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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung für ein grenzständiges Einfamilienhaus.
3Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung M. , Flur 21, Flurstück 11/18 (B.-----weg 10) in L. -K. . Die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Gemarkung M. , Flur 21, Flurstück 11/19 (B.-----weg 12).
4Auf dem Grundstück der Klägerin befand sich bis zum Frühjahr 2005 ein zweigeschossiges, grenzständig zum Grundstück B.-----weg 12 ausgerichtetes Gebäude mit Satteldach; es verfügte über einen etwa 7 m breiten und 2,50 m tiefen Anbau, der einen Abstand von etwa 4 m zum Grundstück B.-----weg 12 hatte. Dieser Bebauung hatte der frühere Eigentümer des Grundstücks B.-----weg 12 zugestimmt.
5Die Klägerin ließ das Gebäude abbrechen und mit Baugenehmigung der Beklagten vom 8. Juni 2005 ein mit einem Tonnendach versehenes zweigeschossiges Wohnhaus errichten. Das Haus steht auf einer Länge von ca. 9 m an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen. Zum Garten hin befindet sich ein zweigeschossiger, etwa 5 m tiefer und knapp 7 m breiter Anbau, der teilweise über ein Flachdach mit Dachterrasse und teilweise über ein Tonnendach verfügt. Der Anbau hält einen Grenzabstand von etwa 3,70 m zum Grundstück der Beigeladenen. Das Grundstück der Klägerin ist in diesem Bereich zwecks Belichtung eines Teils des Kellergeschosses etwa 4 m tief abgegraben. Der Bebauung hatte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen durch Unterschrift auf den Bauvorlagen zugestimmt.
6Das Grundstück B.-----weg 12 war bislang mit einem eingeschossigen, grenzständig zum Grundstück der Klägerin ausgerichteten Einfamilienhaus mit Satteldach bebaut. Mit Bescheid vom 20. Januar 2012 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung eines zweigeschossigen Einfamilienhauses mit Flachdach und angrenzender Garage. Die Baugenehmigung lässt die Errichtung eines Gebäudes grenzständig zum Grundstück der Klägerin im Erdgeschoss auf einer Länge von 14 m zu. Auf einer Länge von 8,98 m ist das Gebäude im Erdgeschoss an das Nachbargebäude anzubauen. Die an der Grenze zum Grundstück der Klägerin an der dortigen Abgrabung gelegene nordwestliche Außenwand des Obergeschosses soll auf einer Länge von etwa 5 m um 3 m nach Süden zurückgesetzt errichtet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der mit Grünstempel versehenen Bauvorlagen, insbesondere die Gartenansicht (West) und die Ansicht Straße (Ost) Bezug genommen.
7Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 60449/03 - „C.-----allee “ in L. -K. der Beklagten. Dieser Plan, der am 5. September 2012 erneut mit Rückwirkung zum 13. April 2005 bekannt gemacht worden ist, weist u. a. für die bezeichneten Grundstücke ein reines Wohngebiet, zweigeschossige Bebauung, überbaubare Grundstücksflächen, eine Grundflächenzahl, und zulässige Gebäudehöhen aus; ferner setzt er öffentliche Verkehrsflächen fest; er enthält aber keine Festsetzungen zur Bauweise.
8Die Klägerin hat am 23. April 2012 Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ausgeführt: Die Baugenehmigung der Beklagten vom 20. Januar 2012 verletze sie in ihren Rechten. Da der Bebauungsplan keine Festsetzungen zur Bauweise enthalte, richte sich diese nach § 34 BauGB. Die offene Bauweise in Form von Doppelhäusern habe auch im unbeplanten Innenbereich nachbarschützenden Charakter. Es sei höchst fraglich, ob der Gesamtbaukörper noch als Doppelhaus qualifiziert werden könne. Denn das den Beigeladenen genehmigte Gebäude verfüge über eine andere Gebäudehöhe, eine unterschiedliche Bebauungstiefe (betreffend die grenzständigen Gebäudeteile) und eine andere Dachform als ihr Gebäude. Darüber hinaus verstoße das Vorhaben der Beigeladenen auch zu ihren Lasten gegen § 6 BauO NRW. Eine grenzständige Errichtung sei nach § 6 Abs. 1 Satz 2 lit. b BauO NRW nicht zulässig, weil die notwendige Anbausicherung nicht gegeben sei. Die planungsrechtlich zulässige Grenzbebauung hätte hier von den Nachbarn untereinander abgestimmt werden müssen. Die Belichtung der im Kellerbereich ihres Gebäudes befindlichen Räume werde durch die grenzständige Bebauung auf dem Baugrundstück unzumutbar verschlechtert.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 20. Januar 2012 (Aktenzeichen 63/B33/5720/2011) aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Sie haben auf ihren Vortrag im abgeschlossenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - 2 L 708/12 - verwiesen und ergänzend geltend gemacht, dass der Gesamtbaukörper nach dem durchgeführten Umbau noch mehr ein Doppelhaus darstelle als vorher.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. November 2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, aus den Gründen des Beschlusses der Kammer vom 28. Juni 2012 im vorläufigen Rechtschutzverfahren - 2 L 708/12 - verletze die Baugenehmigung weder bauplanungsrechtliche subjektive Rechte der Klägerin noch die nachbarschützende Bestimmung des § 6 BauO NRW.
15Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
16Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nicht auf die Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgestellt; es sei Wille des Plangebers gewesen, die vorhandene weitgehend offene Bauweise aufrecht zu erhalten, das sei im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen. Wegen der unterschiedlichen Dachform, der unterschiedlichen Gebäudetiefe und der unterschiedlichen Gebäudehöhe sei kein Doppelhaus anzunehmen. Die Rechtsprechung zur nachbarlichen Relevanz eines Doppelhauses basiere darauf, dass es sich um eine Form der offenen Bauweise handle, die nur möglich sei, wenn sich die Nachbarn darauf verständigten, dass ein Doppelhaus an der gemeinsamen Grenze entstehen solle. Auch nach einer solchen Abstimmung sei es üblich, dass über einen längeren Zeitraum erst einmal kein Doppelhaus entstehe. Sie habe mit der Voreigentümerin der Beigeladenen eine solche Abstimmung vorgenommen. Deren Ergebnis sei gewesen, dass die Außenwände im grenzständigen Bereich eine identische Gebäudetiefe aufweisen sollten. Die Bebauung durch die Beigeladenen sei rücksichtslos, weil diese die frühere Abstimmung zwischen ihr, der Klägerin, und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beigeladenen ignorierten. Der zugelassene deutliche Versatz im Grenzbereich führe zu einer erheblichen Verschlechterung der Belichtung im Grenzbereich des Erdgeschosses und der Aufenthaltsräume im Kellergeschoss. Es liege jedenfalls keine ausreichende Anbausicherung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 b lit. BauO NRW vor, weil lediglich ein gemeinsamer Grenzanbau von 9 m vorhanden sei, der Versprung aber 5 m betrage.
17Die Klägerin beantragt,
18unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27. November 2012 die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 20. Januar 2012 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Die Beigeladenen stellen im Berufungsverfahren keinen Sachantrag. Sie machen im Wesentlichen geltend: Aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen sei die Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendbar. Abgesehen davon sei durch die Errichtung ihres Hauses ein Doppelhaus erst wieder hergestellt worden. Im Übrigen stelle das Gebäude der Klägerin eine ausreichende Anbausicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 lit. b BauO NRW dar.
22Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 15. Mai 2014 in Augenschein genommen. Wegen der bei der Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen wird auf die hierzu gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch zu dem Verfahren - 7 B 807/12 - (2 L 708/12 -), und der beigezogenen bauaufsichtlichen Verwaltungsvorgänge zu den Grundstücken der Beigeladenen und der Klägerin Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Berufung ist zulässig.
26Insbesondere fehlt es nicht an einem rechtzeitigen Berufungsantrag. Der Berufungsantrag ist unter Heranziehung der vorgebrachten Berufungsgründe auszulegen, §§ 125 Abs. 1, 88 VwGO gilt auch insoweit. Der Antrag muss nicht zwingend förmlich bzw. ausdrücklich gestellt werden, er kann sich auch aus den Gründen ergeben.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 8.04 -, NVwZ 2005, 821.
28Daran gemessen lag ein hinreichender Antrag bereits mit der Berufungsbegründung vom 11. März 2014 vor, aus der sich in hinreichend bestimmter Weise das Begehren ergab, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
29Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg.
30Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
31Die angefochtene Baugenehmigung für das Einfamilienhaus der Beigeladenen verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin dienen.
32I. Dies gilt zunächst für die Bestimmungen des Bauplanungsrechts.
