klägerin seien übergangen worden (S. 6 der Berufungsbegrün-dungsschrift, Bl. 1218 d. A.). Die Mehrmengen seien um jeweils 20 % zu kürzen gewesen (S. 7 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1218 d. A.). Die Beklagten zu 2. - 4. hätten die Abschlagsrechnungen fehlerhaft geprüft (S. N01 der Berufungsbegrün-dungsschrift, Bl. 1220 d. A.). Wenn man den Wertungen des Sachverständigen folge, müssten die Planunterlagen als mit Ungenauigkeiten und Unvollständigkeiten behaftet bewertet werden, so dass auch unter diesem Aspekt die Beklagten zu 2. – 4. auf Schadensersatz hafteten (S. 9 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1221 d. A.).
19Die Klägerin beantragt,
201.
21unter Abänderung des am 07.04.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts D., Aktenzeichen 7 O 44/18, die Beklagten als – hilfsweise wie – Gesamtschuldner zu verurteilen, an die G., vertreten durch Herrn S. B., Y.-straße N01, XXXXX J., insgesamt 197.630,14 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
222.
23die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die G., vertreten durch Herrn S. B., Y.-straße N01, 52249 J., insgesamt Verzugszinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 320.231 99 € vom 30.09.2017 bis zur Rechtshängigkeit zu zahlen;
24sowie:
25das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht D. zurückzuverweisen.
26Die Beklagten beantragen,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Die Beklagte zu 1. verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Sachverständige habe die Beweisfragen vollständig und richtig beantwortet (S. 2 f. der Berufungserwi-derungsschrift, Bl. 1258 f. d. A.). Mit der vorgenommenen Trennung von Bauteilen sei keine Arbeit erspart worden; im Übrigen sei die gewählte Methode branchenüblich (S. 3 der Berufungserwiderungsschrift, Bl. 1259 d. A.). Eines Aufmaßes vor Ort habe es nicht bedurft (S. 4 der Berufungserwiderungsschrift, Bl. 1260 d. A.).
29Auch die Beklagten zu 2. – 4. verteidigen die landgerichtliche Entscheidung. Der Sach-verständige habe keine Abweichung vom Plan festgestellt, sondern von einer „möglichen Ausführungsart“ gesprochen (S. 4 der Berufungserwiderungsschrift, Bl. 1241 d. A.), welche als Schraubkonstruktion der Üblichkeit entsprochen habe, ohne dass eine geschweißte Konstruktion einfacher oder günstiger gewesen sei (S. 5 der Berufungserwiderungsschrift, Bk, 1242 d. A.). Die Beklagte zu 2. habe die Prüfung der Rechnungen nach dem zum jeweiligen Prüfzeitpunkt gegebenen Kenntnis- und Wissensstand vorgenommen (S. 6 der Berufungserwiderungsschrift, Bl. 1244 d. A.).
30II.
311.
32Die Berufung ist teilweise unzulässig, nämlich insoweit, als die Klage gegen die Beklagte zu 1. in Höhe eines Betrages von 4.772,92 € abgewiesen worden ist.
33Die Klägerin greift im Hinblick auf die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage bezogen auf die teilweise Klageabweisung einen Teil der Entscheidung nebst tragender Erwägungen des Landgerichts mit ihrer Begründung nicht an, was gemäß §§ 520 Abs. 3 Nr. 2, 522 Abs. 1 ZPO zur teilweisen Unzulässigkeit führt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 10.12.2015, IX ZB 35/15, juris, Rn. 7).
34Dies betrifft die Wertung auf Seite 13 landgerichtlichen Urteils, wonach zu Zif. 02.2 der Schlussrechnung ein Betrag von 1.800 € berechtigt sei, wogegen die Klägerin unter Bezugnahme auf die Schlussrechnungsprüfung hier 0 € angesetzt hat. Auf Seite 13 des angefochtenen Urteils unten wird eine weitere Teilklageabweisung in Höhe von 2.972,92 € begründet. Während die Klägerin wegen eines Wasserschadens einen Abzug von 4.551,79 € vorgenommen und für berechtigt erachtet hat (S. 7 des Schriftsatzes vom 21.08.2018, Bl. 783 d. A.), bewertet das Landgericht nur einen Abzug von 1.578,87 € als gerechtfertigt. Insgesamt wird damit die Teilabweisung der gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Klage hinsichtlich eines Betrages von 4.772,92 € nicht angegriffen.
