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Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2004 verpflichtet, dem Kläger auf seinen Beihilfeantrag vom 18. Oktober 2004 eine weitere Beihilfe in Höhe von 30,00 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Der 1956 geborene Kläger stand bis zu seiner Zurruhesetzung im Jahr 2006 als Amtsrat (Besoldungsgruppe A 12 BBesO) in Diensten der Beklagten. Er ist unverheiratet und hat keine Kinder.
3Mit Beihilfeantrag vom 18. Oktober 2004 machte er u. a. Aufwendungen für ambulante ärztliche Behandlungen betreffend die ersten drei Quartale 2004 geltend.
4Mit Beihilfebescheid vom 3. November 2004 setzte die Beklagte die Beihilfe fest und zog dabei unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV einen Eigenbehalt ("Praxisgebühr") in Höhe von 10,00 EUR je Quartal, insgesamt 30,00 EUR, ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2004 als unbegründet zurück.
5Mit seiner am 10. Januar 2005 - rechtzeitig - erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Praxisgebühr stelle einen mittelbaren Eingriff in das Gefüge der Alimentationspflicht dar, indem sie eine dem Beihilferecht wesensfremde Erstattungsschwelle einführe, die sich mittelbar auch auf die Alimentation selbst auswirke und daher in den grundgesetzlich durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Bereich der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingreife. Sie führe im Ergebnis zu einer einseitigen Belastung der Beihilfeberechtigten, weil eine ausgleichende Entlastung bei der ergänzenden privaten Krankenversicherung weder vorgenommen worden noch geplant sei. Statt dessen hätten Privatversicherte in der Vergangenheit deutliche Erhöhungen der Versicherungsbeiträge hinnehmen müssen. Überproportional seien Bezieher unterer Einkommen betroffen, da die Beiträge der privaten Krankenversicherung nicht vom Einkommen abhängig und nach oben begrenzt seien wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2004 zu verpflichten, ihm Beihilfe ohne Abzug von Eigenanteilen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV zu gewähren.
8Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV zutreffend angewandt. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 23. September 2005 - 10 A 10534/05 -), der das Verwaltungsgericht sich anschließe, sei diese Bestimmung gültig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Fürsorgepflicht verlange nicht, dass durch Beihilfe und Versicherungsleistungen die Aufwendungen in Krankheitsfällen vollständig gedeckt würden, dass der Dienstherr in jedem Fall einen Teil der Aufwendungen übernehme oder dass das von der Beilhilfe nicht gedeckte Risiko in vollem Umfang versicherbar sei. Ungeachtet dessen, dass die Bestimmungen über die Besoldung bzw. Versorgung sowie die Beihilfebestimmungen auf die finanzielle Belastbarkeit der Beamten Rücksicht zu nehmen hätten und die Besoldung bzw. Versorgung und die Beihilfe wechselseitig aufeinander bezogen seien, gebe es kein tradiertes Anspruchsniveau, das einer Kürzung der Beihilfeleistungen durch Eigenbeteiligungen von vornherein entgegenstehe. Die Fürsorgepflicht verbiete es insofern lediglich, dem Beamten Risiken aufzubürden, deren wirtschaftliche Auswirkungen unüberschaubar seien. Dies sei jedoch nicht zu besorgen, wenn das nicht versicherbare Risiko - wie hier - auf einen Betrag von weniger als 1 v. H. des Jahreseinkommens begrenzt bleibe.
11Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die sog. Praxisgebühr verletze sowohl die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als auch das Sozialstaatsprinzip. Sie gelte sowohl für den Beihilfeberechtigten selbst als auch für beihilfeberechtigte Angehörige und könne sich je Quartal und je Person auf maximal 30,00 EUR belaufen. Der Betrag sei durchaus erheblich. Dabei sei zu bedenken, dass die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV eben nicht - wie andere Vorschriften - bei der Beihilfefähigkeit einer Behandlungsmaßnahme oder bei der Frage der Beihilfefähigkeit des entstandenen Aufwands ansetze, sondern vielmehr die grundsätzlich entstandene Beihilfe reduziere. Diese Reduzierung der Beihilfe sei nicht durch den Abschluss einer Versicherung aufzufangen. Darüber hinaus seien alle Besoldungsgruppen ohne Rücksicht auf ihre unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gleichmäßig betroffen, was dem Sozialstaatsgebot widerspreche. Schließlich sei mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon auszugehen, dass die Beihilfevorschriften des Bundes als solche inzwischen nicht mehr anwendbar seien, da die dem Gesetzgeber zugebilligte Übergangsfrist mittlerweile verstrichen sein dürfte.
12Der Kläger beantragt,
13das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2004 zu verpflichten, ihm auf seinen Beihilfeantrag vom 18. Oktober 2004 eine weitere Beihilfe in Höhe von 30,00 EUR zu bewilligen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil sowie in dem dort in Bezug genommenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2005.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die (form- und fristgerecht begründete) Berufung des Klägers hat Erfolg.
20Der Kläger hat Anspruch auf die beantragte weitere Beihilfe für das Jahr 2004. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 3. November 2004 und ihr Widerspruchsbescheid vom 29. November 2004 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21Der Anspruch auf Bewilligung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 30,00 EUR folgt aus § 79 BBG in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV). Die sich daraus ergebende Beihilfe darf nicht durch die Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV gemindert werden.
22Der Beurteilung zugrunde zu legen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (§ 5 Abs. 2 BhV), für die eine Beihilfe verlangt wird (hier die ersten drei Quartale 2004).
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 2 C 35.04 -, BVerwGE 125, 21 (= Juris Rn. 13) mit weiteren Nachweisen.
24Für den vorliegenden Fall maßgeblich ist damit die Fassung der Beihilfevorschriften vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918) unter Einbeziehung der 27. und 28. allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 (GMBl. 2004 S. 227) und vom 30. Januar 2004 (GMBl. S. 379). Beide Änderungen sind, soweit hier von Interesse, mit Wirkung zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten.
