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I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 28.09.2021, Az. 33 O 62/20, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin stellt hölzerne Spieltürme für den Außenbereich her und vertreibt sie im Inland über ihren Internetshop Internetadresse 1. Die Beklagten 1), 2) und 3) vertreiben über ihre Internetshops ebenfalls hölzerne Spieltürme für den Außenbereich. Die Beklagte zu 4) ist Komplementärin der Beklagten zu 3). Der Beklagte zu 5) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 3).
4Zum Sortiment der Klägerin gehören die Spieltürme „A B“, „A C“, ferner „A D E“ als Abwandlung der Spieltürme „C“ und „B“ sowie „A D F“. Für die Gestaltung wird auf Bl. 7 ff. der erstinstanzlichen Akte hingewiesen. In Abwandlung ihres Spielturmes „D F“ bietet die Klägerin im Inland den Spielturm „A D G“ an, hinsichtlich dessen Gestaltung auf Bl. 11 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen wird. Unter der Bezeichnung „H“ vertreibt die Klägerin eine weitere Serie hölzerner Spieltürme.
5Am 17. März 2020 stellt die Klägerin fest, dass die Beklagte zu 3) auf ihrer Internetseite Internetadresse 2 und die Beklagten zu 1 und 2) auf ihren Internetseiten Internetadresse 3 und Internetadresse 4 die Spieltürme „I J“, „I P“ und „I P“ anbieten. Die Klägerin mahnte die Beklagten zu 1) bis 3) jeweils unter Fristsetzung zum 8.4.2020 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
6Die Klägerin hat behauptet, dass sie die Spieltürme „C“ und „B“ seit 2012, die Spieltürme „D E“ und „D F“ seit dem 20.12.2017, den Spielturm „D G“ seit dem 13.12.2017 vertreibe.
7Sie hat gemeint, dass ihre Spieltürme wettbewerblich eigenartig seien. Die Eigenart sei dadurch gesteigert, dass sie mit ihrem Spielturmprogramm im Inland einen hohen siebenstelligen Umsatz erreicht habe, nämlich mit „B“ 2018 insgesamt 3,7 Mio. Euro, 2019 insgesamt 3,5 Mio. Euro und 2020 insgesamt 4 Mio. Euro. Sie habe zudem erhebliche Aufwendungen für Website-Pflege, Suchmaschinenoptimierung, Fotoshoots, Gestaltung von Online-Prospekten, Social-Media-Präsenz und K-Filmen sowie Werbeaufwendungen auf Plattformen wie L oder M unternommen. Der Erfolg dieser Maßnahmen zeige sich in einer hohen Anzahl an Followern in sozialen Medien und häufigen Suchen nach „A“ in Suchmaschinen. Die wettbewerbliche Eigenart sei nicht durch Umfeldprodukte geschwächt. Insbesondere die von den Beklagten zum Beweis des Gegenteils angeführten Spieltürme „N“ und „O“ hielten genügend Abstand zu den Gestaltungen der Klägerin. Die Marktbedeutung dieser Produkte sei unklar.
8Die Klägerin hat gemeint, dass ihre Produkte durch die Produkte der Beklagten nachgeahmt würden. Der Spielturm „I J“ sei eine nahezu identische Nachahmung von „B“, hilfsweise des „D E“. „I P“ sei eine nahezu identische Nachahmung von „D F“, hilfsweise von „D E“. „I P“ ahme nahezu identisch den „B“, hilfsweise „D G“ nach.
9Die Nachahmungen hat die Klägerin für unlauter gehalten, weil sie geeignet seien, über die betriebliche Herkunft zu täuschen und die Wertschätzung der Originale auszunutzen.
10Die Klägerin hat beantragt,
11I. 1. (es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen), im geschäftlichen Verkehr des Vertriebs von Spielgeräten für den Außenbereich die nachfolgend aus verschiedenen Perspektiven abgelichteten, mit ergänz- und/oder austauchbarem Zubehör versehenen Spieltürme zu bewerben, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen und/oder bewerben, anbieten oder in den Verkehr bringen zu lassen
12und/oder
und/oder
2. (Auskunft über die vorgenannten Handlungen zu erteilen)
163. als Gesamtschuldner an sie 2.743,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. April 2020 zu bezahlen;
17II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, welcher ihr durch die Begehung der vorstehend unter I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
18Die Beklagten haben beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Klageanträge für unbestimmt gehalten.
21Die Beklagten haben den von der Klägerin behaupteten Beginn des Vertriebs ihrer Spieltürme mit Nichtwissen bestritten. Sie haben gemeint, den klägerischen Spieltürmen fehle die wettbewerbliche Eigenart, allenfalls sei sie unterdurchschnittlich. Die Herstellung sei von der Motivation der Kostenersparnis durch Verwendung minderwertiger Materialien und unstabiler Konstruktion geprägt. Die Konstruktion weise ein geometrisch naheliegendes Grundmuster auf, die Gestaltungsmerkmale seien überwiegend technisch notwendig. Die modulare Aufbauweise werde bereits seit den 1990 Jahren praktiziert. Soweit wettbewerbliche Eigenart bestünde, sei sie durch Umfeldprodukte geschwächt, so den Turm „N“ von R, der seit 2005 mit beträchtlichem Umsatz und Werbeaufwand vertrieben werde und in der Folgezeit weiterentwickelt worden sei, der Spielturm „S“ nebst Schaukelbausatz „T“, der seit 1993 in Deutschland angeboten werde, der Spielturm „O“ von U mit erheblicher Marktpräsenz und die Türme der Beklagten selbst, die in den 2000er Jahren entwickelt und seit 2010 vertrieben würden, sowie weitere Spieltürme, welche die Eigenart der klägerischen Produkte schwächten.