352.
36Die zulässige Berufung der Klägerin ist, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Klage wendet, unbegründet, weil die Klage unzulässig ist.
37Ein klageabweisendes Sachurteil ist auf eine Berufung hin auch dann zu bestätigen, wenn die Klage wegen eines nicht behebbaren Verfahrensmangels schon unzulässig war, zumal die Abweisung der Klage als unbegründet dem Kläger keine erhaltenswerte Rechtsposition verschafft hat; gegen die §§ 528, 536 ZPO wird auf diese Weise nicht verstoßen (BGH, Urteile vom 05.03.2009, IX ZR 141/07, juris, Rn. 15; vom 10.12.1998, III ZR 2/98, juris, Rn. N01; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 528 ZPO, Rn. 56; Heßler in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 33. Auflage 2020, § 528 ZPO, Rn. 32).
38Die Klage ist unzulässig, weil es der rechtlichen Existenz der aus den Beklagten zu 3. und 4. gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ermangelt. Unbeschadet der im Streit über diesen Aspekt zu fingierenden Parteifähigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2008, IX ZB 103/07, juris, Rn. 33 m.w.N.) handelt es sich bei der rechtlichen Existenz und damit der Parteifähigkeit einer an einem Rechtsstreit beteiligten Partei um eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in den Rechtsmittelinstanzen, gemäß § 56 ZPO von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Beschluss vom 31.05.2010, II ZB 9/09, juris, Rn. 11 m.w.N.).
39Mit Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer GbR hört diese als Gesellschaft auf zu existieren, da der Anteil des Ausscheidenden dem Verbleibenden anwächst und es so zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft kommt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2008, II ZR 37/07, juris, Rn. 9; Geibel in: BeckOGK-BGB, Stand 01.01.2019, § 705 BGB, Rn. 112).
40Die aus den Beklagten zu 3. und 4. gebildete GbR wurde bereits vor Rechtshängigkeit dadurch beendet, dass der Beklagte zu 4. zum 30.06.2014 aus ihr ausschied. Der Senat geht unbeschadet des Bestreitens der Klägerseite (S. 3 des Schriftsatzes vom 16.12.2020, Bl. 1337 d. A.) von der Richtigkeit des diesbezüglichen Vortrages der Beklagten zu 2. bis 4. (vgl. Schriftsatz vom 10.04.2018, Bl. 51 d. A., Schriftsatz vom 27.11.2020, Bl. 1283 d. A.) aus, zumal dieser mit der Selbstdarstellung des vom Beklagten zu 3. fortgeführten Architekturbüros im Internet übereinstimmt („freut es uns, den Mitbegründer unseres Architekturbüros in D., U., auch nach seinem Ausscheiden weiterhin als kompetenten Freund…“, https://www. ) und Anhaltspunkte für ein werbendes Auftreten als GbR sowie für die Begründung von Rechten und Pflichten als GbR und damit für ein Auftreten als Außen-GbR in der Zeit nach dem 30.06.2014 weder vorgetragen noch in sonstiger Weise ersichtlich sind. Inwieweit für die Zeit ab 30.06.2014 noch eine reine Innen-GbR bestand, kann demgegenüber dahinstehen, da der Innen-GbR keine Rechtsfähigkeit zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 03.05.2007, IX ZR 218/05, juris, Rn. 9; Hübsch in: BeckOK-ZPO, 39. Edition 01.12.2020, § 50 ZPO, Rn. 17; zur Unterscheidung von Innen-GbR und Außen GbR vgl. Westermann in: Erman, Kommentar zum BGB, 16. Auflage 2020, Vorbemerkung vor § 705 BGB, Rn. 27).
413.
42Soweit sich die Berufung gegen die Abweisung der gegen die Beklagten zu 3. und 4. gerichteten Klage wendet, ist sie unbegründet, weil die Klage unbegründet ist.
