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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist nicht begründet.
3Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss abzuändern oder aufzuheben.
4I. Der gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erhobene Einwand greift nicht durch. Dem Antragsteller fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ergibt sich aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin dem von ihm geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch entgegentritt mit der Folge, dass eine gerichtliche Klärung erforderlich ist. Ob in einer solchen Konstellation das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn feststeht, dass eine Rückgängigmachung der Vollziehungshandlung nicht möglich ist,
5vgl. den von der Beschwerde zitierten Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2004 – 17 B 2251/04 –, juris, Rn. 6, der allerdings die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses an der Aussetzung einer bereits vollzogenen Abschiebungsandrohung betraf,
6kann dahinstehen, da – wie noch darzulegen ist – gegenwärtig nicht von einer definitiven Unmöglichkeit der Rückholung des Antragstellers auszugehen ist.
7II. Auch das gegen die Begründetheit des Rechtsschutzbegehrens gerichtete Beschwerdevorbringen vermag die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage zu stellen.
81. Das gilt zunächst für den Vortrag, es bestehe kein Anordnungsgrund für eine Eilregelung unter Vorwegnahme der Hauptsache, die im Wege einer Leistungsklage auf Folgenbeseitigung zu verfolgen wäre.
9Die Beschwerde macht insoweit geltend, der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihm in Tunesien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter und / oder unmenschliche Behandlung drohten. Hiergegen sprächen die aktuelle Lageeinschätzung des Auswärtigen Amts, die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Abschiebung eines terrorverdächtigen tunesischen Staatsangehörigen, das Vorhaben einer Einstufung Tunesiens als sicherer Herkunftsstaat, die gegenüber tunesischen Staatsvertretern erfolgte Verdeutlichung des deutschen Interesses an einer menschenrechtskonformen Behandlung des Antragstellers, entsprechende Äußerungen des zuständigen tunesischen Staatsanwalts sowie das überaus starke Medieninteresse. Zudem sei der Antragsteller inzwischen auf freiem Fuß und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er während seines 15-tägigen Polizeigewahrsams nicht korrekt behandelt worden sei.
10Dieses Vorbringen verkennt, dass im vorliegenden Verfahren kein Raum ist für eine gerichtliche Prüfung der Frage, ob dem Antragsteller in Tunesien Folter und / oder unmenschliche Behandlung drohen. Hiervon ist vielmehr zwingend auszugehen, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 21. Juni 2010 festgestellt hat, dass für den Antragsteller in Bezug auf Tunesien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. besteht. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Die diesbezügliche Feststellung des Bundesamts, die auch die Antragsgegnerin bindet, gilt vorerst fort, da ihr Widerruf durch Bescheid des Bundesamts vom 20. Juni 2018 nicht vollziehbar ist, nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die aufschiebende Wirkung der hiergegen gerichteten Klage durch Beschluss vom 12. Juli 2018 – 7a L 1200/18.A – wiederhergestellt hat. Einen durch das Bundesamt gestellten Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Abänderung dieses Beschlusses wegen veränderter Umstände hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. August 2018 – 7a L 1437/18.A – abgelehnt. Die durch die Aussetzung des Widerrufs bedingte zwingende Beachtlichkeit des Abschiebungsverbots schließt es entgegen der Beschwerde aus, im vorliegenden Verfahren der Frage nachzugehen, ob die der Feststellung des Abschiebungsverbots zugrunde liegende Annahme des Bestehens einer konkreten Foltergefahr für den Antragsteller zutrifft. Die Klärung dieser Frage ist dem gegen die Widerrufsentscheidung des Bundesamts gerichteten asylrechtlichen Klageverfahren vorbehalten. Für das vorliegende Verfahren ist davon auszugehen, dass der erzwungene Aufenthalt eines Ausländers in einem Staat, in Bezug auf den für ihn das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. bestandskräftig festgestellt ist, einen wesentlichen Nachteil im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO und damit einen Anordnungsgrund begründet.
112. Soweit sich die Beschwerde gegen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs wendet, greift sie ebenfalls nicht durch.
