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Festsetzungen in Bebauungsplänen entfalten nur in besonders begründeten Ausnahmefällen planübergreifenden Drittschutz.
Eine ausnahmsweise drittschützende Wirkung von bauplanerischen Festsetzungen zugunsten von Plannachbarn setzt voraus, dass sich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Auslegung des Bebauungsplanes Anhaltspunkte ergeben, dass der Plangeber außerhalb des Plangebiets bestehende Belange nicht nur in die planerische Abwägung einbeziehen, sondern darüber hinaus selbstständig durchsetzbare subjektive Rechte schaffen wollte.
Maßgeblich ist insoweit der Wille des Plangebers, der sich in dem Bebauungsplan, der zugehörigen Begründung oder sonstigen amtlichen Verlautbarungen (Protokollen o.ä.) objektiviert hat.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 30. Oktober 2013 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3I. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 15. Oktober 2012 zur Errichtung und dem Betrieb eines Recyclinghofes gerichtete Klage der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, die angefochtene Genehmigung, deren Rechtmäßigkeit sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung beurteile, verletze die Klägerin nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Diese könne sich insbesondere nicht darauf berufen, das von dem Beigeladenen geplante Vorhaben widerspreche der - auf der Abstandsliste zum Runderlass des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1990 - V B 3 - 8804.25.1 (V r. 2/90; sog. Abstandserlass) beruhenden - typisierenden Gliederung der Betriebe und Anlagen in dem maßgeblichen Bebauungsplan Nr. 371 „Hof P. “ der Gemeinde S. -X. . Der bundesrechtliche Gebietserhaltungsanspruch stehe der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil ihr Grundstück außerhalb des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans liege. Der Bebauungsplan räume auch nicht ausnahmsweise gebietsübergreifenden Dritt- bzw. Nachbarschutz ein, sondern diene allein städtebaulichen Zielen der Standortsicherung. Das (drittschützende) allgemeine Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 BauNVO sei ersichtlich nicht verletzt. Von dem genehmigten Vorhaben gingen schließlich auch keine unzumutbaren Umweltauswirkungen aus, eine Überschreitung der zulässigen Höchstwerte für Geruchs‑, Lärm- und Staubemissionen sei an dem - entweder in einem Mischgebiet oder im Außenbereich gelegenen - klägerischen Grundstück nicht zu erwarten.
4II. Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
51. Das Zulassungsvorbringen der Klägerin begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin durch die streitgegenständliche Genehmigung nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt wird.
6a) Die Annahme der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe schon auf der Zulässigkeitsebene - unter Verkennung des Prüfungsmaßstabes für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO - die Möglichkeit einer Rechtsverletzung verneint, trifft ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ersichtlich nicht zu. Die Klage wird dort ausdrücklich für zulässig erachtet.
7b) Die Klägerin behauptet im Zulassungsverfahren nicht (mehr), dass sie sich hinsichtlich der geltend gemachten Abweichungen von den Planfestsetzungen unmittelbar auf den bundesrechtlichen Gebietserhaltungsanspruch berufen könne. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend auf die gefestigte ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Festsetzung von Baugebieten eine nachbarschützende Funktion nur zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet hat. Nur ein solcher Nachbar kann sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wehren, wenn er nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Denn ein Bebauungsplan begründet eine auf einem wechselseitigen Austauschverhältnis beruhende „Schicksalsgemeinschaft“. Jeder Grundstückseigentümer hat die ihm auferlegten Beschränkungen der Grundstücksnutzung hinzunehmen, kann aber ausgleichend dafür auch verlangen, dass die anderen Grundstückseigentümer im Plangebiet denselben Beschränkungen unterworfen bleiben (sog. Gebietsgewährleistungs- oder Gebietserhaltungsanspruch). Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO, die - wie hier - der Feingliederung eines Baugebiets dienen, vermitteln einen solchen Abwehranspruch jedenfalls dann, wenn der Ortsgesetzgeber ihnen erkennbar im Einzelfall eine aus sich heraus nachbarschützende Wirkung beimessen will.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 - 8 A 1220/12 -, juris Rn. 110 ff., m.w.N.
