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I. Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird jeweils unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das am 25.05.2021 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.06.2021 (33 O 43/20) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
a) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Verbrauchern sie Verträge über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (sog. „Riester-Verträge") abgeschlossen hatte oder weiterhin abgeschlossen hat, in welche die nachfolgend aufgelisteten (oder inhaltsgleiche) Versicherungsbedingungen einbezogen wurden (unzulässige Bestimmungen im Fettdruck):
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die H. ErgänzungsVorsorge S.
Teil A: Leistungsbeschreibung
§ 5 Überschussbeteiligung
III. Zuteilung von Überschüssen vor Rentenbeginn
(1) (...) durch die Sofortüberschüsse finanzieren wir die sonstigen Kosten (Kostenanteil) nur entsprechend unserem tatsächlichen Bedarf. (...) Die Höchstgrenze für die Kosten entnehmen Sie bitte Ihren Versicherungsunterlagen (Produktinformationsblatt).
§ 6 Ihre Fondsauswahl
I. Fondsanlage
(1) (...) Die Beitragsteile, die nicht für die Finanzierung der garantierten Mindestrente und für Kosten verbraucht werden, investieren wir in den von Ihnen gewählten Garantiefonds (...).
§ 9 Kosten
I. Abschluss- und Vertriebskosten
(2) Vor Rentenbeginn belasten wir Ihren Vertrag mit Abschluss- und Vertriebskosten in Form
- eines monatlichen Prozentsatzes des gebildeten Kapitals
und
- eines Prozentsatzes der vereinbarten Beitragssumme einschließlich Zulagen (...) und Zuzahlungen. Die Abschlusskosten in Prozent der vereinbarten Beitragssumme verteilen wir in gleichmäßigen Monatsbeträgen über einen Zeitraum von 5 Jahren, aber nicht länger als bis zum Rentenzahlungsbeginn. Von Zulagen und Zuzahlungen ziehen wir die Kosten jeweils einmalig zum Zeitpunkt des Zuflusses ab.
(3) Wir wenden das Verrechnungsverfahren nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (Zillmerverfahren) an. (...) Der auf diese Weise zu tilgende Betrag ist nach der Deckungsrückstellungsverordnung auf 2,5% der von Ihnen während der Laufzeit des Vertrages zu zahlenden Beiträge beschränkt.
(4) (...) Nähere Informationen zu den Rückkaufswerten und den beitragsfreien Rentenleistungen sowie ihren jeweiligen Höhen können Sie der Garantiewerttabelle in Ihren Versicherungsunterlagen entnehmen.
III. Höhe der Kosten
Die Höhe der einkalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten (...) können Sie dem Produktinformationsblatt entnehmen.
§ 10 Rückkaufswert — Kündigung
(1) Vor Rentenbeginn können Sie den Vertrag jederzeit zum nächsten Monatsersten kündigen.
(2) Im Falle einer Kündigung zahlen wir
- den Rückkaufswert (vgl. Absatz 3)
- vermindert um einen Abzug, dessen absoluten Wert Sie der in Ihren Vertragsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen können (vgl. Absatz 4).
(3) Der Rückkaufswert setzt sich nach § 169 Versicherungsvertragsgesetz aus dem Zeitwert des Fondsvermögens und dem Wert des konventionellen Guthabens zusammen. Für laufende Beiträge entspricht er jedoch mindestens dem Zeitwert, der sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt.
(4) Von dem nach Absatz 3 ermittelten Wert nehmen wir einen Abzug vor. (...) Nähere Informationen zur Höhe des vorgesehenen Abzugs können sie der in Ihren Versicherungsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen. Wenn Sie uns nachweisen, dass der aufgrund Ihrer Kündigung von uns vorgenommene Abzug wesentlich niedriger liegen muss, wird er entsprechend herabgesetzt. Wenn Sie uns nachweisen, dass der Abzug überhaupt nicht gerechtfertigt ist, entfällt er.
(9) Eine Kündigung kann mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. In der Anfangszeit Ihres Vertrages ist wegen der Verrechnung der Abschluss- und Vermittlungskosten (...) zunächst nur ein geringes Vertragsguthaben und damit auch ein geringer Rückkaufswert vorhanden. Auch in den Folgejahren erreicht der Rückkaufswert nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Nähere Informationen zur Höhe der garantierten Leistung bei Kündigung können Sie der in Ihren Vertragsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen.
§ 11 Beitragsänderung — Ruhen Ihres Vertrages
(1) Sie können die mit uns vereinbarte Beitragshöhe jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen zum nächsten Monatsersten ändern. Insbesondere können Sie die Beitragszahlung auch einstellen. In diesem Fall wandeln wir Ihren Vertrag in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter garantierter Mindestrente um. Nähere Informationen zur Höhe der garantierten beitragsfreien Mindestrente können Sie der in Ihren Versicherungsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen.
(2) Falls Sie die Beitragshöhe reduzieren, muss der verbleibende Beitrag mindestens 180,00 Euro pro Jahr betragen.
(4) Eine reduzierte oder eingestellte Beitragszahlung kann mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. Es steht zur Verrentung bei Rentenbeginn ein entsprechend geringeres Vertragsguthaben zur Verfügung und auch die garantierten Leistungen verringern sich entsprechend. In der Anfangszeit Ihres Vertrages sind wegen der Verrechnung der Abschluss- und Vermittlungskosten ... zunächst nur geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Rente vorhanden.
b) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ferner Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Verbrauchern sie Verträge der vorstehend unter lit. a) genannten Art abgeschlossen hatte oder weiterhin abgeschlossen hat, für welche zuvor mit Muster-Produktinformationsblättern und/oder individuellen Produktinformationsblättern (12 Jahre) geworben wurde, in denen in der Rubrik „Effektivkosten" (nur bei Verträgen mit einer Vertragslaufzeit von 12 Jahren) der in „Prozentpunkten" ausgewiesene Wert nicht der „beispielhaften Wertentwicklung" gem. § 10 Abs. 1 AltvPIBV nach Abzug der ausgewiesenen „renditemindernden Größen" entspricht.
c) Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber dem Kläger selbst oder gegenüber einem/einer Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe (Vertrauensperson) zu erfolgen, die im Fall der Nichteinigung von der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln bestimmt wird.
2. Die Beklagte erstellt für die Empfänger der Erstmitteilungen gemäß Ziff. 1 a) und b) binnen eines Monats nach Erteilung der Auskunft gem. Ziff. 1 c) Berichtigungsschreiben mit den nachfolgend aufgeführten Eigenschaften:
a) Die Empfänger werden darüber aufgeklärt, dass die ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags übermittelten „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die H. ErgänzungsVorsorge S." hinsichtlich der nachfolgend aufgeführten fett gedruckten Klauselbestandteile unwirksam und daher entgegen der Darstellung im Versicherungsschein nicht Vertragsbestandteil geworden sind, weshalb sich die Beklagte bei der Abwicklung des Versicherungsvertrags nicht auf diese Klauselbestandteile berufen darf:
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die H. ErgänzungsVorsorge S.
Teil A: Leistungsbeschreibung
§ 5 Überschussbeteiligung
III. Zuteilung von Überschüssen vor Rentenbeginn
(1) (...) durch die Sofortüberschüsse finanzieren wir die sonstigen Kosten (Kostenanteil) nur entsprechend unserem tatsächlichen Bedarf. (...) Die Höchstgrenze für die Kosten entnehmen Sie bitte Ihren Versicherungsunterlagen (Produktinformationsblatt).
§ 6 Ihre Fondsauswahl
I. Fondsanlage
(1) (...) Die Beitragsteile, die nicht für die Finanzierung der garantierten Mindestrente und für Kosten verbraucht werden, investieren wir in den von Ihnen gewählten Garantiefonds (...).
