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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist eine Fischereigenossenschaft i.S.v. § 22 Abs. 1 LFischG NRW, die nach § 2 der Genossenschaftssatzung u.a. die Fischereirechte für die Weser zwischen N. und der Landesgrenze bei T. sowie für weitere benachbarte Gewässer umfasst. Sie verpachtet diese Fischereirechte zum einen an die Berufsflussfischerei Reiter, zum anderen an diverse Angel- oder Sportfischereivereine. Zum Schutz der Fischbestände ihrer Gewässer plant sie Maßnahmen zur Vergrämung von Kormoranen im Bereich des EU-Vogelschutzgebietes "Weseraue".
3Mit Schreiben vom 12.08.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten unter Nr. 1 (letale Vergrämung) für den Abschuss von Kormoranen innerhalb von Naturschutzgebieten im Bereich des EU-Vogelschutzgebietes "Weseraue" die Erteilung zum einen einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. einer artenschutzrechtlichen Befreiung nach § 62 BNatSchG und zum anderen die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung von den entgegen stehenden Verboten der einschlägigen Naturschutzgebietsverordnungen (NSG-VO) nach § 69 LG NRW. Dabei grenzte sie den zur Genehmigung gestellten Abschuss räumlich und zeitlich wie folgt ein: a) im NSG "Weseraue": auf Flächen, die in der VO als "vegetationskundlich bedeutsame Flächen" und "Randzone" bzw. als Flächen ohne jagdliche Beschränkungen ausgewiesen sind in der Zeit vom 16.09. bis zum 15.02.; auf Flächen mit zeitweisem Jagdverbot gem. § 3 Abs. 2 Buchst. w Nr. 2 VO in der Zeit vom 16.09. bis zum 31.10.; ausnahmsweise im Bereich unterhalb der Staustufe T. bis Strom-km 237,5 in der Zeit vom 16.09. bis zum 15.02.; b) im NSG "Staustufe T. ": oberhalb der Staustufe bis Strom-km 236,0 sowie an dem in § 7 Buchst. e VO bezeichneten Gewässer in der Zeit vom 16.09. bis zum 15.02.; c) im NSG " Mittelweser": in der Zeit vom 16.09. bis zum 15.02.
4Unter Nr. 2 ihres Antrags beantragte sie für die Vergrämung von Kormoranen mittels Lasergerät oder anderen nicht-letalen Mitteln (nicht-letale Vergrämung) im Naturschutzgebiet "M. Marsch" die Erteilung zum einen einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG bzw. einer Befreiung nach § 62 BNatSchG sowie zum anderen einer naturschutzrechtlichen Befreiung nach § 69 LG NRW. Die Vergrämung soll danach in der Zeit vom 16.02. bis zum 31.05 erfolgen, und zwar sobald Kormorane mit dem Nestbau oder der Balz beginnen, längstens jedoch bis zum Schlupf von Jungvögeln.
5Neben weiteren Naturschutzgruppen und -verbänden, die vom Beklagten um Stellungnahme zu diesem Antrag gebeten worden waren, äußerte sich der NABU-Kreisverband N. -M1. dahingehend, dass die beantragte Befreiung zu versagen sei.
6In seiner Sitzung vom 29.09.2008 sprach sich der Beirat der Unteren Landschaftsbehörde des Beklagten mehrheitlich gegen den Antrag der Klägerin aus.