22Die Beklagten haben gemeint, die Spieltürme der Klägerin seien nicht überdurchschnittlich bekannt. Sie haben die von der Klägerin dargelegten Umsätze und Werbeaufwendungen mit Nichtwissen bestritten. Die Präsenz in sozialen Medien und auf Internetverkaufsplattformen sei nicht geeignet, eine hohe Bekanntheit zu begründen. Die Beklagten haben bestritten, die Gestaltungen der Klägerin nachgeahmt zu haben. Der Gesamteindruck der Gestaltungen unterscheide sich erheblich. Auch fehle es an einer Unlauterkeit. Die Beklagten zu 1) und 2) haben hierzu gemeint, dass die Art des Vertriebes ihrer Spieltürme deren betriebliche Herkunft klarstelle und aus einer Herkunftstäuschung herausführe. Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Einrede der Verjährung in Bezug auf den Auskunfts- und Feststellungsanspruch erhoben, soweit es um Zeiträume vor dem 26.12.2019 gehe. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 1) und 2) bzw. 3) bis 5) scheitere daran, dass getrennt abgemahnt worden sei.
23Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf das Urteil des Landgerichts und die erstinstanzlichen Schriftsätze der Parteien verwiesen.
24Das Landgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt, weil die Beschreibung mit Lichtbildern verbunden sei und die Merkmale, auf welche die wettbewerbliche Eigenart gestützt werde, in der Klageschrift genügend beschrieben worden seien. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8; 3; 4 Nr. 3 a) oder b) bestehe nicht. Zwar hätten sich die Beklagten 1) bis 3) mit ihren Gestaltungen nachschaffend den wegen naheliegender Gestaltungsmerkmerkmale nur unterdurchschnittlich wettbewerblich eigenartigen Spieltürmen B, D E und D F der Klägerin angenähert, doch fehle es an der Gefahr einer Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung. Beim Turm „I P“ der Beklagten fehle es an der Nachahmung des durchschnittlich wettbewerblich eigenartigen „D G“, weil es zahlreiche Unterschiede in prägenden Gestaltungsmerkmalen gebe. Da die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Gestaltungen im Übrigen nur unterdurchschnittlich sei, zudem keine identische, sondern nur eine nachschaffende Übernahme vorliege, sei bei ihnen die Gefahr, dass der Verkehr über die betriebliche Herkunft der Spieltürme der Beklagte getäuscht werde, hinreichend ausgeräumt. Auch eine Rufausbeutung liege nicht vor, weil nicht erkennbar sei, dass sich die Beklagten an den Ruf und das Image des Originals anhängen oder daran partizipierten. Ein besonderes Image der Produkte sei nicht hinreichend dargetan.
25Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, dass eine nahezu identische und nicht nur eine nachschaffende Übernahme vorliege. Das Landgericht habe die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Gestaltung nicht selbst und durch eigene Feststellungen beurteilt, sondern die Begründung aus Rechtsstreitigkeiten der Vergangenheit übernommen. Dort sei allerdings eine unterdurchschnittliche Eigenart oft nur als Hypothese, nicht als Feststellung angenommen worden. Der erkennende Senat sei in früheren Entscheidungen von einer generellen, also durchschnittlichen Eigenart ausgegangen. Daher liege eine überraschende Änderung der Entscheidungspraxis durch die vorliegende Entscheidung und auch durch die Einschätzungen des erkennenden Senats in den Fällen 6 U 184/21 und 6 U 54/22 vor. Die wettbewerbliche Eigenart folge bei baukastenmäßigen Systemen, wie dem der Klägerin, daraus, dass mit auf festgelegte Proportionen abgestimmten Teilen gearbeitet werde, so dass eine ästhetische Handschrift entstehe. Die Gestaltungen der Klägerin seien überdies von hoher Marktbekanntheit und damit von gesteigerter wettbewerblicher Eigenart. Das folge etwa daraus, dass in den Jahren 2018 bis 2020 bei auf M angebotenen Spieltürmen 90% auf die Angebote der Klägerin entfielen. Ein hohes Abnehmerinteresse deute auf eine hohe Marktbekanntheit hin. Die Suchanfragen bei L und V lägen erheblich über den Nachfragen nach Konkurrenzprodukten. Der B gehöre zu den meistverkauften im deutschen Markt. Auch der Werbe- und Marketingaufwand sei von der Klägerin ausreichend dargelegt worden, er sei vom Landgericht und den Beklagten zu Unrecht pauschal als nicht genügend angesehen worden. Für den B gibt sie die Werbeaufwendungen von 2018 bis 2020 mit 560.000 Euro (2018) bzw. 460 T€ und 550 T€ an. Für den C gibt sie einen Gesamtumsatz von 2015 bis 2020 in Höhe von 3,9 Mio. € und Werbeaufwendungen von 365 T€ an. Bei den Suchanfragen legt die Klägerin Untersuchungen vor, wonach Anfragen nicht nur die Unternehmensbezeichnung, sondern das Produkt „Spielturm B“ betrafen, im Übrigen sei es üblich, dass Interessenten über die Unternehmensbezeichnung auch Produkte suchen. Die Parteien stünden sich entgegen der Darstellung des Landgerichts ausschließlich im Online-Handel gegenüber. Erstmals im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihren Hauptunterlassungsantrag um einen Hilfsantrag erweitert, wonach sich das Verbot auf den Vertrieb „im Marktsegment des Online-Handels im Internet“ beziehe. Hierzu behauptet die Klägerin, dass das Landgericht im Urteil ohne vorherigen Hinweisbeschluss davon ausgegangen sei, dass ein Großteil des Vertriebs von Spieltürmen im stationären Handel stattfinde, obwohl die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit Wettbewerber ausschließlich im Online-Handel seien.
26Auch Followerzahlen seien für die Marktbekanntheit relevant. Die Klägerin sei schon lange – nämlich seit 2012 - im Markt gewesen, insoweit auch bevor die behaupteten Nachahmungen der Beklagten aufgetaucht seien. Die klägerischen Gestaltungen gingen im Übrigen auf Produkte von 2003 („W“ und „X“) sowie 2009 („Y“) zurück, die durch eine Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Z GmbH & Co.KG hergestellt und vertrieben worden seien.
27Inhaltlich liege nicht nur eine nachschaffende, sondern eine identische Nachahmung vor, wie die Gegenüberstellungen Bl. 206 ff. e.A. zeigten. Das Verhalten sei auch unlauter, weil eine Herkunftstäuschung im engeren Sinne, nämlich eine Fehlzuordnung der Produkte zu befürchten sei, denn der Abnehmer unterliege der Vorstellung, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um abgewandelte Ausführungen desselben Herstellers handele. Die zur Beurteilung der Unlauterkeit notwendige Gesamtbetrachtung sei fehlerhaft, weil das Landgericht zu Unrecht nicht von einer identischen Übernahme der Gestaltung ausgegangen sei. Daher liegt auch eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der klägerischen Produkte vor, die das Landgericht fehlerhaft verneint habe. Die Wertschätzung ergebe sich überdies aus den hohen Suchanfragen nach Produkten der Klägerin.