§ 9 Kosten
I. Abschluss- und Vertriebskosten
(2) Vor Rentenbeginn belasten wir Ihren Vertrag mit Abschluss- und Vertriebskosten in Form
- eines monatlichen Prozentsatzes des gebildeten Kapitals
und
- eines Prozentsatzes der vereinbarten Beitragssumme einschließlich Zulagen (...) und Zuzahlungen. Die Abschlusskosten in Prozent der vereinbarten Beitragssumme verteilen wir in gleichmäßigen Monatsbeträgen über einen Zeitraum von 5 Jahren, aber nicht länger als bis zum Rentenzahlungsbeginn. Von Zulagen und Zuzahlungen ziehen wir die Kosten jeweils einmalig zum Zeitpunkt des Zuflusses ab.
(3) Wir wenden das Verrechnungsverfahren nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (Zillmerverfahren) an. (...) Der auf diese Weise zu tilgende Betrag ist nach der Deckungsrückstellungsverordnung auf 2,5% der von Ihnen während der Laufzeit des Vertrages zu zahlenden Beiträge beschränkt.
(4) (...) Nähere Informationen zu den Rückkaufswerten und den beitragsfreien Rentenleistungen sowie ihren jeweiligen Höhen können Sie der Garantiewerttabelle in Ihren Versicherungsunterlagen entnehmen.
III. Höhe der Kosten
Die Höhe der einkalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten (...) können Sie dem Produktinformationsblatt entnehmen.
§ 10 Rückkaufswert — Kündigung
(1) Vor Rentenbeginn können Sie den Vertrag jederzeit zum nächsten Monatsersten kündigen.
(2) Im Falle einer Kündigung zahlen wir
- den Rückkaufswert (vgl. Absatz 3)
- vermindert um einen Abzug, dessen absoluten Wert Sie der in Ihren Vertragsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen können (vgl. Absatz 4).
(3) Der Rückkaufswert setzt sich nach § 169 Versicherungsvertragsgesetz aus dem Zeitwert des Fondsvermögens und dem Wert des konventionellen Guthabens zusammen. Für laufende Beiträge entspricht er jedoch mindestens dem Zeitwert, der sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt.
(4) Von dem nach Absatz 3 ermittelten Wert nehmen wir einen Abzug vor. (...) Nähere Informationen zur Höhe des vorgesehenen Abzugs können sie der in Ihren Versicherungsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen. Wenn Sie uns nachweisen, dass der aufgrund Ihrer Kündigung von uns vorgenommene Abzug wesentlich niedriger liegen muss, wird er entsprechend herabgesetzt. Wenn Sie uns nachweisen, dass der Abzug überhaupt nicht gerechtfertigt ist, entfällt er.
(9) Eine Kündigung kann mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. In der Anfangszeit Ihres Vertrages ist wegen der Verrechnung der Abschluss- und Vermittlungskosten (...) zunächst nur ein geringes Vertragsguthaben und damit auch ein geringer Rückkaufswert vorhanden. Auch in den Folgejahren erreicht der Rückkaufswert nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Nähere Informationen zur Höhe der garantierten Leistung bei Kündigung können Sie der in Ihren Vertragsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen.
§ 11 Beitragsänderung — Ruhen Ihres Vertrages
(1) Sie können die mit uns vereinbarte Beitragshöhe jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen zum nächsten Monatsersten ändern. Insbesondere können Sie die Beitragszahlung auch einstellen. In diesem Fall wandeln wir Ihren Vertrag in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter garantierter Mindestrente um. Nähere Informationen zur Höhe der garantierten beitragsfreien Mindestrente können Sie der in Ihren Versicherungsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen.
(2) Falls Sie die Beitragshöhe reduzieren, muss der verbleibende Beitrag mindestens 180,00 Euro pro Jahr betragen.
(4) Eine reduzierte oder eingestellte Beitragszahlung kann mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. Es steht zur Verrentung bei Rentenbeginn ein entsprechend geringeres Vertragsguthaben zur Verfügung und auch die garantierten Leistungen verringern sich entsprechend. In der Anfangszeit Ihres Vertrages sind wegen der Verrechnung der Abschluss- und Vermittlungskosten ... zunächst nur geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Rente vorhanden.
b) Die Empfänger werden ferner darüber aufgeklärt, dass die ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags übermittelten Produktinformationsblätter (12 Jahre) an der nachfolgend aufgeführten Stelle fehlerhaft sind und daher entgegen der Darstellung im Versicherungsschein nicht Vertragsbestandteil geworden sind, weshalb sich die Beklagte bei der Abwicklung des Versicherungsvertrags nicht auf diese Aussage in den Produktinformationsblättern berufen darf:
In der Rubrik „Effektivkosten" (nur bei Verträgen mit einer Vertragslaufzeit von 12 Jahren) entspricht der in „Prozentpunkten" ausgewiesene Wert nicht der „beispielhaften Wertentwicklung" gem. § 10 Abs. 1 AltvPIBV nach Abzug der ausgewiesenen „renditemindernden Größen".
3. Die mit der Auskunfterteilung sowie der Herstellung und dem Versand von Berichtigungsschreiben verbundenen Kosten trägt die Beklagte.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.009,67 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszins ab 10.03.2020 zu bezahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Dieses Urteil und das des Landgerichts, soweit es nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt hinsichtlich des Beseitigungsanspruchs einschließlich der entsprechenden Kostentragungspflicht 50.000 €, hinsichtlich des Auskunftsanspruchs einschließlich der entsprechenden Kostentragungspflicht 20.000 € und im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die die Vollstreckung betreibende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger, ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, macht gegen die beklagte Versicherungsgesellschaft Ansprüche auf Folgenbeseitigung, Auskunft und Erstattung vorgerichtlicher Kosten gelten, im Nachgang an die Entscheidung des LG Köln im Verfahren 26 O 6/18, in der der Beklagten nach Rücknahme der Berufung im Verfahren 20 U 42/19 OLG Köln rechtskräftig untersagt worden ist, die hier im erstinstanzlichen Klageantrag in Fettdruck wiedergegebenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und bestimmte Angaben aus ihren Produktinformationsblättern (PIB) zu verwenden. Auf das Urteil des LG Köln vom 20.02.2019 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11.04.2019, Az. 26 O 6/18, wird Bezug genommen.
4Der Kläger möchte im vorliegenden Verfahren erreichen, dass die Verbraucher durch möglichst kontrolliert vorbereitete und versendete Berichtigungsschreiben mit einem möglichst eng vorgegebenen Inhalt darüber aufgeklärt werden, dass die Beklagte sie rechtswidrig zum Abschluss von sog. Riester-Verträgen mit unwirksamen Vertragsinhalten veranlasst habe. Die Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, das unlautere Wettbewerbshandeln der Beklagten zu erkennen und ihre daraus folgenden Rechte wahrzunehmen.
5Der Kläger hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 21.02.2020 erfolglos aufgefordert, eine entsprechende Aufklärung vorzunehmen. Die Beklagte hat eingewandt, dass kein Anspruch auf Folgenbeseitigung bestehe und sie unabhängig davon ihre betroffenen Bestandskunden bereits informiert habe. Im daraufhin eingeleiteten Gerichtsverfahren hat sich die Beklagte zudem auf Unzulässigkeit der Klage, Wegfall des Störungszustandes und Verjährung berufen. Außerdem hat sie geltend gemacht, dass es dem Gläubiger eines Folgenbeseitigungsanspruchs jedenfalls nicht zustehe, dem Schuldner das „Wie“ der Beseitigung vorzugeben und Fragen des Zwangsvollstreckungsverfahrens in das Erkenntnisverfahren zu verlagern.
6Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des LG Köln vom 25.05.2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.06.2021, Az. 33 O 43/20, Bezug genommen.
7Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Auskunft und der Herstellung von Berichtigungsschreiben (Anträge zu Ziff. I. 1. und I. 2.) teilweise stattgegeben und den Anspruch auf Zahlung der hierfür anfallenden Kosten (Antrag zu Ziff. I. 4.) deklaratorisch in den Tenor aufgenommen. Den Antrag zu Ziff. I. 3. zum Nachweis der vollständigen Versendung des Berichtigungsschreibens hat das Landgericht zurückgewiesen, ebenso den Antrag zu Ziff. II. auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
8Gegen diese Entscheidung haben beide Seiten Berufung eingelegt.
