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Art. 28 Abs. 1 und Art. 32 RL 2004/83/EG stehen einer Wohnsitzauflage für subsidiär Schutzberechtigte entgegen, die zum Zweck der angemessenen Verteilung öffent-licher Sozialhilfelasten verfügt worden ist.
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Die Wohnsitzauflage vom 25. Oktober 2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Der Kläger reiste mit seiner Ehefrau und drei gemeinsamen Kindern im August 1998 ohne Visum in das Bundesgebiet ein. Weitere gemeinsame Kinder wurden im Bundesgebiet 1999 und 2003 geboren.
3Der nach der Einreise unter dem Alias-Namen I. U. gestellte Asylantrag des Klägers wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung aus-ländischer Flüchtlinge vom 24. August 1998 abgelehnt. Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 31. August 1998 wurde der Kläger der Stadt B1. (Kreis X. ) zugewiesen (§ 50 IV und II AsylVfG 1992, § 5 AsylVfG-DVO 1994). Nachdem der Asylbescheid 2003 rechtskräftig geworden war, duldete der Beklagte den Kläger über Jahre im Bundesgebiet, weil er dessen Identität nicht klären und deshalb keine Rückführungsdokumente erhalten konnte. Die Duldungsbescheinigungen enthielten als Nebenbestimmung die Anordnung: „Wohnsitznahme nur im Bereich der Stadt B1. erlaubt.“
4Am 9. Februar 2012 stellte der Kläger unter dem Namen J. B2. bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylfolgeantrag, den er auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkte. Im Rahmen einer Vorsprache am 9. Mai 2012 legte der Kläger dem Beklagten ein syrisches Familienstammbuch nebst Übersetzung vor. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni 2012 stellte das Bundesamt unter entsprechender Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 24. August 1998 fest, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes hinsichtlich Syrien vorliegt.
5Der Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin unter dem 12. Oktober 2012 eine bis zum 7. Juni 2013 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Unter dem 25. Oktober 2012 stellte er ein Zusatzblatt aus, auf das die Aufenthaltserlaubnis verwies. Das Zusatzblatt enthält u. a. die Nebenbestimmung „Zur Wohnsitznahme in der Stadt B1. verpflichtet“. Der Aufenthaltserlaubnis und dem Zusatzblatt war keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Der Kläger ist nicht erwerbstätig. Er bezieht gemeinsam mit seiner Familie Sozialleistungen nach dem SGB II.
6Der Kläger hat am 1. Februar 2013 Klage erhoben, mit der er sich gegen die Anordnung zur Wohnsitznahme wendet.
7Zur Begründung der Klage hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Anordnung zur Wohnsitznahme verstoße gegen Art. 28 und 32 der Richtlinie 2004/83/EG. Er wolle mit seiner Familie nach I1. umziehen. In I1. lebe seine Schwiegermutter. Im Februar 2013 habe er ein Arbeitsverhältnis bei der B3. F. GmbH in B4. begründet, das er wegen der Höhe der Hotelkosten nach zwei Tagen wieder beendet habe.
8Der Kläger hat beantragt,
9die Wohnsitzauflage vom 25. Oktober 2012 aufzuheben.
10Der Beklagte hat unter Berufung auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVwV AufenthG) beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 18. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Wohnsitzauflage greife nicht in den Schutzbereich des Art. 32 der Richtlinie 2004/83 EG ein.
13Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen und vom Kläger fristgerecht erhobenen Berufung wird das erstinstanzliche Begehren weiterverfolgt. Ergänzend führt der Kläger aus, die Wohnsitzauflage sei unbestimmt, weil sie nur für den Fall des Sozialhilfebezuges gelten solle, eine entsprechende Einschränkung aber nicht enthalte. Ferner verstoße sie auch gegen Art. 12 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966.
14Der Kläger beantragt,
15das angegriffene Urteil zu ändern und die Wohnsitzauflage aufzuheben.
16Der Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (4 Hefte) ergänzend Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die Berufung ist zulässig und begründet.
21Die Klage ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, als Anfechtungsklage gegen die Wohnsitzauflage vom 25. Oktober 2012 zulässig. Die Klagefrist ist gewahrt. Dafür ist die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO maßgeblich, weil der Kläger nicht über das gegebene Rechtsmittel belehrt worden ist.