25Nach § 12 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BhV in der hier maßgeblichen Fassung mindert sich die Beihilfe um einen Betrag von 10,00 EUR je Kalendervierteljahr je Beihilfeberechtigten und je berücksichtigungsfähigen Angehörigen für jede erste Inanspruchnahme von ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Leistungen ("Praxisgebühr"). Die Voraussetzungen dieser Regelung sind hier - was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - erfüllt. Eine Ausnahme gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 3 BhV ist nicht gegeben.
26Gleichwohl war die Beklagte nicht berechtigt, die dem Kläger zustehende Beihilfe in Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV zu mindern, da diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht wirksam ist.
27Dabei ist im Ausgangspunkt allerdings davon auszugehen, dass die Beihilfevorschriften des Bundes für den vorliegenden Fall als solche überhaupt anwendbar sind. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Beihilfevorschriften als Allgemeine Verwaltungsvorschrift den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes nicht genügen, da es sich um wesentliche Entscheidungen über den Umfang der Beihilfeleistungen handelt, die dem Gesetzgeber vorbehalten sind.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103, 109 ff.
29Es hat jedoch zugleich hervorgehoben, dass trotz des Defizits normativer Regelungen für eine Übergangszeit von der Weitergeltung der Vorschriften auszugehen ist. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden.
30Dieser Übergangszeitraum war jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2004 ersichtlich noch nicht abgelaufen, so dass dessen genaue Länge unter Beachtung des hier für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkts keiner grundsätzlichen Klärung bedarf.
31Gleichwohl sieht sich der Senat durch diesen rechtlichen Ausgangspunkt nicht daran gehindert, einzelnen Regelungen aus hiervon unabhängigen Gründen die Wirksamkeit abzusprechen und sie im Rahmen eines Rechtsstreits über Beihilfeansprüche inzident zu verwerfen. Die Übergangsrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht dahin zu verstehen, dass sie die Anwendbarkeit der Beihilfevorschriften bis zum Ende der Karenzzeit auch gegen jeden sonstigen Fehler immunisieren soll. Der gerichtlichen Befugnis zur inzidenten Verwerfung (Nichtanwendung) von Beihilfevorschriften des Bundes steht auch nicht die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zusätzlich eröffnete Möglichkeit prinzipaler Normenkontrolle dieser Regelung entgegen.
32Vgl. dazu BVerwG, Entscheidung vom 25. Juni 1987 - 2 N 1.86 -, BVerwGE 77, 345, sowie Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 47 Rn. 124 ff. m.w.N.; ferner BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 -, NJW 2000, 3584.
33Die Minderungsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV verstößt schon deshalb gegen höherrangiges Recht, weil es in verfahrensrechtlicher Hinsicht an einer angemessenen Willensbildung des Vorschriftengebers im Blick auf die Verträglichkeit der Regelung mit dem Alimentationsprinzip fehlt. Der Senat hat bereits in einem Verfahren betreffend den Ausschluss von Aufwendungen zur Behandlung der erektilen Dysfunktion in § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a BhV mit Urteil vom 15. Oktober 2007 (1 A 2896/06) entschieden, dass die Willensbildung des Fürsorgegebers insoweit besonderen verfahrensrechtlichen Anforderungen unterliegt. Hieran ist auch nach erneuter Überprüfung festzuhalten.
34Zwar unterliegt der Erlass von Beihilferegelungen nach § 200 BBG keinen ausdrücklichen Form- oder Verfahrensvorschriften; auch in der Rechtsprechung sind in der Vergangenheit besondere Anforderungen nicht formuliert worden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass insoweit keinerlei Bindungen bestünden. Die allgemein bekannten, sich verengenden Rahmenbedingungen der Beihilfegewährung geben Veranlassung, diese Bindungen genauer als bislang geboten herauszuarbeiten. Insbesondere bedarf dabei der Fortentwicklung und Präzisierung, welche Anforderungen das Verfassungsrecht bei Leistungsminderungen oder -ausschlüssen an die Willensbildung des zuständigen Bundesministeriums und an die Herleitung und Konsistenz stellt. Dabei ergibt sich insbesondere als erkenntnisleitender Gesichtspunkt, dass eine hinreichend klare Ableitung von Maßstäben, die zudem eine wirksame Rechtskontrolle von Einschränkungen erlauben würden, innerhalb des praktizierten Systems der Beihilfe nicht in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise möglich ist.
35Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage nicht unmittelbar im Alimentationsprinzip, sondern in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieser muss Vorsorge treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird.
36Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225, 232 und 240 (= Juris Rn. 29); Beschluss vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89, 99 ff.; BVerwG, z.B. Urteile vom 25. Juni 1987 - 2 C 57.85 -, BVerwGE 77, 331, vom 12. Juni 1985 - 6 C 24.84 -, BVerwGE 71, 342, 352, und schon vom 7. Oktober 1965 - VIII C 63.63 -, BVerwGE 22, 160, 164.
37Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr diese Verpflichtung gegenüber den Beamten (bzw. Richtern) durch eine finanzielle Hilfeleistung, die zu der Eigenvorsorge des Beamten hinzutritt, um seine wirtschaftliche Lage in Fällen besonderer Belastung durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Diese anlassbezogenen Leistungen sollen den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Da die dergestalt ergänzend konzipierte Beihilfe nur einen Teil der aus Anlass von Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft. Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen kann und soll. Innerhalb des dargestellten Mischsystems genügt der Dienstherr den Anforderungen der Fürsorgepflicht, wenn er sicherstellt, dass der Beamte in den genannten Fällen nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine zumutbare Eigenvorsorge nicht abdecken kann.
38Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990, a.a.O. S. 101 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277, 279 ff.