9c) Der Bebauungsplan Nr. 371 „Hof P. “ der Gemeinde S. -X. vermittelt - anders als die Klägerin meint - keinen planübergreifenden Nachbarschutz. Zwar kann ein Bebauungsplan über städtebaulichen Interessen dienenden objektiv-rechtliche Festsetzungen hinausgehend einzelnen abgrenzbaren Personengruppen subjektive Rechte einräumen (dazu aa). Das Verwaltungsgericht hat dies für den vorliegenden Fall auf der Grundlage einer beanstandungsfreien Auslegung des in Rede stehenden Bebauungsplanes jedoch abgelehnt (dazu bb).
10aa) Die Frage, ob eine Festsetzung in einem Bebauungsplan objektiv-rechtlichen Charakter hat oder ob sie (auch) dem Schutz individueller Interessen dient, bedarf jeweils der Klärung im Einzelfall. Ein subjektives Abwehrrecht kann sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergeben, etwa dann, wenn sie Abwehrrechte Betroffener ausdrücklich begründet. In der Regel wird es allerdings auf eine Auslegung des Bebauungsplanes nach Sinn und Zweck ankommen. Gelegentlich mag sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Wille des historischen Normgebers ermitteln lassen, die Interessen Dritter zu schützen. Auch insoweit gilt jedoch, dass Drittschutz nicht in jedem Fall ohne Rücksicht auf den Grad der Beeinträchtigung zu gewähren ist. Denn die Auslegung einer Vorschrift, die im Grundsatz Drittschutz vermitteln will, kann durchaus zu dem Ergebnis führen, dass Drittschutz nur zu gewähren ist, wenn eine bestimmte Schwelle der Beeinträchtigungen erreicht wird.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2005 ‑ 7 B 217/05 -, juris Rn. 14 und 15 m.w.N.
12Danach entfalten Festsetzungen in Bebauungsplänen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen planübergreifenden Drittschutz. Der Umstand, dass im Rahmen der Bauleitplanung unter anderem auch die Interessen der Plannachbarn berücksichtigt werden, reicht für die Annahme eines solchen Ausnahmefalles allein nicht aus. Die Berücksichtigung von Nachbarbelangen gehört vielmehr von vornherein zu den Aufgaben der im Allgemeininteresse erfolgenden Bauleitplanung (vgl. insbesondere § 1 Abs. 6 Nr. 1 bis 4, Nr. 7 Buchst. c bis e und § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Welche Belange in diese planerische Abwägung einzubeziehen sind, wird auch nicht durch die Grenzen des Plangebiets bestimmt, sondern richtet sich nach den potentiellen Auswirkungen der Planung. In einem ordnungsgemäßen Planaufstellungsverfahren müssen im Rahmen des § 2 Abs. 3 BauGB grundsätzlich auch plangebietsübergreifende Folgen der typisierenden Nutzungen - etwa für von Emissionen betroffene Plannachbarn - in ihrer Eigenschaft als städtebauliche Belange analysiert und einbezogen werden.
13Die Feststellung einer ausnahmsweise drittschützenden Wirkung von bauplanerischen Festsetzungen setzt voraus, dass sich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Auslegung des Bebauungsplanes Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Plangeber außerhalb des Plangebiets bestehende Belange nicht nur in die planerische Abwägung einbeziehen, sondern darüber hinaus selbstständig durchsetzbare subjektive Rechte schaffen wollte. Maßgeblich ist insoweit der Wille des Plangebers, der sich in dem Bebauungsplan, der zugehörigen Begründung oder sonstigen amtlichen Verlautbarungen (Protokollen o.ä.) objektiviert hat.
14bb) Das Zulassungsvorbringen stellt die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, es fehle an einer solchen ausnahmsweisen drittschützenden Wirkung der anhand der Abstandliste des Abstandserlasses erfolgten Feingliederung des Baugebiets. Die anhand der oben beschriebenen Maßstäbe getroffene Feststellung, es lägen keine Anhaltspunkte für einen entsprechenden Planungswillen des Plangebers vor, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
15(1) Die - vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellte - Annahme der Klägerin, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 371 auch dazu dienen, potentielle Konflikte zwischen der Wohnbebauung jenseits der I. Straße und einer gewerblichen Nutzung im Plangebiet zu reduzieren, zwingt für sich gesehen nicht zu einer anderen Einschätzung. Die typisierende Gliederung des Baugebiets ist im Ausgangspunkt objektiv-rechtlicher Natur. Sie dient im Sinne einer vorausschauenden Bodenordnung und städtebaulichen Entwicklung abstrakt der Vermeidung oder Verminderung potentieller künftiger Nutzungskonflikte. Der damit verbundene Schutz von (Nachbar-)Interessen ist nicht Ausdruck subjektiver Rechte, sondern - wie oben ausgeführt - reiner Rechtsreflex. Ob von einem konkreten Vorhaben, das sich innerhalb der festgesetzten Typisierung hält, unzumutbare Belastungen ausgehen, wird nicht auf der Ebene der Bauleitplanung, sondern bei der Vorhabenzulassung geprüft.
