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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. November 2020 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach Maßgabe von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen, mit der diese die Feststellung begehrt, dass § 9 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 7. Januar 2021 (GV. NRW. S. 2b), zuletzt geändert durch Art. 1 der Sechzehnten Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 19. Februar 2021 (GV. NRW. 2021 S. 194) – Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) – dem Betrieb ihrer sechs EMS-Studios unter Beachtung bestimmter (und in den Hilfsanträgen näher ausdifferenzierter) organisatorischer und hygienischer Maßgaben nicht entgegensteht.
31. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht EMS-Studios richtigerweise unter § 9 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO subsumiert. Der Senat geht insoweit allerdings davon aus, dass es sich bei EMS-Studios um Fitnessstudios und nicht nur um Einrichtungen handelt, die den in § 9 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO genannten Einrichtungen ähnlich sind. Bereits in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2020 ‑ 13 B 1731/20.NE -, juris, Rn. 47, hat der Senat dies angenommen. Er teilt insoweit die Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 3 B 409/20 -, juris, Rn. 15 ff. Dort heißt es:
4„Der Senat hat insoweit mit Beschluss vom 9. Dezember 2020 (- 3 B 381/20 -, zur Veröffntl. bei juris vorgesehen Rn. 34) in Bezug auf EMS-Studios bereits Folgendes ausgeführt:
5„Dabei gelten die vorgenannten Erwägungen auch für den Betrieb des EMS-Sportstudios, das nach Auffassung des Senats von dem Begriff des Fitnessstudios erfasst wird. Denn auch EMS-Sportstudios unterbreiten ihren Kunden Angebote zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Es werden in diesen ebenso wie in einem allgemeinen Fitnessstudio Geräte bereitgestellt und es wird die Möglichkeit eingeräumt, unter persönlicher Anleitung zu trainieren. Zwar mag die individuelle Betreuung in einem EMS-Sportstudio ausgeprägter sein, jedoch geht es auch in einem solchen zuvörderst darum, in der Freizeit die körperliche Fitness - ohne ärztliche Verordnung - zu trainieren.“
6Daran hält der Senat fest. Unter einem Fitnessstudio oder auch Fitnesscenter ist im Deutschen Sprachgebrauch eine Einrichtung zu verstehen, welche die Möglichkeit bietet, an besonders für diesen Zweck bestimmten Geräten seine körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern oder auf einem guten Stand zu halten (https://www.duden.de/rechtschreibung/Fitnesscenter). Dabei kommt es nach Überzeugung des Senats auch nicht entscheidend auf die Größe der Einrichtung an. Auch wenn viele Fitnessstudios in großflächigen Räumlichkeiten betrieben werden, handelt es sich dabei um kein wesensbegründendes Merkmal. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um eine in einem Innenraum ausgeübte Tätigkeit zur Steigerung oder Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit unter Einsatz von Hilfsmitteln handelt. Insoweit hat der Antragsteller zu Recht darauf hingewiesen, dass es auch Fitnessstudios gibt, die der Grundfläche nach den Studios der Antragstellerin vergleichbar sind. Denn auch außerhalb des sog. EMS-Sports gibt es ein Bedürfnis für ein Training im kleinen oder spezialisierten Rahmen mit einer intensiven Trainingsbegleitung, wie sie in großen Fitnessstudios typischerweise nicht angeboten wird. Es ist vielmehr so, dass sich spezialisierte Studios eines vermehrten Zulaufs erfreuen, da vermehrt ein auf einen bestimmten Bereich fokussiertes Training nachgefragt wird (https://www.welt.de/wirtschaft/article154087514/Der-neue-Boom-der-Fokus-Fitness-in-Mikrostudios.html). Mikrostudios sind daher kein Alleinstellungsmerkmal der Anbieter von EMS-Sport, sondern eine Kategorie von Fitnessstudios, neben den sog. Discounter-Studios, den inhabergeführten Fitnessstudios oder auch den sog. Premiumanbietern. Allen diesen Einrichtungen ist die Steigerung oder Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit gemeinsam. Diese ist auch wesentliches Ziel des Besuchs eines EMS-Studios. Denn die dort angebotene elektronische Muskelsimulation soll einen Muskelaufbau bewirken. Dabei werden auch technische Geräte in Anspruch genommen. Dass dabei nur ein Trainingsgerät pro Kunden genutzt wird, bewirkt angesichts des beschriebenen zunehmend spezialisierten Angebots im Bereich der Fitnessstudios keine andere Bewertung. Auch in einem Cycling-Studio wird nur ein Gerät vom Sporttreibenden genutzt. Auch das Erfordernis einer vorherigen Anmeldung erweist sich vor diesem Hintergrund nicht als wesensprägend.