9Der Kläger wendet sich in erster Linie gegen die Teilabweisung seiner Anträge zur Herstellung und Versendung des Berichtigungsschreibens. Er meint, dass der Beklagten vom Gericht ein ausformuliertes Schreiben vorgegeben werden könne und müsse, wobei er seinen Hauptantrag aus erster Instanz nicht wiederholt, sondern den ursprünglich ersten Hilfsantrag zu Ziff. I. 2. b) nunmehr in eingeschränkter Form (nicht bezüglich der Rubriken Beispielsrechnung, Daten des Musterkunden und Einzelne Kosten bei den PIB) als Hauptantrag aufrechterhält. Hinsichtlich des vom Landgericht teilweise zuerkannten zweiten Hilfsantrags zu Ziff. I. 2. c), den der Kläger in entsprechend eingeschränkter Form als Hilfsantrag formuliert, erstrebt er eine Ergänzung um den vom Landgericht als unverhältnismäßig zurückgewiesenen Zusatz „aufgrund eines rechtskräftig gewordenen Urteils des Landgerichts Köln vom 20. Februar 2019 (Az. 26 O 6/18)“ in den Unterpunkten aa) (1) und (2). Außerdem wendet sich der Kläger gegen die Abweisung der geltend gemachten Ansprüche auf Neuberechnung, Antrag zu Ziff. I. 2. c) aa), auf Vorgabe einer bestimmten Form des Berichtigungsschreibens, Antrag zu Ziff. I. 2. c) bb), und auf Vorgaben zur Versendung der Berichtigungsschreiben, Antrag zu Ziff. I. 3.. Bezüglich des Auskunftsanspruchs erstrebt der Kläger im Wege der Klagerweiterung eine Verurteilung ohne die Einblendung der Anlage K5b, entsprechend seinem ursprünglichen Klagantrag in erster Instanz. Schließlich hält der Kläger sein Zahlungsbegehren aufrecht.
10Der Kläger beantragt,
11 12 13 14 1516 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Die Beklagte beantragt,
26die Berufung des Klägers zurückzuweisen
27sowie
28das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
29Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit diese für sie günstig ist. Sie rügt, dass das Landgericht nicht für jede AVB-Klausel geprüft habe, ob die Unwirksamkeit einen Folgenbeseitigungsanspruch rechtfertige. Der Auskunftsanspruch sei unbegründet. Die tenorierte Verpflichtung sei unverhältnismäßig. Eine Folgenbeseitigung sei bereits durch die jährliche Wertstandmitteilung erfolgt. Außerdem macht die Beklagte geltend, zwischenzeitlich überobligatorisch ein eigenständiges Kundenanschreiben betreffend die Unwirksamkeit einzelner Klauseln und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen versandt zu haben; jedenfalls damit sei Erfüllung des geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruchs eingetreten.
30Der Kläger beantragt,
31die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
32Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit diese für ihn günstig ist. Der Kläger bestreitet, dass die Beklagte die von ihr behauptete „Versandaktion Kundenschreiben“ durchgeführt habe und diese tauglich sei.
33Weitere Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz ergeben sich aus den nachfolgenden Gründen. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründungen des Klägers vom 20.08.2021 und der Beklagten vom 25.08.2021, auf die Berufungserwiderung des Klägers vom 07.10.2021 sowie den ergänzenden Schriftsatz vom 17.11.2021 und auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 25.10.2021 sowie die ergänzenden Schriftsätze vom 09.11.2021, 03.03.2022 und 07.03.2022 Bezug genommen.
34II.
35Die zulässigen Berufungen haben jeweils nur in geringem Umfang Erfolg. Das Rechtsmittel der Beklagten ist begründet, soweit ihr das Landgericht für die Auskunftserteilung die Auflistung in einer bestimmten Sortierung vorgegeben hat. Das Rechtsmittel des Klägers ist hinsichtlich der Hälfte der vorgerichtlichen Kosten begründet. Außerdem ist auf seinen im Berufungsverfahren klageerweiternd gelten gemachten Anspruch hin die Einblendung aus dem Tenor zu Ziff. 1. b) zu entfernen.
361. Die Entscheidung des Landgerichts ist rechtskräftig hinsichtlich der Abweisung der erstinstanzlichen Anträge zu Ziff. I. 1. b) aa), bb), dd), zu Ziff. I. 2. c) aa) (2) (a), (b), (d) [Produktionformationsblätter: Rubriken Beispielsrechnung, Daten des Musterkunden und Einzelne Kosten], zu Ziff. I. 2. a) [Hauptantrag vorformuliertes Berichtigungsschreiben] und soweit das Landgericht in den Anträgen I. 1. b) und I. 2. c) aa) (2) (a), (b), (d) bezüglich der individuellen Produktinformationsblätter mittels des einschränkenden Zusatzes „(12 Jahre)“ nur Verträge mit einer Laufzeit von 12 Jahre berücksichtigt hat. Der Kläger hat das Urteil insoweit ausdrücklich nicht angefochten.
372. Grundlage für den Folgenbeseitigungsanspruch ist bezüglich der AVB § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG und bezüglich der PIB § 2 Abs. 1 UKlaG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen bzw. einem Verbraucherschutzgesetz zuwidergehandelt hat, auf Beseitigung in Anspruch genommen werden. Hier ist bezüglich der noch streitbefangenen AVB und PIB ein Störungszustand eingetreten, der fortbesteht, und zu dessen Beseitigung die vom Landgericht zuerkannten Maßnahmen – mit Ausnahme der Vorgaben zur Auskunftserteilung in Form einer nach bestimmten Vorgaben sortierten Auflistung – geeignet, erforderlich und angemessen sind.
38a. Das „Ob“ eines Folgenbeseitigungsanspruchs von Verbraucherverbänden gegenüber Versicherungsunternehmen, die unzulässige AGB-Klauseln verwenden, ist höchstrichterlich geklärt (s. BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 46 ff.; BGH, Urteil vom 31.03.2021, IV ZR 221/19, juris, Tz. 48 ff.; KBF / Bornkamm, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.108a, 1.108d, 1.127, m.w.N.). Er steht vorliegend auch nur für einen Teil der AVB-Klauseln sowie die noch streitbefangene PIB-Aussage in Frage.
39aa. Die Antragsfassung mit der Hervorhebung der unwirksamen Klauselteile ist sinnvoll und nicht zu beanstanden. Dass im Antrag / Tenor zu Ziff. 2. mit „Empfänger der Erstmitteilungen“ gemäß Ziff. Nr. 1 a) und b) die Kunden gemeint sind, gegenüber denen die Beklagte die streitbefangenen AVB und PIB verwendet hat, und denen deshalb zur Folgenbeseitigung die Berichtigungsschreiben zuzusenden sind, ergibt sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und dem Gesamtzusammenhang der Akte.
40bb. Die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass der Kläger prozessführungsbefugt ist und das rechtskräftige Unterlassungsurteil seinem Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der Beseitigungsklage nicht entgegensteht, sind in zweiter Instanz nicht angegriffen.
41cc. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des LG Köln im Verfahren 26 O 6/18 steht fest, dass alle streitbefangenen Passagen aus den AVB wegen Verstoßes gegen § 307 BGB, einer Marktverhaltensvorschrift i.S.d. § 3a UWG, unwirksam sind. Fest steht auch, dass die noch streitbefangene Passage aus den PIB wegen Verstoßes gegen §§ 8, 10 Abs. 1 AltvPIBV, einem Verbraucherschutzgesetz i.S.d. § 2 UKlaG, fehlerhaft ist. Aus den unter der Rubrik “Effektivkosten“ für eine beispielhafte Wertentwicklung angeführten Zahlen ergibt sich keine Effektivrendite von plus 0,1 %, sondern von minus 0,06 %.
