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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
2Die am 15. Oktober 1974 geborene Klägerin steht als angestellte Lehrerin an der G. -M. -Gesamtschule in F. im Dienst des Beklagten. Sie begehrt die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Lehrerin für Sport und Biologie.
3Sie absolvierte ab 1. Mai 2001 den Vorbereitungsdienst in Niedersachsen, in dessen Verlauf sie am 30. Januar 2002 bei einer Fortbildung im Skifahren einen unter dem 3. April 2002 anerkannten Dienstunfall mit Kreuzbandriss (rechts) erlitt, der am 4. Juni 2002 operativ versorgt wurde und zuletzt im Dezember 2002 ärztlich behandelt wurde. Sie bestand in Niedersachsen am 24. März 2003 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Lande Niedersachsen. Unter dem 29. August 2003 erkannte die Bezirksregierung E. die dortige Lehramtsbefähigung als Befähigung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für das Lehramt für die Sekundarstufe I in den Fächern Sport und Biologie an.
4Durch Arbeitsvertrag vom 1. September 2004 wurde die Klägerin ab 6. September 2004 auf unbestimmte Zeit als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis (BAT III) eingestellt. Sie wurde der G. -M. - Gesamtschule in F. zugewiesen. Die dienstliche Beurteilung vom 26. Januar 2005 schließt mit dem Gesamturteil In der Probezeit hat sich Frau T. bewährt."
5Die Bezirksregierung E. beauftragte den Regionspräsidenten der Region I. mit der Erstellung eines amtsärztlichen Zeugnisses. Nach Einholung eines orthopädischen Zusatzgutachtens (Dr. H. vom Gesundheitsamt der Stadt F. vom 3. Dezember 2004) kam das amtsärztliche Zeugnis vom 28. Dezember 2004 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht als tauglich anzusehen sei für die Einstellung als Sportlehrerin in das Beamtenverhältnis auf Probe/Lebenszeit; gegen die Einstellung im Angestelltenverhältnis bestünden jedoch keine Bedenken. Das amtsärztliche Zeugnis gibt außerdem folgende Passage aus dem orthopädischen Zusatzgutachten wieder: Auf absehbare Zeit (die nächsten Monate/Jahre) ist von einer guten bzw. uneingeschränkten Belastbarkeit des Kniegelenkes auszugehen. Es handelt sich aber zweifelsfrei um ein vorgeschädigtes Kniegelenk, bei dem im Vergleich zum nicht beschädigten Gelenk bei einem gesunden Menschen mittel- bis langfristig wieder eher mit einer Behandlungsbedürftigkeit und evtl. auch mit Einschränkungen des Leistungsvermögens gerechnet werden muss. Bei einer Betrachtungsperspektive von 3,5 Jahrzehnten ist daher mit einer mittel- bis langfristigen erneuten Behandlungsbedürftigkeit (entsprechend der Wiederaufnahme der Dienstunfallbehandlung) zu rechnen; insbesondere für sportliche Aktivitäten mit Sprung- und dynamischen Laufbeanspruchungen des Kniegelenkes sind daher langfristig Einschränkungen auch dienstlicher Art zu erwarten."
6Mit Bescheid vom 5. Januar 2005 lehnte die Bezirksregierung E. die Berufung in das Beamtenverhältnis aufgrund der fehlenden gesundheitlichen Eignung ab. Unter dem 21. Januar 2005 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, nach der orthopädischen Zusatzbegutachtung durch Dr. H. sei das jetzige postoperative klinisch- funktionelle Ausheilungsergebnis hervorragend und die Klägerin sei allen Belastungen - auch im derzeitigen Dienst als Sportlehrerin - gewachsen. Der im Widerspruchsverfahren um Stellungnahme gebetene Regionspräsident der Region I. teilte unter dem 3. Mai 2005 mit, dass er dem Widerspruch nicht abhelfen könne, und empfahl eine erneute orthopädische Begutachtung durch das Gesundheitsamt der Stadt F. . Ohne erneute Untersuchung erläuterte Dr. H. sein Gutachten vom 3. Dezember 2004 unter dem 31. Mai 2005 dahin, dass seine Feststellungen zur mittel- bis langfristigen Behandlungsbedürftigkeit eindeutig und abschließend seien. Im Vergleich zu körperlich Gesunden werde es eher zu Degenerationsprozessen des Kniegelenks kommen. Bei der Klägerin seien radiologisch Hinweise für beginnende reaktive Degenerationsprozesse des rechten Kniegelenks festgestellt worden.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2005, zugestellt am 5. Juli 2005, wies die Bezirksregierung E. den Widerspruch zurück. Eine Übernahme in das Beamtenverhältnis sei aufgrund der fehlenden gesundheitlichen Eignung nicht möglich.
