Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger ist als selbständiger Apotheker Mitglied der Beklagten. Er betreibt in N1. und Umgebung vier Apotheken, davon die L2. Apotheke in N1. als Hauptapotheke (Hauptapotheke) sowie drei weitere Filialapotheken (T. Apotheke in N1. , Apotheke N2. und Apotheke im Q. N2. in Q. X. ). Die straßengebundenen Entfernungen zwischen den einzelnen Apotheken des Klägers betragen nach Berechnungen der Beklagten zwischen 1,8 km und 7,4 km.
3Mit bestandskräftigen Bescheiden vom 06.11.2011 regelte die Beklagte die Notdienstbereitschaft der Apotheken des Klägers in der Weise, dass jede der vier Apotheken unterschiedslos zum Notdienst herangezogen wurde. Entsprechende Regelungen traf die Beklagte für das Jahr 2013 mit Bescheiden vom 02.07.2012. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 1 bis 31 der Beiakte I Bezug genommen.
4Am 31.07.2012 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er der Sache nach die Verpflichtung der Beklagten unter Aufhebung etwaig entgegenstehender Bescheide begehrt, die Heranziehung zum Notdienst der von ihm betriebenen Apotheken in der Weise zu gestalten, dass die auf seine Apotheken entfallenden Notdienste ausschließlich von der Hauptapotheke wahrgenommen werden.
5Einen nach Klageerhebung vom Kläger gestellten Antrag, seine Filialapotheken entsprechend seinem Klagebegehren von der Dienstbereitschaft zu befreien, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.12.2012 ab. Eine Befreiung der drei Filialapotheken von der Notdienstbereitschaft bei gleichzeitiger Übernahme dieser Notdienstbereitschaftszeiten durch die Hauptapotheke komme nicht in Betracht.
6Mit Bescheiden vom 03.01.2013 wies die Beklagte der vom Kläger betriebenen T. Apotheke sowie der Hauptapotheke des Klägers weitere Notdienste für das Jahr 2013 zu.
7Am 18.01.2013 hat der Kläger den Ablehnungsbescheid vom 19.12.2012 zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens gemacht. Die Bescheide vom 03.01.2013 führte er am 04.02.2013 in das Verfahren ein.
8Mit Bescheiden vom 01.07.2013 widerrief die Beklagte ihre Bescheide vom 06.09.2011 hinsichtlich der Regelung der Dienstbereitschaften der von dem Kläger betriebenen Apotheken mit Wirkung zum 01.01.2014 und regelte die Notdienstbereitschaft der klägerischen Apotheken für das Jahr 2014 erneut in der Weise, dass die Apotheken unterschiedslos zum Notdienst herangezogen wurden. Diese Bescheide hat der Kläger am 29.07.2013 zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.
9Unter dem 27.01.2014 wies die Beklagte der vom Kläger betriebenen Apotheke N2. einen weiteren Notdienst für das Jahr 2014 zu. Diesen Bescheid hat der Kläger am 13.02.2014 in das Verfahren eingeführt.
10In der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2014 haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend als erledigt erklärt, als Streitgegenstrand die Ableistung von Notdiensten in den Jahren 2012 und 2013 war.
11Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren um die Neugestaltung des Notdienstes seiner Apotheken für das Jahr 2014 weiter. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass er die seinen Apotheken auferlegte Dienstbereitschaft erfüllen wolle. Er wolle nicht weniger „Dienste“ leisten als andere Apotheker. Er wolle diese Dienste lediglich durch seine Hauptapotheke erbringen. Dadurch trete keine Benachteiligung seiner Wettbewerber ein. Wesentlicher Grund für sein Begehren sei, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen und zu verbessern. Als Apotheker obliege ihm die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Das ergebe sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG). Aus diesem Sicherstellungsauftrag folge sein Recht, im Kontext mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen eine für die arzneisuchende Bevölkerung verbesserte Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zu erreichen. Auch die Beklagte sei in den Sicherstellungsauftrag eingebunden, deshalb dürfe sie diesen Auftrag nicht zu restriktiv auslegen. Selbst das Bundesgesundheitsministerium habe in einer Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass keine durchgreifenden Argumente gegen die Möglichkeit einer Verlagerung der Notdiensterbringung zwischen den Apotheken eines Filialverbundes bestünden, sofern die Arzneimittelversorgung nicht beeinträchtigt sei. Dass jede Haupt- oder Filialapotheke als sog. „Vollapotheke“ auch im Einzelnen Notdienste übernehmen müsse, sei definitiv kein Selbstzweck. Die Weigerung der Beklagten, die auf seine Apotheken entfallenden Notdienste durch die Hauptapotheke erbringen zu können, stelle einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG dar, der durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls nicht zu rechtfertigen sei. Das zu schützende Gemeinschaftsgut, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, werde durch sein Vorhaben gerade nicht beeinträchtigt. Es gehe vielmehr darum, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sogar noch über den üblichen Standard hinaus zu verbessern, denn die Hauptapotheke verfüge über einen erhöhten Warenbestand, d.h. dort würden Medikamente vorgehalten, welche in den Filialapotheken nicht ständig vorgehalten würden. Hinzu komme, dass seine Apotheken räumlich derart eng beieinander lägen, dass sie von den Arzneimittelsuchenden in zumutbarer Weise aufgesucht werden könnten. Letztlich könne die Beklagte für ihre Haltung lediglich standespolitische und besitzstandswahrende Argumente vorbringen, die einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit eben nicht rechtfertigten.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 01.07.2013 und vom 27.01.2014 zu verpflichten, die von ihm als Filialapotheken betriebenen Apotheken „T. Apotheke“ in N1. , „Apotheke N2. “ und „Apotheke im Q. N2. “, jeweils in Q. X. , für das Jahr 2014 in der Weise von der Dienstbereitschaft zu befreien, als die diesen Apotheken zugewiesenen Notdienste von der als Hauptapotheke vom Kläger betriebenen „L2. Apotheke“ wahrgenommen werden,
14hilfsweise,
15die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung führt sie aus, gemäß § 1 Abs. 1 ApoG obliege den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und zwar rund um die Uhr. Darauf aufbauend ordne § 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (ApBetrO) als typische Berufspflicht des Apothekers an, dass Apotheken ständig, also jederzeit dienstbereit sein müssten. Die Regelung des Apothekennotdienstes werde nach der gesetzgeberischen Konzeption über ein System wechselnder Befreiung von der Dienstbereitschaft organisiert. Die von ihr für das Jahr 2014 getroffenen Regelungen zur Dienstbereitschaft der klägerischen Apotheken beruhten auf sachgerechten Erwägungen, sie seien nicht unverhältnismäßig oder gar willkürlich und verletzten den Kläger als Berufsausübungsregelung insbesondere nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG. Bei der Einteilung der Apotheken zum Apothekennotdienst differenziere sie nicht zwischen Haupt- und Filialapotheken, wobei darauf hinzuweisen sei, dass der Gesetzgeber zwar 2004 das Mehrbesitzverbot durch die Zulassung von bis zu drei Filialapotheken gelockert habe, nicht aber die Anforderungen an die Vorhaltungspflichten und die notwendigen Einrichtungen der Apotheken zur Wahrnehmung des Notdienstes. Vor allem habe der Gesetzgeber die Pflicht zur Dienstbereitschaft und die Befreiungsmöglichkeiten nach § 23 ApBetrO in Bezug auf die Filialapotheken bewusst unverändert gelassen. Der Gesetzgeber gehe mithin nach wie vor davon aus, dass jede Apotheke als „Vollapotheke“ alle Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung nicht nur formal erfüllen, sondern auch tatsächlich wahrnehmen solle. Diese Grundentscheidung des Verordnungsgebers habe sie zu beachten und mit der streitgegenständlichen Notdiensteinteilung auch rechtmäßig umgesetzt. Zwar werde der Kläger durch die vorgenommene Einteilung zum Notdienst in seiner Berufsausübung beeinträchtigt; diese Beeinträchtigung sei jedoch durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Aufteilung des Notdienstes diene dem Gebot der Gleichbehandlung durch eine gerechte Verteilung der Belastungen des Notdienstes auf die Apotheken und ihr Personal, der gleichmäßigen Verteilung der Notdienstapotheken im zu versorgenden Gebiet und damit der gleichmäßigen Begünstigung aller Einwohner im Gebiet sowie dem Leitbild der Apothekenbetriebsordnung, die jede Apotheke verpflichte, die notwendigen Arzneimittel und Einrichtungen bereitzuhalten, um die Verpflichtung zur Gewährleistung einer Arzneimittelabgabe außerhalb der üblichen Öffnungszeiten sicherzustellen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte zum Verfahren 7 L 35/13 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
20Entscheidungsgründe:
21Soweit die Parteien das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war es in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
22Im Übrigen ist die Klage zulässig.