42(1) Die Beklagte meint, dass entgegen der Ansicht des Klägers und des Landgerichts die Verwendung unangemessen benachteiligender Klauseln nicht immer eine wettbewerbswidrige Handlung darstelle und auch nicht zwangsläufig einen Folgenbeseitigungsanspruch auslöse. Ein solcher bestehe dann nicht, wenn die Klauselunwirksamkeit das Handeln des durchschnittlichen Verbrauchers gar nicht beeinflusse. Dies sei für jede einzelne Klausel zu prüfen und hier insbesondere im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 AVB ersichtlich nicht der Fall, aber auch nicht bezüglich § 10 Abs. 2 bis 4 AVB und § 11 Abs. 2 AVB. Insoweit müsse der Folgenbeseitigungsanspruch abgelehnt werden.
43Der Ansicht der Beklagten, dass bezüglich der drei genannten Klauseln ein Folgenbeseitigungsanspruch ausscheide, kann nicht beigetreten werden. Dass die Verwendung der streitbefangenen AVB eine wettbewerbswidrige Handlung i.S.d. § 3a UWG darstellt, ist bindend festgestellt. Der rechtskräftige Unterlassungsanspruch präjudiziert die eingetretenen Verletzungshandlungen (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2012, I ZR 45/11 – Missbräuchliche Vertragsstrafe, juris, Tz. 36, zum umgekehrten Fall der Abweisung der Schadensersatzklage, die das Nichtbestehen eines Unterlassungsanspruchs nicht präjudiziert). Der Einwand der Beklagten, nicht jede unangemessen benachteiligende Klauseln stelle eine wettbewerbswidrige Handlung dar, geht insoweit fehl. Einer nochmaligen Prüfung der Spürbarkeit bedarf es nicht, auch nicht im Hinblick auf den allein an den eingetretenen Störungszustand anknüpfenden Folgenbeseitigungsanspruch - unabhängig davon, dass § 3a UWG richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass es auf die Auswirkung auf den Verbraucher nicht ankommt, also ein Per-se-Verbot besteht (s. zu diesem KBF / Köhler, UWG, 40. Aufl., § 3a Rn. 1.289). Maßgeblich für den Beseitigungsanspruch des Klägers als Verbraucherverband ist nur, dass – wie hier – die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften nicht ausschließlich Individualinteressen berühren (vgl. Kessen in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 23 Rn. 3).
44Im Übrigen geht der Einwand der Beklagten aber auch in der Sache fehl. Ein Verstoß gegen § 307 BGB ist grundsätzlich geeignet, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinträchtigen, da unwirksame AGB ihn davon abhalten können, berechtigte Ansprüche gegenüber dem Verwender geltend zu machen. Dies gilt gerade auch für die streitbefangenen AVB in der vom Landgericht Köln im Verfahren 26 O 6/18 vorgenommenen gebotenen Gesamtbetrachtung. Die inhaltlich eng zusammenhängenden Klauseln betreffend die einkalkulierten Abschluss- und Betriebskosten sind für die Vertragspartner der Beklagten von finanzieller Bedeutung, auch die Angabe zur Mindestbeitragszahlung für eine staatliche Förderung in § 11 Abs. 2 AVB.
45(2) Hinsichtlich der übrigen AVB-Klauseln stellt die Beklagte das Bestehen eines Folgenbeseitigungsanspruchs letztlich nicht in Frage. Sie beruft sich insoweit nur darauf, dass die Folgenbeseitigung bereits erfolgt sei, und zwar durch die jährliche Wertstandmitteilung nebst Zahlung sowie spätestens durch eine inzwischen erfolgte Versandaktion von Kundenschreiben (dazu s.u. c.).
46(3) Bezüglich der Ausführungen in den PIB unter der Rubrik „Effektivkosten“ meint die Beklagte, dass kein fortbestehender rechtswidriger Störungszustand eingetreten sei. Die Annahme des Landgerichts, dass Kunden vermeintliche Schadensersatzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB geltend machen könnten, weil sie den Vertrag nur aufgrund der in der Beispielsrechnung fehlerhaft angenommenen Wertentwicklung abgeschlossen hätten, sei abwegig. Eine Beispielrechnung sei – sonst wäre es keine – rechtlich vollkommen unverbindlich. Ein Versicherungsnehmer, der jährlich über die tatsächliche Wertentwicklung seines fondsgebundenen Vertrages informiert werde und seinen Vertrag weiter beitragspflichtig fortführe, sei offenkundig mit der tatsächlichen Wertentwicklung seines Vertrages zufrieden. Ein Schadensersatzanspruch, gerichtet auf die Rückabwicklung des Vertrages, unter Hinweis darauf, dass er den Vertrag bei Richtigkeit der ihm vor Vertragsabschluss illustrierten Beispielrechnung nicht abgeschlossen hätte, wäre unschlüssig, erst recht, soweit sich die fehlerhafte „Effektivrendite“ nur auf die Muster-Produktinformationsblätter beschränkt habe.
47Dem kann ebenfalls nicht beigetreten werden. Die streitbefangenen Angaben in den PIB sind anerkanntermaßen inhaltlich fehlerhaft. Die Beklagte hat die Kunden bei Abschluss der Verträge durch das falsche Berechnungsbeispiel mit der zu hoch ausgewiesenen Rendite in die Irre geführt. Damit können ohne weiteres dem Grunde nach Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung gegeben sein. Es ist durchaus möglich, dass Kunden den Vertrag aufgrund der Fehlvorstellung zur Rendite abgeschlossen haben. Daraus, dass sie den Vertrag dann unbeanstandet fortgeführt haben, kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten. Die wenigsten Versicherungsnehmer werden in der Lage sein, die Wertentwicklung ihres Riester-Vertrages im Detail nachzuvollziehen und einzuordnen.
48b. Die Parteien streiten im Wesentlichen um den Inhalt des Folgenbeseitigungsanspruchs. Dass zur Beseitigung der sich aus der Verwendung der unzulässigen AGB und fehlerhaften PIB ergebenden Folgen die Versendung von Berichtigungsschreibens geboten ist (s. BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 14 ff.; BGH, Urteil vom 31.03.2021, VI ZR 221/19, juris, Tz. 55; KBF / Bornkamm, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.108b, 1.108, 1.127, m.w.N.), steht im Ansatz außer Streit.
49aa. In welchem Umfang der auf Versendung von Berichtigungsschreiben gerichtete Antrag begründet ist, richtet sich nach der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Vornahme einer nach den Umständen verhältnismäßigen Beseitigungshandlung (s. BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 25, 70). Es liegt in der Natur des Beseitigungsanspruchs, dass er nicht auf eine bestimmte Handlung gerichtet ist, sondern dass sich sein Inhalt stets nach der Beeinträchtigung bestimmt. Was auch immer erforderlich ist, um den rechtswidrigen Störungszustand zu beseitigen, kann Gegenstand des Anspruchs sein. Damit hängt der Inhalt des Beseitigungsanspruchs stets von der Art und dem Umfang der Beeinträchtigung ab (KBF / Bornkamm, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.113).
50bb. Die Störung liegt hier in den bei Abschluss der Versicherungsverträge entstandenen Fehlvorstellungen der Kunden bezüglich des Vertragsinhalts sowie den von der Beklagten zu Unrecht vereinnahmten Beträgen. Eine vollständige Beseitigung der von den unwirksamen AVB bzw. fehlerhaften PIB ausgehenden Fehlvorstellungen erfordert die Information aller von der Störung betroffenen Kunden.