22Die angefochtene Wohnsitzauflage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, denn sie ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Sie verstößt gegen Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG. Diese Bestimmungen stehen einer Wohnsitzauflage entgegen, die gegenüber einem subsidiär Schutzberechtigten – wie hier – zu dem Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten verfügt worden ist.
23Vgl. BayVGH, Urteil vom 9. Mai 2011 – 19 B 10.2384 -, juris Rn. 25; VG Aachen, Urteil vom 10. Juni 2013 – 9 K 2121/12 -, juris Rn. 20 ff.; VG Augsburg, Urteil vom 21. Februar 2013 – Au 6 K 12.1391 -, juris Rn. 29 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 K 3538/12 -, juris Rn. 12 ff.; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 – RO 9 K 12.1670 -, juris Rn. 27 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 20. November 2012 – 2 K 349/12 -, juris Rn. 17 ff.; VG Oldenburg, Urteil vom 28. Januar 2009 – 11 A 1756/07 -, juris Rn. 28 ff.; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, S. 940 Rn. 29 ff.; UNHCR-Stellungnahme zu Maßnahmen zur Beschränkung der Wohnsitzfreiheit von Flüchtlingen und subsidiär geschützten Personen, S. 15. A.A.: VG Hamburg, Urteil vom 17. Juni 2013 – 8 K 2952/12 -, juris Rn. 22 ff.; VG Hannover, Urteil vom 9. April 2013 – 2 A 4072/12 -, juris Rn. 15 ff.
24Maßgebliche Rechtsgrundlage für die der Aufenthaltserlaubnis des Klägers beigefügte Wohnsitzauflage ist § 12 Abs. 2 AufenthG. Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung verbunden werden. Eine Wohnsitzauflage ist zwar keine räumliche Beschränkung i.S.v. § 12 Abs. 2 AufenthG,
25vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juni 2012 – 18 B 420/12 -, juris Rn. 4 m.w.N.
26Die Wohnsitzauflage ordnet nämlich lediglich eine Residenzpflicht an und lässt ‑ anders als eine räumliche Beschränkung - die Freizügigkeit im Bundesgebiet im Übrigen unberührt.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2008 – 1 C 17.07 -, juris Rn. 13.
28Weil eine Wohnsitzauflage insoweit mit einem geringeren Eingriff verbunden ist als eine räumliche Beschränkung, ist sie aber erst recht grundsätzlich zulässig. Ob eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Wohnsitzauflage verbunden wird, steht nach § 12 Abs. 2 AufenthG im Ermessen der zuständigen Behörde. Ihre Entscheidung ist daher nur darauf zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 Satz 1 VwGO). Die für die streitige Wohnsitzauflage maßgebenden Ermessenserwägungen halten einer solchen Überprüfung nicht stand.
29Der Beklagte hat sich bei seiner Ermessensausübung von Ziffern 12.2.5.2.1 und 12.2.5.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG leiten lassen, wonach u.a. Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, die Leistungen nach dem SGB II oder XII oder dem AsylbLG beziehen, zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialleistungslasten wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt werden sollen. Diese Ermessenserwägungen verstoßen gegen Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG, wie sich aus Folgendem ergibt:
30Die zitierten Bestimmungen der Richtlinie sind für Flüchtlinge inhaltsgleich mit Art. 23 und Art. 26 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer Konvention (GK) - (BGBl. 1953 II S. 559). Art. 23 i.V.m. Art. 26 GK steht einer Wohnsitzauflage entgegen, die Flüchtlingen zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten erteilt wird (I.). Wegen der Inhaltsgleichheit schließt auch Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 RL 2004/83/EG eine dementsprechende Wohnsitzauflage für Flüchtlinge aus (II.). Die Richtlinie 2004/83/EG differenziert hinsichtlich der Zulässigkeit von Wohnsitzauflagen nicht zwischen Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten, so dass eine zum Zweck einer angemessenen Verteilung von Sozialhilfelasten erteilte Wohnsitzauflage auch gegenüber subsidiär Schutzberechtigten unzulässig ist (III.) Der Kläger ist subsidiär Schutzberechtigter (IV.).