8Die Klägerin hat am 3. August 2005 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, es fehle eine Auseinandersetzung mit der spezifischen Tätigkeit eines Sportlehrers. Ein Sportlehrer betreibe keinen Hochleistungssport. Da - im Einklang mit dem Lehrplan Sport - Übungen auch durch Schüler vorgemacht werden könnten, sei die sportliche Belastung eines Sportlehrers nicht höher als die eines Lehrers anderer Fachrichtung. Die Klägerin hält ein weiteres Sachverständigengutachten für erforderlich.
9Die Klägerin beantragt,
10den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 5. Januar 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 zu verpflichten, die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er verweist insbesondere auf den Schweregrad der Vorschädigung und auf die bereits bestehenden Hinweise für Degenerationsprozesse. Dass bisweilen auch Schüler die Übungen vormachten, könne nicht als Maßstab dafür gelten, welchen körperlichen Belastungen Sportlehrer stand halten müssten.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die Personalakte der Klägerin und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Die Klägerin hat weder den mit dem Klageantrag geltend gemachten Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe noch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Verbeamtung und sie wird durch die Ablehnung der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe vom 5. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 4. Juli 2005 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).
18Einem Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG), § 5 Abs. 1 Nr. 3 a und § 7 Landesbeamtengesetz (LBG), § 2 Laufbahnverordnung NRW (LVO) steht die fehlende gesundheitliche Eignung der Klägerin entgegen.
19Die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin nach der amtsärztlichen Untersuchung nicht mehr für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in Betracht zu ziehen, unterliegt dem Prinzip der Bestenauslese. Hiernach hat der Dienstherr zu prüfen, ob die Bewerberin Eignung, Befähigung und fachliche Leistung für die Stelle aufweist. Zu diesen Anforderungen gehört auch die gesundheitliche Eignung der zukünftigen Beamtin.
20Die Entscheidung über die Einstellung als Beamtin in den öffentlichen Dienst liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die in diesem Rahmen vorzunehmende Beurteilung u.a. der nach § 7 LBG erforderlichen gesundheitlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Er ist vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Es ist dem Ermessen des Dienstherrn überlassen, in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist. Insoweit bleibt es auch Sache des Dienstherrn, darüber zu befinden, welche Anforderungen er an die Eignung in gesundheitlicher Hinsicht stellt.
21Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 - Buchholz 237.7 § 7 LBG Nr. 6; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein - Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 10. April 2001 - 6 E 684/00 -; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Auflage, Rn. 181; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 8 BBG Rn. 17.
22Die gesundheitliche Eignung kann schon dann nicht festgestellt werden, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147, 149; Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 A 5.00 - ZBR 2002, 184; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. Dezember 2005 - 1 K 6123/01 - NRWE; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 7 LBG, Rn. 87; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 8 BBG, Rn. 17.
24Die von dem Beklagten getroffene Entscheidung, bei der Einstellung von Beamten im Rahmen der vorzunehmenden Risikoprognose Faktoren wie orthopädische Vorschädigungen, die erst in der Zukunft zu akuten Erkrankungen und möglicherweise zur Dienstunfähigkeit führen können, mit zu berücksichtigen, stellt sich nicht als ermessensfehlerhaft dar.
25Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beamtin diese Umstände dann nicht mehr entgegengehalten werden können, wenn sie in Kenntnis dieser Risikofaktoren in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde und über die Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu entscheiden ist, ohne dass es innerhalb der Probezeit zu einer einschlägigen konkreten Erkrankung gekommen ist.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147; VGH Baden - Württemberg, Urteil vom 21. Februar 1995 - 4 S 66/94 -, NVwZ - RR 96, 454ff.
27Der Klägerin fehlt die gesundheitliche Eignung wegen der Schädigung ihres rechten Knies. Bei ihr ist wegen der Knieschädigung die Möglichkeit künftiger Erkrankungen nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die von der Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 28. Dezember 2004 konkret für die Klägerin getroffene Aussage, dass aufgrund der Knieschädigung eine positive Prognose nicht möglich ist, ist nicht zu beanstanden. Die Amtsärztin formuliert ausdrücklich, dass die Klägerin gesundheitlich nicht tauglich ist für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe und auf Lebenszeit. Dabei nimmt die Amtsärztin gerade die Verwendung als Sportlehrerin in den Blick. Das amtsärztliche Zeugnis ist hinsichtlich der Feststellung des Ergebnisses eindeutig. Es wird durch die eigene Stellungnahme der Amtsärztin vom 3. Mai 2005, die eine erneute Begutachtung durch einen Orthopäden empfiehlt, nicht durchgreifend erschüttert. Denn diese ergänzende Stellungnahme beruht auf einem fehlsamen Verständnis des orthopädischen Zusatzgutachtens vom 3. Dezember 2004. Ebenfalls unschädlich ist es, dass das amtsärztliche Zeugnis vom 28. Dezember 2004 nicht selbst die Herleitung des mitgeteilten Ergebnisses liefert. Denn diese Herleitung ist in dem orthopädischen Zusatzgutachten vom 3. Dezember 2004 enthalten. Insgesamt wird das amtsärztlich festgestellte Ergebnis inhaltlich getragen von den beiden Stellungnahmen des Orthopäden des Gesundheitsamtes F. vom 3. Dezember 2004 und 31. Mai 2005.