51(1) Betroffen von der Störung sind alle Vertragspartner der Beklagten, denen die streitbefangenen AVB und PIB im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages übermittelt worden sind, auch die, gegenüber deren Nachregulierungsansprüche die Beklagte meint, sich auf Ablauf der Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB berufen zu können. Unabhängig davon, ob/ab wann der Verjährungseinwand der Beklagten überhaupt im Einzelfall greifen würde, haben jedenfalls derzeit noch alle betroffenen Vertragspartner einen Anspruch auf Nachregulierung. Die Verjährung von Nachregulierungsansprüchen führt nicht per se zum Fortfall des Anspruchs, sondern nur dann, wenn die Verjährungseinrede auch tatsächlich erhoben wird. Dies hat die Beklagte bis heute nicht getan. Ihre Erklärung, dass sie die Einrede, soweit nach ihrer materiellrechtlichen Prüfung Verjährung durchgreife, auch erheben werde, genügt nicht, schon jetzt ein Leistungsverweigerungsrecht entstehen zu lassen. Außerdem bestehen Zweifel daran, dass die Beklagte sich tatsächlich auf Verjährung berufen würde. Der Kläger verweist insoweit auf das Verhalten der B. Versicherung, die in Zusammenhang mit dem Verfahren BGH, I ZR 184/15 (vorausgehend OLG Stuttgart, 2 U 107/14, und LG Stuttgart, 11 O 398/13) ihres Wissens nach bis heute keine Einrede der Verjährung erhoben und im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2005, IV ZR 162/03, öffentlich erklärt habe, gegenüber den Nachzahlungsansprüchen der Versicherungsnehmer nicht die Einrede der Verjährung erheben zu werden. Sollte die Beklagte, die sich besonders ethischer Verhaltenscodizes rühmt und damit wirbt, dass für sie das Kundeninteresse im Vordergrund stehe, gegenüber ihren Altkunden den Verjährungseinwand geltend machen, drohte ihr ein nicht unerheblicher Imageschaden.
52Dem Landgericht ist auch darin beizupflichten, dass der unausgesprochene Verjährungseinwand nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Folgenbeseitigung führt. Die andere Ansicht des OLG Stuttgart (Urteil vom 26.09.2019, 2 U 107/14, Anlage X 1 Bl. 328 ff. GA) überzeugt nicht. Die Möglichkeit der Erhebung des Verjährungseinwandes ändert nichts an der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des streitbefangenen Folgenbeseitigungsanspruchs, zumal die verjährte Forderung als solche weiter bestehen bleibt. Die Forderung ist weiterhin z.B. zur Aufrechnung geeignet, und der Schuldner kann die Verjährungseinrede jederzeit auch wieder fallen lassen.
53Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den überflüssigen und ärgerlichen Aufwand ihrer Altkunden verwiesen hat, zunächst Ansprüche prüfen und erheben zu lassen, um dann bei dem Versuch der Durchsetzung an der Verjährung zu scheitern, kann dies dadurch vermieden werden, dass die Beklagte bereits im Berichtigungsschreiben den Verjährungseinwand erhebt. Bezüglich des eigenen Aufwandes für die Fertigung der Berichtigungsschreiben kann sich die Beklagte nicht auf einen erst noch zu erhebenden Verjährungseinwand berufen. Die Verhältismäßigkeitsprüfung kann sich nur am aktuellen Istzustand orientieren und keine Tatsachen antizipieren, deren Eintritt nicht gewiss ist. Im Übrigen bedeutet die Erhebung des Verjährungseinwandes nicht, dass dieser auch stets durchgreift. Dies wäre erst in einem nachfolgenden Schritt, ggf. vom jeweils zuständigen Gericht, unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall zu prüfen und kann nicht im vorliegenden Verfahren pauschal für alle Altverträge, die vor dem von der Beklagten angenommenen Stichtag 01.01.2018 gekündigt und abgerechnet worden sind, festgestellt werden. Der Antragsteller verweist darauf, dass die gesetzwidrige Kostenbelastung der Versicherungsnehmer auch Schadensersatzansprüche auslöse, die gemäß § 199 Abs. 3 BGB frühestens nach 10 Jahren verjähren. Selbst wenn dies so nicht generell gelten sollte, kann ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung jedenfalls nicht von vorne herein für alle Fälle ausgeschlossen werden. Auch ist es denkbar, dass dem Verjährungseinwand in besonderen Fällen § 242 BGB entgegenstehen könnte, insbesondere bei den im Jahr 2017 abgerechneten Verträgen, für die die dreijährige Verjährungsfrist bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens im April 2020 noch nicht abgelaufen gewesen war. Schließlich kann nicht generell ausgeschlossen werden, dass die betroffenen Kunden noch anderweitigen Forderungen der Beklagten ausgesetzt sind, gegenüber denen sie mit der verjährten Forderung aufrechnen könnten.
54Die Versendung von Berichtigungsschreiben ist der Beklagten, auch soweit es ehemalige Vertragspartner betrifft, deren aktuelle Adressen ihr derzeit nicht bekannt sind, grundsätzlich möglich und zumutbar. Die Beklagte kann zumindest versuchen, Kontaktdaten zu ermitteln.
55(2) Einen Anspruch auf Versendung eines Berichtigungsschreibens mit einem bestimmten Wortlaut hat der Kläger nicht. Beim wettbewerblichen Folgenbeseitigungsanspruch gilt der Grundsatz, dass es dem Schuldner überlassen bleiben muss, wie er den Störungszustand beseitigt (KBF / Bornkamm, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.115 ff.; GK-UWG / Hofmann, § 8 Rn. 116; Gloy/Loschelder/Danckwerts, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 5. Aufl. § 79 Rn.70). Dies greift auch für den Folgenbeseitigungsanspruch aufgrund unwirksamer AGB (s. BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 70). Es besteht keine Veranlassung, von der eindeutigen Rechtsprechung des BGH abzuweichen. Soweit der Kläger darauf verweist, dass der BGH sich zu der Fragestellung nur im Rahmen einer sog. Segelanweisung erklärt hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass dies nichts an der Ernsthaftigkeit und Bedeutung der geäußerten Ansicht ändert. Eine Übertragung der äußerungsrechtlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Folgenbeseitigungsanspruch ist nicht geboten. Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar. Die Darstellung des Klägers, die Beklagte habe „unstreitig“ gegenüber allen ihren Versicherungsnehmern behauptet, dass die von ihr beim Vertragsschluss vorgelegten AVB wirksam und daher verbindlicher Vertragsinhalt seien, ist so nicht richtig. Bereits das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es vorliegend nicht um Tatsachenbehauptungen geht. Dass die Beklagte gegenüber ihren Kunden - z.B. in einem Begleitschreiben - behauptet hat, die von ihr verwendeten AGB und PIB seien nach eindeutiger Rechtslage wirksam bzw. fehlerfrei, ist weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich. Aus der schlichten Verwendung von AGB bzw. PIB kann eine solche Äußerung nicht hergeleitet werden, zumal dem Verbraucher bekannt ist, dass nicht jede AGB-Klausel, die verwendet wird, auch wirksam ist. Der Verweis des Klägers auf die Entscheidung des BGH vom 25.04.2019 im Verfahren I ZR 93/17 geht fehl. Der vorliegende Fall ist in tatsächlicher Hinsicht nicht mit dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt
56(Kündigung von Prämiensparverträgen mit der Begründung „Bei den bestehenden Verträgen handelt es sich um Einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Eine Vertragslaufzeit ist nicht vereinbart“; der BGH hat ausgeführt, dass § 5 Abs. 1 UWG auch Äußerungen erfasse, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behaupte, die tatsächlich nicht bestehe, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung verstehe)
57vergleichbar, auch nicht mit den vom Kläger in der Klageschrift angeführten Entscheidungen des LG Berlin vom 29.04.2011, 103 O 198/10
58(Bl. 173 ff. GA: Zusendung eines Infobriefs mit Preiserhöhungsbegehren und der Erklärung, dass ein Strombezug nach Ablauf der Kündigungsfrist als Zustimmung zur Preiserhöhung behandelt werde),
59oder des LG Coburg vom 03.08.2004, 13 O 87/04
60(Bl. 132 ff. GA: Zusendung geänderter Versicherungsscheine per Rundschreiben mit der Behauptung, diese würden ohne Widerspruch wirksam).