39Das System von Beihilfeleistung einerseits und aus allgemeiner Alimentation finanzierter Eigenvorsorge andererseits ist daher in einem Ergänzungsverhältnis wechselseitig aufeinander bezogen, so dass eine Minderung der Beihilfeleistungen - hier durch Abzug eines quartalsweisen Eigenbehalts - im Ergebnis eine Absenkung des Standards bewirkt, den sich der Beamte oder Ruhegehaltsempfänger tatsächlich aus seinen Bezügen leisten kann.
40Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03, u. a. -, Juris.
41Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass es den Verwaltungsgerichten im gegenwärtigen System der Beihilfe - und nach den in der Rechtsprechung hierzu bislang entwickelten präzisierenden Prinzipien - unter den gewandelten finanziellen Bedingungen schon im Ansatz nicht gelingen kann, eine allgemeingültige Grenze für materielle Einschränkungen von Beihilfeleistungen festzulegen, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen würde. Die Gründe dafür sind eindeutig auszumachen: Die Höhe des Alimentationsteils für die Eigenvorsorge im Krankheitsfall ist betragsmäßig vollständig unbestimmt. Von Verfassungs wegen gedeckt sein müssen lediglich (mindestens) die Kosten einer solchen Krankenversicherung, die zur Abwendung krankheitsbedingter Belastungen erforderlich ist, die von den aufgrund der Fürsorgepflicht erbrachten Leistungen nicht ausgeglichen werden.
42Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, a.a.O. S. 233, 238; Beschluss vom 13. November 1990, a.a.O. S. 98 m.w.N.
43Wie hoch dieser Anteil zu veranschlagen ist und ob gar darüber hinausgehende Bezügeanteile in die Alimentation eingerechnet sind, bleibt mangels gesetzgeberischer Präzisierung ungewiss. Denn die Bezüge der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger enthalten keinen exakt bestimmbaren Satz oder proportionalen Anteil, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277, 281; ebenso schon die (rechtskräftigen) Urteile des erkennenden Senats vom 12. November 2003 - 1 A 4753/00 - (Juris) und - 1 A 4755/00 -, IÖD 2004, 53 = NWVBl. 2004, 194 = NVwZ-RR 2004, 546 = Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Entscheidungssammlung C IV 2 Nr. 154 = ZBR 2005, 272; nachfolgend BVerwG, Beschlüsse vom 10. März 2004 - 2 B 5.04 -, vom 11. März 2004 - 2 B 6.04 - und vom 12. März 2004 - 2 B 7.04 - (n.v.).
45Demgemäß ist nach der bislang vorherrschenden Auffassung die verfassungsrechtliche Grenze der dem Beamten oder Richter zumutbaren finanziellen Belastung im Hinblick auf die Eigenvorsorge erst erreicht, wenn der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet ist. Diese Grenze ist ihrerseits u. a. aus Rückwirkungen zu erschließen, die von Kürzungen im Bereich der fürsorgebedingten Hilfeleistungen auf die Alimentation ausgehen. Unter diesem Gesichtspunkt sind in der Vergangenheit etwa solche Kürzungen unbeanstandet geblieben, die sich als im Wesentlichen alimentationsneutral erwiesen oder Leistungen betrafen, die zur Gewährleistung einer medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Versorgung im Krankheitsfall nicht notwendig waren.
46Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 a.a.O. S. 233 (Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung); Beschluss vom 13. November 1990, a.a.O. S. 102 ff. (100 %-Grenze für die Erstattung); BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 10.04 -, NVwZ 2006, 217 (Zuzahlungen zu Wahlleistungen).
47In anders gelagerten Fällen sind Einschnitte gebilligt worden, wenn sie als "geringfügig" qualifiziert werden konnten. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit in seiner Entscheidung zur niedersächsischen Kostendämpfungspauschale (Urteil vom 3. Juli 2003, a.a.O. S. 281) - im Kern übereinstimmend mit Erwägungen des Senats zur nordrhein-westfälischen Kostendämpfungspauschale I (Urteile vom 12. November 2003) - eine Einkommensminderung von "weniger als einem Prozent der Jahresbezüge" für den Regelfall gebilligt.
48Vgl. näher Urteil des Senats vom 10. September 2007 - 1 A 4955/05 -, amtlicher Umdruck S. 11 m.w.N.
49Derartige Bagatellgrenzen gehen letztlich Hand in Hand damit, dass die geschuldete Fürsorge keine "lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen" in Ergänzung der zumutbaren Eigenvorsorge verlangt. Gewisse weitere Einschränkungen der Alimentation - über das zur Abdeckung von Krankenversicherungsprämien hinaus - können dadurch mit abgedeckt sein.
50Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 2001 - 2 BvR 2442/94 -, DVBl 2002, 114, 115 (zu 2 a bb) unter Bezug auf Beschluss vom 13. November 1990, a.a.O. S. 100 f., 102; BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003, a.a.O. S. 282, vom 15. Dezember 2005 - 2 C 35.04 - a.a.O. (= Juris Rn. 33), und vom 31. Januar 2002 - 2 C 1.01 -, NJW 2002, 2045 m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung.
51Soweit allerdings vor diesem Hintergrund in der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung auch die Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV als rechtmäßig angesehen worden ist,
52vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 2 B 56.07 -, Juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. März 2007 - 4 B 31.05 -, Juris; BayVGH, Beschluss vom 12. Oktober 2005 -14 ZB 05.1819 -, Juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. September 2005 - 10 A 10534/05 -, NVwZ 2006, 954; VG Hamburg, Urteil vom 24. März 2006 - 8 K 5654/04 -, Juris; VG Neustadt, Urteil vom 13. März 2006 - 3 K 954/05.NW -, NVwZ 2006, 1204; VG München, Urteil vom 20. September 2005 - M 5 K 05.73 -, Juris; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juni 2005 - 3 A 216/04 -, Juris; VG Frankfurt/Main, Urteil vom 25. April 2005 - 9 E 5765/04 -, Juris; VG Augsburg, Urteil vom 26. Januar 2005 - Au 7 K 04.1487 u.a. -, Juris; VG Saarlouis, Urteil vom 11. Januar 2005 - 3 K 174/04 -, Juris,
53vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.