16(2) Der Wille des Plangebers, durch die Bauleitplanung gebietsübergreifende subjektive Rechte zu schaffen, lässt sich auch nicht der Begründung des Bebauungsplanes entnehmen. In Bezug auf die Auswirkungen am (früheren) Betriebsstandort der Firma M. zielt der Bebauungsplan ausweislich der Ausführungen auf S. 12 der Begründung auf eine „Reduzierung potenzieller Nachbarschaftskonflikte“ und die „Sicherung der städtebaulichen Ordnung“ durch eine „Begrenzung der Emissionen aus dem Gewerbegebiet durch Gliederung gemäß Abstandserlass NRW“. Damit werden ebenso typische städtebauliche - objektiv-rechtliche - Ordnungsziele formuliert wie in den konkretisierenden Erläuterungen auf S. 17 der Begründung des Bebauungsplanes. Danach soll der Betriebsstandort planungsrechtlich gesichert und geordnet werden; die in Rede stehenden Erweiterungen der Grundstücksnutzung dienten dazu, „angebotsorientiert eine wirtschaftliche Weiterentwicklung des Futtermittelwerkes“ zu ermöglichen, über das - wie aus der Begründung ersichtlich - zeitgleich ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde. Dass ausnahmsweise subjektive Rechte von Plannachbarn begründet werden sollen, ist diesen Erwägungen nicht zu entnehmen. Die ergänzende Bekräftigung, insoweit seien auch die „immissionsschutzrechtlichen Anforderungen im Umfeld“ in den Blick zu nehmen, trägt den Erkenntnissen aus dem Umweltbericht Rechnung und dokumentiert ebenfalls lediglich die Berücksichtigung städtebaulicher Belange nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. c bis e BauGB. Nichts anderes gilt, soweit auf S. 33 der Begründung unter Umweltgesichtspunkten in allgemeiner Form darauf verwiesen wird, dass die Gliederung des Gewerbegebiets nach Maßgabe des Abstandserlasses es auch ermögliche, „die umgebenden Wohnnutzungen angemessen“ zu berücksichtigen. Auch dieser Hinweis dokumentiert nicht mehr als den Willen des Plangebers, im Rahmen der städtebaulichen Ordnung des Plangebietes auch - wie nach § 1 Abs. 6 BauGB gefordert - die Bedürfnisse angrenzender Wohnbebauung in die Planung einzubeziehen und insbesondere die Ergebnisse der Umweltprüfung in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen, vgl. auch S. 34 der Begründung.
17(3) Der von der Klägerin angeführte Umstand, mit der Festsetzung des Lärmschutzwalls seien Lärmschutzaspekte in die Planung eingeflossen, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Der Lärmschutzwall dient dem Schutz vor Verkehrslärm und steht in keinem Zusammenhang mit den im Plan in Bezug genommenen Vorgaben des Abstandserlasses. Im Übrigen lässt sich S. 17 der Begründung des Bebauungsplanes entnehmen, dass nach dem zugrunde gelegten Lärmgutachten auf den betroffenen Grundstücken noch Potentiale für „künftige Lärmminderungsmaßnahmen“ bestünden, die im Rahmen von Folgenutzungen im Zuge des laufenden Insolvenzverfahrens anzustreben seien. Dies verdeutlicht, dass der Bebauungsplan gerade kein abschließendes Lärmschutzkonzept zum Schutz der Anwohner beinhalten sollte, sondern der konkrete Lärmschutz bewusst - und gemessen an dem konkreten Anlagenbezug funktionsgerecht - in die einzelnen Zulassungsverfahren verlagert werden sollte.
