Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird einschließlich der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 7. September 2001 wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren auf 500,- DM festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde war im Hinblick auf die mit dem Zulassungsantrag dargelegten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses (Zulassungsgrund gemäß § 146 Abs. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
3Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.
4Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren der Antragsteller auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung vom 7. September 2001 zu Unrecht stattgegeben.
5Der Antrag hat keinen Erfolg.
6In der streitigen Ordnungsverfügung ist den Antragstellern unter Ziffer 1. aufgegeben worden, eine Absturzsicherung im Bereich des Badezimmerfensters anzubringen. Unter Ziffer 2. ist zunächst weiter angeordnet worden, bis zur Herstellung einer solchen Absturzsicherung den Handgriff der Fensteranlage zu entfernen und das Fenster zur ordnungsgemäßen Belüftung in Kippstellung zu belassen. Auf die Befolgung der letztgenannten Anordnung hat der Antragsgegner in seinem Schreiben vom 14. September 2001 verzichtet. Denn hierin hat er den Antragstellern mitgeteilt, angesichts des vorhandenen abschließbaren Fenstergriffes sei eine schriftliche Bestätigung der Antragsteller ausreichend, dass das Fenster bis zur Montage der Absturzsicherung stets abgeschlossen gehalten und nicht vollständig geöffnet werde. Eine solche Erklärung haben die Antragsteller mit Schreiben vom gleichen Tage gegenüber dem Antragsgegner abgegeben. Damit hat sich die unter Ziffer 2. der Ordnungsverfügung getroffene Anordnung einschließlich der insoweit ergangenen Zwangsgeldandrohung bereits vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens in der Sache erledigt.
7Sollte der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs so zu verstehen sein, dass er sich gleichwohl auch gegen Ziffer 2. der Ordnungsverfügung und die dazu ergangene Zwangsgeldandrohung richtet, wäre er insoweit wegen des Fehlens eines hierauf bezogenen Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.
8Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.
9Hinsichtlich der allein aufrechterhaltenen, in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung getroffenen Aufforderung zur Anbringung einer Absturzsicherung am Badezimmerfenster im Obergeschoss fällt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zum Nachteil der Antragsteller aus. Denn bei der gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass diese Anordnung rechtmäßig ist.
10Rechtsgrundlage für die Aufforderung zur Anbringung einer Absturzsicherung ist § 61 Abs. 1 BauO NRW. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Errichtung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden und in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
11Hiervon ausgehend war der Antragsgegner befugt, den Antragstellern die Anbringung einer Absturzsicherung mit einer Mindesthöhe von 0,80 m am Badezimmerfenster aufzugeben. Das Badezimmerfenster genügt in seinem derzeitigen Zustand nicht den Anforderungen des § 41 Abs. 5 Sätze 1, 2 BauO NRW. Nach diesen Regelungen müssen Fensterbrüstungen bei einer Absturzhöhe bis zu 12 m mindestens 0,80 m hoch sein; geringere Brüstungshöhen sind nur dann zulässig, wenn durch andere brüstungsähnliche Vorrichtungen die genannte Mindesthöhe eingehalten wird. Der untere Bezugspunkt für die Bemessung der Höhe der Fensterbrüstung wird in § 41 Abs. 5 BauO NRW nicht ausdrücklich benannt. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich der Vermeidung von Unfällen durch den Absturz von einer höher gelegenen Fläche auf eine tiefer gelegene Fläche,
12Vgl. dazu Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung für das Land Nordrhein- Westfalen, Loseblatt-Kommentar, Stand: September 2001, § 41, Rn. 1,
13lässt sich jedoch ohne weiteres herleiten, dass als unterer Bezugspunkt auf die Fläche unmittelbar vor der Fensterbrüstung abzustellen ist, soweit sie zum Betreten in Betracht kommt und infolgedessen gerade von dieser Fläche aus die Gefahr eines Absturzes besteht.
14Hierbei wird es sich im Regelfall - allein in diesem eingeschränkten Sinne dürfte die von dem Verwaltungsgericht zitierte Kommentarliteratur zu verstehen sein - um den Fußboden vor dem Fenster handeln. Ist allerdings vor dem Fenster auf dem Fußboden ein Sockel angebracht, der mit Blick auf seine Festigkeit und Tiefe betreten werden kann, so ist angesichts des dargelegten Schutzzwecks der Vorschrift bei der Bestimmung der Höhe der Fensterbrüstung auf die Oberkante eines solchen Sockels abzustellen. Auf die Frage, ob der Sockel als Bestandteil des Fußbodens anzusehen ist oder nicht, kommt es hingegen im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 5 BauO NRW nicht an.
15Bei Anwendung der genannten Kriterien erreicht die Brüstung des Badezimmerfensters der Antragsteller nicht die in § 41 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW verlangte Mindesthöhe von 0,80 m. Den vorgelegten Verwaltungsvorgängen lässt sich entnehmen - dies wird von den Antragstellern auch nicht bestritten -, dass sich direkt unterhalb des Fensters ein gefliester Sockel mit einer Tiefe von 0,21 m befindet, der aufgrund der besagten Ausgestaltung zum Betreten, insbesondere durch Kinder und Heranwachsende, in Betracht kommt. Angesichts dessen ist hier nach den obigen Ausführungen die Bestimmung der Höhe der Brüstung von der Oberkante des Sockels aus vorzunehmen. Von diesem relevanten unteren Bezugspunkt aus beträgt die Höhe der Brüstung des Badezimmerfensters - auch insofern haben die Antragsteller nichts Gegenteiliges vorgetragen - jedoch allenfalls 0,71 m. Damit bedarf das Badezimmerfenster zu seiner bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit gemäß § 41 Abs. 5 Satz 2 BauO NRW einer brüstungsähnlichen Vorrichtung, mit der die Mindesthöhe von 0,80 m, gemessen ab der Oberkante des Sockels, eingehalten wird.
16Die Aufforderung zur Herstellung einer derartigen Absturzsicherung in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung ist daher nicht zu beanstanden.
17Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Anordnung noch sind Ermessensfehler ersichtlich.
18Ebenso rechtlich unbedenklich ist die für Ziffer 1. der Ordnungsverfügung erfolgte Zwangsgeldandrohung, die ihre Rechtsgrundlagen in § 57 Abs. 1 Nr. 2, § 60, § 63 VwVG NRW hat.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
20Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Nach der letztgenannten Vorschrift, die gemäß § 20 Abs. 3 GKG im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechende Anwendung findet, ist der Streitwert auf der Grundlage der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die für die Antragsteller maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung bemisst sich nach den Kosten, die ihnen bei Befolgung der Ordnungsverfügung
21- hier das Anbringen der verlangten Absturzsicherung - entstehen. Diese Kosten sind mit einem Betrag von 1.000,- DM ausreichend veranschlagt. Angesichts dessen ist es bei der gebotenen Halbierung des Betrages im einstweiligen Rechtschutzverfahren sachgerecht und angemessen, den Streitwert für beide Verfahrenszüge - unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung - auf 500,- DM festzusetzen.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
23