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Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger beantragte am 15. April 2010 bei der Beklagten für das Grundstück H. -B. -Straße 108 in E. (Gemarkung P. , Flur 6, Flurstück 630) die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides für die Nutzungsänderung des Erdgeschosses des achtgeschossigen Geschäftshauses zu einem Spielhallenbetrieb mit drei Spielhallen mit je zwölf Geldspielgeräten. Die Spielhallen 1 und 2 sollen ausweislich der Bauvorlagen jeweils circa 150 qm, und die Spielhalle 3 circa 170 qm Nutzfläche aufweisen. Ferner sollen sie über einen gemeinsamen Eingangsbereich mit Kasse und Aufsicht zugänglich sein und über einen gemeinsamen WC-Bereich verfügen.
3Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 5576/78 der Beklagten vom 30. August 1990 in der Fassung der vereinfachten Änderung vom 29. September 2005, der für das Vorhabengrundstück und dessen Umgebung ein Kerngebiet festsetzt. Nach § 2 der textlichen Festsetzungen werden Vergnügungsstätten in drei Kategorien unterteilt. Vergnügungsstätten der Kategorie II sind gemäß § 2 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen: 1. Tanzlokale, Diskotheken; 2. Schankwirtschaften mit regelmäßigen Musikaufführungen und Tanzveranstaltungen; 3. Spielhallen und ähnliche Unternehmen (§ 33i Gewerbeordnung). Vergnügungsstätten der Kategorie II können ausnahmsweise zugelassen werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der textlichen Festsetzungen).
4Mit Bescheid vom 5. Mai 2010 lehnte die Beklagte die Erteilung des beantragten Vorbescheides ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Das geplante Vorhaben liege im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 5576/78. Danach seien Spielhallen als Vergnügungsstätten der Kategorie II im Kerngebiet nur aus-nahmsweise zulässig. Nach § 31 Abs. 1 BauGB könnten von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen seien. Eine Überprüfung habe ergeben, dass auf Grund mehrerer vorhandener Spielhallen in der Umgebung eine Spielhallenkonzentration zu befürchten sei, deren Folgen Lärmbelästigungen und Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes seien. Darüber hinaus bestünde die Gefahr eines sogenannten Trading-Down-Effekts. Aus diesen Gründen könne eine Ausnahme an dieser Stelle nicht zugelassen werden. Ferner seien die drei geplanten Spielhallen bauplanungsrechtlich als Einheit zu sehen, da bei natürlicher Betrachtungsweise die Unterteilung in einzelne Betriebsstätten nicht erkennbar sei und die Betriebsfähigkeit der einzelnen Spielstätten durch die Schließung einer anderen beeinträchtigt würde. Für die Betrachtung der Spielhallen als Einheit spreche auch, dass sie nur über einen gemeinsamen Eingang und eine gemeinsame Besuchertoilette verfügten. Da nach § 3 Abs. 2 SpielV höchstens zwölf Geldspielgeräte innerhalb einer Spielhalle aufgestellt werden dürften, sei das Vorhaben bei dieser Betrachtung mit insgesamt 36 Geldspielgeräten unzulässig.
5Der Kläger hat am 7. Juni 2010 Klage erhoben.
6Zur Begründung der Klage hat er im Wesentlichen vorgetragen: Städtebauliche Gründe, die eine ermessensgerechte Versagung der Ausnahme rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Eine Spielhallenkonzentration sei ebenso wenig zu befürchten wie in einem Kerngebiet störende Lärmbelästigungen. Eine etwa für Gaststätten typische Lärmentwicklung erfolge im Rahmen eines Spielhallenbetriebes nicht. Bei der Bewertung des bereits bestehenden Lärmniveaus in der Umgebung sei auch zu beachten, dass der Eingangsbereich zu den geplanten Spielhallen nur circa 50 m vom Bahnhofsvorplatz entfernt liege und Straßenbahngleise sowie Buslinien vor dem Haus verliefen. Ferner sei eine optische Beeinträchtigung des Stadt‑ und Straßenbildes fernliegend, da die Spielhallen im Hinterhaus lägen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Plangeber im Jahre 2005 dezidierte städtebauliche Erwägungen zu der Frage angestellt habe, welche Nutzungen gänzlich ausgeschlossen werden sollten und welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig seien. Aus der Planbegründung ergäben sich keine Kriterien, die zum Ausschluss einer Ausnahme herangezogen werden könnten.