31I. Art. 26 GK garantiert Flüchtlingen u.a. die freie Wahl des Wohnsitzes. Nach Art. 26 GK genießen Flüchtlinge, die sich rechtmäßig im Aufnahmestaat befinden, das Recht, in einem vertragschließenden Staat ihren Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen, vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden. In dieses Freizügigkeitsrecht wird durch eine Wohnsitzauflage eingegriffen. Das Bundesverwaltungsgericht ist damit nicht der seinerzeit auch vertretenen Auffassung gefolgt, erst die nationale Aufenthaltserlaubnis und die mit ihr verbundenen Auflagen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bestimmten den Inhalt des rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne von Art. 26 GK. Es hat insoweit der Ansicht eine Absage erteilt, Art. 26 GK gewähre Freizügigkeit nur nach Maßgabe des nationalen Aufenthaltstitels. Zur Begründung hat es abgestellt auf den systematischen Zusammenhang zwischen Beschränkungen der Freizügigkeit von Flüchtlingen, deren Rechtsstellung noch nicht geregelt ist (Art. 31 Abs. 2 GK) und solchen, bei denen – etwa durch Erteilung eines Aufenthaltstitels – geklärt ist, dass sie sich rechtmäßig im Aufnahmestaat befinden (Art. 26 GK). Aus der Tatsache, dass Art. 31 Abs. 2 GK – anders als Art. 26 GK – ausdrücklich zum Erlass aller notwendigen Wohnsitzbeschränkungen ermächtigt, müsse – so das Bundesverwaltungsgericht – geschlossen werden, dass derartige Beschränkungen im Rahmen von Art. 26 GK nicht ohne Weiteres, sondern nur als Eingriff in den Schutzbereich der Norm unter den hierfür geltenden Voraussetzungen verfügt werden dürften. Wohnsitzauflagen gegenüber Flüchtlingen sind deshalb nur unter den in Art. 26 GK geregelten Voraussetzungen zulässig.
32BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2008 - 1 C 17.07 -, juris Rn. 17.
33Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Beschränkungen der Freizügigkeit nach Art. 26 GK zum einen den in der Vorschrift selbst geregelten Grundsatz der Ausländergleichbehandlung zu beachten. Zum anderen müssen sie sich, wenn sie – wie hier – an die Inanspruchnahme von Sozialhilfe anknüpfen, auch an Art. 23 GK messen lassen. Nach Art. 23 GK gewähren die vertragsschließenden Staaten Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Gebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen. Art. 23 GK beinhaltet damit auf dem Gebiet der Sozialhilfe ein Gleichbehandlungsgebot von Flüchtlingen mit Inländern. Dabei ist die „gleiche Behandlung“ im Sinne von Art. 23 GK ein weit gefasster Ausdruck, der nicht nur die gleichen Leistungen nach Art und Höhe einschließt, sondern auch voraussetzt, dass in vergleichbaren Situationen mit Flüchtlingen nicht anders umgegangen wird als mit den eigenen Staatsangehörigen. Daraus folgt zunächst, dass die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Flüchtlinge keinen Einschränkungen unterliegen darf, die an einen bestimmten Aufenthaltsort anknüpfen.
34BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29.98 -, juris Rn. 18.
35Daraus folgt im Weiteren aber auch, dass freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen nicht zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten eingesetzt werden dürfen. Denn auch dies führt zu einer mit Art. 23 GK nicht vereinbaren Bindung des Sozialhilfebezugs an bestimmte Aufenthaltsorte.
36BVerwG, Urteile vom 15. Januar 2008 – 1 C 17.07 -, juris Rn. 18 ff. und vom 15. Januar 2013 – 1 C 7.12 -, juris Rn.13.
37II. Das Regelungssystem von Art. 32 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG entspricht inhaltlich dem von Art. 26 i.V.m. Art. 23 GK, so dass sich aus der Richtlinie 2004/83/EG hinsichtlich der Zulässigkeit von Wohnsitzauflagen gegenüber Flüchtlingen zur gleichmäßigen Verteilung von Sozialhilfelasten dieselben Folgen ergeben wie aus der Genfer Konvention. Insoweit korrespondiert Art. 32 RL 2004/83/EG mit Art. 26 GK (1.) und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG mit Art. 23 GK (2.) Die Richtlinie 2004/83/EG ist auch weiterhin anzuwenden, obwohl deren Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU bereits in Kraft getreten ist. Die Richtlinie 2004/83 /EG wird erst mit Wirkung vom 21. Dezember 2013 – dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2011/95/EU – aufgehoben (Art. 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 RL 2011/95/EU).
