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Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung seines Bescheides vom 22. Juni 2021 verpflichtet, dem Kläger eine Investitionskostenpauschale nach § 12 APG NRW für das Jahr 2020 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 1/4, der Kläger zu 3/4.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der jeweilige Vollstreckungsgläubiger die Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen
T a t b e s t a n d
2Der Kläger betreibt einen ambulanten Betreuungsdienst mit Sitz in C. und macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen geltend.
3Im Februar 2020 schloss der Kläger mit den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe einen – zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen – Versorgungsvertrag über die Erbringung von Leistungen zur pflegerischen Betreuung und der Hilfen zur Haushaltsführung. Der Vertrag lautet ausschnittsweise:
4§ 1 Gegenstand und Geltungsbereich(1) Dieser Vertrag regelt die Erbringung von ambulanten Leistungen der pflegerischen Betreuung und der Hilfen bei der Haushaltsführung durch den Betreuungsdienst für Pflegebedürftige die in ihrem eigenen Haushalt oder in einem anderen Haushalt, in dem sie aufgenommen werden, gepflegt werden (Pflegesachleistungen). Dies gilt auch für Zeiten einer Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI.
5§ 6 Leistungen(1) Die Inhalte und Formen der Leistungen der pflegerischen Betreuungsleistungen sowie der Hilfen zur Haushaltsführung ergeben sich aus der Anlage 1 zu diesem Vertrag, soweit der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI nichts Abweichendes bestimmt. Der ambulante Betreuungsdienst führt zu Beginn der Leistungserbringung eine Beratung über das Leistungsangebot beim pflegebedürftigen Menschen durch.(2) Die Erbringung von körperbezogenen Pflegemaßnahmen oder Behandlungspflege ist grundsätzlich ausgeschlossen. Sofern im Rahmen der pflegerischen Betreuung und der Hilfen bei der Haushaltsführung pflegerische Hilfen (z. B. beim Toilettengang oder bei der Nahrungsaufnahme) unaufschiebbar und unmittelbar erforderlich sind, gehören diese zum Leistungsspektrum des Betreuungsdienstes, ohne dass hierfür eine gesonderte Vergütung erfolgt.
6In der Anlage 1 zum Versorgungsvertrag werden die Leistungsinhalte der pflegerischen Betreuung und der Hilfen zur Haushaltsführung näher definiert. Darin heißt es ausschnittsweise:
7Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen:a. Begleitung: Anregung und Unterstützung von Aktivitäten außerhalb der Wohnung, die dem Zweck der Kommunikation und der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte dienen, z. B. Spaziergänge in der näheren Umgebung, Ermöglichung des Besuchs von Verwandten und Bekannten und Begleitung bei Friedhofsbesuchen, kulturellen, religiösen oder Sportveranstaltungen oder die Begleitung bei Behördengängen.b. Beaufsichtigung: Anwesenheit einer Betreuungsperson, z. B. auch um emotionale Sicherheit zu geben und Beobachtung des Pflegebedürftigen zur Vermeidung einer Selbst- und Fremdgefährdung.c. Beschäftigung: Anleitung und Unterstützung bei der Gestaltung des häuslichen Alltags, Hilfen zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Tagestruktur, Hilfen zur Durchführung bedarfsgerechter Beschäftigungen, Hilfen zur Einhaltung eines bedarfsgerechten Tag-/Nachtrhythmus, Unterstützung bei Hobby und Spiel, Gesprächsangebote, Hilfestellung bei der Orientierung zu Zeit, zum Ort und zur Person sowie Hilfe zur Förderung der Kommunikation.Die Hilfen bei der Haushaltsführung umfassen im Einzelnen:a. Einkaufen: Einkaufen der Gegenstände des täglichen Bedarfsb. Mahlzeitenzubereitung: Kochen, einschl. Vor- und Zubereitung der Mahlzeitenc. Wohnungsreinigung: Reinigen der Wohnung in Bezug auf den allgemein üblichen Lebensbereich des Pflegebedürftigen, das Spülen einschließlich der Reinigung des Spülbereichsd. Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung: Dies beinhaltet die Pflege der Wäsche und Kleidung, das Wechseln der Bettwäsche.e. Heizen der Wohnung: Beheizen der Wohnung einschließlich der Beschaffung und Entsorgung des Heizmaterials in der häuslichen Umgebung.