28Auskunfts- und Schadensersatzanspruch seien dem Grunde nach gegeben. Der Kostenerstattungsanspruch zu Antrag I. 3. ergebe sich aus § 13 Abs. 3 UWG n.F. (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a.F.) und der Abmahnung vom 2.4.2020 sowie dem Ablauf der dort genannten Frist am 8.4.2020.
29Die Klägerin beantragt,
30die Beklagten wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen.
31Die Beklagten beantragen,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Sie verteidigen das angegriffene Urteil mit Ausnahme der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart, welche nicht nur gering sei, sondern gänzlich fehle, jedenfalls seit 2017 durch Veränderungen im Marktumfeld erheblich herabgesetzt worden sei. Spieltürme würden größtenteils im modularen Bausystem vertrieben, so dass die Gestaltungsformen weitgehend vorgegeben und aus Kostengründen naheliegend seien sowie gängigen Ausführungen von Outdoor-Spieltürmen seit den 1990er Jahren entsprächen. An einer Herkunftstäuschung fehle es schon deshalb, weil bei geringer Eigenart auch geringe Abweichungen genügten, um die Herkunftstäuschung zu vermeiden. Die Klägerin würde selbst widersprüchlich vortragen, wenn sie die Merkmale ihrer Konstruktion (z.B. Querbalken und A-Stütze) einerseits als eigenartig auflistet, andererseits als handwerkliche Ausführungsvariante qualifiziert. Hinzu komme, dass sie in der Berufungsbegründung neue Elemente, wie die Färbung der Trage- und Stützelemente, das Satteldach, die farbigen Elemente der Kletterwand und das Stütz-, Schaukel- oder Kletterelement, zur Behauptung der wettbewerblichen Eigenart verwende, die in der Klageschrift nicht angeführt seien. Manche Elemente seien technisch bedingt, um die Selbstmontage und Stabilität der Konstruktion zu gewährleisten, so etwa die rechteckigen Fundamente („Balkenrechteck“). Das Totalverbot von Online- und stationärem Handel sei übermäßig, weil die Beklagten keinen stationären Handel betrieben. Die Beklagten bestreiten, dass Vorgängerkonstruktionen seit 2003 bzw. 2009 vertrieben worden seien. Die Angabe von Werbeaufwendungen bestreiten die Beklagten mit Nichtwissen, jedenfalls rügen sie, dass nicht ersichtlich sei, inwieweit die angegebenen Umsätze gerade auf die Vermarktung der streitgegenständlichen Spieltürme aufgewendet worden seien. Nur bei produktbezogener Werbung könnten Aufwendungen allerdings ein Indiz für die gesteigerte Bekanntheit dieser Produkte begründen. Soweit Werbeerfolge auf Internetdienste bezogen würden, würde verkannt, dass der stationäre Handel über Garten- und Baumärkte ein maßgeblicher Absatzkanal für Spieltürme darstelle. Die wettbewerbliche Eigenart werde durch das strukturell vergleichbare und unterschiedlich vermarktete Produktsortiment H beeinträchtigt, weil der Verkehr bei nicht als Handelsmarken geführten Hersteller-Zweitmarken die prägenden Gestaltungsmerkmale nicht mehr nur einem Hersteller zuordne, insbesondere, wenn er nicht leicht erkenne, dass die Zweitmarke vom Hersteller der ersten Produktlinie stamme. Eine Herkunftstäuschung werde dadurch vermieden, dass die klägerischen Produkte an auffälliger Stelle Markenbezeichnungen trügen. Im Übrigen listen die Beklagten die Unterschiede zwischen den klägerischen und den angegriffenen Produkten auf (Anlagenkonvolut B 1, S. 28 ff., 41 ff., 48 ff.). Die Beklagten zu 1) und 2) verweisen darauf, dass die Spieltürme „I“ seit 2006 vertrieben werden, also keine Nachahmung der klägerischen Produkte von 2009 sein können.
34II.
35Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
361. Die Berufung ist rechtzeitig und fristgemäß. Zulässigkeitshindernisse sind nicht ersichtlich. Der Unterlassungsantrag ist mit der Begründung des Landgerichts hinreichend bestimmt. Die bisherige Fassung des Unterlassungsantrages, die nicht nach stationärem oder Internetvertrieb unterscheidet, ist ausreichend, weil es um den Vertrieb von Nachahmerprodukten geht, die sowohl stationär als auch im Internet vertrieben werden könnten. Dass derzeit der Vertrieb über das Internet erfolgt, beseitigt nicht die Gefahr eines Vertriebs auch über andere Handelskanäle, die kerngleich wäre. Insbesondere ist die Verletzungshandlung nicht durch den Vertriebsweg derart gekennzeichnet, dass ein Wechsel des Vertriebsweges eine unlautere Nachahmung entfallen lassen würde, wenn sie denn vorliegt. Auch das Gesetz unterscheidet bei der Vertriebsart nicht nach analogen oder digitalen Verbreitungswegen. Eine Modifikation des Antrags ist daher ebenso wenig nötig wie der bisherige Antrag überschießend ist. Sofern eine Nachahmung vorliegt, ist der Vertrieb solcher Nachahmerwerbung unabhängig vom Vertriebsweg eine Verletzungshandlung, die unter den Verbotsanspruch fällt.
372. Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 3 a) noch ein solcher nach § 8 Abs. 1 UWG, 3 Abs. 1; 4 Nr. 3b UWG zu.
38a) Die Aktivlegitimation der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Anwendungsvoraussetzungen des UWG liegen vor.
39b) Die von den Beklagten vertriebenen Spieltürme stellen im Ergebnis keine unlautere Nachahmung der klägerischen Spieltürme nach, verletzen daher nicht § 4 Nr. 3 UWG.