7Der Kläger hat seinen Antrag auf Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheids in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 13. Oktober 2011 auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung beschränkt und überarbeitete Bauvorlagen vorgelegt, in denen auch die geplanten Standorte der Geldspielgeräte eingezeichnet sind.
8Der Kläger hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 5. Mai 2010 zu verpflichten, ihm einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines "Spielhallenbetriebes mit drei Spielhallen zu je zwölf Geldspielgeräten" auf dem Grundstück H. -B. -Straße 108 in E. – Gemarkung P. , Flur 6, Flurstück 630 – nach Maßgabe seiner Bauvoranfrage vom 15. April 2010 – Reg.-Nr.: 22-BV-0072/10 – in ihrer Fassung vom 13. Oktober 2010 zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung ihres Antrages hat sie im Wesentlichen ausgeführt: In der ablehnenden Entscheidung sei dargestellt, dass aus städtebaulichen Gründen die beantragte Genehmigung im Wege der Ausnahme nicht erteilt werden könne. Der Bebauungsplan Nr. 5576/78 verfolge das Ziel, eine weitere Zunahme von Vergnügungsstätten im Planbereich zu verhindern. Es solle ein weiterer Niveauabfall vermieden werden. Die Erteilung des beantragten Vorbescheides würde die städtebauliche Situation entgegen der Zielsetzung des Bebauungsplans negativ beeinflussen.
13Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13. Oktober 2010 stattgegeben. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Vorbescheids zur Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Spielhallenbetriebes nach der Art der baulichen Nutzung. Das Vorhaben sei nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 5576/78 am Vorhabenstandort ausnahmsweise zulässig. Mangels städtebaulicher Versagungsgründe sei das der Beklagten grundsätzlich eingeräumte Ermessen zu einer Pflicht zur Zulassung einer Ausnahme verdichtet. Eine der Eigenart eines Kerngebiets widersprechende Häufung von Vergnügungsstätten sei bei einer Zulassung des beantragten Vorhabens nicht zu befürchten. Aus der Begründung des Bebauungsplanes folge zudem, dass der Plangeber die Zulässigkeit von Spielhallen keineswegs ausnahmslos habe ausschließen wollen. Vielmehr seien Vergnügungsstätten der Kategorie II, zu denen auch Spielhallen zählten, nach der Planbegründung als Betriebe zu qualifizieren, deren Zweck der aktiven Unterhaltung von Besuchern diene und von denen in Bezug auf die Art ihrer Nutzung im Allgemeinen keine negativen Auswirkungen zu erwarten seien. Spielhallen seien nach Ansicht des Plangebers nicht etwa ausnahmslos unerwünscht, ihre Zulassung solle vielmehr von einer Einzelfallprüfung abhängig gemacht werden. Zwar gebe es auf dem benachbarten Grundstück H. -B. -Straße 112 eine genehmigte Spielhalle und auf dem Grundstück H. -B. -Straße 81 sei eine "Playothek" vorhanden, es gebe darüberhinaus aber eine Vielzahl anderweitiger Nutzungen, die die städtebauliche Situation mit prägten. Das beantragte Vorhaben widerspreche auch seinem Umfang nach nicht von vorneherein der Eigenart des festgesetzten Kerngebietes. Eine Aufweichung des Gebietscharakters mit Tendenz zu einem Spielhallensondergebiet sei nicht zu befürchten und lasse sich auch nicht aus der beantragten Spielhallengesamtfläche von 470 qm herleiten. Es bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass im Hinblick auf die erstrebte Erhaltung der Umfeldqualität als Eckpunkt der Attraktivität der Innenstadt die geplante Spielhalle zu einer Spielhallenkonzentration führe, deren Folgen Lärmbelästigungen und Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes seien. Auch die Gefahr eines Trading-Down-Effekts sei nicht begründet, weil nicht erkennbar sei, dass gerade die beabsichtigte Ansiedlung des klägerischen Spielhallenvorhabens die Attraktivität der Geschäftsstraße und die Qualität des dortigen Warenangebotes senken werde. Weitere, einer Zulassung der beantragten Ausnahme widerstreitende städtebauliche Belange seien nicht erkennbar.
14Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung der Beklagten hat am 28. März 2012 einen Aufstellungsbeschluss zur vereinfachten Änderung des Bebauungsplanes Nr. 5576/78 gefasst, der am 7. April 2012 bekannt gemacht wurde. Am 26. April 2012 hat der Rat der Beklagten eine Veränderungssperre für ein Gebiet im Innenstadtbereich etwa zwischen der L.-----allee , dem I. , dem Hauptbahnhof und dem G.------wall – in dem auch das Vorhabengrundstückliegt – als Satzung beschlossen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 12. Mai 2012.
15Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte ergänzend geltend: Dem Kläger fehle bereits das Sachbescheidungsinteresse für die Erteilung eines positiven Vorbescheids. Seinem Vorhaben stehe nunmehr das Verbot von Mehrfachkonzessionen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW in der Fassung vom 1. Dezember 2012 entgegen. Ferner könne die von ihm angestrebte "Mehrfachspielhalle" nicht auf der Grundlage einer einzigen Konzession betrieben werden, denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV dürften pro Spielhalle nicht mehr als insgesamt zwölf Geräte aufgestellt werden. Der Erteilung des Vorbescheids stünde zudem die nunmehr beschlossene Veränderungssperre zur Sicherung der geplanten Änderung des Bebauungsplanes Nr. 5576/78 entgegen. Ungeachtet dessen sei im Bereich des Vorhabengrundstücks von einer Spielhallenkonzentration auszugehen. Im Rahmen der Prüfung, ob eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB erteilt werden könne, sei eine Analyse des Standortes vorgenommen und dabei festgestellt worden, dass in mittlerer Entfernung insgesamt 13 Spielhallen vorhanden seien. Der Umstand, dass mit der Zulassung des klägerischen Vorhabens drei Spielhallen unmittelbar aneinander anschließen würden, führe zu einer Spielhallenkonzentration. Diese Annahme werde noch dadurch verstärkt, dass auf der nahegelegenen N.------straße weitere drei Spielhallen und im Bereich der C.-------straße noch einmal zwei Spielhallen vorzufinden seien. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass der Bereich der H. -B. -Straße zwischen T.--------- und L1. -B1. -Q. von vielfältigen Nutzungen geprägt sei. Zudem würde die Ansiedlung des Vorhabens zu einer die Innenstadtqualität mindernden Änderung des Stadt- und Straßenbildes führen. Das Erscheinungsbild der H. -B. -Straße, das durch die vorhandenen Nutzungen bereits sehr in Mitleidenschaft gezogen sei, würde durch das Vorhaben weiter negativ verändert. Die für die Annahme eines Trading-Down-Effekts erforderliche Abwärtsentwicklung der Geschäftsstraße H. -B. -Straße habe in diesem Bereich bereits begonnen und würde durch die Zulassung des klägerischen Vorhabens noch erheblich verstärkt. Schließlich habe der Rat in Nr. II 3.3 der Planbegründung bestimmt, dass eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB nur in Betracht komme, wenn keine der dort genannten (negativen) Voraussetzungen gegeben seien. Sobald eine der Voraussetzungen erfüllt sei, komme eine Ausnahme nicht in Betracht. Vorliegend würden jedenfalls der gute Ruf des Plangebietes und das Investitionsklima durch die Zulassung des Vorhabens gefährdet.
16Die Beklagte beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen;
20hilfsweise,
21festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW am 1. Dezember 2012 verpflichtet war, den streitgegenständlichen Vorbescheid zu erteilen;
22äußerst hilfsweise,
23festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 12. Mai 2012 verpflichtet war, den streitgegenständlichen Vorbescheid zu erteilen.