7Mit Schreiben vom 02.10.2008 nahm das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) dahingehend Stellung, dass es aus artenschutzfachlicher und artenschutzrechtlicher Sicht einem Abschuss von Kormoranen bzw. einer Auflösung der Brutkolonie im EU-Vogelschutzgebiet "Weseraue" nicht zustimmen könne. Entscheidend für eine Zulassung von Abschüssen innerhalb von Schutzgebieten sei nach dem Ministerialerlass vom 20.12.2007 die Frage, ob das Ziel der Kormoran-VO - Schutz der Fischbestände und der Fischereiwirtschaft durch Reduktions- und Vergrämungsabschüsse von Kormoranen - nicht schon außerhalb der in Rede stehenden Schutzgebiete erreicht werden könne. Entsprechende Maßnahmen und ihre Auswirkungen habe die Klägerin nicht dargelegt. Außerhalb des EU-Vogelschutzgebietes liegende Abgrabungsgewässer und Flussabschnitte stünden den Kormoranen als Nahrungsgewässer zur Verfügung. Über die in den letzten zwei Jahren vorgenommenen Vergrämungsmaßnahmen in diesem Bereich lägen zwar Abschussstatistiken vor, fachlich prüfbare Unterlagen fehlten jedoch. Die Aussage der Klägerin, das Ziel der Kormoran-VO könne nicht auch schon außerhalb des EU-Vogelschutzgebietes erreicht werden, werde weder belegt noch erläutert. Darüberhinaus würde der Schutzzweck des EU-Vogelschutzgebietes erheblich beeinträchtigt, weil rastende und überwinternde Wat- und Wasservögel verschiedener besonders zu schützender Arten sehr sensibel auf Störungen durch Jagd reagierten. Die im Antrag vorgenommene Differenzierung in Teilflächen unterschiedlicher Naturschutzbedeutung sei vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des EU-Vogelschutzgebietes nicht zielführend. Die Nutzungsdichte durch wertgebende Vogelarten sei in den Teilbereichen zwar unterschiedlich, aber überall so groß, dass Störungen durch zusätzliche Jagdausübung für Rast und Überwinterung der Arten relevant seien.
8Mit Bescheid vom 06.10.2008 versagte der Beklagte sowohl die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG i.V.m. § 6 Nr. 1 Kormoran-VO als auch einer artenschutzrechtlichen Befreiung nach § 62 BNatSchG zur letalen bzw. nicht letalen Vergrämung von Kormoranen im EU-Vogelschutzgebiet Weseraue. Den weitergehenden Antrag auf Befreiung von den Verbotsbestimmungen der NSG-Verordnungen sah sie deshalb als gegenstandslos an.
9Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 06.11.2008 Klage im Parallelverfahren (Az. 1 K 3208/08) und mahnte im Rahmen der Klagebegründung eine Entscheidung des Beklagten auch über die beantragte Befreiung von den Verbotsbestimmungen der NSG-Verordnungen an.
10Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 25.02.2009 lehnte der Beklagte auch die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung auf der Grundlage von § 69 LG NRW ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von den einschlägigen Verbotsnormen der Schutzgebietesverordnungen bzw. hinsichtlich des NSG "Mittelweser" von dem nach § 42 e LG NRW geltenden Veränderungsverbot nicht vorlägen. Die Durchführung der Verbote führe nicht zu einer nicht beabsichtigten Härte, weil der Verordnungsgeber mit diesen Verboten gerade beabsichtigt habe, Beeinträchtigungen insbesondere der Vogelwelt zu vermeiden. Aber selbst wenn man im Hinblick auf neuere Erkenntnisse und Entwicklungen, wie sie in der Kormoran-VO zum Ausdruck kämen, eine nicht beabsichtigte Härte annähme, wäre eine Befreiung nicht mit den sich vorrangig auf den Vogelschutz beziehenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren. Die fraglichen Naturschutzgebiete, die zugleich auch Teil eines festgesetzten EU-Vogelschutzgebiets sowie eines international bedeutsamen Feuchtgebietes nach der "Ramsar"- Konvention seien, seien für den Vogelschutz von herausragender Bedeutung. Soweit in den Naturschutzgebieten die Jagd zugelassen und damit einhergehende Einwirkungen toleriert würden, seien diese im Hinblick auf den Vogelschutz gerade noch vertretbar. Jede weitere Störung würde insoweit den Rahmen des äußerstenfalls Hinnehmbaren sprengen. Die Versagung der Befreiung führe auch nicht zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft. Letztlich lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung erforderten. Aus den im Bescheid vom 06.10.2008 genannten Gründen müssten die Belange der Fischereiwirtschaft und des Fischartenschutzes hinter die ebenfalls vom Gemeinwohl getragenen Schutzziele der Naturschutzgebiete, hier explizit des Vogelschutzes, zurücktreten.
11Hiergegen hat die Klägerin am 23.03.2009 Klage erhoben.
12Zur Begründung trägt sie vor, der Bescheid vom 25.02.2009 sei rechtswidrig, weil der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen und dabei auch die von ihm unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsausgleichs vorzunehmende Gesamtabwägung der konkret betroffenen öffentlichen und privaten Interessen nicht sachgerecht bzw. fehlgewichtet vorgenommen habe.