12Die Beschwerde meint insoweit, die Voraussetzungen des vom Verwaltungsgericht als gegeben erachteten allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs lägen nicht vor. Denn die Abschiebung sei rechtmäßig gewesen (hierzu nachfolgend a), jedenfalls bestehe gegenwärtig kein rechtswidriger Zustand zum Nachteil des Antragstellers (hierzu nachfolgend b). Im Übrigen sei eine Folgenbeseitigung in Form der Rückholung unmöglich (hierzu nachfolgend c). Dem kann nicht gefolgt werden.
13a) Die am 13. Juli 2018 erfolgte Abschiebung des Antragstellers war evident rechtswidrig. Sie hätte nach Bekanntgabe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 12. Juli 2018 – 7a L 1200/18.A – an die Beteiligten jenes Verfahrens nicht fortgesetzt werden dürfen, da ihr weiterer Vollzug dem durch diesen Beschluss neuerlich in Kraft gesetzten Abschiebungsverbot zuwiderlief.
14(1) Die Übermittlung des vorgenannten, 22 Seiten umfassenden Beschlusses erfolgte per Computer-Fax an die Prozessbevollmächtigte zu 2. des Antragstellers ab 8.09 Uhr (Dauer: 602 Sekunden) und an das Bundesamt ab 8.10 Uhr (Dauer: 995 Sekunden). Dem Bundesamt war der Beschluss zusätzlich um 8.14 Uhr über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach zugestellt worden.
15Zu dem letztgenannten Zeitpunkt dauerte die Abschiebung des Antragstellers noch an.
16Eine Abschiebung auf dem Luftweg ist grundsätzlich erst dann vollzogen, wenn der Ausländer die Transitzone des Zielflughafens verlassen hat und sich wieder im Hoheitsgebiet des Abschiebungszielstaats befindet,
17vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 2017 ‑ 18 B 1157/16 –, juris, Rn. 23.
18Soweit die Beschwerde aus der vorgenannten Entscheidung herleiten will, dass die Abschiebung bereits mit Eintritt des Flugzeugs in den Luftraum des Abschiebungszielstaats beendet sei, missversteht sie offenkundig deren Inhalt. Die Ausführungen in der zitierten Randnummer bringen zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Annahme eines Vollzugs der Luftabschiebung vor Landung des Flugzeugs keinesfalls in Betracht kommt.
19Falls – wie vorliegend – die Transitzone nicht zu durchqueren ist, setzt der Vollzug der Luftabschiebung zumindest den Ausstieg aus dem gelandeten Flugzeug voraus. Im Falle einer – wie hier – bundespolizeilich begleiteten Abschiebung ist die Abschiebung erst mit Übergabe des Abzuschiebenden an die empfangsbereiten Vertreter des Zielstaats beendet.
20Nach Angaben der Bundespolizei erfolgten die Landung des Flugzeugs auf dem Flughafen F. / Tunesien um 9.08 Uhr deutscher Zeit und die Übergabe des Antragstellers an die tunesischen Behörden um 9.14 Uhr deutscher Zeit. Erst zu dem letztgenannten Zeitpunkt – und damit exakt eine Stunde nach Bekanntgabe des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses an das Bundesamt – war die Abschiebung des Antragstellers beendet. Die Fortsetzung ihres Vollzugs über 8.14 Uhr hinaus verstieß damit offensichtlich gegen das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.
21Der Antragsgegnerin als der für den Vollzug der Abschiebung verantwortlichen Ausländerbehörde wurde der Beschluss per Computer-Fax ab 8.15 Uhr übermittelt (Dauer inclusive eines Begleitblattes: 2.117 Sekunden). Der für die Rechtswirkung des Beschlusses maßgebliche Entscheidungsausspruch befindet sich auf Seite 2 des Umdrucks, die der Antragsgegnerin kurz nach Übertragungsbeginn – unter Berücksichtigung der Gesamtübertragungsdauer spätestens um 8.20 Uhr – vorgelegen hat. Spätestens um 8.44 Uhr hat sie von der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Widerruf des Abschiebungsverbots Kenntnis genommen. Denn ausweislich ihrer Verwaltungsvorgänge hat sie zu diesem Zeitpunkt dem Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MKFFI NRW) entsprechende Mitteilung gemacht.