381. Nach Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG gestatten die Mitgliedstaaten die Bewegungsfreiheit von Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, in ihrem Hoheitsgebiet unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Wohnsitzauflage beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit im Sinne der vorgenannten Bestimmung. Der in Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG unionsrechtlich vorgegebene Begriff der Bewegungsfreiheit ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in einem einengenden Sinne lediglich als Recht der uneingeschränkten Reisefreiheit im gesamten Bundesgebiet zu verstehen.
39Bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind ihr Wortlaut, ihr systematischer Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung verfolgt werden.
40Vgl. EuGH, Urteil vom 7. Oktober 2010 – C-162/09- (Lassal), juris Rn. 49 m.w.N.
41Hinsichtlich der Auslegung nach dem Wortlaut ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in mehreren Sprachen abgefasst sind und die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich sind; die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift erfordert somit einen Vergleich ihrer sprachlichen Fassungen.
42So schon EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C 283/81 – (CILFIT), juris Rn. 18
43Wenn die sprachenlichen Fassungen voneinander abweichen, muss die betreffende Vorschrift nach dem allgemeinen Aufbau und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört.
44Vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2013 – C – 140/12 – (Brey), juris Rn. 74 m.w.N.
45Der Wortlaut des Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG gibt noch keinen hinreichenden Aufschluss darüber, ob die dort geschützte Bewegungsfreiheit die freie Wahl des Wohnsitzes umfasst. Zunächst ist festzustellen, dass der in der deutschen Sprachfassung bestehende Unterschied zwischen der Formulierung in der Überschrift des Art. 32 der RL 2004/83/EG (Freizügigkeit) und der Bezeichnung des geschützten Rechts im weiteren Artikelwortlaut (Bewegungsfreiheit) weder in der französischen noch in der englischen Fassung besteht (dort substantivisch „liberte de circulation a l’interieur“ oder als Verb („circuler librement a l’interieur“ bzw. jeweils „freedom of movement“). Die deshalb als synonym zu verstehenden Begriffe Bewegungsfreiheit oder Freizügigkeit werden im Unionsrecht nicht durchweg in einem einheitlichen Sinne verwendet.
46Vgl. Scheuing, Freizügigkeit als Unionsbürgerrecht, EuR 2003, 744 ff.
47In Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird „freedom of Movement“ als vertraglicher Oberbegriff für Bewegungs- und Aufenthaltsfreiheit verwendet. Denn im Verständnis dieser Norm schließt die Bewegungsfreiheit die Aufenthaltsfreiheit („right to stay“), vgl. Art. 45 Abs. 3 c) AEUV, ein.
48Vgl. Magiera, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl., Art. 45 Rn. 8 Fn. 312. Art. 45 AEUV unterscheidet sich insoweit nicht von Art. 39 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Richtlinie 2004/83/EG maßgeblichen Fassung des Vertrags von Nizza (EGV).
49Die Aufenthaltsfreiheit umfasst auch die freie Wahl des Wohnsitzes.
50Vgl. Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl., EGV Art. 18 Rn. 9 m.w.N.
51Demgegenüber verwendet Art. 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrRCh) die Begriffe „Freizügigkeit“ und „Aufenthaltsfreiheit“ in seiner Überschrift und in seinem Absatz 2 nebeneinander. In ähnlichem Sinne ist etwa auch in der Überschrift von Art. 7 der RL 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten von „Wohnsitz“ und „Bewegungsfreiheit“ die Rede.
52Der Bedeutungsgehalt von „Freizügigkeit“ in der jeweiligen unionsrechtlichen Bestimmung ist deshalb unter Berücksichtigung des Normzwecks und der Regelungssystematik zu ermitteln. Sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung führen zu dem Ergebnis, dass die durch Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG geschützte Freizügigkeit für Flüchtlinge auch die freie Wahl des Wohnsitzes umfasst.
53Die Richtlinie 2004/83/EG beruht auf der Vorgabe in Art. 63 Nr. 1 c) EGV. Danach hatte der Rat innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam (1.5.1999) in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen als Flüchtlinge festzulegen. Art. 63 Nr. 1 c) EGV hatte hinsichtlich der Bindung an die Genfer Konvention konstitutive innergemeinschaftliche Wirkung, weil zwar alle Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union selbst Vertragsparteien der Genfer Konvention waren.