43a)
44Dies ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass gegenüber dem Architekten neben dem auf Rückzahlung von Vorschüssen in Anspruch genommenen Bauunternehmer diesbezüglich kein Schadensersatzanspruch in Betracht käme, weil es an einem Schaden fehlte. Ein Schaden des Auftraggebers entsteht nicht erst dann, wenn feststeht, dass das Rückzahlungsbegehren gegenüber dem Unternehmer gescheitert ist, da eine Überzahlung des Unternehmers unmittelbar eine Vermögenseinbuße des Auftraggebers nach sich zieht und das Bestehen eines Ersatzanspruchs gegenüber einem Dritten die Entstehung eines Schadensersatzanspruchs nicht hindert. Demgemäß kann der Architekt vom Auftraggeber unmittelbar in Anspruch genommen werden kann, dies allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung des Herausgabeanspruchs gegenüber dem Bauunternehmer (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2016, 6 U 36/15, juris, Rn. Rn. 18 - 20, juris). Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 255 BGB, wonach ein Geschädigter vom Schädiger in der Regel auch dann vollen Wertersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Dritter Herausgabe oder Rückgewähr schuldet (OLG Hamm, Urteil vom 07.08.2008, 21 U 78/07, juris, Rn. 60).
45Ein Vermögensschaden der Klägerin ist damit durch die Überzahlung - deren Höhe hier dahinstehen kann - eingetreten. Der für eine Überzahlung verantwortliche Architekt kann zum Ausgleich eines solchen Schadens verpflichtet sein (vgl. Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1510 Fn. 317; Berding BauR 2007, 473).
46b)
47Ein Schadensersatzanspruch scheitert aber daran, dass zum einen (Abschlags-rechnungsprüfung, s. u. aa, bb) Pflichtverletzungen nicht in subsumtionsfähiger Weise dargelegt worden sind und es zum Anderen (Schlussrechnungsprüfung, s. u. cc) an der Zurechenbarkeit der etwaig entstandene Schäden zu den nach dem Klägervortrag in Betracht kommenden Pflichtverletzungen fehlt.
48aa)
49Zwar würde eine unzureichende Prüfung der Abschlagsrechnungen für die Leistung von nun zurückforderbaren Abschlagszahlungen kausal geworden sein können.
50Insoweit ist allerdings aufgrund der Tatsachenfeststellung des Landgerichts, der gegenüber Bedenken gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit in der Berufungsbegründung nicht aufgezeigt worden sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), davon auszugehen, dass den Beklagten zu 3. und 4. kein Vorwurf gemacht werden kann.
51Auch mit ihrer Argumentation, dass die Beklagten selbst in der Schlussrechnung zu einem Erstattungsanspruch von rund 197.000 € gelangten, was einen Sorgfaltspflichtverstoß indiziere, dringt die Klägerin nicht durch. Es ist insgesamt zu bemängeln, dass unzureichend zu den konkreten etwaigen Fehlern bei der Rechnungsprüfung vorgetragen wird. In der Klageschrift ist hierzu lediglich ausgeführt worden, die Beklagten hätten „die jeweiligen Abschlagsrechnungen“ unzutreffend geprüft (S. 5 der Klageschrift, Bl. 5 d. A.). In der Replikschrift ist die Klägerin sodann lediglich näher auf die Schlussrechnungsprüfung eingegangen, nicht aber auf die Prüfung oder den Inhalt der Abschlagsrechnungen (S. 10 der Replikschrift, Bl. 786 d. A.). Der Schriftsatz vom 09.10.2018 enthält keinen Vortrag zur Prüfung der Abschlagsrechnungen (Bl. 899-906 d. A.). Mit Schriftsatz vom 22.07.2019 (Bl. 1024-1029 d. A.) sind schließlich lediglich Einwendungen gegenüber dem Sachverständigengutachten dargestellt worden.