22(2) Entgegen der Beschwerde berechtigte der die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung vom 25. Juni 2018 betreffende Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2018 – 8 L 1240/18 – die Antragsgegnerin nicht zu der Annahme, eine Abschiebung des Antragstellers nach Tunesien sei unabhängig vom Ausgang des asylrechtlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zulässig. Zwar ist in dem Beschluss die Bezeichnung von Tunesien als Zielstaat der Abschiebung nicht beanstandet worden. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass in Hinblick auf die Widerrufsentscheidung des Bundesamts eine Abschiebung des Antragstellers nach Tunesien „nicht praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich“ erscheine. Hierdurch wird jedoch die Beachtlichkeit eines aktuell bestehenden Abschiebungsverbots ersichtlich nicht in Frage gestellt. Der Beschluss weist im Übrigen ausdrücklich darauf hin, dass das Vorliegen von Abschiebungsverboten zwar nicht dem Erlass der Abschiebungsandrohung entgegensteht, wohl aber für den nachfolgenden Vollzug der Abschiebung von Bedeutung ist.
23(3) Der Vortrag der Beschwerde, die Antragsgegnerin habe im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses vom 12. Juli 2018 – 7a L 1200/18.A – keine Möglichkeit mehr gehabt, einen Abbruch des weiteren Vollzugs der Abschiebung zu veranlassen, ist inhaltlich substanzlos und rechtlich unerheblich.
24Inhaltlich substanzlos ist der Verweis auf das Fehlen eines „bestehenden, unmittelbaren Kontakt(s) zu dem Piloten der Maschine oder den Begleitbeamten der Bundespolizei.“ Ein solcher Kontakt hätte selbstverständlich jederzeit hergestellt werden können, wie die Bundespolizei ausweislich von Medienberichten,
25vgl. etwa: WDR-Aktuell, Bericht vom 22. Juli 2018 (https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/abschiebung-sami-a-104.html); Zeit Online, Bericht vom 22. Juli 2018,
26ausdrücklich bestätigt hat.
27Inhaltlich substanzlos ist auch der Hinweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit einer etwaigen Änderung der Flugroute. Denn es ist nicht vorgetragen, was dem Bemühen um die Erteilung einer entsprechenden Genehmigung entgegengestanden hätte.
28Abgesehen hiervon ist das Vorbringen rechtlich unerheblich, da das – angebliche – Fehlen einer Reaktionsmöglichkeit auf die Bekanntgabe des vorgenannten Beschlusses nichts an der Rechtswidrigkeit des weiteren Vollzugs der Abschiebung änderte.
29b) Das Vorbringen der Beschwerde, es bestehe gegenwärtig kein rechtswidriger Zustand zum Nachteil des Antragstellers, greift nicht durch.
30Diese Annahme stützt sich auf die Einschätzung, der Antragsteller sei in Tunesien nicht der Gefahr von Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt. Zwar liege keine auf ihn individuell bezogene diplomatische Zusicherung einer menschenrechtskonformen Behandlung vor. Aber eine Gesamtbetrachtung der – näher ausgeführten – „sonstigen Umstände, tatsächlichen Erfahrungen und Entwicklungen“ seit seiner Abschiebung gelange zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller ein „Schutzäquivalent“ zugutekomme, das nicht hinter einer individualbezogenen diplomatischen Zusicherung zurückbleibe.
31Dem kann nicht gefolgt werden.