13Da - wie im Verfahren 1 K 3208/08 vorgetragen - sowohl öffentliche Interessen im Sinne von § 43 Abs 8 Sätze 1 und 2 BNatSchG als auch die durch Art. 14 GG geschützten Fischereirechte der Klägerin für eine Befreiung stritten und der Antrag der Klägerin unter Würdigung der Bedeutung der Schutzziele der Schutzgebietsverordnungen die letale Vergrämung an sehr enge örtliche und zeitliche Beschränkungen gebunden habe, müsse man zu dem Ergebnis gelangen, dass auch die naturschutzrechtliche Ausnahme bzw. Befreiungen zu Unrecht versagt worden seien. Dies gelte insbesondere für den Bereich des NSG "Weseraue", weil der Beklagte hier die spezielle Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 1 NSG-VO für Flächen in der Randzone außer Acht gelassen habe.
14Auch die weitere Begründung, die vom Schussknall ausgehende mittelbare Störung anderer durch das EU-Vogelschutzgebiet geschützter Vogelarten sei nicht hinnehmbar, erweise sich nicht als tragfähig. Die Annahme des Beklagten, es sei in der wissenschaftlichen Literatur belegt, dass die Ausübung der Jagd Störungen bei Vögeln verursache und zur Vertreibung von Arten, zur Erhöhung der Fluchtdistanz, zur Erschwerung der Nahrungsaufnahme bei erhöhtem Energiebedarf und zu einer Verschlechterung der physiologischen Konstitution führe, sei nach der von der Klägerin vorgelegten Fachliteratur so nicht haltbar. Ließen sich danach signifikante negative Auswirkungen jagdbedingter Störungen nicht belegen, so könnte gleichwohl Veränderungen im Verhalten und in der Verteilung von Wasservögeln durch geeignete Minimierungsmaßnahmen entgegen gewirkt werden.
15Aber auch dann, wenn von einer signifikanten Steigerung des Störungspotentials auszugehen sei, hätte der Beklagte eine Befreiung in Erwägung ziehen und erteilen müssen. Denn im Hinblick darauf, dass in diesem Einzelfall sowohl öffentliche als auch private Interessen eine letale Vergrämung von Kormoranen und damit zwangsläufig verbundene Störungen anderer Vogelarten rechtfertigten, würde es eine unbillige Härte darstellen, wenn das in den NSG-VO festgelegte flächendeckende, generelle Störungsverbot ausnahmslos aufrecht erhalten bliebe. Darüberhinaus spreche in Anbetracht der fehlenden nennenswerten Beeinträchtigung anderer Vogelarten vieles dafür, dass auch die beiden weiteren Befreiungstatbestände des § 63 Abs. 1 LG NRW bejaht werden könnten.
16Auch die von der Klägerin beantragte Befreiung von den Verboten der einschlägigen NSG-VO "M. Marsch" zur nicht-letalen Vergrämung mittels Laserstrahl sei in ermessenswidriger Weise abgelehnt worden. Die Befreiung sei zu erteilen, obwohl der Kormoran gemäß § 2 Abs 1 Buchst. d) der NSG-VO als regelmäßig vorkommender Zugvogel geschützt werden solle, da sich die zu Grunde liegende Beurteilung zur Schutzbedürftigkeit des Kormoran - wie sich auch aus dem Erlass des MUNLV vom 20.12.2007 ergebe - mittlerweile geändert habe und ein Management zur Reduzierung von Kormoranschäden auch in Schutzgebieten geboten erscheine. Im vorliegenden Fall solle dies unter Einsatz eines milderen Mittels und ohne Beeinträchtigung anderer Vogelarten geschehen.
17Die Klägerin beantragt,
18den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25.02.2009 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 12.08.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu entscheiden.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er meint, die Ablehnung der naturschutzrechtlichen Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW sei zu Recht erfolgt. Die Klagebegründung laufe weitgehend ins Leere, weil er mangels erfüllter Tatbestandsvoraussetzungen Ermessen gar nicht ausgeübt habe. Soweit in den Schutzgebietsverordnungen die ordnungsgemäße Jagdausübung zugelassen worden sei, werde damit unter Abwägungsgesichtspunkten das im Hinblick auf den Vogelschutz im äußersten Fall Hinnehmbare toleriert. Die Störungen durch die Kormoranvergrämung kämen noch hinzu, was auf Grund der ohnehin hohen Belastung nicht vertretbar sei.