33Die angefochtene Baugenehmigung verletzt weder unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
34vgl. BVwerG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 -, juris, m. w. N.,
35noch aus anderen Gründen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
36In der vorliegenden Fallkonstellation eines durch einen (qualifizierten) Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB überplanten Gebiets ohne Festsetzungen zur Bauweise erscheint bereits fraglich, ob die Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung Anwendung finden. Dies bedarf aber keiner abschließenden Klärung; selbst wenn die Anwendbarkeit - mit der Rechtsauffassung der Klägerin - angenommen wird, liegt ein Verstoß gegen diese Grundsätze, auf den sich die Klägerin berufen könnte, nicht vor, weil die Verwirklichung der Baugenehmigung zu einem Gesamtbaukörper führt, der als Doppelhaus im Rechtssinne anzusehen ist (dazu 1.); eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin behaupteten Verstoß der Beigeladenen gegen eine Absprache mit der früheren Grundstückseigentümerin (dazu 2.) oder einer Beeinträchtigung der Belichtung ihres Grundstücks durch den genehmigten Baukörper (dazu 3.).
371. Ein Doppelhaus im Sinne des Bauplanungsrechts ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus kann ferner nur dann angenommen werden, wenn die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 -, m. w. N., juris,
39Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Für das Vorliegen eines Doppelhauses muss ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden. Für die Beurteilung dieses Mindestmaßes an Übereinstimmung, das auch mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft wird,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 -, juris,
41kommt es sowohl auf quantitative Aspekte, insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen, als auch auf qualitative Aspekte an, insbesondere die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2012
43- 7 A 2444/09 -,BauR 2012,1100 bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013
44- 4 C 5.12 -, juris,; OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2009 - 7 B 1228/09 -, juris.
45In Anwendung und Fortentwicklung dieser Grundsätze geht der Senat im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung davon aus, dass ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit (vgl. § 20 Abs. 1 BauNVO i. V. m. § 2 Abs. 5 BauO NRW), Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie oberirdisches Brutto-Raumvolumen des Gebäudes im Regelfall nicht mehr angenommen werden kann, wenn sich auch nur eines der genannten quantitativen Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheidet. Nach einem so verstandenen Grundsatz müssen in Bezug auf jedes dieser quantitativen Merkmale die Übereinstimmungen der beiden Hälften grundsätzlich mindestens doppelt so stark ausgeprägt sein wie ihre Unterschiede.
46Dies hat der Senat für das Merkmal der Bautiefe in der Vergangenheit mehrfach zugrundegelegt. Danach ist etwa bei einer vorhandenen Bebauungstiefe
47von - bündig oder versetzt - aneinander gebauten Doppelhaushälften von unter 8 m eine bauliche Einheit grundsätzlich nicht mehr gegeben, wenn ein Haus grenzständig um 4 m und damit mehr als die Hälfte erweitert wird.
48Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 - 7 B 176/12 -, sowie auch Beschluss vom 26. November 2009 - 7 B 1228/09 -, juris.
49Für die Geschossigkeit folgt daraus, dass ein bestehendes eingeschossiges Doppelhaus im Regelfall nicht mehr als bauliche Einheit betrachtet werden kann, wenn eine Doppelhaushälfte um ein Geschoss aufgestockt wird; Ausnahmen können sich insbesondere bei Dachausbauten (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW) ergeben. Bei einem zweigeschossigen Doppelhaus gilt im Ergebnis das Gleiche, wenn es um mehr als ein Geschoss aufgestockt wird.
50Das oberirdische und deshalb sichtbare Brutto-Raumvolumen hat besondere Bedeutung in Fällen, in denen sich die Unterschiede in mehr als einer Dimension ergeben; es setzt auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts relevanten nicht grenzständigen Erweiterungen,
51vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 -, BRS 79 Nr. 95,
52eine für den Regelfall anzunehmende äußere Grenze; hinsichtlich ihrer Höhe und Tiefe werden nicht grenzständige Erweiterungen von dem oben formulierten negativen Grundsatz nicht erfasst.
53In Auswertung der vorliegenden Akten, der vorliegenden Fotos und nach dem Eindruck des Berichterstatters, den er bei der Besichtigung der Örtlichkeit gewonnen und dem Senat in der Beratung vermittelt hat, ist das erkennende Gericht davon überzeugt, dass es sich bei dem im Wesentlichen entsprechend der angefochtenen Genehmigung errichteten Gebäude der Beigeladenen zusammen mit dem Gebäude der Klägerin um eine bauliche Einheit und damit einen Baukörper handelt, der im Sinne der genannten Grundsätze als Doppelhaus im Rechtssinne zu werten ist.