24Er führt zur Begründung seines Antrages aus: Das Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW am 1. Dezember 2012 stehe der Verpflichtung zur Erteilung des streitgegenständlichen Vorbescheids nicht entgegen. Seine Bauvoranfrage sei beschränkt auf die Überprüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung. Die Frage, ob das Vorhaben in gewerberechtlicher Hinsicht zulässig sei, sei nicht Gegenstand des Prüfverfahrens. Zudem beziehe sich seine Bauvoranfrage allgemein auf den Betrieb einer Spielhalle und sei nicht auf den Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit beschränkt. Gegen das Verbot der Mehrfachkonzessionen bestünden ferner verfassungsrechtliche Bedenken. Die vom Rat am 26. April 2012 beschlossene Veränderungssperre sei rechtswidrig. Der Aufstellungsbeschluss sei nicht ordnungsgemäß gefasst worden, weshalb auch die auf ihm fußende Veränderungssperre rechtswidrig sei. Die beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplanes Nr. 5576/78 berührten die Grundzüge der Planung, so dass das angewandte vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB unzulässig sei. Der Aufstellungsbeschluss sei zudem rechtswidrig, weil sich aus der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses nicht eindeutig ergebe, welcher Bereich von der Änderung betroffen sein solle. Ferner könne der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Karte über die Nutzung der Grundstücke in der näheren Umgebung der H. -B. -Straße keine inhaltliche Änderung zu der Situation zum Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Urteils entnommen werden. Es bestünden keine städtebaulichen Gründe, die dem Vorhaben entgegenstünden. Die Gefahr eines Trading-Down-Effekts bestehe nicht. Die Zulassung der streitgegenständlichen Spielhalle würde die Attraktivität der Geschäftsstraße nicht derart nachteilig verändern, dass die Versorgung des Gebiets, der gute Ruf oder das Investitionsklima gefährdet würden oder aber allgemeingültige Wohn‑ und Arbeitsumfeldverhältnisse nicht mehr gewahrt wären. Schließlich seien die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, da sie der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses dienten. Diese stellten keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO dar, so dass die Hilfsanträge auch ohne die Einlegung einer Anschlussberufung zulässig seien.
25Das Gericht hat dem Kläger die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten am 21. September 2012 zugestellt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 26. März 2013, bei Gericht eingegangen am 2. April 2013, die Stellung der Hilfsanträge angekündigt.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalts der Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten Hefte 1 ‑ 7) Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die zulässige Berufung ist begründet.
29Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages zulässig, aber unbegründet. Die Hilfsanträge sind unzulässig.
30Für den Hauptantrag des Klägers besteht nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW – GlüStV NRW – am 1. De-zember 2012 kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Dem Kläger fehlt hinsichtlich des mit dem Hauptantrag begehrten positiven Vorbescheids das notwendige Sach-bescheidungsinteresse. Das allgemeine Sachbescheidungsinteresse ist nicht gegeben, wenn der Antragsteller an der Verwertung der angestrebten Genehmi-gung gehindert und diese deshalb für ihn ersichtlich wertlos ist. Der Zweck des Vorbescheides, für einen künftig zu stellenden Bauantrag vorab eine die Behörde bindende Entscheidung zu erhalten, wird in diesem Fall verfehlt. Die Erteilung des Vorbescheids darf unter Berufung auf entgegenstehende rechtliche Hinder-nisse aber nur dann versagt werden, wenn sich diese „schlechthin nicht ausräumen“ lassen.
31Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1980 – 4 C 3.78 –, BRS 36 Nr. 169; OVG NRW, Urteil vom 15. Januar 1992 – 7 A 81/89 –, juris.
32So liegt es hier. Der Kläger ist aus Rechtsgründen gehindert, von dem begehrten Vorbescheid Gebrauch zu machen und vermag daher mit einer Klage auf Erteilung desselben seine Rechtsstellung nicht zu verbessern. Der Verwertung des begehrten Vorbescheids steht § 16 Abs. 2 und 3 AG GlüStV NRW in Verbindung mit §§ 24 f. GlüStV entgegen. Danach ist die Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen (Verbot der Mehrfachkonzessionen); ein Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle soll nicht unterschritten werden.
33Während die zuständige Erlaubnisbehörde vom Mindestabstand von 350 m Luftlinie unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage im Einzelfall Ausnahmen zulassen darf (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW), sind solche bei der Erteilung einer Erlaubnis für mehrere Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex ausgeschlossen. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW in Verbindung mit § 25 Abs. 2 GlüStV räumt kein Ermessen ein; vielmehr ist die Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, zwingend und ausnahmslos zu versagen.