54Weiß, in: Streinz, EUV/EGV, Kommentar, 1. Auflage 2003, Art. 63 Rn. 6.
55Der Begriff der „Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen als Flüchtlinge“ als Bezugsobjekt der innergemeinschaftlichen Wirkung der Genfer Konvention war weit zu verstehen. Er bezog sich nicht nur auf die Anerkennungsvoraussetzungen, sondern auch auf alle Regelungen, die den Status als Flüchtling in einem Mitgliedstaat betreffen. Denn der Flüchtlingsbegriff konkretisiert sich erst in einem bestimmten Rechtsstatus.
56Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Kommentar, 3. Auflage 2007, Art. 63 Rn. 17; Graßhoff, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2. Auflage 2009, Art. 63 EGV Rn. 14.
57Festzuhalten bleibt also, dass das Primärrecht eine Übereinstimmung der vom Rat festzulegenden Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Flüchtlingen mit der Genfer Konvention verlangte. Demzufolge forderte das Primärrecht auch die Beachtung der Vorgaben der Art. 23 und 26 GK, die – wie oben ausgeführt – Wohnsitzauflagen gegenüber Flüchtlingen entgegenstehen, durch die eine gleichmäßige Verteilung von Sozialhilfelasten erreicht werden soll.
58Von den vorstehend beschriebenen Vorgaben des primären Unionsrechts – Einbeziehung statusbildender Mindestnormen in die zu erlassende Richtlinie und deren Übereinstimmung mit der Genfer Konvention – sind in der Folgezeit sowohl der Rat der Europäischen Gemeinschaft als auch die Kommission ausgegangen.
59Vgl. den Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (2001) 510 endgültig, S. 2, 9.
60In diesem Sinne ist der Auftrag des EGV vom Rat auch beim Erlass der Richtlinie 2004/83/EG verstanden worden. Dies belegen zum einen die den Inhalt des internationalen Schutzes und damit den Status der Flüchtlinge betreffenden Bestimmungen der Art. 20 ff. der Richtlinie. Zum anderen ergibt sich dies aus den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie. Nach dem Erwägungsgrund 2 kam der Europäische Rat auf seiner Sondertagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 überein, auf ein gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf eine uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Konvention (Hervorhebung Senat) stützt. Der Erwägungsgrund 3 durch den verdeutlicht, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt. Es bestehen deshalb keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, der Rat habe den Maßgaben der Genfer Konvention beim Erlass der Richtlinie 2004/83/EG hinsichtlich der hier in Rede stehenden Bestimmungen der Art. 23 und 26 GK nicht in vollem Umfang Rechnung tragen wollen.
61A.A. – jeweils unter Berufung auf abweichende Formulierungen - VG Hannover, Urteil vom 9. April 2013, a.a.O., juris Rn. 17, und VG Hamburg, Urteil vom 17. Juni 2013, a.a.O., juris Rn. 26
62Hiervon ausgehend ist die durch Art. 32 der Richtlinie gewährleistete Freizügigkeit ebenso zu verstehen wie in Art. 26 GK. Der Freizügigkeitsbegriff des Art. 32 erfasst damit auch die Aufenthaltsfreiheit und folglich die freie Wahl des Wohnsitzes. Bei einem abweichenden, engen Verständnis des Freizügigkeitsbegriffs würde die Richtlinie entgegen ihrer erklärten Zielsetzung den Vorgaben der Genfer Konvention nicht gerecht. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch einen Blick auf die inhaltsgleichen Schranken der jeweiligen Bestimmungen. Die Rechte aus Art. 26 GK stehen unter dem Vorbehalt der Bestimmungen, die allgemein auf (sich rechtmäßig aufhaltende) Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden. Art. 32 RL 2004/83/EG garantiert die Freizügigkeit unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten. Die inhaltliche Übernahme der Schranken des Art. 26 GK durch den korrespondierenden Art. 32 RL 2004/83/EG spricht dafür, dass auch dessen Gewährleistungsgehalt nicht hinter dem des Art. 26 GK zurückbleibt.