52Dass sich bei einer Schlussrechnungsprüfung ein Überschuss ergibt, indiziert mitnichten einen Sorgfaltspflichtverstoß bei Prüfung der Abschlagsrechnungen. Die Klägerin hätte schon darlegen müssen, was konkret die Beklagten hätten beanstanden sollen. Hierbei handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin (S. 3 des Schriftsatzes vom 19.03.2021, Bl. 1364 d. A.) weder um Förmelei, noch um einen Aspekt der Substantiierung, sondern um die Frage, ob Lebenssachverhalt vorgetragen wird, der sich unter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale subsummieren lässt.
53Soweit die Klägerin hierzu mit Schriftsätzen vom 19.03.2021 (Bl. 1362-1416 d. A.) die Abschlagsrechnungsprüfungen erstmals (in elektronischer Form als Daten-CD) vorlegt und zu einigen ihrer Ansicht nach fehlerhaft abgehakten Positionen vorträgt, rechtfertigt dies keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).
54Dies ergibt sich schon daraus, dass der Vortrag nach Maßgabe der §§ 529, 531 ZPO nicht berücksichtigungsfähig ist, da es der Klägerin auch ohne gerichtlichen Hinweis oblegen hätte, bereits in erster Instanz subsumtionsfähigen Lebenssachverhalt zu den ihrer Ansicht nach bei Prüfung der Abschlagsrechnung aufgetretenen Fehlern vorzutragen, dies erst recht, nachdem die Prüfung der Abschlagsrechnungen durch den gerichtlich beauftragten Sachverständigen als ordnungsgemäß bewertet worden war. Selbst wenn man dies anders sähe, wäre der Vortrag nach Maßgabe der §§ 520, 530 ZPO nicht berücksichtigungsfähig, weil die Klägerin es versäumt hat, ihn innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in den Rechtsstreit einzubringen. Eines gerichtlichen Hinweises bedürfte es insoweit schon deshalb nicht, weil auch das Landgericht die Prüfung der Abschlagsrechnungen in dem angefochtenen Urteil als ordnungsgemäß bewertet hat.
55Die gerichtlichen Hinweise im Termin vom 26.02.2021 und die nach § 139 Abs. 5 ZPO eingeräumte Stellungnahmefrist stehen einer Anwendung der vorgenannten Präklusionsvorschriften nicht entgegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO geboten gewesen wäre, etwa, weil eine Partei einen Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 01.10.2014, VII ZR 28/13, juris, Rn. 13; vom 15.02.2005, XI ZR 144/03, juris, Rn. 12 f.). Für diese Annahme besteht angesichts der dargestellten Entwicklung des erstinstanzlichen Sachvortrages unter Berücksichtigung der Ausführungen im Sachverständigengutachten zur Rechnungsprüfung sowie der diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil indes kein Anhaltspunkt.
56Die Darlegungslast für etwaige Mängel bei der Rechnungsprüfung traf vorliegend die Klägerin. Die Zuweisung der Darlegungslast für etwaige Mängel der Rechnungsprüfung durch den Architekten richtet sich nach den allgemeinen Regeln, so dass grundsätzlich der Architekt bis zur Abnahme die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung und ab der Abnahme der Bauherr deren etwaige Fehler darzulegen hat (KG, Teilurteil vom 28.08.2018, 21 U 24/16, juris, Rn. Rn. 43; Messerschmidt in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, 7. Auflage 2020, § 16 VOB/B, Rn. 140; Manteuffel/Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage, Rn. 2010). Allerdings bezieht sich dies auf die Primärleistungsansprüche, also die Werklohnklage des Bauunternehmers bzw. Architekten (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2008, VII ZR 64/07, juris, Rn. 16) bzw. die Erfüllungs-/ Nacherfüllungsklage des Bestellers (den Zusammenhang der Beweislastverteilung mit der Geltendmachung der Primärleistungsansprüche betont auch BGH, Urteil vom 19.01.2017, VII ZR 235/15, juris, Rn.31-40). Ist dagegen der Übergang ins Abrechnungsverhältnis erfolgt, wovon vorliegend schon deshalb auszugehen ist, weil ausschließlich um Schadensersatz gestritten wird, ohne dass die Vergütungsansprüche der Beklagten zu 2. in Rede stünden, handelt es sich bei der Mangelfrage um eine tatbestandliche Voraussetzung des Gewährleistungs-/Schadensersatzanspruchs des Bestellers, weshalb dieser nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet ist (so auch Genius in: jurisPK-BGB, 9. Auflage, Stand: 17.08.2020, § 634 BGB, Rn. 67; Peters in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2019, § 633 BGB, Rn. 191; Schwenker/Rodemann in: Erman, Kommentar zum BGB, 16. Auflage 2020, § 634 BGB, Rn. 18; sowie ausdrücklich bezogen auf die Abnahme der Architektenleistung: Werner in: Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1095). Soweit der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.10.2008, VII ZR 64/07, juris, Rn. 16) zur Stütze der Ansicht zitiert wird, auch für Gewährleistungsansprüche richte sich die Beweislast nach dem Zeitpunkt der Abnahme (so: OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2019, 5 U 185/17, juris, Rn. 31)., verfängt dies nicht, da der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung lediglich herausgearbeitet hat, dass im Werklohnprozess des Unternehmers dieser auch dann die Mangelfreiheit zu beweisen hat, wenn der Besteller bereits zur Ersatzvornahme geschritten ist. Die Frage der Abnahme der Architektenleistungen kann demgemäß dahinstehen.