32Wie oben (sub II.1) bereits dargelegt, ist wegen der Bindungswirkung des Bescheids des Bundesamts vom 21. Juni 2010, mit dem hinsichtlich des Antragstellers in Bezug auf Tunesien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. festgestellt worden ist, im vorliegenden Verfahren kein Raum für eine Prüfung der Frage, ob ihm dort Folter und / oder unmenschliche Behandlung drohen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag der Beschwerde, die Feststellung von Abschiebungshindernissen (gemeint: Abschiebungsverboten) entfalte keine Bindungswirkung hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens von Gefahren nach erfolgter Abschiebung. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um die Bindung an den Inhalt einer Prognose, sondern um die Verbindlichkeit eines feststellenden Verwaltungsakts. Die auch gegenwärtig andauernde Rechtswidrigkeit des durch die Abschiebung geschaffenen Zustands ergibt sich daraus, dass er unter Verstoß gegen ein zwingend zu beachtendes Handlungsverbot herbeigeführt worden ist. Durch den erzwungenen Aufenthalt des Antragstellers in Tunesien wird die Folge dieses Rechtsverstoßes täglich perpetuiert. Ob der Fortbestand des Verbots im Lichte der aktuellen Sachlage gerechtfertigt ist, ist – wie dargelegt – nicht im vorliegenden Verfahren, sondern in dem gegen die Widerrufsentscheidung des Bundesamts gerichteten asylrechtlichen Klageverfahren zu klären.
33c) Entgegen der Annahme der Beschwerde ist eine Folgenbeseitigung im Wege der Rückholung des Antragstellers in das Bundesgebiet nicht unmöglich. Ein dauerhafter Hinderungsgrund ist nicht dargelegt. Eine lediglich vorübergehende Unmöglichkeit ließe den Folgenbeseitigungsanspruch nicht entfallen.
34Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Wirkungen der Ausweisung und der Abschiebung, die zu einem Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG führen, in der vorliegenden Konstellation eine Rückholung des Antragstellers nicht hindern. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des angefochtenen Beschlusses, die durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt werden, wird Bezug genommen. Maßgeblich ist insoweit die Erwägung, dass es rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwiderliefe, einem evident rechtswidrigen Behördenhandeln als solchem Sperrwirkung für die Möglichkeit seiner Rückabwicklung beizumessen. Denn dies würde den begangenen Rechtsverstoß perpetuieren und vertiefen. Hieraus folgt, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot des § 11 Abs. 1 AufenthG dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden kann. Das gilt nicht nur insoweit, als es an die Abschiebung anknüpft, sondern auch insoweit, als es Folge der Ausweisung ist. Zwar steht deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage. Das ausweisungsbedingte Einreiseverbot ist jedoch erst durch die in offensichtlich rechtswidriger Weise erzwungene Ausreise virulent geworden.
35Abgesehen davon stünde die etwaige Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG einer Rückholung des Antragstellers deshalb nicht entgegen, weil ihm zu diesem Zweck eine Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erteilt werden könnte. Dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14. August 2018 in dem Vollstreckungsbeschwerdeverfahren gleichen Rubrums 17 E 729/18 ist zu entnehmen, dass eine Betretenserlaubnis für den Antragsteller in Vorbereitung ist und „innerhalb von wenigen Stunden“ ausgestellt werden kann.
36Aus dem vorgenannten Schriftsatz ergibt sich weiterhin, dass hinsichtlich der erforderlichen Erteilung eines – auf die Rückreise beschränkten – Visums bereits eine Vorbesprechung mit den Bundesbehörden stattgefunden hat.
37Die gegenwärtige Passlosigkeit des Antragstellers und eine eventuell bestehende Ausreisesperre stellen keine dauerhaften Hindernisse für seine Rückholung dar. Denn sie stehen im Zusammenhang mit den noch gegen ihn laufenden Ermittlungen der tunesischen Behörden, deren Ergebnis abzuwarten bleibt. Im Übrigen ist nicht dargetan, dass diplomatische Bemühungen um die Ermöglichung einer Ausreise von vornherein aussichtslos sind.