54Dass es sich um einen grenzständig aneinander gebauten Baukörper handelt, unterliegt keinem Zweifel. Auch die weiteren Voraussetzungen eines Mindestmaßes an Übereinstimmung der beiderseitigen Bebauung in quantitativer und qualitativer Hinsicht sind nach den vorstehenden Grundsätzen erfüllt.
55Die Geschossigkeit und die Höhe der Gebäude weichen nach dem genannten Grundsatz nicht in wesentlicher Hinsicht voneinander ab.
56Die Erweiterung der Bautiefe im Grenzbereich liegt zwar in einem Bereich, bei dem nach den vorstehenden Ausführungen regelmäßig das notwendige Mindestmaß an Übereinstimmung zu verneinen ist. Die grenzständige Bebauung der Beigeladenen erstreckt sich entsprechend der Genehmigung auf eine Länge von 14 m - die von der Klägerin angesprochene Terrasse bleibt schon deshalb außer Betracht, weil sie nicht von der Genehmigung erfasst ist - dagegen liegt auf Seiten der Klägerin eine Bebauung von 8,98 m Tiefe vor, wobei der Senat zugunsten der Klägerin die grenzständige Stützmauer und Abgrabung sowie den 1 m tiefen Balkon im Erdgeschoss außer Betracht lässt. Bzgl. der Bautiefe führt diese Differenz von 5,02 m aber abweichend von dem genannten Grundsatz ausnahmsweise nicht dazu, dass das Mindestmaß erforderlicher Übereinstimmung der beiderseitigen Bebauung fehlt. Denn der entsprechend tiefe, mit Grenzabstand errichtete Anbau auf dem Grundstück der Klägerin ist in maßgeblicher Weise in die wertende Betrachtung einzubeziehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass auch ein nicht grenzständiger Anbau an eine Doppelhaushälfte dazu führen kann, dass der geänderte Gesamtbaukörper kein Doppelhaus im Sinne des Bauplanungsrechts ist.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 4 B 42.11 -, BRS 79 Nr. 95.
58Dementsprechend muss ein solcher bestehender Anbau auch dann berücksichtigt werden, wenn die Frage zu beantworten ist, ob eine Erweiterung auf dem Nachbargrundstück die ursprünglich gegebene bauliche Einheit beseitigt.
59Hinsichtlich des Brutto-Raumvolumens beider Gebäude liegen keine nach den vorstehenden Grundsätzen erheblichen Abweichungen vor.
60Qualitative Abweichungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Annahme einer baulichen Einheit entgegen stehen, weil das geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung nicht mehr gewahrt wäre,
61vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 -, juris,
62sind ebensowenig zu erkennen. Unter qualitativen Aspekten ist - wie bereits aufgezeigt - insbesondere die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Baukörpers in den Blick zu nehmen. Die hier bestehenden Unterschiede in Bezug auf die Dachform (Flachdach bzw. Tonnendach) sind nicht von so wesentlicher Bedeutung, dass es an dem begrifflich geforderten Mindestmaß an Übereinstimmung fehlt. Das gleiche gilt für die durch den rückwärtigen Anbau und die Abgrabung im Kellergeschoss des Hauses der Klägerin und die im Grenzbereich zurückspringende Gestaltung des Oberschosses der Beigeladenen gegebene unterschiedliche Kubatur.
63Sind mithin die Vorgaben der Doppelhausrechtsprechung hier beachtet, bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob der Klägerin eine Berufung auf eine Verletzung dieser Vorgaben nicht ohnehin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben,
64vgl. zum Grundsatz von Treu und Glauben im öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2010 - 7 B 1840/09 -, juris, sowie im Zusammenhang der Doppelhausrechtsprechung: OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2012 - 2 A 723/11 -, juris,
65deshalb verwehrt ist, weil sie vor der Genehmigung des Gebäudes der Beigeladenen auf den Grundstücken B.-----weg 10 und 12 zumindest mit dem im Juni 2005 genehmigten Gebäude einen baulichen Zustand geschaffen hatte, bei dem nach den vorstehenden Grundsätzen ein Doppelhaus im Sinne des Planungsrechts nicht bestand.
