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1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.04.2021 (81 O 102/20) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Antragsteller erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu den nachstehenden Hinweisen des Senats – auch zur Frage der weiteren Durchführung des Berufungsverfahrens – Stellung zu nehmen.
3.Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 € festgesetzt.
G r ü n d e ;
2Das Rechtsmittel ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.
31. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 10.12.2020 zu Recht und mit zutreffender Begründung aufgehoben. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller rechtsmissbräuchlich handelt. Das Vorbringen in der Berufung führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
4a) Das Vorliegen eines Missbrauchs ist, da eine Prozessvoraussetzung betreffend, von Amts wegen im Wege des Freibeweises zu prüfen. Ein non liquet geht zu Lasten des Beklagten/Antragsgegners. Grundsätzlich ist es daher Sache des Beklagten/Antragsgegners, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzubieten. Dies gilt auch für das Vorgehen eines Verbandes, zumal für ihn die Vermutung spricht, dass er seinen satzungsmäßigen Zwecken nachgeht. Ist allerdings durch entsprechenden Tatsachenvortrag die für die Prozessführungsbefugnis bzw. Anspruchsberechtigung sprechende Vermutung erschüttert, so trifft den Verband eine zumindest sekundäre Darlegungslast. Er muss dann durch substantiierten Tatsachenvortrag den Einwand des Rechtsmissbrauchs entkräften (KBF / Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 8c Rn. 42). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist für den Rechtsmissbrauch nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen.
5b) Im vorliegenden Fall tragen die von der Antragsgegnerin detailliert dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände (Vielzahl von Abmahnungen, von denen nur ein Bruchteil gerichtlich verfolgt werden; systematisches Verschonen der eigenen Mitglieder im Rahmen des Vorgehens gegen Wettbewerbsverstöße, insbesondere auch mit gerichtlichen Verfahren; Aufnahme von Mitgliedern typischerweise nur als „passive“ Mitglieder ohne Stimmrecht; Verhältnis der gerichtlichen Unterlassungsverfahren zu den gerichtlichen Vertragsstrafeverfahren; unangemessen hohe Zahlungen an eine freie Mitarbeiterin, die eine Schwester der Geschäftsführerin ist; systematisch zu weit gefasste vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärungen) in der Gesamtbetrachtung die Feststellung, dass die Antragstellerin mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.
6c) Vor diesem Hintergrund ist der Antragsteller gehalten, den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu entkräften. Hierzu bedarf es substantiierten Vortrags zu seiner Rechtsdurchsetzungstätigkeit, zu seiner Einnahmen- und Ausgabenstruktur, zu seiner Mitgliederstruktur und zu seinem Arbeitsapparat. Die weitgehend inhaltsarme eidesstattliche Versicherung seiner Geschäftsführerin A vom 01.03.2021 genügt insoweit nicht, auch nicht das schriftsätzliche Vorbringen des Antragstellers. Der Antragsteller hat nicht schlüssig vorgetragen und belegt, dass er jemals Unterlassungsklagen (welche?) gegen (welche?) Vereinsmitglieder geführt hat für erst nach Eintritt in den Verein begangene Verstöße. Dass der Kläger Vereinsmitglieder auf Zahlung von Vertragsstrafen in Anspruch nimmt für Verstöße gegen Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die vor dem Vereinsbeitritt abgegeben worden sind, ist eher ein Hinweis für die Richtigkeit der Behauptung, dem Antragsteller gehe es vorrangig um die Generierung von Einnahmen, als Indiz gegen den Rechtsmissbrauchsvorwurf. Dass der Antragsteller nicht in der Lage sein mag, ca. 2.600 Mitglieder „in Echtzeit“ zu überwachen, erklärt nicht den Widerspruch zwischen seinem Vortrag, den Shop eines jeden Mitglieds zu überprüfen, das auf eine Liste zum Nachweis der Aktivlegitimation kommt, und der Tatsache, dass von den im vorliegenden Verfahren gelisteten 48 Mitglieder mindestens 25 selbst gegen die Vorschriften zur Grundpreisangabe verstoßen haben. Einen nachvollziehbaren Grund für die passive Mitgliedschaft trägt der Antragsteller nicht vor. Ein zahlendes Vereinsmitglied hat in aller Regel ein – in jedem Fall berechtigtes - Interesse daran, durch Ausübung des Stimmrechts die Tätigkeit des Vereins mitzubestimmen und vor allem auch dessen Tätigkeit zu kontrollieren. Der Versuch des Antragstellers, das Gehalt seiner freien Mitarbeiterin B zu relativieren, überzeugt ebenfalls nicht. Frau B hatte nach eigenen Angaben in einer gerichtlichen Beweisaufnahme einen Stundensatz von 120,00 € netto erhalten und 30 bis 40 Stunden in der Woche für den Antragsteller gearbeitet. Ein solches Gehalt stand in keinem angemessenen Verhältnis zu den von der Zeugin geschilderten Tätigkeiten. Die Höhe des Gehalts wirft, wie von der Antragsgegnerin ausgeführt, auch Fragen bezüglich der Höhe des Gehalts der Geschäftsführung des Antragstellers und der von ihm anderweitig gezahlten Gehälter auf.
7Die allgemeinen Ausführungen des Antragstellers zu seinen satzungsmäßigen Tätigkeiten sind nicht geeignet, die o.a. konkreten Indizien zu entkräften. Der Antragsteller hätte vielmehr detailliert vortragen und glaubhaft machen müssen:
8zu seiner Abmahntätigkeit (Anzahl der Abmahnungen insgesamt sowie gegenüber Vereinsmitgliedern für Verstöße nach dem Vereinsbeitritt; Anzahl der Abmahnungen, die vorgerichtlich zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geführt haben, sowie Anteil der anschließend in einem gerichtlichen Verfahren auf Unterlassung in Anspruch genommen Nicht-Vereinsmitglieder und Vereinsmitglieder),
9zu seinen Gesamteinnahmen und Ausgaben in den einzelnen Tätigkeitsbereichen (insbesondere zu Zahlungen an die Vorstandsmitglieder und aktiven Mitglieder sowie mit diesen verwandte oder verschwägerte Personen; Zahlungen an Unternehmen, an denen Vorstandsmitglieder, aktive Mitglieder und/oder mit diesen verwandte oder verschwägerte Zahlungsempfänger des Klägers beteiligt waren),
10zu seiner Mitgliederstruktur und zu seinem Arbeitsapparat (aktive / passive Mitglieder; Vorstand; familiäre Beziehungen untereinander und zu freien Mitarbeitern; Aufgaben, Arbeitsumfang und Vergütung aller für den Antragsteller Tätigen).
112. Die Berufung wird daher zurückzuweisen sein, wenn der Antragsteller nicht die Gelegenheit zu einer kostengünstigen Rücknahme des Rechtsmittels innerhalb der Stellungnahmefrist wahrnimmt.