23Dabei versteht die Kammer das Begehren des Klägers dahingehend, dass er die Verpflichtung der Beklagten unter Aufhebung etwaig entgegenstehender Bescheide begehrt, den Notdienst betreffend die von ihm betriebenen Apotheken im Kalenderjahr 2014 in der Weise zu gestalten, dass die auf seine Apotheken entfallenden Notdienste ausschließlich durch seine Hauptapotheke wahrgenommen werden. Die insoweit erfolgte Klageerweiterung ist sachdienlich, zudem hat sich die Beklagte auf sie eingelassen.
24Die Klage ist jedoch unbegründet.
25Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den Notdienst für seine Apotheken so wie von ihm begehrt zu gestalten. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise über das Begehren des Klägers entschieden. Deshalb kommt auch eine Verpflichtung zur Neubescheidung nicht in Betracht.
26Weil der Kläger eine Regelung des Notdienstes seiner Apotheken für das Kalenderjahr 2014 begehrt, findet auf sein Begehren die ApBetrO in der gegenwärtigen Fassung Anwendung. Ausgangspunkt der Regelungen zum Notdienst der Apotheken bildet § 23 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO. Dieser bestimmt, dass Apotheken zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet sind. Der Notdienst wird in der Weise herbeigeführt, dass die zuständige Behörde – hier: die Beklagte – einen Teil der Apotheken ganz oder teilweise zu den in § 23 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO genannten Zeiten – den üblichen Schließzeiten – von der Dienstbereitschaft befreit und nur der für den Notdienst auserwählten Apotheke die grundsätzlich bestehende Dienstbereitschaft für diese Zeiten belässt.
27Gemessen daran unterliegt es keinen Bedenken, dass die Beklagte dem Systemgedanken des § 23 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ApBetrO folgend, Hauptapotheken und sogenannte Filialapotheken im Sinne des § 1 Abs. 2 ApoG hinsichtlich der Heranziehung zum Notdienst in gleicher Weise beurteilt und Filialapotheken wie die Hauptapotheken turnusmäßig zum Notdienst heranzieht. Dies entspricht der gesetzgeberischen Vorstellung bzw. derjenigen des Verordnungsgebers, nach der zwar das Mehrbesitzverbot durch die Zulassung von bis zu drei Filialapotheken gelockert worden ist, Hauptapotheken und Filialapotheken was die Anforderungen an die Vorhaltungspflichten und die notwendigen Einrichtungen der Apotheke zur Wahrnehmung des Notdienstes angeht, aber gleichermaßen behandelt (vgl. §§ 4, 15 ApBetrO). Insbesondere hat der Verordnungsgeber im Zusammenhang mit der Lockerung des Mehrbesitzverbotes und auch in der Zeit danach – trotz der laufenden Diskussion über diese Frage – die Pflicht zur Dienstbereitschaft und zu etwaigen Befreiungsmöglichkeiten in Bezug auf Filialapotheken nicht geändert. Gesetz- bzw. Verordnungsgeber gehen mithin davon aus, dass Hauptapotheke und Filialapotheke hinsichtlich der Dienstbereitschaft und damit auch der Heranziehung zum Notdienst jeweils als „Vollapotheke“ anzusehen sind.
28Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.05.2011 – 3 C 21.10 -.
29Dann aber stellt sich die unterschiedslose Heranziehung der Filialapotheken zum Notdienst als bloße Ausrichtung an den Grundentscheidungen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers dar. Letztlich wendet sich auch der Kläger nicht gegen die Gesamtzahl der auf seine vier Apotheken im Jahr 2014 entfallenden Notdienste. Er begehrt lediglich, die auf seine Apotheken nach der generellen Verteilung über alle Apotheken hinweg entfallenden Notdienste durch eine einzige seiner Apotheken, die Hauptapotheke, erbringen zu dürfen.
30Rechtsgrundlage für ein derartiges Begehren kann nur § 23 Abs. 2 ApBetrO sein. Danach kann von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft für die Dauer der ortsüblichen Schließzeiten, der Mittwochnachmittage, Sonnabende oder Betriebsferien und, sofern ein berechtigter Grund vorliegt, auch außerhalb dieser Zeiten befreit werden, wenn die Arzneimittelversorgung in dieser Weise durch eine andere Apotheke, die sich auch in einer anderen Gemeinde befinden kann, sichergestellt ist. Es steht außer Frage, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung bei Verlagerung der auf die Filialapotheken entfallenden Notdienste auf die Hauptapotheke des Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 ApBetrO weiterhin gesichert ist. Das zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel.
31Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Befreiung seiner Filialapotheken von der Dienstbereitschaft innerhalb oder außerhalb der ortsüblichen Schließzeiten begehrt und deshalb ggfls. das weitere Tatbestandsmerkmal des „berechtigten Grundes“ erfüllt sein muss. Im Falle der Tatbestandsverwirklichung eröffnet § 23 Abs. 2 ApBetrO der Beklagten Ermessen, ob sie dem Befreiungsantrag nachkommt. D.h., ein Anspruch des Klägers auf Befreiung seiner Filialapotheken von der Dienstbereitschaft auch zu den Zeiten, an denen sie nach der getroffenen Grundentscheidung Notdienst zu verrichten haben, besteht nur dann, wenn das Befreiungsermessen der Beklagten im Sinne des klägerischen Begehrens auf Null reduziert wäre. Daran fehlt es.
32Die Beklagte hat eine Ermessensentscheidung im Sinne des § 23 Abs. 2 ApBetrO getroffen.
33Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.05.2011 – 3 B 22.10 -.
34Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte bei Erlass der den Notdienst betreffend das Jahr 2014 für die Filialapotheken des Klägers regelnden Bescheide offensichtlich an dem seinerzeit bereits streitgegenständlichen Ausführungen in ihrem Bescheid vom 19.12.2012, mit dem das Befreiungsbegehren des Klägers abgelehnt worden war, festhielt und diese zum Inhalt ihrer Entscheidung machte.
35Die (Ermessens-)Entscheidung der Beklagten, von der Befreiung der Filialapotheken abzusehen, ist im Rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, hat ihre Erwägungen am Zweck der Norm ausgerichtet und die entscheidungserheblichen Umstände angemessen gewichtet. Insbesondere hat sie das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG hinreichend gewichtet.