18(4) Auch der Umweltbericht („Nachtrag: Ausgang der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB“) bezieht sich auf das allgemeine Ziel, den Betriebsstandort zu entwickeln und in der vorgefundenen „Gemengelage und im Sinne der gegenseitigen Rücksichtnahme sowohl von Seiten des Siedlungssplitters als auch des Betriebsstandorts“ für eine verträgliche Gebietsentwicklung zu sorgen, vgl. S. 35 des Umweltberichts. Auch dabei handelt es sich um typische, objektive Belange einer städtebaulichen Ordnung, die für sich gesehen kein Indiz dafür liefern, dass der Plangeber erweiternd auch den Nachbarn in dem sog. Siedlungssplitter selbständige, subjektive Recht einräumen wollte. Der ausdrückliche Hinweis, dass technische Anforderungen, denen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), sondern auch unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belastungsgrenzen entscheidende Bedeutung zukommt, erst „im Zuge weiterer Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen“ seien, vgl. S. 36 des Umweltberichts, spricht im Gegenteil gegen die Annahme, der Plangeber habe bereits durch die gestaffelten Bezugnahmen auf den Abstandserlass eine vom jeweiligen konkreten Vorhaben unabhängige Schwelle zumutbarer Grundstücksnutzungen definieren wollen, auf die sich ohne Ansehung der weiteren technischen Profile eines zu genehmigenden Vorhabens und seiner konkreten Auswirkungen plangebietsexterne Nachbarn unmittelbar berufen können sollen.
19Soweit die Klägerin in der Zulassungsbegründung auf die Ausführungen auf S. 35 des Umweltberichts hinweist, wonach die „Planung […] somit abgewogen auch den Interessen der Nachbarn“ diene, ergibt sich ebenfalls nichts Abweichendes. Es ist bereits fraglich, ob dieser Passus als Bestandteil des Umweltberichts überhaupt unmittelbaren Erklärungswert dafür hat, was der Bebauungsplan verbindlich festsetzen sollte. Denn der Umweltbericht nimmt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB insoweit nur eine Bewertung der Umweltauswirkungen vor. Welche Folgerungen aus dieser rein verfahrensrechtlichen (vorbereitenden) Bewertung gezogen wurden, ergibt sich erst aus den Festsetzungen des Bebauungsplanes und dessen Begründung, die aber - wie ausgeführt - lediglich erkennen lassen, dass man der durch den Umweltbericht beschriebenen Gemengelage durch objektiv-städtebauliche Festsetzungen Rechnung getragen hat. Ungeachtet dessen gibt der Verweis auf die abgewogenen Interessen der Nachbarn auch inhaltlich wiederum nur die objektiv-rechtliche Verpflichtung nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. c bis e BauGB wieder, entsprechende Belange in die planerische Abwägung einzubeziehen. Aus der bloßen Verarbeitung eines umweltrelevanten Nachbarinteresses ergibt sich aber ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht, dass der Bebauungsplan auch Plannachbarn ein allgemeines subjektives Abwehrrecht einräumen wollte.
20(5) Auch die im Antrag auf Zulassung der Berufung angeführten Protokolle der Sitzung des Ausschusses für Bau, Planung, Umwelt und Verkehr der Standortgemeinde wiederholen nur, was im Nachtrag zum Umweltbericht ausgeführt wurde, und zwar erneut ohne dass dies Rückschlüsse auf den Willen des Plangebers zuließe, plangebietsübergreifende subjektive Rechte zu schaffen.
21(6) Der von der Klägerin angeführte innere Wille des Ersten Technischen Beigeordneten, für die Nachbarn drittschützende Regelungen schaffen zu wollen, wäre im Rahmen der Auslegung des Bebauungsplans nur dann relevant, wenn er erkennbar von dem Gemeinderat als satzungsgebendem Organ übernommen worden wäre. Dies ist - wie dargelegt - nicht der Fall. Auch wenn die Gemeindeverwaltung sicherlich maßgeblichen Einfluss auf die Aufstellung des planerischen Konzeptes eines beschlossenen Bebauungsplanes haben kann, sind die der Beschlussfassung vorangehenden Erwägungen der Verwaltung, die nicht - etwa in Protokollen von den Normerlass vorbereitenden Sitzungen der Gemeindeorgane - objektivierbar in den Willen des satzungsgebenden Organs aufgenommen wurden, keine Quelle der Satzungsinterpretation. Nichts anderes gilt für (abweichende) innere Motive oder Absichten einzelner Gemeinderatsmitglieder. Die Gespräche, die die als Anwohnerin betroffene Zeugin im Vorfeld des Planaufstellungsverfahrens mit dem Beigeordneten über die Ziele der Bauleitplanung geführt haben soll, können daher von vorneherein keine Erkenntnisse dazu liefern, welche Rechtsfolgen der Rat mit den Festsetzungen in Bezug auf plangebietsfremde Nachbarn verbinden wollte. Diese Überlegung liegt ersichtlich auch den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zugrunde.