54Zum einen kann die durch die "Praxisgebühr" bedingte finanzielle Belastung nicht ohne Weiteres als nur geringfügig angesehen werden. Die Höhe der den einzelnen Beamten treffenden Belastungen hängt entscheidend von individuellen Faktoren wie dem Familienstand und der regelmäßigen quartalsweisen Inanspruchnahme sowohl von ärztlichen bzw. psychotherapeutischen als auch zahnärztlichen Leistungen ab. Nach den Hinweisen des Bundesministeriums des Innern zu den Beihilfevorschriften des Bundes - hier maßgeblich in der Fassung der Neubekanntmachung durch Rundschreiben vom 15. Dezember 2004 - D I 5 - 213 100 1/1f - (GMBl. 2005 S. 542) - betreffend § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV werden psychotherapeutische Leistungen den ärztlichen Leistungen gleichgesetzt, so dass eine Minderung der Beihilfe für psychotherapeutische Leistungen nicht in Betracht kommt, wenn im gleichen Kalendervierteljahr ambulante ärztliche Leistungen in Anspruch genommen worden sind und dafür die Beihilfe bereits um 10,00 EUR gemindert wurde; Gleiches gilt, wenn zuvor die Beihilfe auf Grund der Inanspruchnahme von psychotherapeutischen Leistungen gemindert wurde. Im Ergebnis beläuft sich die "Praxisgebühr" daher - bei Inanspruchnahme sämtlicher Leistungen in jedem Quartal - auf maximal (lediglich) 80,00 EUR jährlich für einen alleinstehenden Beamten wie den Kläger. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch schon dann, wenn der jeweilige Beamte verheiratet und der Ehegatte ebenfalls im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähig ist. In diesem Fall fällt systembedingt auch für den Ehegatten ein maximaler Eigenbehalt in Höhe von 80,00 EUR an. Weitere Belastungen in je maximal dieser Höhe entstehen, wenn der Beamte zudem ein berücksichtigungsfähiges Kind oder mehrere berücksichtigungsfähige Kinder hat, welches/welche nach Vollendung des 18. Lebensjahres ebenfalls der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV unterfällt/unterfallen (vgl. Satz 3 Buchst. a der Vorschrift). Diese Überlegungen zeigen, dass die mit der "Praxisgebühr" zu leistenden Eigenbehalte durchaus in einer beachtlichen Zahl von Beihilfefällen einen Umfang erreichen können, der es jedenfalls nicht mehr ohne Weiteres erlaubt, von einer in aller Regel unterhalb der Marginalitätsgrenze liegenden Belastung zu sprechen. Allein Letzteres könnte es aber rechtfertigen, die Möglichkeit eines Überschreitens dieser Grenze im Einzelfall im Rahmen einer typisierenden und pauschalierenden Betrachtung von vornherein außer Betracht zu lassen.
55Zum anderen greift die der vorzitierten Rechtsprechung im Wesentlichen zugrunde liegende Betrachtungsweise, die vorrangig die einzelne Leistungsminderung in den Blick nimmt und deren Auswirkung auf die Amtsangemessenheit der dem Beamten gewährten Alimentation jeweils isoliert untersucht, unter den vorliegend gegebenen Rahmenbedingungen der Alimentation einerseits und der Beihilfebemessung andererseits schon im Ansatz zu kurz.
56Wie oben gesagt, entspricht es gesicherter Erkenntnis, dass die Minderung des als Alimentation zur Verfügung Gestellten nicht bereits als solche bedeutsam ist, sondern erst dann, wenn etwa infolge zusätzlich auferlegter Belastungen ihre Amtsangemessenheit infrage gestellt ist. Damit wird allerdings der unklare Maßstab der Fürsorge nur durch einen anderen, nicht weniger unklaren ausgetauscht.
57Die Frage nach dem Umfang der Beeinflussung der individuellen Besoldungssituation anhand des Maßstabs der Amtsangemessenheit der Alimentation ist - für sich gesehen - als Kriterium für rechtliche Grenzziehungen indes nur dann brauchbar, wenn die Rahmenbedingungen der Alimentation und Beihilfebemessung erkennen lassen, dass insgesamt keine allzu erheblichen Einschnitte bewirkt werden. Hingegen sind Leistungskürzungen und -einschränkungen umso kritischer zu würdigen, je mehr dasjenige, was den Beihilfeberechtigten in seiner Gesamtheit abverlangt wird, in die Nähe eines Eingriffs in die amtsangemessene Alimentation rückt. Eine solch kritische Situation ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Jahres 2004 erreicht worden, und zwar sowohl aufgrund beihilferechtlicher Kürzungen als auch mit Blick auf die - das gesamte Bundesgebiet betreffende - Entwicklung der Dienst- und Versorgungsbezüge. Der Bund hat mit dem BBVAnpG 2003/2004 das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3642) und das Urlaubsgeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 2002 (BGBl. I S. 1780) aufgehoben und bestimmt, dass diese Gesetze (lediglich) bis zum Inkrafttreten bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen weiter anzuwenden sind. Durch das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Bundessonderzahlungsgesetz (BSZG) vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076, inzwischen neugefasst durch Bekanntmachung vom 28. Februar 2005, BGBl. I S. 464, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2006, BGBl. I S. 1402) sind die vorgenannten Gesetze ersetzt worden. In der Folge wurde der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung auf 5 v. H. der dem Beamten für das Kalenderjahr zustehenden Bezüge abgesenkt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BSZG in der für das Jahr 2004 maßgeblichen Fassung); das bisherige Urlaubsgeld wurde ersatzlos gestrichen. Der fortlaufend und zunehmend regressiven Entwicklung der Bezüge stand die progressive Entwicklung der Leistungsminderung der Beihilfe gegenüber. In der Summe hatten die Notwendigkeiten der Eigenvorsorge auch im Bund 2004 einen so erheblichen Umfang erreicht, dass nicht mehr die Feststellung gerechtfertigt war, die Niveauabsenkungen in der Beihilfe könnten über den Zugriff auf Alimentationsanteile aufgefangen werden. Der Senat hat insoweit in der Sache,
58vgl. Urteile vom 10. September 2007 - 1 A 4955/05 (betr. das Jahr 2003), 1 A 1180/06 (betr. das Jahr 2004) und 1 A 3539/06 (betr. das Jahr 2005),
59ins Einzelne gehend dargelegt, dass sich die Beamtenbesoldung inzwischen - besonders verschärft in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahre 2003 - allgemein am Rande des Amtsangemessenen bewegt, namentlich wenn der Vergleich mit den Zuwachsraten beim Einkommen im allgemeinen Tarifbereich (Unterschied zwischen etwa 30 % bis 60 %) angestellt wird. Hierauf wird im vorliegenden Zusammenhang verwiesen.