63Schließlich wird das gefundene Auslegungsergebnis auch durch den systematischen Zusammenhang der RL 2004/83/EG mit der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten gestützt. Art. 7 dieser Richtlinie regelt „Wohnsitz und Bewegungsfreiheit“. Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten – aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder wenn es für eine reibungslose Bearbeitung und wirksame Überwachung des betreffenden Asylantrags erforderlich ist – einen Beschluss über den Wohnsitz des Asylbewerbers fassen. Daraus ist zu schließen, dass dem Asylbewerber aus anderen Gründen Vorgaben hinsichtlich des Wohnsitzes nicht gemacht werden können. Dieser Befund setzt voraus, dass dem Asylbewerber aufgrund der in Art. 7 Abs. 1 RL 2003/9/EG garantierten Bewegungsfreiheit grundsätzlich auch das – nur nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 2 einschränkbare – Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes zusteht. Im Verständnis von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/9/EG schließt die Bewegungsfreiheit mithin die freie Wahl des Wohnsitzes ein. Garantiert das Unionsrecht bereits Asylbewerbern dem Grundsatz nach ein Recht auf freie Wohnsitzwahl, so ist davon auszugehen, dass anerkannte Asylbewerber insoweit nicht schlechter gestellt werden sollten.
64Für die Auslegung des Schutzumfangs des Art. 32 der RL 2004/83/EG unerheblich ist es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass diese Richtlinie keine Art. 31 Abs. 2 GK entsprechende Regelung enthält. Die Art. 31 Abs. 2 GK korrespondierende Norm findet sich vielmehr in Art. 7 Abs. 2 RL 2003/9/EG.
652. Nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass u.a. Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der die Rechtsstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Der Umfang der in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG vorgegebenen Gleichbehandlung mit Inländern durch den Terminus „die notwendige Sozialhilfe wie...“ unterscheidet sich inhaltlich nicht von dem, der in Art. 23 GK angeordnet wird durch die Formulierung „auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfsleistungen die gleiche Behandlung wie...“. Die geringen Abweichungen in den jeweiligen Formulierungen der Bestimmungen rechtfertigen nicht die Annahme eines unterschiedlichen Schutzniveaus. Insoweit wird zunächst auf die vorstehenden Ausführungen zur vorgegebenen und gewollten Umsetzung der Genfer Konvention Bezug genommen.
66Dass Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG wie Art. 23 GK eine umfassende Gleichbehandlung mit Inländern vorschreibt, erhellt auch ein Vergleich der in Art. 28 Abs. 2 und Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen näheren Kautelen für diese Gleichbehandlung. Abs. 2 eröffnet – abweichend von Abs. 1 – den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Sozialhilfe für subsidiär Schutzberechtigte auf Kernleistungen zu beschränken.
67Zum Begriff der Kernleistungen vgl. Erwägungsgrund 34 Satz 2.
68Auch insoweit schreibt Abs. 2 allerdings die Gleichbehandlung mit Inländern in der Weise vor, dass die Kernleistungen „im gleichen Umfang“ und „unter denselben Voraussetzungen“ wie für eigene Staatsangehörige zu gewähren sind. Mit der Formel „im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen“ wird auch der Umfang der nach Abs. 1 gebotenen Gleichbehandlung näher bestimmt. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Richtliniengeber hinsichtlich des Maßes der Gleichbehandlung bei der ermöglichten Beschränkung auf Kernleistungen weitergehende Anforderungen stellen wollte als für die nach Abs. 1 im Regelfall vorgegebene unbeschränkte Bewilligung von Sozialhilfe. Die Formulierung „Unter denselben Voraussetzungen“ schließt auch die auf den Wohnsitz bezogenen Voraussetzungen ein und ist deshalb deckungsgleich mit dem Wortlaut des Art. 23 GK. Inhaltlich weicht die Richtlinie hinsichtlich der nach Abs. 1 vorgeschriebenen Inländergleichbehandlung danach auch nicht vom Kommissionsentwurf ab, nach dem die Mitgliedstaaten Sorge dafür tragen, „dass Personen, die internationalen Schutz genießen zu denselben Bedingungen wie Staatsbürger des Schutz gewährenden Mitgliedstaates die erforderlichen Hilfen in Form von Sozialleistungen und Existenzmittel erhalten.“
69Dem Verwaltungsgericht ist deshalb nicht in der Annahme zu folgen, Art. 28 Abs. 1 der RL 2004/83/EG bliebe hinter den Anforderungen des Art. 23 GK zurück. Insbesondere kann diese Annahme nicht auf Art. 20 Abs. 1 der RL 2004/83/EG gestützt werden, wonach die Bestimmungen der Art. 20 bis 34 der Richtlinie nicht die in der Genfer Konvention verankerten Rechte berühren. Diese Formulierung geht auf den Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zurück.