57bb)
58Der Senat stützt die Ablehnung eines Anspruchs wegen Mängeln der Prüfung der Abschlagsrechnungsprüfung zusätzlich auch auf nachfolgende Erwägung:
59Den mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten trifft die Pflicht, Abschlagsrech-nungen von Bauunternehmern daraufhin zu überprüfen, ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig, ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind und ob sie der vertraglichen Vereinbarung entsprechen (BGH, Urteile vom 14.05.1998, VII ZR 320/96, juris, Rn. 18; vom 04.04.2002, VII ZR 295/00, juris, Rn. 10; vgl. auch Werner/Frechen in: Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1987 m.w.N.).
60Die Frage der Abgrenzung zwischen einer Mengenabweichung nach § 2 Abs. 3 VOB/B und einer Ausführungsabweichung nach § 2 Abs. N01 VOB/B (s. u. unter II.3.a) ist demgegenüber ebenso wie diejenige der korrekten Berechnung der Vergütung für 10 % übersteigende Mehrmengen nach § 2 Abs. 3 VOB/B (s. u. unter II.3.d) als Rechtsfrage zu klassifizieren. Unbeschadet der tatsächlichen Aspekte wie Art und Menge der verbauten sowie berechneten Materialien und Arbeiten sind diese Fragen letztlich anhand einer am objektivierten Empfängerhorizont orientierten Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB), bzw. einer ergänzenden Vertragsauslegung (s. unter III.3.d) zu beantworten. Es würde die Anforderungen an das Maß der im Rahmen eines Architektenvertrages bei der Abschlagsrechnungsprüfung nach § 276 BGB anzuwendenden Sorgfalt erheblich überspannen, wollte man dem Architekten einen Sorgfaltspflichtverstoß vorwerfen, wenn er in einer komplexeren Konstellation wie der vorliegenden eine der vorstehend dargestellten Rechtsfragen unzureichend erfasst und/oder unrichtig beantwortet.
61cc)
62Hinsichtlich des Vorwurfs mangelhafter Schlussrechnungsprüfung würde ein Schaden nur darin gesehen werden können, dass ein Rückzahlungsanspruch bei ordnungsgemäßer Prüfung früher hätte geltend gemacht werden können. Dies könnte aber nur insoweit ein Schaden sein, als es um Zinsen ginge oder infolge des Zeitablaufs Liquiditätsrisiken aufgetreten wären, wofür allerdings nichts ersichtlich ist - insoweit folgt der Senat der Bewertung durch das Landgericht. Insbesondere ist es auch zutreffend, dass die erst im Verlauf des Rechtsstreits erfolgte weitere Korrektur der Schlussrechnungsprüfung nicht mehr kausal für Abschlagszahlungen geworden sein kann. Hinsichtlich solcher Schäden, die auf Nichtzahlung bzw. Uneinbringlichkeit bei der Beklagten zu 1. beruhen, kann derzeit schon deshalb keine Gesamtschuld bestehen, weil diese ein Obsiegen gegenüber der Beklagten zu 1. und eine nachfolgende Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung voraussetzen würden.