60Auch wenn der Umfang des den Beihilfeberechtigten des Bundes an Belastungen Abverlangten individuell sehr stark variiert, wie gerade auch die "Praxisgebühr", deren Höhe im Einzelfall von einer Reihe von Faktoren abhängt, zeigt, und verallgemeinerungsfähige Quantifizierungen deshalb schwer fallen, sind die Eckpunkte der Entwicklung und ihre Auswirkungen doch allgemeinkundig und gerichtsbekannt. Sie ergeben sich namentlich aus den eingangs bezeichneten 27. und 28. allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Beihilfevorschriften. Neben der Einführung der "Praxisgebühr" sind hier insbesondere die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BhV normierten Eigenbehalte sowohl für Arznei- und Verbandmittel sowie für bestimmte Hilfsmittel und Fahrtkosten als auch bei vollstationären Krankenhausleistungen u. ä. zu nennen, die auf entsprechenden Kostendämpfungsmaßnahmen aufbauen, die bereits im Jahr 1993 in die Beihilfevorschriften aufgenommen worden sind.
61Vgl. hierzu ausführlich Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand: Juli 2007, § 12 Abs. 1 Anm. 1.
62Zudem ist an die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b BhV zu denken, wonach nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, von der Beihilfefähigkeit (mit wenigen Ausnahmen) ausgenommen worden sind.
63Siehe zu Letzterem Urteil des Senats vom 15. Oktober 2007 - 1 A 2896/06 -.
64Für die Entscheidung des vorliegenden Falles bedürfen diese - beispielhaft genannten - Einschnitte keiner weitergehenden Präzisierung; denn maßgeblich sind die für die rechtliche Prüfung zu ziehenden Konsequenzen, die nicht von einer genaueren Quantifizierung der Einschnitte abhängen.
65Diese Konsequenzen aus der dargestellten Entwicklung von Alimentation und Fürsorgeleistungen sind im Wesentlichen aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleiten. Lässt sich nach Maßstäben materiellen Rechts nicht mehr hinreichend bestimmen, ob die Einschnitte "einen solchen Umfang erreichen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet ist",
66so BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. September 2001, a.a.O. S. 115 (zu 2 b),
67oder der "Wesenskern der Fürsorgepflicht" verletzt ist,
68so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 (= Juris Rn. 22),
69müssen im Gesamtgefüge erheblicher Einschnitte andere Wege beschritten werden, um das verfassungsrechtlich gesicherte Ziel angemessener Fürsorgegewährleistungen zu erreichen, zumal dem Dienstherrn als Fürsorgegeber ein "weiter Gestaltungsspielraum" zugestanden wird.
70Zum Gestaltungsspielraum des Normgebers im Beihilferecht vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005, a.a.O. S. 29 f.
71Anderenfalls könnte das isolierte gerichtliche Argumentieren mit dem (materiell-rechtlichen) Wesenskern der Fürsorgepflicht unter Hinweis auf die Notwendigkeit wesentlicher Alimentationsminderungen für Normgeber nahezu als Aufforderung missverstanden werden, eine "Salamitaktik" zu verfolgen, mit der - wie in der Vergangenheit geschehen - in kleinen Schritten Beihilfeempfängern sich fortwährend vermehrende Belastungen auferlegt werden, ohne dass bei der einzelnen Kürzung die Gefährdung der Amtsangemessenheit der Alimentation greifbar gemacht werden konnte. Verantwortbar ist die bisher praktizierte gerichtliche Herangehensweise vielmehr nur solange, wie der Abstand zu einer Beeinträchtigung des Amtsangemessenen objektiv und deutlich gewahrt ist. Dies lässt sich für den maßgeblichen Zeitpunkt aber, wie ausgeführt, nicht mehr annehmen.
72Befähigt und verpflichtet zur Wahrung des erforderlichen Abstands zur Unteralimentation ist - soweit es im gegenwärtigen System um die Regelung von Beihilfeansprüchen geht - der Dienstherr als Fürsorgegeber. Es ist hingegen nicht Sache der betroffenen Beihilfeberechtigten, eine Gefährdung ihrer Alimentation substanziiert aufzuzeigen, wenngleich sie in bestimmten Prozesslagen gehalten sein mögen, die ihrer Sphäre zuzurechnenden Umstände zur individuellen Besoldungs- oder Versorgungssituation darzulegen.
73Vgl. etwa jüngst BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a. -, amtlicher Beschlussabdruck S. 14.
74Verfassungsrechtlich ist jedoch klar, dass es der Dienstherr ist, der den Anforderungen genügen muss, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen; er - nicht der Beamte - muss abstrakt-generelle Vorkehrungen treffen und sicherstellen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen u.a. durch Krankheit nicht gefährdet wird.
75Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 2001, a.a.O. S. 115; Beschluss vom 7. November 2002 a.a.O. S. 232; Beschluss vom 13. November 1990, a.a.O. S. 100, 101.