662. Entgegen der Meinung der Klägerin ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht deshalb verletzt, weil die Beigeladenen eine behauptete Absprache zwischen ihr und der Rechtvorgängerin der Beigeladenen - der früheren Grundstückseigentümerin Frau C1. - missachtet hätten. Ob hier eine solche Absprache - zweiseitig - erfolgt, d. h. über die Zustimmung zum Vorhaben der Klägerin hinaus auch auf Beschränkungen für eine künftige Bebauung des Grundstücks der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gerichtet war, mag dahinstehen. Selbst wenn davon ausgegangen würde, ergäbe sich daraus kein Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Dessen öffentlich-rechtliche Reichweite wird begrenzt durch das öffentliche Bauplanungsrecht, sein Gehalt wird durch privatrechtliche Absprachen zwischen Nachbarn nicht erweitert. Aus entsprechenden Absprachen könnten deshalb allenfalls zivilrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadenersatzansprüche abgeleitet werden, die durch die Erteilung der hier streitigen Baugenehmigung unberührt bleiben (vgl. § 75 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW).
673. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann schließlich nicht im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Belichtung des Grundstücks der Klägerin
68- insbesondere im Bereich der grenzständigen Abgrabung - festgestellt werden. Bei einer Beurteilung nach allgemeinen Kriterien ist nicht davon auszugehen, dass sich die Beeinträchtigung der Belichtung als rücksichtslos darstellt. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang für den Bereich der Abgrabung in Rechnung zu stellen, dass die Beigeladenen die Bautiefe des Obergeschosses im Grenzbereich reduziert und so die Beeinträchtigungen der Belichtung des Nachbargrundstücks in maßgeblicher Weise verringert haben.
69II. Die Genehmigung verletzt auch keine bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die Nachbarrechte der Klägerin schützen. Allein in Betracht zu ziehende Verstöße gegen Abstandrecht liegen nicht vor.
70Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor den Außenflächen von Gebäuden Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Die Abstandflächen müssen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW auf dem Grundstück selbst liegen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW ist innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche eine Abstandfläche nicht erforderlich gegenüber Grundstücksgrenzen, gegenüber denen nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand oder mit einem geringeren Grenzabstand als nach den Absätzen 5 und 6 gebaut werden muss (lit. a) oder gegenüber denen nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden darf, wenn gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ohne Grenzabstand gebaut wird (lit. b.). Letzgenannte Voraussetzungen sind hier erfüllt.
71Das Gebäude darf nach planungsrechtlichen Vorschriften grenzständig errichtet werden. Es liegt eine planungsrechtliche Konstellation vor, in der eine grenzständige Bebauung jedenfalls im Sinne eines Doppelhauses planungsrechtlich zulässig ist. In einem solchen Fall darf im Sinne der genannten Bestimmung ohne Grenzabstand gebaut werden.
72Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2011 - 10 B 29/11 -.
73Aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts,
74vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2010 - 10 A 1417/09 -,
75ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Abstimmung zwischen den Nachbarn im Sinne einer tatsächlichen Übereinkunft in diesem Zusammenhang keine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer grenzständigen Bebauung.
76Es ist auch davon auszugehen, dass im Sinne des Gesetzes gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ohne Grenzabstand gebaut wird. Hierfür bedarf es nicht einer öffentlich-rechtlichen Sicherung. Ausreichend ist das Vorhandensein eines legalen Gebäudes ohne Grenzabstand, das geeignet ist, die Funktion der Grenzbebauungsverpflichtung zu übernehmen. Das bestehende Gebäude und der Neubau müssen sich auf einer nennenswerten Länge überdecken, sodass von einer gemeinsamen Grenzbebauung gesprochen werden kann.
77Vgl. Johlen, in Gädtke u. a., BauO NRW, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 6 Rn. 166, m. w. N. sowie OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2011 - 10 B 29/11 -.
78Die bestehende legale Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin ist als Anbausicherung ausreichend. Sie überdeckt sich an der Grenze auch auf nennenswerter Länge, und zwar bei knapp 9 m gemeinsamer Bebauung an der Grenze gegenüber einer anbaufreien Strecke von etwa 5 m. Eine solche Bebauung erfüllt die Funktion einer Anbausicherung.
79Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspräche nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren aufzuerlegen, denn diese haben im Berufungsverfahren keinen Sachantrag gestellt und sich mithin selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
80Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
81Die Revision ist zuzulassen, weil der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zukommt.