63dd)
64Soweit die Klägerin in zweiter Instanz eine Haftung der Beklagten zu 3. und 4. mit dem (hilfsweise eingebrachten) Vortrag herleiten will, diese hätten sich bei Ausschreibung und Erstellung von Plänen Unklarheiten oder Unvollständigkeiten zuschulden kommen lassen (S. 3, 9 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 1215, 1221 d. A.), ist sie mit diesem Vortrag nach Maßgabe der §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen, da es ihr oblegen hätte, bereits erstinstanzlich, spätestens veranlasst durch die Ausführungen im Sachverständigengutachten, zu einer etwaigen Fehlerhaftigkeit der Planunterlagen vorzutragen. Derartiger Vortrag wurde erstinstanzlich nicht eingebracht. Vielmehr wird mit Schriftsätzen vom 22.07.2019 (dort S. 3, Bl. 1026 d. A.) und 30.01.2020 (dort S. 3, Bl. 1086 d. A.) ausdrücklich auf die Planunterlagen Anlagen K 3 und K 4 abgestellt, ohne deren Qualität auch nur andeutungsweise in Frage zu stellen. Schließlich befasst sich der Schriftsatz vom 10.03.2020 (Bl. 1109-1114) ausschließlich mit der Qualität der Begutachtung. Im Übrigen muss richtiggestellt werden, dass der Sachverständige die Pläne nicht als fehlerhaft bewertet hat, auch die Beklagten haben dies nicht getan. Vielmehr hat die Beklagte zu 1. lediglich behauptet, sich an die Pläne gehalten zu haben; der neue Vortrag ist also nicht unstreitig.
653.
66Im Übrigen, d. h., soweit die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage über den unter Zif. 1 erörterten Betrag von 4.772,92 € hinausgehend abgewiesen worden ist, ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Klägerin hin gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO einschließlich des ihm ab dem 04.02.2020 zugrundeliegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
67Das angegriffene Urteil leidet an einem wesentlichen Mangel in Gestalt endergebnisrelevanter Verletzungen des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Infolge der Gehörsverletzungen ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich. Die Klägerin wird durch eine unzureichende Tatsachenfeststellung und – erfassung in ihrem Recht auf rechtliches Gehör verletzt.
68a)
69Das Landgericht ist dem Vortrag der Klägerin, das Gewerk habe nur mittels der von ihr gewählten Ausführungsvariante hergestellt werden können, fehlerhaft nicht nachgegangen.
70Entgegen der vom Landgericht im Anschluss an Ausführungen des Sachverständigen getroffenen Wertung kommt der Planung Anlage K 4 (Bl. 789 d. A.) nicht lediglich die Bedeutung einer Empfehlung zu, welche die Beklagte zu 1. nicht unbedingt hätte beachten müssen, weil die einschlägige DIN ihr auch die von ihr gewählte Variante erlaubt hätte, welche zudem als üblich und den anerkannten Regeln der Technik entsprechend zu bewerten sei. Im Rahmen der gebotenen, am objektivierten Empfängerhorizont orientierten Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ist zu berücksichtigen, dass auf den Vortrag der Beklagten zu 2. – 4. hin unstreitig geworden ist, dass im Leistungsverzeichnis Massenschätzungen angegeben wurden, die auf der Grundlage der Massenermittlungen der mit der Tragwerksplanung beauftragten Ingenieure M. beruhten. Wenn nun die Beklagte zu 1. die Detailplanung erstellt, mag sie zwar bei isolierter Heranziehung der Pläne Anlage K 4 noch zu dem Schluss gelangt sein, diese würden auch aus Sicht der Klägerin nicht als verbindlich zu bewerten sein. Wenn sie dann aber im Zuge ihrer konkreteren Planung zu Materialmengen kommt, die bedeutend größer sind als diejenigen, die auf Grundlage der Tragwerksplanung als Massenschätzung im Leistungsverzeichnis angegeben wurden, musste ihr bewusst werden, dass sie hier etwas anderes plante, als die im Leistungsverzeichnis nebst Plänen angenommene Ausführungsvariante, sie also Vorstellungen zur Herstellung des beauftragten Gewerks und des hierzu erforderlichen Materials entwickelt hatte, die sich von den im Rahmen des Vertragsschlusses zugrundegelegten Annahmen unterschieden.