8Zugleich schloss der Kläger mit den Pflegekassen und dem örtlichen Träger der Sozialhilfe eine – ebenfalls zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene – Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI über die Vergütung pflegerischer Betreuungsmaßnahmen und von Hilfen bei der Haushaltsführung durch Betreuungseinrichtungen nach § 71 Abs. 1a SGB XI in Nordrhein-Westfalen.
9Der Kläger wandte sich im Juli 2020 an den Beklagten und bat um Prüfung, ob Betreuungsdienste nach § 71 Abs. 1a SGB XI einen Anspruch auf Förderung ihrer Investitionskosten haben.
10Mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 erklärte der Beklagte, er habe einen eventuellen Anspruch auf Förderung der Investitionskosten der Betreuungsdienste geprüft. Vorbehaltlich der abschließenden Prüfung anhand von konkreten Antragsunterlagen sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anspruch auf Förderung bestehe. Seiner Beurteilung stehe noch eine ablehnende Einschätzung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales aus dem Jahr 2016 gegenüber. Diese Einschätzung werde er nach Eingang des Antrags dort klären. Ebenso sei noch zu klären, welche der von dem Kläger erbrachten Leistungen konkret in die Förderung einbezogen werden dürften.
11Mit Antrag vom 2. November 2020 stellte der Kläger einen (förmlichen) Antrag auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach § 12 Alten- und Pflegegesetz NRW für das Jahr 2020. In dem Antrag bat der Kläger darum, ihm bis Ende November mitzuteilen, ob er eine Förderung bekomme. Im Antrag gab der Kläger Einnahmen in Höhe von 1.020.841 € für die Monate Januar bis September 2020 an.
12Mit Schreiben vom 11. Dezember 2020 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger, er sehe den Anspruch auf Förderung der Investitionskosten als dem Grunde nach gegeben an. Bezüglich der Höhe der Erträge und der geleisteten Arbeitsstunden, auf die sich die Förderung beziehe, sei noch eine weitere Differenzierung erforderlich. Der Beklagte führte ferner aus, dass „Pflegesachleistungen einschl. Leistungen der Hauswirtschaft und pflegerischen Betreuung nach § 36 Absatz 3 und 4 SGB XI“ berücksichtigungsfähig seien. Berücksichtigungsfähig sei – nur für Personen mit Pflegegrad 1 – auch der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI, wenn die Leistungen „für pflegerische ambulante Leistungen im Sinne des § 36 SGB XI (Grundpflege, Hauswirtschaft, pflegerische Betreuung) eingesetzt“ würden.
13Mit eMail vom 16. Dezember 2020 bedankte sich der Kläger über die „Zusage der Investitionskostenpauschale“.
14Mit Antrag vom 28. Januar 2021 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach § 12 Alten- und Pflegegesetz NRW für das Jahr 2021 und reichte für beide Antragsjahre Unterlagen zur Berechnung der Förderung ein.
15Mit Bescheid vom 22. Juni 2021 lehnte der Beklagte die Anträge des Klägers auf Förderung der Investitionskosten für die Jahre 2020 und 2021 ab. Zur Begründung führte er aus: Die Prüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, dass die Voraussetzungen einer Förderung nach §§ 11, 12 APG NRW hier nicht vorliegen würden. Förderungsfähig seien neben den voll- und teilstationären Einrichtungen lediglich Dienste im Sinne von § 12 APG NRW. Dazu würden die ambulanten Betreuungsdienste nicht gehören. Zwar seien sowohl ein Versorgungsvertrag als auch eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen worden. Eine Förderberechtigung als Leistungsangebot nach dem APG NRW i.V.m. der APG DVO NRW gebe es für ambulante Betreuungsdienste allerdings nicht.