36Zu einer vergleichbaren Fallkonstellation – Haupt- und Filialapotheke lagen dort allerdings nur ca. 50 mtr voneinander entfernt – hat das BVerwG,
37vgl. Urteil vom 26.05.2011 – 3 C 22/10 -,
38wie folgt ausgeführt:
39„Die Entscheidungspraxis der Beklagten ist auch vor Art. 12 Abs. 1 GG tragfähig. Zwar beeinträchtigt die Entscheidung der Beklagten die Möglichkeit der freien Berufsausübung des Klägers, weil er gezwungen bleibt, für jede seiner Apotheken die nach der Apothekenbetriebsordnung vorgesehenen betrieblichen Belastungen einer Notdienstbereitschaft zu tragen. Diese Beeinträchtigungen sind aber durch die sachlichen Gründe, die für einen wechselseitigen Notdienst unter Einbeziehung aller Apotheken sprechen, gerechtfertigt. Er dient dem Gebot der Gleichbehandlung durch eine gerechte Verteilung der Belastungen des Notdienstes auf die Apotheken und ihr Personal, der gleichmäßigen Verteilung der Notdienstapotheken auf das Gemeindegebiet und damit der gleichmäßigen Begünstigung der Einwohner aller Stadtteile, sowie dem Leitbild der Apothekenbetriebsordnung, die jede Apotheke verpflichtet, die notwendigen Arzneimittel und Einrichtungen bereit zu halten, um die Verpflichtung zur Gewährleistung einer Arzneimittelabgabe außerhalb der üblichen Öffnungszeiten sicherzustellen.
40Insbesondere ist der in diesen Gründen angelegte und in der Versagung gegenüber dem Kläger von der Beklagten zum Ausdruck gebrachte Gesichtspunkt der Vermeidung einer Entwicklung hin zu Schwerpunktapotheken nicht willkürlich. Der Gesetzgeber hat zwar 2004 das Mehrbesitzverbot durch die Zulassung von bis zu drei Filialapotheken gelockert (§ 1 Abs. 2 ApoG), aber nicht die Anforderungen an die Vorhaltungspflichten und die notwendigen Einrichtungen der Apotheken zur Wahrnehmung des Notdienstes (§§ 4, 15 ApBetrO). Vor allem hat er die Pflicht zur Dienstbereitschaft und die Befreiungsmöglichkeiten nach § 23 ApBetrO in Bezug auf Filialapotheken nicht geändert. Er geht mithin nach wie vor davon aus, dass jede Apotheke, gleich ob Haupt- oder Filialapotheke, als "Vollapotheke" alle Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung nicht nur formal erfüllen, sondern auch tatsächlich wahrnehmen soll. An dieser Grundentscheidung des Verordnungsgebers ist die Anwendung des § 23 Abs. 2 ApBetrO auszurichten.
41Für die zuständigen Behörden besteht deshalb keine Veranlassung, Verbundapotheken zur Erleichterung der betrieblichen Abläufe hinsichtlich des Notdienstes gegenüber Einzelapotheken zu bevorzugen. Andernfalls geriete die als Ausnahmevorschrift für besondere Fälle angelegte Befreiungsmöglichkeit des § 23 Abs. 2 ApBetrO zu einem generellen Befreiungstatbestand für die Verlagerung des Notdienstes auf eine andere Apotheke aus wirtschaftlichen oder betrieblichen Erwägungen. Würde diese Möglichkeit für Verbundapotheken eröffnet, wäre im Übrigen kein Grund ersichtlich, die Verlagerung des Notdienstes auf solche Apotheken zu beschränken. Vielmehr könnte jeder Apotheker bis an die Grenze der Gefährdung der Versorgungssicherheit verlangen, den seine Apotheke treffenden Notdienst auf eine dazu bereite andere Apotheke zu verlagern. Dadurch würde eine Entwicklung in Gang gesetzt, die das in der Apothekenbetriebsordnung (bislang) angelegte System des wechselseitigen Notdienstes unter Einbeziehung aller Apotheken verändern und zu einer Ausbildung von zentral gelegenen und entsprechend ausgestatteten Schwerpunktapotheken führen würde, die den Notdienst für eine Vielzahl von Apotheken wahrnehmen würden. Einer solchen Entwicklung mag der Gesetz- und Verordnungsgeber den Weg bereiten; sie ist aber in der bisherigen Ausgestaltung der Apothekenbetriebsordnung nicht angelegt.“
42Diese Ausführungen gelten im vorliegenden Fall gleichermaßen. An ihnen hat die Beklagte ihre Entscheidung ausgerichtet. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung wesentlich auf die Überlegung, dass die Bevölkerung, die in der Nähe einer Filialapotheke des Klägers wohnt, nicht regelmäßig den weiteren Weg zur Hauptapotheke soll zurücklegen müssen, falls sie den Notdienst in Anspruch nehmen muss. Ferner gelte es, der Herausbildung von Schwerpunktapotheken entgegen zu wirken. Ziel ist mithin die Sicherstellung einer auch flächen- und entfernungsmäßig gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung. Das ist sachgerecht.