40aa) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Produkte der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Dies setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten eines Produktes hinzuweisen. Dabei geht es um die Frage, ob die Gestaltung des Produktes vom Verkehr auf eine gleichbleibende Herkunftsquelle zurückgeführt wird, was unabhängig davon ist, ob die Herkunftsquelle auch namentlich benannt werden kann (BGH GRUR 2018, 311 R. 14 – Handfugenpistole). Geht es, wie hier, um eine ästhetische Gestaltung, so kommt es auf die Anmutung des Produktes an. Entscheidend ist der Gesamteindruck beim angesprochenen Verkehr (BGH GRUR 2010, 80 Tz. 34 – LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 Tz. 19 – Regalsystem, GRUR 2013, 1052 Tz. 20 – Einkaufswagen III), der auch aus dem Zusammenwirken besonders gestalteter Elemente resultieren kann (vgl. BGH GRUR 2006, 79 Tz. 26 – Jeans I; GRUR 2008, 1115 Tz. 20 - ICON). Übliche Gestaltungsmerkmale, die für die betreffende Produktkategorie üblich sind, spielen dabei schon deswegen keine Rolle, weil der Verkehr ihre Verwendung nicht auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bezieht, sondern allen Produkten der betreffenden Gattung unabhängig von ihrem Hersteller zuschreibt.
41Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Senat als in Wettbewerbs-, insbesondere auch Nachahmungsfällen erfahrener Spruchkörper aus eigener Sachkunde beurteilen, zumal nur der optische Gesamteindruck zu berücksichtigen ist und sich die Produkte an ein allgemeines Publikum richten (vgl. BGH GRUR 2017, 1135 Rn. 19 – Leuchtballon).
42Die wettbewerbliche Eigenart hat das Landgericht zusammengefasst in dem soliden und kompakten Gesamteindruck, der zurückhaltenden Verwendung nichttragender Holzteile und dem Eindruck eines lichten und klar strukturierten Spielgeräts gesehen. Doch sei die Eigenart nur unterdurchschnittlich, weil Gestaltungsmerkmale eingesetzt würden, die für hölzerne Spieltürme naheliegend und aus Sicht des angesprochenen Verkehrs erwartbar seien. Der Klägerin sei es nicht gelungen, eine Steigerung dieser Eigenart durch hohe Marktanteile, überdurchschnittliche Werbeaufwendungen oder besondere mediale Aufmerksamkeit ausreichend darzulegen. Die Verwendung des Firmenzeichens A bei Suchmaschinen deute noch nicht auf eine besondere Werbepräsenz auch der Spieltürme hin. Eine Schwächung der Eigenart durch konkurrierende Gestaltungen liege letztlich nicht vor, weil sich diese konkurrierenden Gestaltungen in besonderen Details (etwa bei der A-förmigen Tragekonstruktion) oder im Gesamteindruck unterschieden. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an.
43Der Senat hat sich bereits mehrfach mit den Spieltürmen der Klägerin, insbesondere den Produkten B, C und den Abwandlungen „D E“, „D F“ und „D G“ befasst.
44Die wettbewerbliche Eigenart wurde dabei (Fall 6 U 225/21) unter Rückgriff auf die Entscheidung des LG Köln in 31 O 61/20 bisher wie folgt beschrieben:
45„Der Gesamteindruck des Spielgeräts „B“ wird geprägt durch das Zusammenwirken folgender Elemente: Verwendung von eckigen Balken als Tragelemente und breiten Brettern im Bereich der Ausgestaltung von Stufen, Geländern, Böden und Flächen. Klare Aufteilung des Geräts in einen Spielturm auf der einen und eine Stützkonstruktion auf der anderen Seite. Diese Stützkonstruktion ist A-förmig gestaltet und weist insbesondere unterhalb des unter der Spitze angebrachten Querbalkens einen kurzen Tragebalken auf, der diesem Haltepunkt einen besonders stabilen Ausdruck verleiht. Der Querbalken, der der Anbringung von Spielgeräten dient, liegt auf der anderen Seite im Bereich des Spielturms auf. Der Spielturm ist auf einem auf dem Boden ruhenden Balkenrechteck aufgebaut, aus dem tragende Balken paarweise und mittig zueinander geordnet aufragen. Diese Anordnung führt zu einer gleichmäßigen Gliederung des Spielturms in einen mit einem Spitzdach versehenen Spielbereich, an den in der Verlängerung des Querbalkens eine Rutsche ansetzt, und in eine links davon befindliche offene gleichförmige Spielplattform, die an den Stirnseiten Öffnungen zu einer schräg angesetzten Leiter bzw. senkrecht angesetzten Kletterwand aufweisen. Diese auffällige Konstruktionsart - insbesondere im Bereich der A-förmig gestalteten Stützkonstruktion - vermittelt dem gesamten Spielgerät einen besonders soliden und kompakten Eindruck. Zugleich entsteht durch die Wahl der Materialien und die eher zurückhaltende Verwendung nichttragender Holzteile der Eindruck eines lichten und klar strukturierten Spielgeräts.“
46„Der Gesamteindruck des Spielgeräts „C" wird geprägt durch das Zusammenwirken folgender Elemente: Verwendung von eckigen Balken als Tragelemente und breiten Brettern im Bereich der Ausgestaltung von Stufen, Geländern, Böden und Flächen. Klare Aufteilung des Geräts in einen Spielturm auf der einen und eine Stützkonstruktion auf der anderen Seite. Diese Stützkonstruktion ist A-förmig gestaltet und weist insbesondere unterhalb des unter der Spitze angebrachten Querbalkens einen kurzen Tragebalken auf, der diesem Haltepunkt einen besonders stabilen Ausdruck verleiht. Der Querbalken, der der Anbringung von Spielgeräten dient, liegt auf der anderen Seite im Bereich des Spielturms auf. Der Spielturm ist auf einem auf dem Boden ruhenden Balkenrechteck aufgebaut, aus dem tragende Balken paarweise geordnet aufragen. Der Spielturm ist mit einem Spitzdach versehen, das die Spielplattform abdeckt. Diese Spielplattform weist an den Seiten Öffnungen auf, die zu einer schräg angesetzten Leiter, einer senkrecht angesetzten Kletterwand und einer Rutsche führen. Diese auffällige Konstruktionsart – insbesondere im Bereich der A-förmig gestalteten Stützkonstruktion – vermittelt dem gesamten Spielgerät einen besonders soliden und kompakten Eindruck. Zugleich entsteht durch die Wahl der Materialien und die eher zurückhaltende Verwendung nichttragender Holzteile der Eindruck eines lichten und klar strukturierten Spielgeräts.