61In all diesen Fällen ging es nicht nur um die Verwendung von AGB, sondern die Unternehmen traten an die Kunden mit einem gesonderten Schreiben heran. Im Übrigen hat das OLG Bamberg die Entscheidung des LG Coburg teilweise korrigiert und festgestellt, dass die dortige Beklagte nicht verpflichtet sei, sich eine bestimmte Formulierung der Richtigstellung vom Kläger vorgeben zu lassen (Urteil vom 12.10.2005, 3 U 151/04, Bl. 151 ff. GA).
62Anlass, die äußerungsrechtliche Rechtsprechung auf den Folgenbeseitigungsanspruch der Verbraucherverbände bei der Verwendung unwirksamer AGB durch Unternehmen zu übertragen, besteht auch im vorliegenden Fall nicht.
63Einen Anspruch auf eine bestimmte Beseitigungshandlung hat der Schuldner nur dann, wenn es lediglich eine mögliche Beseitigungsmaßnahme gibt (Fritzsche in Gloy/Loschelder/Danckwerts, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 5. Aufl. § 79 Rn. 68, 70). Der Störungszustand kann hier nicht nur durch das vom Kläger ausformulierte Schreiben beseitigt werden – wie bereits der in erster Instanz gestellte Hauptantrag und der im Berufungsverfahren gestellte Hauptantrag / ursprünglicher erster Hilfsantrag belegen –, sondern durch jedes Schreiben, in dem die Beklagte ihre betroffenen Vertragspartner in geeigneter Weise darüber informiert, dass und welche ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages übersandte AVB unwirksam sind, dass die ihnen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages übermittelten PIB bezüglich des Berechnungsbeispiels in der Rubrik „Effektivkosten“ fehlerhaft sind, und dass all diese Angaben nicht Vertragsgegenstand geworden sind, weshalb sich die Beklagte bei der Abwicklung der Verträge nicht auf sie berufen darf. Diesen inhaltlichen Rahmen für die Berichtigungsschreiben hat das Landgericht der Beklagten vorgegeben. Das angefochtene Urteil ist insoweit nicht zu beanstanden.
64Das Landgericht hat die Beklagte auch zu Recht zu einer Wiedergabe der unwirksamen Klauselbestandteile in ihrem Gesamtkontext verpflichtet. Nur so werden die betroffenen Kunden eindeutig über die Störung informiert. Die Ansicht der Beklagten, der BGH verlange für eine hinreichende Folgenbeseitigung gerade nicht die sinnlose wörtliche Wiedergabe von Klauseln, die eben weil sie unwirksam seien, nicht mehr gelten würden, geht fehl. Der BGH hat sich im Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, zu diesem Punkt nicht geäußert. Die Argumentation der Beklagten, dass der BGH dann, wenn er das Schreiben der dortigen Beklagten für unzureichend erachtet hätte, weil die wörtliche Wiedergabe der Klausel fehlte, den Folgenbeseitigungsanspruch selbst hätte zusprechen können, ist nicht nachvollziehbar. Der BGH hat die Sache an das OLG Stuttgart zurückverwiesen, weil die Voraussetzungen eines Beseitigungsanspruchs noch nicht abschließend geklärt waren.
65Weiterer Angaben als vom Landgericht vorgegeben bedarf es zur Beseitigung des Störungszustandes nicht, insbesondere keines Hinweis auf das rechtskräftige Urteil des LG Köln, oder auch nur darauf, dass die AVB bzw. PIB wegen eines Gesetzesverstoßes unwirksam bzw. fehlerhaft sind. Solche das Renommee der Beklagten beeinträchtigende Angaben sind zur Beseitigung der eingetretenen Störung ebenso wenig erforderlich, wie ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass ggf. ein Anspruch auf Neuberechnung der Versicherungsleistung besteht.
66Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unlängst zu der Frage, wie Kreditinstitute auf rechtswidrige Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen zu reagieren haben, den Banken und Sparkassen mit einer Allgemeinverfügung Vorgaben gemacht habe, wie diese zuvor irregeführte Verbraucher aufzuklären hätten
67„Die Unterrichtung muss mindestens enthalten:
68- die im jeweiligen Vertrag verwendete unwirksame Zinsanpassungsklausel …,
69- die Erläuterung, dass der BGH diese Art von Klauseln mit Urteil vom 12.02.2004 – XI ZR 140/03 - für unwirksam erklärt hat,
70- die Erläuterung, dass aufgrund der unwirksamen Klauseln unter Umständen Zinsen in zu geringer Höhe gezahlt wurden.‘“
71ist über die dagegen eingelegten Widersprüche der Kreditinstitute, wie der Kläger selbst klargestellt hat, noch nicht entschieden worden. Der der Allgemeinverfügung zugrunde liegende Sachverhalt ist außerdem mit dem hier zur Entscheidung anstehenden nicht ohne weiteres vergleichbar.
72Der Hinweis des Klägers auf den Veröffentlichungsanspruch nach § 12 Abs. 2 UWG, § 7 UKlaG, hinter dem sein Begehren zurückbleibe, aber die damit verbundenen Kosten und Streuverluste vermeide, verfängt nicht. Der Kläger macht den Veröffentlichungsanspruch, der andere Voraussetzungen als der Folgenbeseitigungsanspruch hat, nicht geltend. Er kann sich daher auch nicht auf dessen Rechtsfolgen als Argument für eine inhaltliche Ausweitung des Folgenbeseitigungsanspruchs berufen.
73Der aus der Verwendung der AVB und PIB folgende Störungszustand ist im vorliegenden Fall mit einem Berichtigungsschreiben gemäß den Vorgaben des Landgerichts beseitigt. Ein mehr an Aufklärung ist nicht geschuldet. Die rechtlichen Konsequenzen aus der Berichtigungserklärung kann und muss jeder Versicherungsnehmer selbst ziehen, ggf. mit anwaltlicher Hilfe. Die Sorge des Klägers, dass die Unwirksamkeit der Klauseln und die daraus folgenden Zahlungsansprüche der Kunden von der Beklagten zur Sympathiewerbung missbraucht werden könnte, ist aufgrund der Vorgaben des Landgerichts unbegründet.
74(3) Soweit der Kläger meint, der Beklagten eine bestimmte Form des Berichtigungsschreibens vorgeben zu können, kann dahinstehen, ob sein entsprechender Antrag Ziff. I. 2. c) bb) dem Bestimmtheitserfordernis genügt oder gemäß der Ansicht des LG Köln insoweit bereits unzulässig ist. Die Frage, ob das Berichtigungsschreiben zur Beseitigung der Störung geeignet oder z.B. unverständlich oder nicht hinreichend lesbar ist, ist erst im Vollstreckungsverfahren zu klären. Bei dem Antrag des Klägers zur Form des Berichtigungsschreibens geht es nicht um einen Ausspruch zum Inhalt der Folgenbeseitigungspflicht der Beklagten, sondern – wie bei den Vorgaben zur Versendung des Berichtigungsschreibens (s.u.) – um deren gegebenenfalls im Zwangsvollstreckungsverfahren zu klärenden Durchsetzung.
75(4) Der Antrag zu Ziff. I. 3. betreffend die Versendung der Berichtigungsschreiben zielt auf den Nachweis der vollständigen Erfüllung ab. Der BGH hat sich mit einem nahezu wortlautidentischen Antrag bereits im Verfahren I ZR 184/15 mit Urteil vom 14.12.2017 („Klauselersetzung“) befasst. Dass der Kläger den vorliegenden Antrag nicht mit „die vollständige Versendung der Berichtigungsschreiben … wie folgt nachzuweisen“ einleitet, sondern mit „Die Beklagte führt die Versendung der Berichtigungsschreiben … wie folgt durch“, ändert an Inhalt und Intention des Antrags nichts.