76Die rechtliche Konsequenz dieser Zusammenhänge ist von daher, dass den Dienstherrn, der Kürzungen oder Einschränkung der Beihilfe unter wesentlich sich verengenden Rahmenbedingungen der Fürsorgegewährung vornehmen will, eine verfassungsrechtlich begründete Pflicht trifft, sich über die Auswirkungen seiner Regelung im Gesamtgefüge von Eigenvorsorge, Beihilfe und verfügbarer Alimentation angemessen zu vergewissern. Gerade bei kleinschrittigen Einschränkungen ist es unabdingbar, die Gesamtbelastung in den Blick zu nehmen. Eine solche sachangemessene Aufklärung der Entscheidungsgrundlagen und der Auswirkungen ist Mindestvoraussetzung dafür, dass eine einschränkende Beihilferegelung unbeanstandet bleiben kann. Letztlich ist dem Dienstherrn damit eine Ausgestaltung des Erlassverfahrens abverlangt, die ihm ausreichende Entscheidungsgrundlagen verschaffen kann.
77Fehlen - wie bei planerischen oder sonst zielorientierten Regelungen - materielle Standards gültiger und objektiv nachvollziehbarer Ableitung, so gewinnt der Gesichtspunkt des Grundrechtsschutzes "durch Verfahren" zugunsten der von einer Regelung Betroffenen an Bedeutung, hier zum Schutz der grundrechtsähnlichen Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG. Eine derartige verfahrensrechtliche Komponente der Beihilfekonkretisierung war und ist auch ohne einfachrechtliche Vorgabe stets zu beachten. Sie ist nicht mehr und nicht weniger als ein sachlogisches Element des Gestaltungsauftrags des Fürsorgegebers und folgt aus dem objektiv-rechtlichen Gewährleistungsgehalt der verfassungsrechtlich fundierten Fürsorgepflicht.
78Wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher in diesem Zusammenhang das Bestehen eines von den Gerichten zu akzeptierenden Gestaltungsspielraums des Dienstherrn bei der Konkretisierung der Beihilfe betont hat, so war damit stets vorausgesetzt, dass die eingeräumten Freiräume den Fürsorgegeber zu der ihm aufgetragenen Gestaltung in die Lage versetzen sollen und dass der Fürsorgegeber seinen Gestaltungsauftrag auch wahrnimmt. Ist dies festzustellen, so kann das Ergebnis gerichtlicherseits grundsätzlich nicht unter Hinweis auf denkbare abweichende Gestaltungen kritisiert werden. Davon abzugrenzen ist aber der Fall, dass - erkennbar oder nicht - eine Regelung ohne jene Schritte getroffen wird, die nach den Verhältnissen des Falles zur angemessenen Ausübung von Gestaltungsfreiheit erforderlich sind. Denn Gestaltung ohne hinreichende Kenntnis ihrer Bedingungen ist ein Widerspruch in sich.
79Die verfahrensrechtliche Dimension der Überprüfung durch den Fürsorgegeber liegt nicht in abstrakter Weise fest. Sie kann und muss sich namentlich den Verhältnissen der Zeit und den voraussichtlich eintretenden Gestaltungswirkungen anpassen. Der Aufwand bei deren Ermittlung und Bewertung kann daher gering bleiben, wenn sich eine Beihilfeeinschränkung auf die Alimentation letztlich nicht auswirkt oder deren Höhe erkennbar deutlich über dem Amtsangemessenen liegt. Es dürfte auf solche Rahmenbedingungen zurückgehen, dass in der Rechtsprechung bislang nicht thematisiert worden ist, unter Beachtung welcher Rechtsgrundsätze die Festlegung des angemessenen Umfangs fürsorgerischer Hilfeleistungen gelingen kann. Unter wesentlich veränderten Vorzeichen kann es dabei indes nicht bleiben. Der Dienstherr ist dann vor Reduzierungen von Beihilfeleistungen rechtlich gehalten, die Rahmenbedingungen seiner Fürsorge, zu denen insbesondere auch die gewährte Alimentation gehört, in den Blick zu nehmen und die Umstände und Auswirkungen der von ihm geplanten Regelung - auch aus Bereichen anderer Leistungsträger - umso intensiver zu ermitteln und zu bewerten, je mehr sich die Randbedingungen der Beihilfe verschärfen. Das Verfehlen dieser verfahrensrechtlichen Anforderungen kann ein betroffener Beamter als Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 5 GG geltend machen.
80Dieses grundrechtsgleiche Recht ist hier das Recht des Beamten darauf, dass der fürsorgegebende (hier: beihilfegewährende) Dienstherr nicht die amtsangemessene Alimentation gefährdet.
81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 a.a.O.