22Der Beigeladene beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er meint, die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig, soweit sie der Geltendmachung von Rechten der Pächter der Klägerin diene, da die Klägerin gemäß § 22 Abs. 1 LFischG NRW lediglich die Fischereirechte ihrer Mitglieder und deren wirtschaftliche Nutzung geltend machen könne.
25Die Klage sei außerdem unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Tötungs- und Störungsverboten der NSG-VO habe. Diese Verbote umfassten in allen Schutzgebieten auch den Kormoran.
26Darüberhinaus verstoße die letale Vergrämung des Kormoran in der Zeit vom 16.09. bis zum 15.02. auch im Hinblick auf andere besonders wertvolle Vogelarten - zu nennen seien insbesondere Sing- und Zwergschwan, arktische Gänse und nordische Entenarten - gegen das Tötungs- und Störungsverbot, zum einen durch die Verwechselungsgefahr, zum anderen durch die Scheuchwirkungen des Schussknalls. Ein Abschuss von Kormoranen würde den dort ruhenden oder Nahrung suchenden Schwänen, Gänsen und Enten den Eindruck einer jagdlichen Nutzung über das gesamte Winterhalbjahr hinweg vermitteln. Dies entwerte die Schutzgebiete gerade für die nordischen Zugvogelarten. Die zu erwartende Störungsintensität sei nach dem Antrag nicht genau zu bestimmen, da die zum Einsatz kommenden Mittel nicht genau bezeichnet seien. Es sei allerdings von einer regelmäßigen Bejagung auszugehen, da einerseits die Vergrämer bestrebt seien, anfangs einen hohen Vergrämungseffekt zu erzielen und andererseits der Vergrämungseffekt gegen nachziehende Kormorane aufrecht zu erhalten sei. Tötungs- und Störungsverbote würden ferner nicht dadurch unbeachtlich, dass nur ein begrenzter Flächenanteil des gesamten Vogelschutzgebietes "Weseraue" in Anspruch genommen werde. Zum einen komme es nicht auf die Erheblichkeit der Beeinträchtigung für das gesamte Vogelschutzgebiet an. Zum anderen werde insofern nicht nur ein kleiner Teil in Anspruch genommen, als die abrupt auftretenden Schussgeräusche sofort das gesamte Gebiet in einem Umkreis von etwa 1 km beeiflussten. Hinzu komme noch die aus Tierschutzgründen zwingend erforderliche Nachsuche, was ein großräumiges Absuchen des Gebiets durch den Schützen und etwaige Helfer sowie durch Hunden mit sich bringe.
27Die Befreiungsvoraussetzungen des § 69 LG NRW lägen nicht vor. Überwiegende, eine Befreiung erfordernde Allgemeinwohlgründe seien nicht ersichtlich. Es fehle auch an einer nicht beabsichtigten Härte zu Lasten der Klägerin. Die Durchführung der Verbote hindere die Klägerin nicht, die Fischereirechte ihrer Mitglieder durch Abschluss von Pachtverträgen nach Maßgabe des § 13 LFischG NRW wahrzunehmen. Etwaige Wertminderungen bei den Fischereirechten beträfen nicht die Klägerin, sondern nur deren Mitglieder. Gleiches gelte für Einbußen bei Pächtern. Jedenfalls wäre - wenn man dennoch eine Härte für die Klägerin annähme - eine solche nicht unbeabsichtigt. Denn für den Verordnungsgeber sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass die angestrebte Entwicklung des Gebiets zu Gunsten von Wasservogelpopulationen zu einem verstärkten Fraß von Fischen im Gebiet selbst und in anderen benachbarte Gewässern führen würde. Fischarten würden daher in keiner der Verordnungen um ihrer selbst Willen besonders geschützt. Das in den Verordnungen geregelte Angelverbot diene der Sicherung einer Nahrungsgrundlage zu Gunsten der Vogelarten.
28Die Durchführung der Tötungs- und Störungsverbote führe schließlich auch nicht zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft im Sinne von § 69 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) bb) LG NRW. Der Schutz heimischer Fischarten sei gerade kein besonderer Schutzzweck der hier betroffenen Naturschutzgebiete. Abgesehen davon könne sich die Klägerin nicht auf einen rein naturschützenden Grund berufen.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten 1 K 774/09 und 1 K 3208/09 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage hat keinen Erfolg.