34Vgl. zur nahezu wortgleichen Vorschrift des bayerischen Ausführungsgesetzes: Bayerischer VGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 2 B 12.1977 –, juris; zum Glückspielstaatsvertrag Schmitt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage, § 25 GlüStV Rn. 11.
35Ungeachtet der Frage, ob vorliegend eine Ausnahme vom Gebot des Mindestabstandes von 350 m im Hinblick auf die bereits bestehenden Spielhallenbetriebe in den angrenzenden Gebäuden wegen eines atypischen Einzelfalles zugelassen werden könnte, sieht das streitgegenständliche Vorhaben auch nach der Modifizierung der Bauvoranfrage in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts weiterhin eine Nutzungsänderung zu drei Spielhallen im Erdgeschoss des Gebäudes H. -B. -Straße 108 vor, die über einen gemeinsamen Eingang und eine gemeinsame Aufsicht miteinander verbunden sein sollen. Die Erteilung einer Erlaubnis für diesen Spielhallenbetrieb ist ausgeschlossen; die Erteilung des beantragten Vorbescheids wäre für den Kläger mithin ersichtlich wertlos.
36Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Sachbescheidungsinteresse bestehe, weil er auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW in den Spielhallen, die Gegenstand der Bauvoranfrage seien, Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit aufstellen könne und insoweit das Verbot von sogenannten Mehrfachkonzessionen nicht einschlägig sei. Das Vorhaben des Klägers bezieht sich unmissverständlich auf das Aufstellen von Geldspielgeräten. In dem Antrag auf Vorbescheid gibt der Kläger ausdrücklich als beabsichtigte Nutzung den Spielhallenbetrieb mit drei Spielhallen zu je zwölf Geldspielgeräten an. Auch aus den Bauvorlagen ergibt sich zweifelsfrei, dass beabsichtigt ist, jeweils zwölf Geldspielgeräte je Spielhalle aufzustellen. Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts überreichte Grundriss des Erdgeschosses stellt sogar die genauen Standorte der Geldspielgeräte dar. Ein Geldspielgerät ist nach § 1 Abs. 1 SpielV jedoch ein Spielgerät, bei dem der Gewinn in Geld besteht, sodass die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW in Verbindung mit § 25 Abs. 2 GlüStV auf das Vorhaben Anwendung findet (vgl. § 16 Abs. 1 AG GlüStV NRW).
37Der Senat sieht auch keine Gründe für die vom Kläger angeführte Verfassungswidrigkeit beziehungsweise Europarechtswidrigkeit des Verbots sogenannter Mehrfachkonzessionen. Dass dieses Verbot geeignet sein kann, das Anliegen des Gesetzgebers zu fördern, die Spielsucht zu bekämpfen, liegt auf der Hand. Soweit sich der Kläger gegen die Abstandsregelungen und die Übergangsfristen des Glückspielstaatsvertrages und des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW wendet, ist dies hier ohne Belang, da es dem Kläger am Sachbescheidungsinteresse allein wegen des Verbots von Mehrfachkonzessionen mangelt.
38Die Hilfsanträge sind ebenfalls unzulässig.
39Bei den von dem Kläger hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsanträgen handelt es sich jeweils um Klageänderungen im Sinne von § 91 VwGO in Verbindung mit § 125 Abs. 1 VwGO. Eine solche liegt unter anderem regelmäßig vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens dadurch geändert wird, dass dem bisherigen Klageantrag ein weiterer hinzugefügt wird, wobei es sich auch um einen Hilfsantrag handeln kann.
40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 – 6 B 60.03 –, juris.
41Danach sind die erst im Laufe des Berufungsverfahrens gestellten Hilfsanträge als Klageänderung zu qualifizieren, denn die mit ihnen begehrten Feststellungen waren nicht bereits als "rechtliches Minus" im Hauptantrag enthalten, sondern stellen eine Erweiterung des Streitgegenstandes dar. An einem einheitlichen Streitgegenstand fehlt es grundsätzlich, wenn das mit dem Hauptantrag verfolgte Verpflichtungsbegehren einen anderen Zeitpunkt betrifft als das hilfsweise geltend gemachte Feststellungsbegehren.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2012 – 7 A 2024/09 –, juris.