47Die Spieltürme „A D E“, „A D F“ und „A D G“, greifen die Gestaltungsmerkmale der Spieltürme „A C“ bzw. „A B“ auf und führen sie fort. Auch bei diesen Spieltürmen werden eckige Balken verwendet. Alle Spieltürme sind auf einem auf dem Boden ruhenden Balkenrechteck aufgebaut, aus dem tragende Balken paarweise geordnet aufragen und mit einem Spitzdach versehen, das die Spielplattform abdeckt. An den Seiten ist jeweils winkelig eine Leiter angesetzt. Insgesamt entsteht durch die eher zurückhaltende Verwendung nichttragender Holzteile der Eindruck licht und klar strukturierter Spielgeräte. Bei den Spieltürmen „A D F“ und „A D G“ ist außerdem jeweils ein Schaukelmodul vorhanden, wobei die Aufnahme des Schaukelbalkens wiederum A-förmig gestaltet ist. Sie weist unterhalb der Spitze einen kurzen Tragebalken auf, der dem Haltepunkt für den Balken, an dem die Schaukel befestigt ist, einen stabilen Ausdruck verleiht.
48Der „D G“ enthält neben dem Dachelement Wimpelgestaltungen und seitlich ein Dreieckselement, die Gestaltung wirkt insgesamt flacher und gedrungener, die Segel-, Winkel- und Dreieckselemente durchkreuzen den klaren und geordneten Aufbau, so dass die Gestaltung insgesamt nicht so licht aufragend wie die übrigen Gestaltungen wirkt.
49Der Senat hält an dieser in mehreren weiteren Entscheidungen vertretenen Ansicht fest, dass die Ausgangsprodukte B und C wettbewerblich eigenartig sind. Daraus folgt, dass der Darstellung der Beklagten, dass den Produkten jede wettbewerbliche Eigenart fehlt, nicht zu folgen ist. Es handelt sich bei den Spieltürmen insbesondere nicht um technisch vorbestimmte Konstruktionen, bei denen jede Abweichung ausgeschlossen ist. Im Vordergrund steht die ästhetische Gestaltung, mag auch die technische Funktion manche Konstruktionen ausschließen. Naturgemäß muss eine Leiter besteigbar, eine Rutsche schräggestellt und eine Klettervorrichtung solide sein. Gleichwohl zeigen die Gestaltungen, die auch im hiesigen Verfahren diskutiert werden, dass bei der konkreten Materialverwendung Gestaltungsspielräume dort bestehen, wo die ästhetische Anmutung zu einer besonderen Formensprache führt. Die modulare Konstruktion schränkt den Gestaltungsspielraum allerdings ein, weil eckige Elemente offenbar besser kombinierbar und für den privaten Kunden leichter aufbaubar sind als runde Elemente. Auch hierdurch ist aber nicht vorgegeben, welche Elemente wie kombiniert werden. Schließlich geht es nicht um die Monopolisierung einer Grundidee. Zwar trifft es zu, dass die Grundidee, einen Kletterturm mit Schaukel, Rutsche und weiteren Elementen zu kombinieren, nicht einem einzelnen Hersteller zugewiesen werden darf. Allerdings sagt die Grundidee wiederum noch nichts darüber aus, wie die Elemente kombiniert werden und welchen ästhetischen Eindruck die daraus gewonnene Konstruktion hat.
50Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Senat aber auch stets betont, dass die Eigenart aufgrund des engen Gestaltungsspielraums, der von mehreren Unternehmen verwendeten Gestaltungsgrundidee aus zentralem Turm mit angesetzten Spielgeräten, wie Rutsche, Kletterseil und Schaukel nur gering ist. Soweit die Klägerin meint, dass der Senat in der Vergangenheit von einer normalen, durchschnittlichen oder gar gesteigerten Eigenart ausgegangen ist, trifft dies nicht zu. Bereits in der von der Klägerin zitierten Entscheidung 6 U 110/17 hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts, wonach „aufgrund des geringen Gestaltungsspielraums … von eher unterdurchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart“ auszugehen sei, nicht korrigiert (Senat, GRUR-RS 2017, 140521 Rn. 53), sondern die Übereinstimmung mit eigener früherer Rechtsprechung angenommen (aaO. Rn. 54). Daran hat sich auch in den jüngeren Entscheidungen nichts geändert.
51Zutreffend weist die Klägerin zwar darauf hin, dass auch und gerade bei einem engen Gestaltungsspielraum Raum für gestalterische Besonderheiten verbleibt, insbesondere wenn in einem engen Freiheitsbereich eine einzelne Gestaltung durch ihre besondere gestalterische Handschrift hervorsticht. Allerdings folgt der Senat nicht der Einschätzung der Klägerin, dass dies im vorliegenden Fall gelungen sei. Die Eigenart der klägerischen Gestaltungsleistung liegt darin, dass von vielen Herstellern benutzte Grundelemente – zentraler Spielturm, angebaute Spielelemente, verwendete Balkenhölzer – in einer Weise kombiniert werden, die zu einer soliden, kompakten und licht aufragenden Ansicht geführt hat. Doch folgt daraus noch nicht, dass diese Eigenschaften zu einer unverwechselbaren Handschrift führen. Sie variieren vielmehr nur das, was auch andere Gestaltungen erzeugen, fügen sich andererseits aber in das ein, was auf dem Spielturmmarkt üblich geworden ist. Die von der Klägerin betonte besondere gestalterische Handschrift würde nur entstehen können, wenn die klägerischen Spieltürme eine Anmutung hätten, die von den Konkurrenzprodukten im Markt in einer Weise abwichen, die sie stets in ihrem Gesamteindruckt wiedererkennbar machen. Diesen Grad an Eigentümlichkeit sieht der Senat nicht verwirklicht. Gerade weil die Geräte im Umfeld gleiche Gliederungs- und Ausführungselemente aufweisen, ist das klägerische Gerät zwar eigenständig, dies aber nicht in besonders auffälliger Weise, die eine eigene unverwechselbare Handschrift trägt.