28Bereits in seinem Zusatzgutachten vom 3. Dezember 2004 stellt Dr. H. langfristig Behandlungsbedürftigkeit und Einschränkungen dienstlicher Art fest. Derartige Einschränkungen bestehen insbesondere" bei sportlichen Aktivitäten mit Sprung- und dynamischen Laufbeanspruchungen des Kniegelenks. Damit sind bestimmte sportliche Beanspruchungen hervorgehoben, aber dies bedeutet nicht, dass sich die dienstlichen Einschränkungen auf diesen Bereich beschränken; vielmehr rechnet der Gutachter auch mit dienstlichen Einschränkungen in anderen Bereichen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31. Mai 2005 erläutert Dr. H. seine Feststellungen dahin, dass langfristig neben Behandlungsbedürftigkeit und Beschwerden auch funktionelle Beeinträchtigungen und Belastungseinschränkungen dienstlicher Art auftreten werden. Diese Erläuterung, die er in Kenntnis der Widerspruchsbegründung vom 6. April 2005 und dem darin hervorgehobenen dienstlichen Zusammenhang bis zum Erreichen des Ruhestandsalters abgegeben hat, lässt erkennen, dass der Gutachter nicht nur von einem Behandlungsbedarf ausgegangen ist, der ohne Beeinträchtigung des Dienstes als Sportlehrerin abgedeckt werden kann, sondern von künftigen Erkrankungen, die so erheblich sind, dass sie nennenswerte Auswirkungen auf die dienstliche Funktion als Sportlehrerin haben. Derartige zu erwartende Erkrankungen, die zu einem erheblichen Fernbleiben vom Dienst als Sportlehrerin führen, reichen aus, um die gesundheitliche Eignung zu verneinen; die Alternative der zu befürchtenden vorzeitigen Dienstunfähigkeit muss nicht erfüllt sein.
29Vgl. zu krankheitsbedingten Eignungsmängeln: BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 A 5.00 - ZBR 2002, 184.
30Den Feststellungen des Dr. H. ist zu folgen. Denn er hat sich detailliert, auf den Einzelfall der Klägerin bezogen sowie die Anforderungen an eine Sportlehrerin berücksichtigend, widerspruchsfrei und damit insgesamt überzeugend geäußert. Die Feststellungen beruhen auf der besonderen Fachkunde des Gutachters auf seinem ärztlichen Spezialgebiet und auf der Fachkunde des Amtsarztes gerade betreffend die Anforderungen des öffentlichen Dienstes. Die generell problematische Perspektive nach einem Kreuzbandriss manifestiert sich individuell bei der Klägerin bereits durch radiologisch dokumentierte Hinweise auf beginnende Degenerationsprozesse, die der Gutachter im Einzelnen bezeichnet und als Folge der unfallbedingten Knieschädigung bewertet hat. Diese Feststellungen des Dr. H. hat die Klägerin nicht angegriffen, so dass ein weiteres Sachverständigengutachten nicht einzuholen ist (vgl. § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Die Frage, ob außer dem Kreuzbandriss und den darauf beruhenden degenerativen Veränderungen auch ein Meniskusschaden vorliegt, bedarf angesichts dieses Befundes keiner abschließenden Klärung im vorliegenden Verfahren.
31Ob die Klägerin die gesundheitliche Eignung als Lehrerin für andere Fächer als Sport erfüllt, ist vorliegend unmaßgeblich. Der Dienstherr konkretisiert - wie bereits ausgeführt - die Eignungsanforderungen für die von ihm zu vergebenden Ämter. Er braucht sich nicht einschränken zu lassen hinsichtlich der Verwendungsbreite von Lehrern, die - aus gesundheitlichen Gründen nach einigen Jahren - nur noch eines ihrer beiden Fächer unterrichten können oder im Sportunterricht nicht mehr das volle Anforderungsprofil erfüllen.
32Darauf, ob die Klägerin derzeit die Anforderungen an eine Sportlehrerin erfüllt, kommt es für die hier zu überprüfende Entscheidung des Beklagten nicht an, da es sich - wie bereits dargestellt - um eine Prognoseentscheidung und nicht um eine Bewertung des derzeitigen Zustandes handelt.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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