43Bestandteil des Streitgegenstandes der mit dem Hauptantrag geltend gemachten Verpflichtungsklage ist vorliegend lediglich die Feststellung, dass die Weigerung der Beklagten, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt die Rechtsordnung verletzt. Eine Weiterführung des Verfahrens mit dem Antrag, die Ablehnung des begehrten Verwaltungsaktes sei rechtswidrig gewesen, ist daher auf Grundlage des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO allenfalls dann keine Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 125 Abs. 1 VwGO, wenn der für eine solche Feststellung maßgebliche Zeitpunkt sich mit dem bisherigen Verpflichtungsbegehren deckt. Folgt aus dem einschlägigen materiellen Recht, dass sich die Begründetheit der Verpflichtungsklage nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung richtet, so muss auch der Fortsetzungsfeststellungsantrag diesen Zeitpunkt betreffen. Weicht der Feststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, der sich in zeitlicher Hinsicht auf das erledigende Ereignis bezieht, hiervon ab, liegen unterschiedliche Streitgegenstände vor.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 – 3 C8.06 –, NVwZ 2007, 1445; OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2012 – 7 A 2024/09 –, juris.
45Die Einwände des Klägers gegen den zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zeigen keine neuen Gesichtspunkte auf, die Anlass für eine andere Bewertung bieten könnten.
46Der Kläger hat nach diesen Grundsätzen mit den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträgen eine Klageänderung vorgenommen. Für das mit dem Hauptantrag verfolgte Verpflichtungsbegehren ist nach dem einschlägigen materiellen Recht der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Das mit den beiden Hilfsanträgen verfolgte Feststellungsbegehren stellt hingegen auf den Zeitpunkt bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW am 1. Dezember 2012 beziehungsweise das Inkrafttreten der Veränderungssperre am 12. Mai 2012 ab.
47Eine Klageänderung kann im Berufungsverfahren nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz durch den obsiegenden Kläger jedoch nur im Wege der Anschlussberufung erfolgen.
48Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Oktober 2012 – 7 A 2024/09 – und vom 28. August 1997 – 15 A 3432/95 –, juris.
49Diese ist hier nicht rechtzeitig eingelegt worden. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist die Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift, die hier am 21. September 2012 erfolgt ist. Die in Rede stehende Klageänderung ist jedoch erst nach Ablauf dieser Frist mit Schriftsatz des Klägers vom 26. März 2013 – bei Gericht eingegangen am 2. April 2013 – vorgenommen worden. Einer Belehrung bedurfte es nicht, um die Anschlussfrist in Lauf zu setzen. § 58 VwGO findet keine Anwendung, weil es sich bei der Anschließung nicht um einen Rechtsbehelf handelt.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 – 10 C 5.11 –; OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2012 – 7 A 2024/09 –, juris.
51Ungeachtet dessen sind die Hilfsanträge des Klägers, mit denen er die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihm den begehrten Vorbescheid zu erteilen, unzulässig.
52Die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO setzt unter anderem voraus, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Dies kann jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, das der Kläger substantiiert darlegen muss.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1991 – 1 C 42.90 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 238.
54Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
55Danach fehlt dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse. Sein Vortrag, die beantragte Feststellung solle der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses dienen, begründet ein solches Feststellungsinteresse nicht. Die Behauptung eines eingetretenen Schadens setzt mit Blick auf die Darlegungspflicht zwingend voraus, diese Behauptung durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe zu substanziieren.
56Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Januar 2003 – 13 A 4859/00 ‑, NVwZ-RR 2003, 696 und vom 12. April 2013 – 10 A 671/11 –.
57Daran mangelt es hier, soweit der Kläger geltend machen will, ihm sei ein Schaden unmittelbar durch die unterbliebene Erteilung des Vorbescheides entstanden, denn der Kläger hat zum Feststellungsinteresse – bis auf die pauschale Behauptung, einen Amtshaftungsprozess führen zu wollen – überhaupt keine Angaben gemacht.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 ff. ZPO.
59Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.