22Es kann daher dahinstehen, dass die von der Klägerin zitierten Aussagen des Ersten Technischen Beigeordneten wiederum nur die allgemeine Regelungsfunktion des Bebauungsplanes beschreiben, der durch eine geordnete städtebauliche Entwicklung durch von Gewerbebetrieben abstrakt zu erwartende Emissionen hervorgerufene Konflikte in einer bodennutzungsbezogenen Gemengelage reduzieren sollte.
23d) Dass das angegriffene Vorhaben vorliegend gegen das Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verstößt, der als nachbarschützende Bestimmung auch gebietsübergreifende Anwendung findet,
24vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 ‑ 4 B 55/07 -, NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 6,
25hat die Klägerin schon im erstinstanzlichen Verfahren - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - nicht dargetan. Die Klägerin hat namentlich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass von dem genehmigten Vorhaben vorliegend keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen, mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht (substantiiert) angegriffen.
262. Der vorliegende Fall weist auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die entscheidenden Rechtsfragen, unter welchen Voraussetzungen ein Bebauungsplan auch gebietsübergreifend Drittschutz vermittelt, sind in der Rechtsprechung - wie dargelegt - geklärt. Die Auslegung des hier konkret in Rede stehenden Bebauungsplanes ist anhand der verfügbaren amtlichen Dokumente (insbesondere Begründung, Umweltbericht, Protokolle der Ausschuss- und Ratssitzungen) vorzunehmen, die zu den Verwaltungsvorgängen genommen wurden. Die sich daraus ergebenden Fragen werfen keine besonderen Schwierigkeiten auf, sondern lassen sich ohne Weiteres - wie dargelegt - im Berufungszulassungsverfahren beantworten. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Auslegung des Abstandserlasses sind - ungeachtet dessen, dass die Anwendung alten Rechts nicht per se besondere Schwierigkeiten aufweisen muss - vorliegend nicht entscheidungserheblich.
273. Es stellen sich auch keine Rechtsfragen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Bebauungsplan Nachbarn, deren Grundstücke außerhalb des Plangebietes liegen, subjektive Rechte einräumen kann, und dass dies eine Frage der - nicht verallgemeinerungsfähigen - Auslegung des Bebauungsplans im jeweiligen Einzelfall ist.
284. Das Verwaltungsgericht ist entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht von einer Entscheidung des (im Instanzenzug übergeordneten) Oberverwaltungsgerichts abgewichen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Maßstäbe, die in der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen entwickelt wurden (insbesondere in den Beschlüssen vom 26. August 2005 - 7 B 217/05 - und vom 4. November 2005 - 7 B 1319/05 -), seiner Entscheidung zugrunde gelegt. In der Sache richtet sich die Klägerin mit der Begründung ihres Zulassungsantrags vielmehr allein gegen die Anwendung dieser abstrakten Maßstäbe auf den vorliegenden Einzelfall. Ein – hier nicht erkennbarer – Anwendungsfehler ist indessen keine Divergenz im Sinne des Berufungszulassungsrechts. Auf die behauptete Abweichung von Entscheidungen des OVG Rheinland-Pfalz oder des OVG Niedersachsen kann die Klägerin sich nicht berufen. Auch insoweit geht das Verwaltungsgericht im Übrigen nicht von abweichenden rechtlichen Maßstäben aus, sondern kommt im konkreten Fall unter Würdigung aller relevanten Tatsachen lediglich zu einem „abweichenden“ Ergebnis.
295. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann, zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
30Zwar dürfte ein Verfahrensfehler vorliegen, weil der auf eine Zeugenvernehmung gerichtete Beweisantrag ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung nur mündlich abgelehnt und begründet wurde. Zu den nach § 105 VwGO i. V. mit § 160 Abs. 2 ZPO zu protokollierenden wesentlichen Umständen gehören grundsätzlich auch die nach § 86 Abs. 2 VwGO zwingend erforderlichen tragenden Gründe, warum ein Beweisbeschluss abgelehnt wurde.