76Der BGH hat die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das mit dem Antrag geltend gemachte Nachweiserfordernis die Erfüllung des Folgenbeseitigungsanspruchs betreffe und erst in dem sich dem Erkenntnisverfahren gegebenenfalls anschließenden Zwangsvollstreckungsverfahren zu klären sei, ausdrücklich bestätigt (BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 53 f.). Es besteht keine Veranlassung, von der eindeutigen und überzeugenden Ansicht des BGH abzuweichen. Auch im vorliegenden Fall kann der Kläger über den Auskunftsanspruch (s.u.) alle Informationen erhalten, die er benötigt, um die Erfüllung des Berichtigungsanspruchs zu kontrollieren. Mehr ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht geschuldet. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte insbesondere nicht schon vor jeglicher Vollstreckungshandlung zum Nachweis verpflichtet, dass die vorbereitete Folgenbeseitigungshandlung tauglich ist. Soweit eine Überprüfung der Erfüllung eines Beseitigungsanspruchs (erst) im Vollstreckungsverfahren mit erheblichen Schwierigkeiten sowie einem erheblichen (Mehr)Aufwand und (Mehr)Kosten verbunden sein mag, ist dies dem vom Gesetzgeber vorgegebenen System geschuldet. Solche Schwierigkeiten rechtfertigen keine Vorverlagerung der im Vollstreckungsverfahren angelegten Prüfung in das Erkenntnisverfahren durch eine Ausweitung des Folgenbeseitigungsanspruchs unter Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebots.
77Dass die titulierte Erstellung von Berichtigungsschreibens deren Versand mit umfasst, ist eine Selbstverständlichkeit, die nicht nur aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt, sondern auch aus dem Ausspruch unter Ziff. 3. des Tenors zur Übernahme der Kosten für die Auskunftserteilung, der Herstellung von Berichtigungsschreiben und dem Versand der Berichtigungsschreiben. Ein Tenorierungsversehen, das korrigiert werden müsste, liegt entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor.
78c. Der Beseitigungsanspruch erlischt, wenn der Störungszustand wegfällt. Dies ist hier nicht feststellbar.
79aa. Die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass der Störungszustand bezüglich der PIB durch die Veröffentlichung der neuen Muster-PIB mit den korrekten Angaben nicht entfallen ist, greift die Beklagte im Berufungsverfahren nicht an.
80bb. Der Störungszustand bezüglich der AVB ist weder durch die - bestrittenen - Wertstandmitteilungen und Rückzahlungen noch durch eine zwischenzeitlich erfolgte - vom Kläger ebenfalls bestrittene - Versandaktion Kundenschreiben beseitigt worden.
81(1) Die Wertstandmitteilungen aus dem Jahr 2020 sind unstreitig nicht an Personen versandt worden, deren Verträge bereits gekündigt waren. Schon insoweit ist keine hinreichende Aufklärung erfolgt. Darüber hinaus sind die Wertstandmitteilungen aber auch ihrem Inhalt nach aus den vom Landgericht angeführten Gründen nicht geeignet, die betroffenen Vertragspartner hinreichend über die eingetretene Störung zu informieren.
82Die Rückzahlung von Abschlusskosten, die der Kläger mit Nichtwissen bestritten hat, beseitigt den Störungszustand ebenfalls nicht. Der Vortrag der Beklagten ist in tatsächlicher Hinsicht unzureichend. Die Beklagte müsste die Hintergründe für die Zahlungen nachvollziehbar darlegen, damit der Kläger als Beseitigungsgläubiger und die betroffenen Kunden nachvollziehen können, ob tatsächlich alle berechtigten Ansprüche vollständig ausgeglichen worden sind. Soweit die Beklagte ihren Ausführungen zu den laufenden (?) Abschluss- und Vertriebskosten in den Wertstandmitteilungen eine für die Empfänger der Schreiben als solche nicht erkennbare rückwirkende ergänzende Vertragsauslegung zugrunde gelegt hat, ist deren Richtigkeit für das vorliegende Verfahren ohne Belang.
83(2) Die Beklagte trägt vor, mit der Versandaktion Kundenschreiben im Jahr 2021 auch Altkunden informiert zu haben. Inhaltlich sind die nach dem Vortrag der Beklagten zwischenzeitlich versandten Kundenanschreiben (Anlagen X 7 [aktive Bestandskunden], 8 und 9 [Altkunden]) ausreichend. Sie gehen sogar über den vom Landgericht titulierten Umfang hinaus. Die Beklagte hat die Schreiben allerdings nach eigenen Angaben nur den ehemaligen Vertragspartnern zukommen lassen, gegenüber denen sie sich ihrer Ansicht nach nicht auf Verjährung berufen kann. Ihre Folgenbeseitigungspflicht geht indes weiter. Sie betrifft jeden Altkunden, der wegen der streitbefangenen AVB und PIB Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen könnte (s.o.).
84d. Der Folgenbeseitigungsanspruch als solcher ist aus den vom Landgericht angeführten Gründen nicht verjährt. Einwände gegen die Feststellungen der Kammer zu § 11 UWG trägt die Beklagte im Berufungsverfahren nicht vor.
853. Der Auskunftsanspruch ergibt sich als vorbereitender Hilfsanspruch zum Folgenbeseitigungsanspruch aus § 242 BGB und ist insoweit allgemein anerkannt (s. BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 52). Er dient hier der Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs. Der Kläger benötigt eine Auskunft dazu, gegenüber welchen Verbrauchern sich die Beklagte auf die unwirksamen AVB und die fehlerhaften PIB berufen hat, um die Erfüllung des Berichtigungsanspruchs kontrollieren zu können (vgl. KBF / Bornkamm, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.108b, 1.108, 1.127, m.w.N.).
86a. Die Verurteilung zur Erteilung von Auskünften gemäß Ziffer 1.a) und 1.b) des Tenors der angefochtenen Entscheidung gehen über das zur Kontrolle erforderliche Maß nicht hinaus. Soweit die Beklagte auf die Sensibilität der Daten verweist, ist sie gemäß Ziff. 1. d) des Tenors nach ihrer Wahl berechtigt, die Auskünfte gegenüber einer Vertrauensperson zu erteilen. Ein weniger einschneidendes geeignetes Mittel zur Kontrolle der Erfüllung des Folgenbeseitigungsanspruchs steht nicht zur Verfügung. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kommt in Betracht, wenn Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft bestehen, sie ersetzt aber nicht die erforderlichen Angaben zu den von der Störung betroffenen Verbrauchern.
87b. Zu Recht wendet sich die Beklagte allerdings dagegen, gemäß Ziff. 1. c) des Tenors der angefochtenen Entscheidung die Auskünfte in einer bestimmten Form erteilen zu müssen. Für die Erteilung einer ordnungsgemäßen Auskunft ist es nicht erforderlich, eine Sortierung zunächst nach Postleitzahlen, dann nach Straßennamen, dann nach Hausnummern, dann nach Nachnamen und schließlich nach Vornamen vorzunehmen. Soweit eine Sortierung überhaupt erforderlich sein sollte, wäre eine Ordnung z.B. nach Postleitzahlen, Namen und Straßen ebenso tauglich. Die Auskunft muss lediglich die zur Durchsetzung der Gläubigeransprüche erforderlichen Informationen enthalten, zu denen die beantragte Form nicht gehört. Ob die noch zu erteilende Auskunft der Beklagten geeignet ist, das berechtigte Informationsinteresse des Klägers zu befriedigen, ist gegebenenfalls im Zwangsvollstreckungsverfahren zu klären. Die Ansicht des Klägers, die Beklagte habe die Tauglichkeit der Folgenbeseitigung nachzuweisen, bevor sie eine möglicherweise untaugliche Folgenbeseitigungshandlung vornehme, hat keine rechtliche Grundlage. Der Kläger trägt selbst vor, dass sein Antrag dazu dienen soll, eine Zwangsvollstreckung zu erübrigen.