32Sie ist in der Sache nicht begründet, weil der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 25.02.2009 die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat insoweit keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags vom 06.10.2008, § 113 Abs. 5 VwGO.
33Mit Blick auf die Befreiungstatbestände des § 69 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) bb) und b) LG NRW scheidet eine Verletzung von Rechten der Klägerin bereits deshalb aus, weil diese Vorschriften ausschließlich dem Schutz öffentlicher Belange zu dienen bestimmt sind.
34Hinsichtlich des Befreiungstatbestands des § 69 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) aa) LG NRW liegen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann die untere Landschaftsbehörde von den Verboten dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auf Antrag eine Befreiung erteilen, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist.
35Die beantragte letale Vergrämung von Kormoranen ist nach dem jeweiligen § 3 Abs. 2 Buchst. f der NSG-Verordnungen "Weseraue", "Staustufe T. " und "Mittelweser" verboten. Nach diesen Bestimmungen ist es u.a. untersagt, wild lebende Tiere zu töten, zu verletzen oder mutwillig zu beunruhigen. Zudem ergibt sich aus § 48 c Abs. 5 Nr. 2 und 3 LG NRW zum einen das Verbot, Brut-, Rast- und Schlafplätze der in Anhang I sowie in Art. 4 Abs. 2 der VRL genannten Arten zu beeinträchtigen, sowie zum anderen, die vorgenannten rastenden und brütenden Vogelarten zu vertreiben.
36Es ist bereits fraglich, ob die Durchführung dieser Verbote zu einer nicht beabsichtigten Härte für die Klägerin führt. Abgesehen davon, dass die konkreten Auswirkungen des Kormoranfraßes auf die Fischbestände in den Gewässern der Klägerin nicht geklärt sind - diesbezüglich wird auf die Ausführungen der Kammer im Parallelverfahren 1 K 3208/08 betreffend die "erheblichen fischereiwirtschaftlichen Schäden" i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG Bezug genommen -, verbleiben selbst dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin eine erhebliche, nachweislich durch Kormoranfraß verursachte Verringerung der Pachterträge aus den betroffenen Gewässern unterstellt, Zweifel, ob dies für die Klägerin als Fischereigenossenschaft oder für ihre Mitglieder - im Wesentlichen öffentlich-rechtliche Körperschaften - als Härte im Sinne dieser Vorschrift qualifiziert werden kann. Desweiteren können derartige Schäden auch nicht ohne weiteres als unbeabsichtigte Folge der Tötungs- und Störungsverbote angesehen werden, da Einbußen am Fischbestand im Bereich der Schutzgebiete eine für den Verordnungsgeber vorhersehbare Konsequenz des Vogelschutzes sein dürfte.
37Diese Fragen bedürfen in diesem Verfahren jedoch keiner abschließenden Klärung, weil es jedenfalls an der Vereinbarkeit einer Befreiung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege fehlt. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf ihre Ausführungen im Parallelverfahren 1 K 3208/08 betreffend die fehlende Einhaltung des Verschlechterungsverbotes aus Art. 13 VRL und § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG. Solange die Wahrung dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe nicht durch eine fachlich fundierte Prüfung der Auswirkungen eines notwendigerweise intensiven Kormoranabschusses in den Naturschutzgebieten auf die anderen dort vorkommenden besonders geschützten Vogelarten gesichert ist, stehen der Erteilung einer Befreiung Naturschutzbelange entgegen. Gleiches gilt, soweit die Klägerin für die nicht-letale Vergrämung der Kormorane eine Befreiung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) aa) LG NRW vom Verbotstatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 7 NSG-VO "M. Marsch" begehrt, demzufolge es u.a. verboten ist, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen sowie deren Eier zu beschädigen.
38Dementsprechend kann die Klägerin auch keine Ausnahme nach § 5 NSG-VO "Weseraue" beanspruchen, weil auch diese nur bei Vereinbarkeit mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erteilt werden kann.
39Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kammer hat es für billig angesehen, die Klägerin auch mit den außergerichtlichen Kosten des nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beigeladenen Naturschutzverbandes zu belasten.
40Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.