71Demgemäß ist die vorgenommene Abweichung nicht als bloße Mehrmenge nach § 2 Abs. 3 VOB/B zu bewerten, sondern vielmehr als eigenmächtige Änderung nach § 2 Abs. N01 VOB/B. Eine Vergütung kommt daher nur in Betracht, wenn das Planziel nur über die von der Beklagten zu 1. gewählte Ausführungsvariante realisierbar war (vgl. Voit in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 2 VOB/B, Rn. 28) – dies behauptet die Beklagte zu 1. und wird klägerseits bestritten. Hierüber wird Beweis erhoben werden müssen.
72Eine Anzeige nach § 2 Abs. N01 Nr. 2 Satz 2 VOB/B dürfte nicht erfolgt sein, da die Anzeige an den Architekten (Übersendung der Detailpläne) grundsätzlich nicht ausreicht (vgl. Keldungs in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Auflage 2020, § 2 Abs. N01 VOB/B, Rn. 43 m.w.N.). Auch von einem nachträglichen Anerkenntnis kann nicht ausgegangen werden. Insbesondere kann ein solches nicht bereits in der Prüfung der Rechnung durch die Beklagten zu 2. – 4. gesehen werden (vgl. Keldungs a.a.O., Rn. 24) gesehen werden. Auch das bloße Bestehenlassen des in veränderter Weise hergestellten Gewerks kann nicht ohne weiteres als Anerkenntnis bewertet werden (Keldungs a.a.O., Rn. N01).
73b)
74Das Landgericht ist im Übrigen dem klägerseitigen Bestreiten des tatsächlichen Anfalls der berechneten Mehrmengen fehlerhaft unzureichend nachgegangen.
75Zwar steht die Anordnung einer Gutachtenergänzung nach § 411 Abs. 3 ZPO im Ermessen des Gerichts. Hierbei handelt es sich allerdings um ein gebundenes Ermessen. Es muss dahin ausgeübt werden, dass vorhandene Aufklärungsmöglichkeiten zur Beseitigung von Zweifeln und Unklarheiten des Gutachtens genutzt werden, sei es durch mündliche Anhörung oder schriftliches Ergänzungsgutachten (BGH, Urteile vom 28.08.2018, VI ZR 509/17, juris, Rn. 19; vom 14.05.2019, VI ZR 393/18, juris, Rn. 24; vom 10.12.1991, VI ZR 234/90, juris, Rn. 11 f.; vom 15.06.1994, IV ZR 126/93, juris, Rn. N01; vom 01.02.2002, V ZR 361/00, juris, Rn. 7; vom 08.06.2004, VI ZR 230/03, juris, Rn. 21; Beschluss vom 14.05.2019, VIII ZR 126/18, juris, Rn. 22; Zimmermann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 411 ZPO, Rn. 10).
76Vorliegend bestehen hinsichtlich der verbauten Mengen Zweifel, hinsichtlich derer vorhandene Aufklärungsmöglichkeiten unzureichend genutzt worden sind, wodurch der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt wurde.
77Der Sachverständige bestätigte die Richtigkeit der berechneten Mengen, dies allerdings ohne Inaugenscheinnahme, was die Klägerin bemängelt hat. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, Stahl werde nach Gewicht abgemessen und ein Abwiegen würde auch bei einer Inaugenscheinnahme nicht erfolgen können, wird letztlich darauf abgestellt, dass sich aus der Ferne keine Anhaltspunkte für ein Abweichen zwischen der seitens der Beklagten zu 1. erstellten Detailplanung und dem konkret realisierten Bauresultat ergeben haben. Wieso allerdings als ausgeschlossen bewertet wird, dass sich solche Anhaltspunkte bei einer stichprobenartigen Überprüfung im Wege konkreter Inaugenscheinnahme würden ergeben können, erschließt sich anhand der bisherigen Ausführungen des Sachverständigen und des Landgerichts derzeit nicht. So mag zwar ein Abwiegen verbauter Stahlteile nicht erfolgen können. Wieso jedoch aus den vor Ort messbaren Breiten, Längen, Höhen und Volumen in Anwendung physikalischer Grundsätze keinerlei Rückschluss auf die verbauten Massen und Gewichte und deren Bezug zu den Planungen möglich sein sollte, lässt sich derzeit nicht nachvollziehen.