82Handelt es sich hierbei wie dargelegt nicht um eine numerisch festlegbare Größe, sondern ist die amtsangemessene Alimentation nur durch die Beachtung der Relation des (verbleibenden) Nettoeinkommens mit demjenigen im Tarifbereich für vergleichbare Tätigkeiten üblichen Nettogehalt festzumachen, so bezieht sich die entsprechend zu fordernde Vergewisserung über die Auswirkungen einer Beihilfekürzung gerade auf die vom Fürsorgegeber insoweit zu berücksichtigende Gesamtheit gegebenenfalls bestehender weiterer und weitergehender Einschnitte im Fürsorge- und/oder Alimentationsbereich. Der selbst vom Bundesverfassungsgericht,
83- vgl. zuletzt Beschluss vom 2. Oktober 2007 a.a.O. Juris Rn. 29 -,
84immer wieder bemühte, prozessual und inhaltlich aber folgenlos gebliebene Hinweis, bei Absenkung der Beihilfe und entsprechender Auswirkungen auf die Nettoalimentation müsse der Beamte an den Alimentationsgeber mit der gegebenenfalls berechtigten Beschwerde herantreten, er, der Beamte, sei nunmehr unteralimentiert, übersieht erstens, dass die oben dargelegte verfassungskräftige Pflicht zur Vermeidung einer Unteralimentation gerade auch für den fürsorgegebenden Dienstherrn besteht und zweitens, dass es bei Identität von alimentierendem und beihilfegewährendem Dienstherrn wie vorliegend einen nachvollziehbaren Grund für die getroffene Unterscheidung zwischen alimentierendem und fürsorgegebendem Dienstherrn nicht gibt. Streitgegenstand einschlägiger im Beihilferecht wurzelnder Klagen ist nämlich die Rechtsbehauptung, die amtsangemessene Alimentation werde durch jeweils in Rede stehende beihilferechtliche Restriktionen sowie eventuelle sonstige finanzielle Einschnitte gefährdet. Allein daraus, dass unter den obwaltenden Umständen die Gesamtheit der die Bezüge ebenso wie die Beihilfeleistungen betreffenden Restriktionen die Alimentation der Beamten an den Rande des Amtsangemessenen gebracht haben, erwächst die Pflicht des Dienstherrn, vor dem Ergreifen einschlägiger Restriktionen deren potentielle Auswirkungen auf die Amtsangemessenheit der Alimentation sachbezogen zu ermitteln und diese Auswirkungen mit den öffentlichen Belangen abwägend zu gewichten, die - offen benannt - mit den weitergehenden finanziellen Restriktionen verfolgt werden. Bei dieser Sichtweise bleibt es außer Betracht, den betroffenen Beamten darauf zu verweisen, sich an (denselben) Dienstherrn als Alimentationsgeber zu wenden. Der Senat übersieht selbstverständlich nicht, dass durch die erwähnte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich dem Dienstherrn als Fürsorgegeber "freie Hand" eröffnet sein soll, ersatzlos Beihilfe zu streichen und abzuwarten, ob die betroffenen Beamten sich an ihn selbst als Alimentationsgeber klagend wenden. Da wie im gegebenen Fall der Dienstherr aber als solcher überhaupt nicht rechtlich teilbar, sondern in einer Rechtsperson sowohl Alimentations- als auch Fürsorgegeber ist, enthielte es einen verfassungsrechtlich bedeutsamen Verstoß gegen die Treue- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wenn dieser Absenkungen auf der Beihilfeseite einseitig, d.h. ohne Ausgleich auf der Alimentationsseite vornehmen würde und dabei klar wäre, dass die Beamten aktuell und generell bereits am Rande des Amtsangemessenen der Alimentation gehalten werden. Letzteres ist hier, wie bereits dargelegt, der Fall. Die von der Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation zu unterscheidende, aber ebenso verfassungskräftig verbürgte Pflicht, sie, diese amts-angemessene Alimentation, nicht zu gefährden, ergänzt den zunehmend dringlicher werdenden Schutz der Beamten vor weiteren Aushöhlungen ihrer finanziellen Lebensgrundlage.
85Den daraus erwachsenden Anforderungen an die materielle Überprüfung der Auswirkungen einer einschränkenden Beihilferegelung kann nicht mit dem Hinweis begegnet werden, dass es sich um untergesetzliche Normen handele, bei denen nach allgemeinen - auch in der Rechtsprechung des erkennenden Senats anerkannten - Grundsätzen für die Gültigkeit das Ergebnis des Rechtssetzungsaktes maßgeblich ist und eine Prüfung des Abwägungsvorgangs nur dann erfolgt, wenn eine besonders gestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven besteht.
86Vgl. dazu Senatsurteil vom 10. September 2007 1 A 4955/05 - amtlicher Abdruck S. 24 m. zahlr. Nachw.
87Bei den Beihilfevorschriften handelt es sich um administrative Bestimmungen (Innenrecht der Verwaltung), die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben.
88Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 a.a.O., und vom 25. Juni 1964 - 8 C 23.63 -, BVerwGE 19, 48, 53 ff.
89Daran ändert der Umstand nichts, dass sie in gewisser Hinsicht wie revisible (Außen)Rechtsnormen behandelt werden, nämlich in ihrer anspruchsbegründenden Wirkung (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BhV) und hinsichtlich der Auslegung.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 a.a.O. S. 108 m.w.N.
91Diese Rücksichten dienen im Wesentlichen dem Schutz der Anspruchsberechtigten und erlauben noch keine Einschränkung des Prüfungsumfangs, der bei Einzelakten, insbesondere solchen mit vergleichbaren Abwägungsnotwendigkeiten auch bezogen auf den Entstehungsvorgang selbstverständlich ist. Die bei Rechtssetzungsakten - auch solchen der Exekutive - geübte Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolle, die vor allem im Absehen von einer Motiverforschung besteht, wurzelt nämlich in der Anerkennung des typischerweise mit ihnen verbundenen normativen Ermessens, das in einer besonderen demokratischen Legitimation der Normgeber seine Rechtfertigung findet. Der Bundesminister des Innern hingegen kann bei der Wahrnehmung der Fürsorgepflicht durch Erlass der Beihilfevorschriften keine vergleichbare Legitimation in Anspruch nehmen. Er kann sich nicht einmal auf eine Inhalt, Zweck und Ausmaß umreißende Ermächtigung (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) stützen, in deren Rahmen der parlamentarische Gesetzgeber eigene Gestaltungsfreiräume an den Fürsorgegeber weiterleitet und mit der vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen Bewertungsspielräume verbunden sind, die sonst dem parlamentarischen Gesetzgeber selbst zustehen.
92Den so zu umreißenden Anforderungen hat der Fürsorgegeber mit Blick auf die streitige Minderungsregelung nicht ansatzweise genügt. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass ihm mit der Prüfung der Gestaltungswirkungen etwas Unmögliches abverlangt werde. Der Senat hat hierzu in den bereits oben zitierten Urteilen vom 10. September 2007, a.a.O., aufgezeigt, dass § 14 Abs. 1 BBesG ein ähnliches Verfahren zur Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG vorsieht und in anderen Zusammenhängen (im Zusammenhang mit der Reform des Systems der nordrhein-westfälischen Abgeordnetenentschädigung) eigens Verfahrensweisen zu Prüfung amtsangemessener Verhältnisse ersonnen worden sind. Es ist nicht ersichtlich, dass entsprechend nicht auch zur Gewährleistung der Fürsorge vorgegangen werden könnte.