70KOM (2001) 510 endgültig, S. 32, 57.
71Danach wird durch die Klausel klargestellt, dass die in dem Richtlinienvorschlag enthaltene Definition der Flüchtlingseigenschaft keinesfalls im Sinne einer Beschränkung der in Art. 3 bis 34 der Genfer Konvention genannten Rechte ausgelegt werden kann. Die Klausel soll also gerade die uneingeschränkte Maßgeblichkeit der Genfer Konvention für die Richtlinie zum Ausdruck bringen, nicht aber Abweichungen von dieser ermöglichen. Vielmehr ist auch aus Art. 20 Abs. 1 der RL 2004/83/EG zu schließen, dass die Bestimmungen der Richtlinie im Zweifel nach Maßgabe der Genfer Konvention auszulegen sind.
72Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, S. 910 Rn. 3.
73III. Nach dem Vorstehenden ergibt sich die Unzulässigkeit von Wohnsitzauflagen zur gleichmäßigen Verteilung von Sozialhilfelasten gegenüber Flüchtlingen sowohl aus der Genfer Konvention als auch aus der Richtlinie 2004/83/EG. Gegenüber subsidiär Schutzberechtigten folgt die Unzulässigkeit entsprechender Wohnsitzauflagen zwar nicht aus der Genfer Konvention, denn diese betrifft nur Flüchtlinge. Die Richtlinie 2004/83/EG schließt derartige Wohnsitzauflagen aber auch gegenüber subsidiär Schutzberechtigten aus. Die Richtlinie ist auch auf diesen Personenkreis anwendbar und differenziert hinsichtlich der in Rede stehenden Frage nicht zwischen Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten.
74Ausweislich des Erwägungsgrundes 7 der Richtlinie sollen die Rechtsvorschriften über die Anerkennung und den Inhalt der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes angeglichen werden. Das letztgenannte Ziel hat der Richtliniengeber u.a. dadurch umgesetzt, dass die Bestimmungen des 7. Kapitels der Richtlinie, zu denen auch die Art. 28 und 32 zählen, nach Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie sowohl für Flüchtlinge als auch für Personen mit subsidiärem Schutz gelten, sofern nichts anderes bestimmt ist. In dieser Hinsicht enthält das 7. Kapitel etliche Sonderregeln für subsidiär Schutzberechtigte (vgl. Art. 24 Abs. 2, 25 Abs. 2, 26 Abs. 3 und 4, 28 Abs. 2). Da hinsichtlich Art. 28 Abs. 1 und Art. 32 nichts anderes bestimmt ist, finden diese Vorschriften auf beide Personenkreise in gleicher Weise und mit gleichem Inhalt Anwendung. Dies folgt auch daraus, dass sich Art. 32 und Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie ausdrücklich sowohl auf Flüchtlinge als auch auf subsidiär Schutzberechtigte beziehen. Soweit Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie für subsidiär Schutzberechtigte eine Beschränkung auf Kernleistungen ermöglicht, lässt dies schon deshalb keine Beschränkungen nach dem Wohnsitz zu, weil auch die von Art. 28 Abs. 2 erfassten Leistungen im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige, also unabhängig vom Wohnsitz, zu gewähren sind.
75IV. Der Kläger ist subsidiär Schutzberechtigter. Das Bundesamt hat durch bestandskräftigen Bescheid vom 5. Juni 2012 das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG und damit der Voraussetzungen für den Anspruch auf subsidiären Schutz nach Art. 15 b) der Richtlinie 2004/83/EG festgestellt.
76Ist die angegriffene Wohnsitzauflage schon wegen Verstoßes gegen Art. 28 Abs. 1 und Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG rechtswidrig, so kann auf sich beruhen, ob die Auflage auch - wie vom Kläger zusätzlich geltend gemacht - mit Art. 12 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 unvereinbar ist. Auf den Vortrag des Klägers zur angeblichen Unbestimmtheit der Auflage sei angemerkt, dass die Auflage den insoweit gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG NW bestehenden Anforderungen genügt.
77Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
78Die Revisionszulassung beruht auf § 132 Abs. 2 VwGO.