16Der Beklagte sandte dem Kläger mit eMail vom 13. Juli 2021 auf dessen Anfrage hin die von ihm zuvor auf Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen vorgenommene „Probeberechnung“ – in der ein Betrag in Höhe von 6.980,78 € beziffert ist – unter Hinweis darauf zu, dass es sich nur um einen Entwurf handele, dieser nicht abschließend geprüft und nicht verbindlich sei.
17Der Kläger hat am 16. Juli 2021 Klage erhoben.
18Der Kläger führt aus: Die Ablehnung des Förderantrags sei rechtswidrig. Nach dem Wortlaut des Gesetzes seien zwar nur Pflegedienste im Sinne des § 71 Abs. 1 SGB XI förderfähig. Er sei aber selbst als ein solcher anzusehen. Davon unabhängig führten die teleologische und historische Auslegung der Norm zu dem Ergebnis, dass auch Betreuungsdienste zu den nach § 12 APG begünstigten Einrichtungen zählen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass mit Wirkung zum 11. Mai 2019 das Elfte Buch Sozialgesetzbuch um § 71 Abs. 1a SGB XI ergänzt worden sei. Der Wortlaut des § 12 APG berücksichtige die dadurch geschaffene Gleichstellung von Betreuungs- und Pflegediensten noch nicht. Der Landesgesetzgeber habe es bisher versäumt, die Vorschrift des § 12 APG nach Einführung des § 71 Abs. 1a SGB XI entsprechend anzupassen. Hierbei handele es sich schlichtweg um ein „Redaktionsversehen“. Eine bewusste Entscheidung des Landesgesetzgebers, nur Pflegedienste und gerade keine Betreuungsdienste zu fördern, liege erkennbar nicht vor. Selbst wenn der Landesgesetzgeber dieses Ziel vor Augen gehabt hätte, läge ein unzulässiger Verstoß gegen vorrangiges Bundesrecht vor. Dieses stelle nunmehr Betreuungsdienste den Pflegediensten gleich.
19Der Kläger beantragt,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juni 2021 zu verpflichten, ihm eine Investitionskostenpauschale nach dem Alten- und Pflegegesetz NRW für die Jahre 2020 und 2021 in Höhe von jährlich 6.980,78 € zu gewähren.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte führt aus: Der Kläger habe zwar einen Versorgungsvertrag für Betreuungseinrichtungen nach § 71 Abs. 1a SGB XI über die Erbringung von Leistungen zur pflegerischen Betreuung und Hilfen zur Haushaltsführung abgeschlossen. Die Voraussetzung, dass ein Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI zur Zulassung zur Pflege abgeschlossen sei, sei jedoch nicht erfüllt. Für den Kläger sei gemäß § 6 Abs. 2 des abgeschlossenen Versorgungsvertrages die Erbringung von körperbezogenen Pflegemaßnahmen oder Behandlungspflege grundsätzlich ausgeschlossen. Soweit im Rahmen der pflegerischen Betreuung oder der Hilfe bei der Haushaltsführung pflegerische Hilfen unaufschiebbar und unmittelbar erforderlich sein, gehörten diese zum Leistungsspektrum des Betreuungsdienstes, ohne dass hierfür eine gesonderte Vergütung erfolge. Eben diese Pflegetätigkeit, die kennzeichnend für einen Pflegedienst sei, sei für einen Betreuungsdienst gemäß § 71 Abs. 1a SGB XI ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung des Klägers erfolge durch § 71 Abs. 1a SGB XI keine allumfassende Gleichstellung mit Pflegediensten. Eine nach dem Wortlaut der Norm zulässige Abweichung liege in der landesgesetzlichen Regelung der §§ 11, 12 APG NRW vor. § 12 APG sehe eine Förderung nur für Pflegedienste für Pflegetätigkeiten vor. Die Differenz zwischen Pflege- und Betreuungsleistung entspreche auch der langjährigen Praxis, wonach z.B. Betreuungsleistungen gemäß § 45b SGB XI nicht in den förderfähigen Erträgen Berücksichtigung finden würden.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
27Die als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2021 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat für das Jahr 2020 einen Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach § 12 Gesetz zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW) in gesetzlicher Höhe, jedoch keinen Anspruch auf die konkret begehrte Höhe (I.). Für das Jahr 2021 hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen (II.).