93Vor Erlass der streitigen Regelung ist jede Prüfung dieser Art unterblieben; insofern ist ein (vollständiger) Ausfall bei der Wahrnehmung der dem Fürsorgegeber eingeräumten Prärogativen festzustellen. Dies ergibt sich aus der parlamentarisch bekundeten Absicht, jene Be- und Entlastungen, welche die gesetzlich Krankenversicherten infolge der Maßnahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes treffen,
94- Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003, BGBl. I S. 2190, 2194, in Kraft ab 1. Januar 2004 -
95"wirkungsgleich in die Beihilfe- und Versorgungsregelungen für Minister, Abgeordnete und Beamte" zu übertragen.
96Vgl. Nr. IV der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 24. September 2003, BT-Drucks. 15/1584, S. 10, angenommen vom Deutschen Bundestag mit Beschluss vom 26. September 2003, Stenografischer Bericht der 64. Sitzung, Plenarprotokoll 15/64, S. 5475.
97Die vorliegend gebotene Prüfung konnte mithin nicht vorgenommen werden, weil die vorgegebene wirkungsgleiche Übertragung der Be- und Entlastungen von gesetzlich Krankenversicherten auf die Beihilfe- und Versorgungsberechtigten sich ansonsten kaum hätte durchsetzen lassen. Darin liegt zwar ein nachvollziehbarer und nicht aus sich heraus und von vornherein zu verwerfender Grund für die vorgenommenen Belastungen. Es sind jedoch keine Ermittlungen oder Erwägungen angestellt worden, um zu klären, ob sich das vorgegebene Ziel ohne unzumutbare Rückwirkungen auf die Alimentationssituation möglicher Betroffener verwirklichen ließ. Das Ergebnis solcher Ermittlungen oder Erwägungen kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, dass § 12 Abs. 2 BhV eine Belastungsgrenze von 2 v. H. - bzw. 1 v. H. für chronisch Kranke - des jährlichen Einkommens vorsieht, bei deren Überschreiten Beträge nach § 12 Abs. 1 BhV auf Antrag des Beihilfeberechtigten nicht mehr abzuziehen sind. Diese Bestimmung ist selbst lediglich der im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden (allgemeinen) Härtefallregelung des § 62 SGB V nachempfunden und nimmt daher insoweit die (besondere) Alimentationssituation der Beamten erkennbar nicht in den Blick. Dessen ungeachtet erfasst die Belastungsgrenze nach § 12 Abs. 2 BhV mit den Eigenbehalten nach Absatz 1 auch nur einen Teil der im hier zu betrachtenden Zusammenhang maßgeblichen Belastungen und betrifft etwa den Ausschluss verschreibungs- bzw. nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b BhV schon im Ansatz nicht.
98Nach alledem ist der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV insgesamt die Wirksamkeit abzusprechen. Dass die hierdurch bewirkte Beihilfeminderung nicht einkommensneutral bleibt, liegt auf der Hand. Die "Praxisgebühr" ist zudem auch nicht versicherbar, so dass die streitige Regelung zu jenen Regelungen zählt, die nicht nur eine - gegebenenfalls auf ihre Zumutbarkeit überprüfbare - Vermehrung der aus der Alimentation zu bestreitenden Krankenversicherungsprämien im Gefolge haben, sondern vollständig mindernd auf die Bezüge durchschlagen. Der Dienstherr hat aber bei der Ausgestaltung des Beihilferechts zu beachten, ob und inwieweit sich der Beamte bezogen auf nicht übernommene Leistungen versichern kann.
99Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 a.a.O. S. 101.
100Das schließt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht aus, dem Beamten in gewissem Umfang nicht versicherbare finanzielle Risiken aufzuerlegen,
101vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 a.a.O. Leitsatz 2 und S. 282,
102begründet aber unter den vorstehend aufgezeigten Umständen einen erhöhten verfahrensrechtlichen Aufwand der sachlichen Rechtfertigung. Ein solcher Aufwand ist hier - wie dargelegt - nicht ansatzweise betrieben worden.
103Mit alledem nicht zu vereinbaren ist - wie oben dargelegt - die ständig wiederholte, innerhalb der behandelten Sachprobleme aber nicht näher erläuterte und auf die Nichtlösbarkeit der einschlägigen Streitfälle hinauslaufende Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, der betroffene Beamte müsse in jedem einschlägigen Fall der Absenkung von Beihilfeleistungen, die zur Alimentations"kürzung" führen, sich zwingend an den Alimentationsgeber wenden und geltend machen, infolge der vermehrten Belastung im Beihilfebereich sei seine Alimentation nicht mehr amtsangemessen. Demgegenüber erlaubt es die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Aufgaben des Fürsorgegebers
104- vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 a.a.O. Leitsätze 1 und 2a, S. 100 ff. -
105ohne weiteres, dem Fürsorgegeber im Bereich der Beihilfe Pflichten zuzuordnen, deren Beachtung der Beamte notfalls mit gerichtlicher Hilfe einfordern kann. Diese Rechtsprechung wird vom Bundesverfassungsgericht nun aus für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbaren Gründen nicht mehr angemessen beachtet. Der erkennende Senat hält demgegenüber daran fest, dass klagbare Rechte gegen den Fürsorgegeber zumindest dann bestehen, wenn dieser innerhalb des geltenden Systems von Alimentation und ergänzender Beihilfe in einer Gesamtschau im oben ausgeführten Sinne zu einer Gefährdung der Alimentation beiträgt.
106Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
107Die Revision ist zuzulassen, weil die Frage der Wirksamkeit einer Beihilfeminderung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV unbeschadet etwa auslaufenden Rechts grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.