43Besondere Gründe von einem derartigen Gewicht, welche ausnahmsweise auf eine Konzentration des Notdienstes auf die Hauptapotheke führten, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Zunächst ist es nicht sachwidrig, wenn die Beklagte betriebliche oder wirtschaftliche Vorteile nicht zum Anlass nimmt, die Notdienstregelung im Sinne des klägerischen Begehrens zu ändern.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2011 – 3 C 22.10 -.
45Mit seinem Vortrag, die Hauptapotheke halte ein größeres Sortiment an Arzneimitteln vor und sei daher regelmäßig besser in der Lage, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, dringt der Kläger nicht durch. Wie bereits ausgeführt, müssen auch Filialapotheken den allgemein gültigen Anforderungen an einen rechtmäßigen Apothekenbetrieb entsprechen. Das gilt gerade auch mit Blick auf die gebotene Vorratshaltung (vgl. § 15 ApBetrO). Dies bedeutet, dass während des Notdienstes auch eine Filialapotheke zumindest alle wesentlichen Wirkstoffe für einen Patienten zur Verfügung halten muss, auch wenn vielleicht nicht gerade das von einem Arzt konkret verordnete Medikament.
46Entsprechendes gilt hinsichtlich des Umstandes, dass die Betriebsfläche der jeweiligen Filialapotheke möglicherweise geringer ist als diejenige der Hauptapotheke, denn Filial- wie Hauptapotheke müssen die für die Wahrnehmung des Notdienstes erforderlichen Räumlichkeiten vorhalten (vgl. § 4 ApBetrO).
47Dass die Beklagte wegen einer „besseren Erreichbarkeit“ der Hauptapotheke des Klägers gehalten gewesen sein müsste, die Notdienste der Filialapotheken auf diese zu verlagern, ist ebenfalls nicht zu ersehen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass insbesondere während eines Notdienstes die ganz überwiegende Zahl der Kunden eine Apotheke mit dem Pkw anfahren dürfte, so dass die Lage der Apotheke und insbesondere die Erreichbarkeit mit einem Pkw Gesichtspunkte bei der Auswahl einer Notdienstapotheke sein mögen. Gravierende Unterschiede zwischen den Filialapotheken und der Hauptapotheke des Klägers sind insoweit aber nicht festzustellen, wobei die Kammer nicht verkennt, dass die T. -Apotheke des Klägers in einer Fußgängerzone belegen ist. Ausreichende Parkmöglichkeiten – gerade während der Zeiten des Notdienstes – stehen aber in geringer Entfernung zur Verfügung.
48Mit dem Hilfsantrag ist die Klage ebenfalls unbegründet.
49Nach dem Vorstehenden hat die Beklagte über das Begehren des Klägers in nicht zu beanstandender Weise entschieden. Von daher kommt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung nicht in Betracht.
50Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Kläger auch mit den Kosten hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits zu belasten, denn auch insoweit wäre der Kläger voraussichtlich unterlegen gewesen.
51Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
52Die Berufung war nicht zuzulassen (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zulassung rechtfertigende Gründe im Sinne des § 124 a Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO sind nicht gegeben.