52bb) Die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Konstruktion ist weder gemindert noch aufgrund Bekanntheit gesteigert. Auch bei Berücksichtigung einer gewissen Bekanntheit der Produkte der Antragstellerin, die im Berufungsverfahren aufgrund der dargestellen Umsatz- und Werbeaufwendungen sowie Social-Media-Erfolgen unterstellt werden mag, ist aufgrund des engen wettbewerblichen Umfeldes und der vielfach praktizierten Grundanlage der Spieltürme von einer geringen wettbewerblichen Eigenart auszugehen. Auch das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats.
53Das Landgericht hat die generelle Behauptung eines bestimmten Umsatzvolumens, von Werbeaufwendungen und einer gewissen Bekanntheit in sozialen Medien als nicht hinreichend substantiiert angesehen. Die nochmals in der Berufungsbegründung dargelegten Zahlen über Stückzahlung, Bruttoumsatz und Werbekosten in Bezug auf den Vertrieb des B und des C sind für sich genommen allerdings nur mäßig aussagekräftig, weil relative Bezugsgrößen (Gesamtumsatz von Spieltürmen, Marktanteile, Bezugspunkte von Werbeausgaben) fehlen. Bei einem dichten Markt ist daher nicht erkennbar, warum der angesprochene Verkehr gerade in den Spieltürmen der Klägerin eine einzigartige Handschrift mit herkunftshinweisender Bedeutung sehen soll. Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass die Formensprache der Grundidee nicht nur von der Klägerin verwendet wird, sondern auch in älteren Gestaltungen – nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten zu 1) und 2) etwa in den Türmen „S“ (Fa. A2) 1993, dem Produkt „N“ (2004) und auch dem – ursprünglich allerdings mit Rund- statt mit Kanthölzern ausgestatteten – Spielturm „I“ seit 2006 – Verwendung finden, während die klägerischen Produkte seit 2012 vertrieben werden. Insoweit ist nicht erkennbar, dass die Grundkonzeption der Türme der Klägerin eine Pionierleistung mit einzigartiger Stellung begründet haben. Auch sonstige Umstände, die eine herkunftshinweisende Bekanntheit auslösen, sind nicht erkennbar.
54Ebenso wenig ist andererseits erkennbar, dass die wettbewerbliche Eigenart aufgrund der genannten früheren Gestaltungen gänzlich entfällt, wie von den Beklagten geltend gemacht wird. Auch mit dieser Frage hat sich der Senat bereits befasst, etwa im Fall 6 U 54/22. Dort wurde im Ergebnis zwar auf erhebliche Ähnlichkeiten hingewiesen, die insgesamt die wettbewerbliche Eigenart von B2 und C als gering qualifizieren, gleichwohl aber Unterschiede finden, die nicht erkennen lassen, dass die klägerischen Gestaltungen ihre Besonderheit im Bereich der schlanken, hohen Gestaltung verlieren. Daran hält der Senat fest. Auch wenn Modelle im Umfeld der klägerischen Gestaltung eckige Balken als Tragelemente und breite Bretter im Bereich verwenden, jeweils eine klare Aufteilung des Gerätes in Spielturm und A-förmig ausgestaltete Stützkonstruktionen, als Querbalken ausgestaltete Tragebalken und ein auf dem Bodes ruhendes Balkenrechteck mit paarweise und mittig zueinander geordneten Balken verwenden, so verbleiben doch Spielräume in Höhe, Solidität und Robustheit der Anmutung, die nicht den Eindruck erwecken, dass ein sehr einförmiges Standardgerät von allen Herstellern angeboten wird. Unter Berücksichtigung der konkurrierenden Produkte, die bereits seit längerer Zeit auf dem Markt sind, und der Tatsache, dass der Grundaufbau bei Klettertürmen im Ausgangspunkt regelmäßig große Übereinstimmungen aufweist, war der Gestaltungsspielraum für die Antragstellerin zwar gering, aber noch vorhanden.
55Eine Schwächung der Eigenart durch den Vertrieb des ebenfalls von der Klägerin stammenden Produktes „H“ unter einer eigenen Internetpräsenz hat das Landgericht wegen fehlender Ähnlichkeit verneint. Der Senat hat bereits im Fall 6 U 184/21 ebenfalls verneint, dass der Vertrieb von H nach den Kriterien des BGH den Eindruck einer zweiten Herstellermarke entspricht und daher die Eigenart des Ursprungsproduktes gefährdet und dies wie folgt begründet:
56„Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann entfallen, wenn der Verkehr dessen prägende Gestaltungsmerkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einem mit diesem durch einen Lizenz- oder Gesellschaftsvertrag verbundenen Unternehmen zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2007, 984 Rn. 23, 25 und 32 - Gartenliege; GRUR 2015, 909 Rn. 11 - Exzenterzähne; GRUR 2016, 720 Rn. 16 - Hot Sox; BGHZ 210, 144 Rn. 52 - Segmentstruktur). Das kann der Fall sein, wenn der Hersteller sein Erzeugnis an verschiedene Unternehmen liefert, die es in großem Umfang unter eigenen Kennzeichnungen vertreiben (vgl. BGH, GRUR 2007, 984 Rn. 26 - Gartenliege; GRUR 2015, 909 Rn. 14 - Exzenterzähne; GRUR 2016, 720 Rn. 28 - Hot Sox). Voraussetzung ist, dass der Verkehr die weiteren Kennzeichnungen als Herstellerangaben und nicht als Handelsmarken ansieht (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 14 - Exzenterzähne; GRUR 2016, 720 Rn. 26 f. - Hot Sox; GRUR 2017, 734 Rn. 41 - Bodendübel). Für die wettbewerbliche Eigenart ist es unschädlich, wenn ein Vertrieb unter fremden Marken nur in geringfügigem Umfang erfolgt oder mit zahlreichen Erzeugnissen anderer Hersteller unter einer Handelsmarke. In letzterem Fall geht der Verkehr davon aus, dass die unterschiedlichen Waren von verschiedenen Herstellern stammen, die lediglich nicht selbst genannt werden (BGH, GRUR 2007, 984 Rn. 26 - Gartenliege).