7Die vom Verwaltungsgericht angenommenen deutlichen Ähnlichkeiten zu physiotherapeutischen Anwendungen vermag der Senat ebenfalls nicht zu erblicken. Physiotherapien sind anders als die Einrichtungen der Antragstellerin kein Angebot des Freizeitsports und der Freizeitgestaltung, sondern ärztlich verordnete, medizinisch notwendige Heilbehandlungen. Diese wesentlich andere Zweckrichtung physiotherapeutischer Angebote steht jeder sonst gegebenen Vergleichbarkeit mit dem Sportangebot der Antragstellerin von vornherein entgegen.“
8Entgegen der Auffassung der Antragstellerin fällt der Betrieb ihrer EMS-Studios nicht stattdessen in den Anwendungsbereich des § 12 CoronaSchVO. Denn es handelt sich bei dem dem Muskelaufbau dienenden Angebot der Antragstellerin um ein Sportangebot und nicht um eine Dienstleistung. Eine andere Beurteilung ist nicht mit Blick darauf gerechtfertigt, dass die EMS-Anwendung niemals durch einen Kunden allein erfolgt, sondern immer mit einer ausgebildeten Fachkraft nach dem Strahlenschutzgesetz. Auch in klassischen Fitnessstudios gibt es viele Angebote, die durch einen Mitarbeiter des Fitnessstudios angeleitet bzw. begleitet werden, beispielsweise Gruppenkurse wie Aerobic, Yoga o. ä. oder Personal Training. Dieser Umstand macht ein Sportangebot nicht zu einer unter § 12 CoronaSchVO zu fassenden Dienstleistung. Insoweit kommt es für die Zulässigkeit auch nicht darauf an, ob bei der Trainingsbegleitung der Mindestabstand zwischen Trainer und Kunden eingehalten werden kann. Ferner ist nicht entscheidend, ob es sich bei EMS-Geräten um Medizinprodukte handelt. Auch wenn dies der Fall ist, wäre das Angebot eines EMS-Studios keine nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 CoronaSchVO erlaubte (medizinisch notwendige) Leistung eines Dienstleisters im Gesundheitswesen. Dagegen spricht bereits, dass der Verordnungsgeber in § 9 Abs. 1a der Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (GV. NRW. 2020 S. 1044b) in der Fassung der zweiten Änderungsverordnung vom 9. November 2020 (GV. NRW. 2020 S. 1046a) Sportangebote von dem Verbot aus § 9 Abs. 1 CoronaSchVO a. F. ausdrücklich ausgenommen hatte, an denen eine Teilnahme regelmäßig aufgrund einer ärztlichen Verordnung erfolgt (vor allem Rehabilitationssport). Zwar hat der Verordnungsgeber die entsprechende Bestimmung aus der Nachfolgeverordnung durch Art. 1 Nr. 7b der Änderungsverordnung vom 14. Dezember 2020 (GV. NRW. 2020 S. 1122a) aufgehoben. Dass er aber nach der alten Rechtslage Rehabilitationssport als Ausnahme von dem Verbot aus § 9 Abs. 1 CoronaSchVO a. F. geregelt hatte, spricht dafür, dass es auch diesen im Grundsatz dem Freizeit- und Amateursportbetrieb in § 9 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO a. F. zugeordnet hat. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, Dienstleister im Gesundheitswesen dürften ihre Leistungen unabhängig davon erbringen, ob diese verzichtbar seien oder nicht, kann sie daraus für sich nichts herleiten, weil sie nicht als solche zu qualifizieren ist. Ferner entspricht dies auch nicht mehr der aktuellen Rechtslage. Denn auch Dienstleister im Gesundheitswesen dürfen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 CoronaSchVO nur noch medizinisch notwendige Leistungen erbringen.
92. Auch der Vortrag der Antragstellerin, nach § 9 Abs. 1 Satz 2 CoronaSchVO a. F. sei Individualsport allein, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes in einer Einrichtung, die den in § 9 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO genannten ähnlich sei, zulässig (gewesen), greift nicht durch. Aus der Formulierung des § 9 Abs. 1 Satz 2 CoronaSchVO in der aktuell geltenden Fassung geht zweifelsfrei hervor, dass die dort normierte Ausnahme ausschließlich für Tätigkeiten unter freiem Himmel gilt. Auch die in § 9 Abs. 1 Satz 2 CoronaSchVO a. F. gewählte Formulierung „außerhalb geschlossener Räumlichkeiten von Sportanlagen“ meinte jedoch ersichtlich das Betreiben von Sport allein, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes unter freiem Himmel einschließlich auf Sportanlagen im Freien (z. B. Tennisplätzen, Golfplätzen) und nicht auch in geschlossenen Räumen von Fitnessstudios, Schwimmbädern und ähnlichen Einrichtungen (außer Sportanlagen). Diese Differenzierung wäre infektiologisch sinnlos gewesen. Dass der Verordnungsgeber in § 9 Abs. 1 Satz 2 CoronaSchVO a. F. nicht alle Einrichtungen aus Satz 1 erneut auflistet, sondern nur die Sportanlagen nennt, ist Vereinfachungsgesichtspunkten geschuldet. Unter den Begriff der Sportanlage können die weiteren in Satz 1 genannten Einrichtungen auch problemlos gefasst werden. Insoweit ist unschädlich, dass der Verordnungsgeber in Satz 1 nicht deutlich herausgestellt hat, dass die Sportanlage der Oberbegriff für die weiteren genannten Einrichtungen sein soll. Die gewählte Formulierung steht dieser Annahme jedenfalls nicht entgegen.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).