88c. Soweit das Landgericht das Auskunftsbegehren des Klägers teilweise zurückgewiesen hat, ist die Entscheidung rechtskräftig (s.o.).
89Allerdings rügt der Kläger bezüglich des Antrags zu Ziff. I. 1. b) cc) die Einblendung der Rückseite der Anlage K 5b in den Urteilstenor. Der den Auskunftsanträgen zu den PIB zugrunde liegende Sachverhalt und damit die konkrete Verletzungsform sei klar und eindeutig verbalisiert. Die Rückseite der Anlage K 5b enthalte nichts, was über die bereits im Antrag genannten Inhalte hinaus entscheidungserheblich sein könne. Es bestehe daher keine Veranlassung, den Antrag/Tenor durch die Einblendung zu komplizieren und hierdurch deren Verständnis zu erschweren. Die Einblendung sei zwar Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gewesen, und er habe sich auf Anraten des Gerichts hierauf auch eingelassen, daran wolle er aber jetzt nicht mehr festhalten.
90Da der Kläger durch die Zuerkennung seines Antrags in der zuletzt gestellten Form nicht beschwert ist, liegt im Wiederaufgreifen des alten Antrags eine Klageerweiterung, die auch ohne Zustimmung der Beklagten nach § 533 ZPO zulässig ist. Die Klageänderung ist sachdienlich und kann auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Der Kläger begründet seine Rückkehr zum ursprünglichen Antrag nachvollziehbar mit Diskussionen um die Reichweite des erstinstanzlichen Urteils, die deutlich gemacht hätten, dass die vom Landgericht ausgeurteilte Einblendung in einschlägig interessierten Kreisen zu der Fehlvorstellung geführt habe, die Verpflichtung zur Auskunft würde sich ausschließlich auf Versicherungsverträge beziehen, in welche Produktinformationsblätter einbezogen wurden, die in Form und Inhalt der fraglichen Einblendung entsprächen.
91Der Kläger rügt zu Recht eine überflüssige Über-Konkretisierung. Es geht vorliegend nicht um einen Unterlassungsanspruch mit der daran anknüpfenden Frage, ob er ohne Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungsform nicht zu weit gefasst ist. Es geht lediglich um einen Auskunftsanspruch, dessen Gegenstand durch die Antragsfassung bereits hinreichend bestimmt ist. Der Text in der eingeblendeten Seite unter „Effektivkosten“ lautet:
92„3,06 Prozentpunkte
93Bei der Berechnung der Effektivkosten wurden für den dargestellten Vertragsverlauf renditemindernde Größen berücksichtigt, die sich auf die Höhe des Kapitals zu Beginn der Auszahlungsphase auswirken. Diese sind insbesondere die Kosten der Ansparphase. Eine beispielhafte Wertentwicklung von 3,00 % wird durch die renditemindernden Größen von 3,06 Prozentpunkten auf eine Effektivrendite von 0,01 % verringert.“
94Hieraus ergibt sich bezüglich der Frage, zu was die Beklagte Auskunft erteilen soll, nichts Konkreteres als bereits aus dem Antrag selbst (PIB, in denen in der Rubrik „Effektivkosten“ der in „Prozentpunkten“ ausgewiesene Wert nicht der „beispielhaften Wertentwicklung“ gemäß § 10 Abs. 1 AltvPIBV nach Abzug der ausgewiesenen „renditemindernden Größen“ entspricht).
954. Dass sie im Umfang der berechtigten Ansprüche die Kosten für die Auskunft und die Berichtigungsschreiben tragen muss, stellt die Beklagte zu Recht nicht in Abrede.
965. Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung seiner Zahlungsklage über 2.019,34 € ist teilweise begründet. Ihm steht, soweit seine vorgerichtliche Aufforderung berechtigt war, ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683, 670 BGB, in Höhe von 1.009,67 € zu.
97a. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, dass er selbst hätte tätig werden können. Er muss zwar in der Lage sein, ohne anwaltlichen Rat typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende verbraucherfeindliche Praktiken selbst zu erkennen und abzumahnen, und die Wettbewerbsverstöße als solche sind auch bereits durch die Entscheidung des LG Köln im Verfahren 26 O 6/18 rechtskräftig festgestellt, hier geht es jedoch um an die Verstöße anschließende Fragen zur Ausgestaltung des Folgenbeseitigungsanspruchs. Die Beantwortung dieser rechtlich relativ anspruchsvollen Fragen geht über die tägliche Praxis der Mitarbeiter des Klägers hinaus und rechtfertigt die Inanspruchnahme externer anwaltlicher Beratung (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.12.2017, I ZR 184/15 – Klauselersetzung, juris, Tz. 59 ff.)
98b. Die Höhe der zu erstattenden Kosten richtet sich nach dem Verhältnis des Gegenstandswertes des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung.
99Die vorgerichtliche Aufforderung des Klägers entspricht bezüglich der Auskunft dem erstinstanzlichen Antrag und bezüglich des Berichtigungsschreibens dem erstinstanzlichen Hilfsantrag und jetzigen Hauptantrag. Der berechtigte Teil der Abmahnung kann auf 50 % geschätzt werden. Sowohl der Auskunftsanspruch als auch der Anspruch auf Herstellung von Berichtigungsschreiben waren teilweise berechtigt. Unberechtigt waren insbesondere die Sortierungs-Vorgabe bei der Auskunft, die wörtliche Vorgabe des gleichwohl geschuldeten Berichtigungsschreibens sowie die Forderungen zum kontrollierten Versand der Berichtigungsschreiben.
100Die Kosten für das vorgerichtliche Schreiben hat der Kläger ausgehend von einem nicht zu hoch gegriffenen Streitwert von 69.700 € mit 2.019,34 € in Ansatz gebracht. Die Hälfte dieses Betrages ergibt die berechtigte Forderung über 1.009,67 €.
101Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 BGB.
102III.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Für die Berechnung der Kostenquote kann das Wertverhältnis von Auskunftsanspruch zum Folgenbeseitigungsanspruch mit rund 20 zu 80 (davon 1/10 entfallend auf die Versendung der Berichtigungsschreiben) in Ansatz gebracht werden. Der Forderung zur wörtlichen Vorgabe des Berichtigungsschreibens kommt kein wesentlich geringerer Wert zu als der Forderung zur Herstellung von Berichtigungsschreiben überhaupt. Das Unterliegen / Obsiegen der Parteien ist in beiden Instanzen jeweils in etwa gleich.
104Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
105Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Das „Ob“ und die wesentlichen Rahmenbedingungen für das „Wie“ des wettbewerbsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs der Verbraucherverbände gegenüber Unternehmen, die unzulässige AGB-Klauseln verwenden und sich dadurch rechtsgrundlos Vermögensvorteile verschaffen, sind bereits höchstrichterlich geklärt. Eine Übertragung der äußerungsrechtlichen Rechtsprechung auf den Folgenbeseitigungsanspruch ist danach nicht veranlasst. Der Inhalt des Folgenbeseitigungsanspruchs richtet sich nach der Art der Beeinträchtigung und erfordert insoweit stets eine Einzelfallbetrachtung.
106Soweit der Senat von einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 26.09.2019, 2 U 107/14, Anlage X 1, Bl. 328 ff. GA) bezüglich der Frage abweicht, ob das Unternehmen alle betroffenen Kunden anschreiben muss, gegenüber denen es die unwirksamen AGB verwendet hat, oder unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Altkunden nicht, gegenüber denen es plant, sich ggf. auf Verjährung zu berufen, ist eine Zulassung der Revision ebenfalls nicht geboten. Nicht schon jede Abweichung der Berufungsgerichte untereinander begründet das Vorliegen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere wenn es – wie letztlich auch hier – um eine Einzelfallentscheidung geht (s. Zöller-Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 543 Rn. 11).
107Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: bis 70.000 € (Berufung des Klägers 32.000 €, Berufung der Beklagte 38.000 €).