57Nach diesen Grundsätzen ist die wettbewerbliche Eigenart nicht entfallen. Die wesentlichen Gestaltungsmerkmale der unter der Bezeichnung „H“ vertriebenen Produkte stimmen mit der Gestaltung der Produkte der Klägerin zwar überein. Insoweit ist […] auf die Gestaltung des Schaukelbalkens und die reduzierte Nutzung von Holz abzustellen, die sich bei den Produkten, die unter „H“ vertrieben werden, ebenfalls zu finden sind.
58Allerdings dürfte es hinreichend deutlich werden, dass es sich bei der Marke „H“ um eine Handelsmarke der Antragstellerin handelt. So wird in den AGB sowie der Widerrufsbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Produkte von der Antragstellerin stammen.“
59Diese Begründung hält der Senat auch im vorliegenden Fall noch für zutreffend. Die Grundannahme der Beklagten, dass der Verbraucher nur die Darstellung der Produkte, nicht aber die Vertragsbedingungen und AGB wahrnehmen, ist jedenfalls bei Produkten, die aufgrund ihres Preises und ihrer Konstruktionsanforderungen erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, nicht plausibel. Dieses Maß an Aufmerksamkeit gestehen auch die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 12.8.2022 (Berufungserwiderung der Bekl. zu 1 und 2), dort S. 12 zu.
60cc) (1) Das Landgericht hat zutreffend eine Nachahmung bejaht, eine identische Übernahme verneint. Dem folgt der Senat auch vorliegend. Die Klägerin hat dieser Einschätzung entgegengehalten, dass sie von der Rechtsprechung des Senates in der Vergangenheit abweiche. Zutreffend ist, dass der Senat in der Entscheidung 6 U 110/17 sowie im Hinweisbeschluss v. 13.12.2019 – 6 U 155/19, GRUR-RS 2019, 47668 Rn. 8 eine identische Übernahme bejaht hat, wenn „alle Gestaltungselemente übernommen (werden) die die wettbewerbliche Eigenart des Originalproduktes begründen. Soweit kleinere Unterschiede in einzelnen Maßen oder hinsichtlich (von) Details bestehen, steht dies der Feststellung der Nachahmung nicht entgegen“. Der Umstand, dass im damaligen Fall die Beurteilung von der im hier zu entscheidenden Sachverhalt abweicht, hängt allerdings damit zusammen, dass es um unterschiedliche Gestaltungen auf der Seite der behaupteten Verletzung ging. Insoweit können Subsumtionen der Vergangenheit die Beurteilung neuer Fälle nur insoweit beeinflussen oder gar binden, als es um die Anwendung abstrakter Kriterien geht, nicht jedoch hinsichtlich deren Subsumtion auf unterschiedliche Fälle.
61Eine Nachahmung ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Übernahme nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist. Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produktes begründen (BGH GRUR 2017, 1135 Rn. 29 – Leuchtballon). Entscheidend hierfür ist der Gesamteindruck beider Produkte aus Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers. Die Beurteilung kann der Senat selbst vornehmen, weil sich die Produkte an allgemeine Verkehrskreise richten und der Senat häufig mit Streitigkeiten der hier vorliegenden Art befasst ist. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist von folgendem auszugehen:
62Die Produkte der Beklagten verwenden ebenfalls eckige Balken als Tragelemente und breite Bretter im Bereich der weiteren Ausgestaltung. Auch hier liegt eine klare Aufteilung des Geräts in einen Spielturm auf der einen und eine Stützkonstruktion auf der anderen Seite vor. Diese Stützkonstruktion ist – im Bereich der mit einem Schaukelbereich arbeitenden Türme - auch A-förmig gestaltet. Die Spieltürme der Beklagten sind auf einem auf dem Boden ruhenden Balkenrechteck aufgebaut, aus dem tragende Balken paarweise geordnet aufragen. Sie sind ebenfalls mit einem Spitzdach versehen, das die Spielplattform abdeckt. Diese Spielplattform weist an den Seiten Öffnungen auf, die zu einer schräg angesetzten Leiter, einer senkrecht angesetzten Kletterwand und einer Rutsche führen. Die Türme der Beklagten wirken insgesamt aber etwas schmaler und höher. Das Anbauteil der Kletterwand ist geschlossener und etwas höher mit Kletterelementen („Boulder“) gestaltet.
63Wenn der Spielturm der Klägerin insgesamt in seiner Anmutung als solide, kompakt, klar strukturiert und licht bezeichnet wird, so darf dies nicht dazu verleiten, jede mit solchen Attributen ausgestattete Gestaltung bereits als identische Nachahmung anzusehen. Denn die beschriebene Wirkung kann auf vielfachen Wegen erzielt werden. Die Gestaltung der Beklagten erzielt zwar auch eine kompakte, klar gegliederte und lichte Anmutung. Sie wirkt aber insgesamt etwas in die Länge gezogen, daher schlanker und höher. Sie ist also nicht identisch (oder nahezu identisch) übernommen, sondern lediglich nachschaffend. Auch in diesem Punkte hat das Landgericht daher zutreffend geurteilt. Die dortige Formulierung (S. 22), dass der Spielturm der Beklagten weniger verspielt und solider als der Spielturm der Klägerin wirkt, fasst die vorstehenden Ausführungen zutreffend zusammen. Dies wird im Ergebnis auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt, die im Schriftsatz vom 5.9.2022, S. 34 f. einerseits Unterschiede in Detailausführungen zwischen den konkurrierenden Produkten aufzählt, andererseits aber die Auffassung äußert, dass der Verkehr sich nicht auf diese Unterschiede, sondern vor allem auf die Gesamtwirkung der Spieltürme konzentriere.
64(2) Keine Nachahmung sieht das Landgericht dagegen im Hinblick auf den A D G. Zwar habe dieser Turm auch den Grundaufbau der übrigen Türme, die zusätzlichen Elemente, wie Wimpel, Propeller und Dreiecke sorgten aber für einen anderen Gesamteindruck. Dieser Betrachtung schließt sich der Senat an. Die Zusatzelemente lenken in der Tat von der Klarheit des Gesamteindrucks ab. Sie wirken deutlich detailverliebter und insoweit auch verspielter. Daher fehlt es an einer Nachahmung des D G durch die Gestaltungen der Beklagten.
65dd) Soweit eine nachschaffende Übernahme in Bezug auf die Gestaltungen nach den Anträgen 1a) und 1b) vorliegt, fehlt es an der Unlauterkeit des Verhaltens.