78Inwieweit eine Inaugenscheinnahme vor Ort durch einen Sachverständigen oder durch das Gericht erfolgt oder zuvörderst der Sachverständige um Erläuterung im Hinblick auf das vorstehend aufgezeigte Plausibilitätsdefizit ersucht wird, bleibt der Verfahrensgestaltung des erstinstanzlichen Gerichts überlassen.
79c)
80Die übrigen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegen vor.
81Einen hierauf gerichteten Antrag hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Senatstermin vom 26.02.2021 gestellt.
82Der Senat hält in Ausübung seines Ermessens eine Zurückverweisung der Sache anstelle einer Selbstentscheidung für vorzugswürdig. Als maßgeblicher Gesichtspunkt dieser Ermessensentscheidung ist die Prozessökonomie zu erwägen und als Alternative zur Zurückverweisung in Betracht zu ziehen, selbst gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache zu entscheiden (BGH, Urteil vom 30.03.2001, V ZR 461/99, juris, Rn. 9). Im Hinblick auf die erforderliche weitere Sachaufklärung spricht aus Sicht des Senates nichts dafür, dass diese mit Blick auf die Prozessökonomie günstiger seitens des Senates vorgenommen werden könnte als durch das Landgericht. Insoweit ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die noch durchzuführende umfangreiche Beweisaufnahme vor dem Landgericht mehr Zeit in Anspruch nehmen oder umständlicher sein sollte. Nicht ohne Belang ist insoweit auch, dass den Parteien im Falle der Selbstentscheidung durch den Senat eine Tatsacheninstanz genommen würde.
83d)
84Weil die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen unvollständig sind, bedarf es auch einer Aufhebung des zugrundeliegenden Verfahrens ab dem 04.02.2020.
85e)
86Für den Fall, dass es im weiteren Verfahrensverlauf noch auf die Frage der Vergütung von Mehrmengen ankommen wird, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Ausführungen des Landgerichts zur Preisermittlung für Mehrmengen nach § 2 Abs. 3 VOB/B nicht dem aktuellen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen.
87Klarzustellen ist hierzu zunächst, dass es richtig ist, für die Mehrmengen bis 10 % nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B den ungekürzten vertraglichen Einheitspreis anzusetzen (Keldungs a.a.O. § 2 Abs. 3 VOB/B, Rn. 16).
88Bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung über einen neuen Preis obliegt die Preisermittlung dem mit entsprechenden Klagebegehren Gericht. In Abkehr vom Prinzip „vorkalkulatorischer Preisfortschreibung“ sind nach der jüngeren Rechtsprechung es VII. Zivilsenats des BGH allerdings die konkreten Mehrkosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich. Auszugehen ist hiernach von einer im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB zu schließenden Lücke, wobei es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen entspricht, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll. Auf dieser Grundlage ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B auf die tatsächlich erforderlichen Kosten der über 10 % hinausgehenden Leistungsbestandteile zuzüglich angemessener Zuschläge abzustellen (BGH, Urteil vom 08.08.2019, VII ZR 34/18, juris, Rn. 27-30).
89Der Beklagten zu 1. wird daher ggf. Gelegenheit zu geben sein, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu den konkreten Kosten vorzutragen.
90III.
91Die Kostenentscheidung bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten.
92Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht insoweit, als durch Teilurteil abschließend entschieden wird, auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Im Übrigen erfolgt der Ausspruch im Hinblick auf die §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO (vgl. OLG München, Urteil vom 18.09.2002, 27 U 1011/01, NZM 2002, 1032, juris, Rn. 75).
93IV.
94Für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO besteht keine Veranlassung. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.