31Vgl. Breunig, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 86 Rn. 68.
32Unterbleibt - wie hier - eine Aufnahme der materiellen Ablehnungsgründe ins Protokoll, wäre es im Interesse der Transparenz und nachträglichen Kontrollierbarkeit jedenfalls geboten gewesen, die Gründe im Urteil auszuführen.
33BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2003 - 8 B 32.03 -, SächsVBl. 2004, 6 = juris Rn. 7.
34Dies ist nicht, zumindest nicht ausdrücklich, geschehen.
35Der Verfahrensfehler war jedoch offensichtlich nicht kausal für die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO setzt voraus, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass das erkennende Gericht unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung ohne den Verfahrensfehler zu einem für den Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
36Vgl. (für das Revisionszulassungsrecht) BVerwG, Beschluss vom 14. August 1962 – 5 B 83.61 -, BVerwGE 14, 342 = juris Rn. 15 f.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 124 Rn. 220 m.w.N.
37Der angegriffenen Entscheidung lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass die unter Beweis gestellte Tatsache aus der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich war. Das Verwaltungsgericht führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass die Frage, ob der Planungsgeber mit der Planung (ausnahmsweise) beabsichtigte, außerhalb des Planungsgebietes wohnenden Grundstückseigentümern subjektive Rechtsansprüche auf Einhaltung der bauplanungsrechtlichen Festsetzungen einzuräumen, unter Berücksichtigung der die Ziele und Zwecke der Planung darstellenden Unterlagen zu ermitteln sei. Diese ergäben sich aus dem Erläuterungsbericht und dem Umweltbericht (Entscheidungsabdruck, Seite 16). Damit hat das Verwaltungsgericht ersichtlich zum Ausdruck gebracht, dass es für die Frage der Auslegung des Bebauungsplans allein auf den in den Unterlagen objektiv feststellbaren Willen des Gemeinderats ankommt, nicht jedoch auf die subjektiven Vorstellungen von Verwaltungsmitarbeitern oder Gemeinderatsmitgliedern.
38Dessen ungeachtet wäre die von der Klägerin begehrte Zeugenvernehmung auch für das Berufungsverfahren, dessen Zulassung die Klägerin erstrebt, nicht erheblich. Ein Verfahrensfehler ist entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO auch dann nicht kausal, wenn dem Ausgang der Beweisaufnahme unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsauffassung für den Ausgang des Berufungsverfahrens keine Bedeutung zuzumessen ist.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2004 - 3 A 4016/02 -, NVwZ-RR 2004, 701 = juris Rn. 3; Beschluss vom 1. August 2012 - 1 A 864/11 -, NVwZ-RR 2012, 952 = juris Rn. 3; OVG M.-V, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - 2 O 379/98 -, NordÖR 2000, 154 = juris Rn. 5; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 124 Rn. 224 m.w.N; Roth, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 124 Rn. 89.
40Dies vorausgesetzt fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang. Die von der Klägerin beantragte und nach ihrem Vortrag je nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gegebenenfalls noch beabsichtigten Zeugenvernehmungen waren für die Ermittlung des bei der Auslegung zu berücksichtigenden Plangeberwillens von vorneherein offensichtlich ungeeignet. Maßgeblich für die Frage des Drittschutzes von planerischen Festsetzungen ist - wie oben ausgeführt - allein der objektivierbare Wille des Gemeinderats. Auf die von der Klägerin allein unter Beweis gestellten inneren Motive von Verwaltungsangehörigen oder einzelner Gemeinderatsmitglieder kommt es nicht an.
41Soweit die Klägerin sich - nach Ablauf der Begründungsfrist - in diesem Zusammenhang noch auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs beruft, kann sie sich weder auf einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO noch auf einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO berufen. Die Klägerin hat nicht bestritten, dass die Vorsitzende der Kammer den Beschluss, mit dem der Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung abgelehnt wurde, wie im Protokoll angegeben, mündlich begründet hat. Ihr waren daher die aus Sicht des Verwaltungsgerichts die Ablehnung tragenden Gründe bekannt. Sie war damit nicht gehindert, ihr weiteres Vorbringen oder prozessuales Vorgehen entsprechend anzupassen.
42III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er weder einen Antrag gestellt noch das Zulassungsverfahren sonst gefördert hat.
43IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei orientiert sich der Senat an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).