66(1) Eine vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 a UWG) liegt nicht vor. Das Landgericht hat gefragt, ob der angesprochene Verkehr annehmen könne, dass es sich bei dem Nachahmerprodukt um eine neue Serie, eine Zweitmarke oder um den Ausdruck einer gesellschafts- oder lizenzrechtlichen Beziehung zwischen den Parteien handeln könne. Im Rahmen einer Gesamtabwägung zwischen Grad der Eigenart, Typus der Nachahmung und sonstiger Umstände hat es die Gefahr einer Herkunftszuordnung verneint. Zwar möge eine gewisse Bekanntheit vorhanden sein, diese würde aber nur unlauter ausgenutzt, wenn eine identische Übernahme vorliege.
67Dem ist zuzustimmen. Für den angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen durchschnittlichen Verbraucher, auf den es ankommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4 Rn. 3.41, mwN), kommt es jedenfalls nicht zu einer erheblichen Täuschungsgefahr. Bei einer nachschaffenden Übernahme liegt die Gefahr einer Herkunftstäuschung nur nahe, wenn ergänzende Umstände vorliegen, die entweder auf eine mittelbare Beziehung zwischen den Unternehmen hinweisen oder die die Gefahr begründen, dass der Verkehr das Nachahmerprodukt dem Hersteller des nachgeahmten Produkts zuschreibt. Mittelbare Beziehungen dürfen nicht unterstellt werden, für sie müsste es einen Anhaltspunkt geben (so BGH GRUR 2019, 196 Rn. 20 – Industrie-nähmaschinen).
68Wie der Senat bereits im Fall 6 U 54/22 entschieden hat, erfordert eine mittelbare Herkunftstäuschung eine Prüfung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Intensität der Übernahme sowie den besonderen Umständen erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2000 – I ZR 225/98, GRUR 2001, 443 – Viennetta).
69Zunächst spricht gegen eine Verwechslungsgefahr, dass die Produkte der Klägerin nur geringe, nicht durch Bekanntheit gesteigerte Eigenart aufweisen und nicht direkt übernommen wurden. Hinzu kommt, dass diese Produkte mit einer eigenen Marke (z.B. einem „:-)“ auf der Rutsche) gekennzeichnet sind, die Produkte der Beklagten jedoch keine solche Kennzeichnung aufweisen. Die Übernahme der Grundidee (zentrales Turmelement mit anliegenden Geräten) ist nicht geeignet, Herkunftserwartungen zu begründen, weil diese Idee frei ist und auch zum Standardrepertoire von Spieltürmen gehört.
70Die Art und Intensität der Übernahme kann nicht alleine damit begründet werden, dass auch die Gestaltung der Beklagten eine lichte, solide und kompakt wirkende Gestaltung vertreiben. Dies genügt nicht, um die Unlauterkeit zu begründen, denn diese ästhetische Wirkung kann auf unterschiedliche Weise erzielt werden und sie wird es auch im hier zu beurteilenden Fall. Dagegen spricht nicht, dass ähnliche Grundelemente, Materialien und Anordnungsstrukturen verwendet werden. Diese sind für das gesamte Produktumfeld üblich. Dazu nämlich gehört die Verwendung eckiger Balken, von Brettern bei Stufen, Geländern, Böden, die Aufteilung in Stützelemente einerseits sowie Schaukel- oder Klettergeräten andererseits, die Verwendung von Querbalken, das Balkenrechteck, aus dem der Stützturm aufragt, der überdachte Spielbereich und die Ansetzung von Leitern und Kletterwänden oder –gerüsten. Zwar sorgt die Aufteilung, die Holzkonstruktion und die zentrale Dachkonstruktion für eine ähnliche Anmutung der sich gegenüberstehenden Türme. Doch gibt es Unterschiede in der Ausführung. Dazu gehören die gewählten Holztöne und die anders angesetzte Treppe, die bei I in den Turm integriert, bei A seitlich angelegt ist. Eine Detailbetrachtung findet zudem Unterschiede in der Boulder-(Kletter-)Wand, die bei I dichter gesetzte Bretter zeigt. Die A-förmige Stützkonstruktion zeigt eine deutlich abweichende Anlage der stützenden Balken. Diese Details sind aber keine auffälligen Gestaltungselemente im Hinblick auf den Gesamteindruck.
71Diesbezüglich prägend sind Höhe und Schlankheit der Gestaltungen. In diesem Punkte weichen die Gestaltungen voneinander ab. Während die I-Türme eine etwas höhere und schlankere Konstruktion aufweisen, wirken die A-Türme im direkten Vergleich gedrungener. Die von der Klägerin behauptete eindeutige Handschrift der klägerischen Türme wird gerade nicht identisch und insoweit intensiv übernommen.
72Sonstige Umstände, die für eine Unlauterkeit sprechen, etwa eine Irreführung oder Behinderung, sind nicht.
73(2) Auch eine unlautere Rufausbeutung (§ 4 Nr. 3 b UWG) kommt nicht in Betracht, denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihre Produkte einen besonderen Ruf genießen. Sie hat lediglich die besondere Formensprache erwähnt. Diese ist aber kein Qualitäts- oder eigenschaftsbezogenes Image-, sondern ein Herkunftsmerkmal. Soweit besondere Herkunftsvorstellungen bestehen, spielen diese im Rahmen des § 4 Nr. 3 a eine Rolle, können aber für sich genommen nicht identisch auch bei § 4 Nr. 3 b eingesetzt werden.
74c) Annexansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht bestehen nicht, weil das Verhalten der Beklagten nicht unlauter war.
75d) Eine Haftung des Beklagten zu 5 scheidet aus, weil es an dem Zurechnungspunkt einer Verantwortlichkeit fehlt.
76III.
77Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revisionszulassung war nicht veranlasst, weil vorliegend keine abstrakten Rechtsfragen, sondern nur über die Anwendung bekannter Grundsätze auf den Einzelfall zu entscheiden war. Der Senat hat insoweit auch seine Rechtsprechung im Bereich der abstrakten Kriterien nicht geändert, die von der Klägerin gerügte Änderung der Rechtsprechung ergibt sich daraus, dass vorliegend andere Produkte als in den früheren Fällen zu beurteilen waren.
78Streitwert im Berufungsverfahren: 150.000,- €.