38III. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles geben dem Senat Anlass zu folgenden Anmerkungen:
39Zu der nunmehr rückabzuwickelnden Abschiebung des Antragstellers wäre es gar nicht erst gekommen, wenn in dem asylrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren 7a L 1200/18.A der wiederholt und nachdrücklich geäußerten Bitte des Verwaltungsgerichts um Mitteilung des vorgesehenen Abschiebungstermins entsprochen worden wäre. In diesem Fall hätte das Verwaltungsgericht noch vor der Abschiebung in der Sache entscheiden oder einen „Hängebeschluss“ erlassen und so dem Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Rechnung tragen können. Die erbetene Information ist jedoch nicht erfolgt. Im Einzelnen:
40Bereits bei Eingang des Aussetzungsantrags hatte der Kammervorsitzende das Bundesamt mit Verfügung vom 27. Juni 2018 gebeten, dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, falls sich in Bezug auf den geplanten Abschiebungstermin, der in der Antragsschrift mit 29. August 2018 angegeben war, neuere Erkenntnisse, insbesondere hinsichtlich einer früheren Ansetzung, ergeben sollten. Auf diese Bitte hat die Berichterstatterin in einem Telefonat mit dem Bundesamt am 3. Juli 2018 ausdrücklich Bezug genommen. In einem weiteren Telefonat der Berichterstatterin mit dem Bundesamt vom 11. Juli 2018 wies diese darauf hin, dass sich aus der beigezogenen Ausländerpersonalakte der Antragsgegnerin ergebe, dass der Antragsteller am 12. Juli 2018 um 22.15 Uhr abgeschoben werden solle. Vor diesem Hintergrund bat die Berichterstatterin um Erteilung einer Stillhaltezusage; falls diese nicht bis zum 12. Juli 2018, 9.00 Uhr vorliege, behalte sich die Kammer den Erlass eines „Hängebeschlusses“ vor. Daraufhin teilte das Bundesamt dem Verwaltungsgericht am 12. Juli 2018, Eingang 8.53 Uhr, schriftsätzlich mit, es habe sich telefonisch bei dem zuständigen Referat des MKFFI NRW zu der für den 12. Juli 2018 angesetzten Rückführung erkundigt und erfahren, dass die betreffende (vorsorgliche) Flugbuchung storniert worden sei. Daher und in Hinblick auf die dem Antragsteller offen stehende Möglichkeit einer Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz bezüglich möglicher Vollstreckungsmaßnahmen werde eine Stillhaltezusage nicht für erforderlich gehalten. Aufgrund dieser Informationslage hat das Verwaltungsgericht berechtigterweise von dem Erlass eines „Hängebeschlusses“ abgesehen und es als in zeitlicher Hinsicht ausreichend erachtet, seinen noch am Abend des 12. Juli 2018 gefassten Aussetzungsbeschluss erst am nächsten Morgen an die Beteiligten zu übermitteln. Denn es war ihm nicht bekannt, dass die Abschiebung des Antragstellers bereits in den frühen Morgenstunden des 13. Juli 2018 vorgesehen war.
41Dem Informationsverhalten des MKFFI NRW lag offenbar dessen Annahme zugrunde, die „Besonderheiten“ des Falles, die in seinem „außergewöhnlichen sicherheitsstrategischen und politischen Stellenwert“ erblickt wurden, ließen es „leider“ (!) nicht zu, dass das Gericht über das Datum der Rückführung informiert werde (so die Leiterin des Referats 513 <Extremismus und Sicherheitskonferenz> in einer Email vom 10. Juli 2018 an die Antragsgegnerin). Diese Annahme ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Gewaltenteilungsprinzip nicht vereinbar. Die Offenbarung nur der „halben Wahrheit“ – Mitteilung der Flugstornierung am 12. Juli 2018, 22.15 Uhr ohne gleichzeitigen Hinweis auf die Flugbuchung für den Folgetag, 6.30 Uhr – war zudem geeignet, den Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, zu gefährden, da das Verwaltungsgericht die Eilbedürftigkeit seiner Entscheidung nicht erkennen konnte. Dass seine Entscheidung letztlich noch rechtzeitig ergangen ist, verdankt sich dem Zufall. Ein rechtsstaatlich korrektes Informationsverhalten hätte die nunmehr eingetretene Situation verhindert.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
43Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.