28I.
29Der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach § 12 APG NRW in gesetzlicher Höhe für das Jahr 2020 ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 11. Dezember 2020. Hierbei handelt es sich um eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form.
30Das Schreiben des Beklagten vom 11. Dezember 2020 enthält die Zusage, dem Kläger für das Jahr 2020 die beantragte Investitionskostenpauschale dem Grunde nach zu gewähren. Bei dem Schreiben handelt es sich nicht lediglich um eine Auskunft.
31Auskunft und Zusicherung unterscheiden sich nach Inhalt und Wirkung voneinander. Während eine Zusicherung einen Verwaltungsakt mit Verpflichtungswillen darstellt, gerichtet auf Erlass oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes, handelt es sich bei einer Auskunft um eine „Wissenserklärung“, die sich in der Mitteilung des Wissens erschöpft und sich vom Verwaltungsakt durch das Fehlen eines Regelungswillens unterscheidet. Es fehlt der Verpflichtungswille, weil die Auskunft nicht auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Demgegenüber hat die Zusicherung die Aufgabe, dem Adressaten als verbindliche Zusage über das zukünftige Verhalten der Verwaltungsbehörde bei Erlass des Verwaltungsaktes Gewissheit zu verschaffen. Die Zusicherung ist demnach eine Selbstverpflichtung der Behörde zu einem späteren Tun oder Unterlassen. Die Auslegung, ob ein Verwaltungsakt erlassen werden sollte und mit welchem Inhalt, richtet sich nach den für Willenserklärungen maßgebenden Auslegungsgrundsätzen. Dabei sind §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heranzuziehen. Es ist das gesamte Verhalten des Erklärenden zu berücksichtigen; neben dem Erklärungswortlaut kommt es auch auf die Begleitumstände, insbesondere den Zweck der Erklärung an. Das danach maßgebende Gesamtverhalten des Erklärenden ist vom Standpunkt dessen zu bewerten, für den die Erklärung bestimmt ist. Maßgebend ist somit nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn bei objektiver Würdigung der Empfänger verstehen konnte. Maßgebend ist also nicht, was die Verwaltung mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern wie der Empfänger sie verstehen durfte; andererseits kann der Empfänger sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn diese objektiv – unter Berücksichtigung aller Umstände – nicht so verstanden werden konnte.
32Vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 10 RKg 19/92 –, juris Rn. 20.
33Daran gemessen ist nach dem objektiven Empfängerhorizont der für eine Zusage erforderliche Bindungswille hier gegeben. Zwar könnte der Wortlaut („sehe ich dem Grunde nach als gegeben an“) auf den ersten Blick auch dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte dem Kläger nur seine Rechtsauffassung mitteilt. Insbesondere werden Worte wie „garantieren“ o.ä., die typischerweise auf einen Bindungswillen schließen lassen, nicht genutzt. Jedoch musste aus den Gesamtumständen des Verwaltungsverfahrens das Schreiben dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte die Voraussetzungen eines Anspruchs dem Grunde nach abschließend geprüft hat und dem Kläger eine – der Höhe nach noch unbestimmte – Förderung zusagt. Während nämlich im Schreiben vom 13. Oktober 2020 der Beklagte gerade deutlich macht, dass er zwar einen Anspruch dem Grunde nach sehe, es sich aber um eine noch nicht geklärte Rechtsfrage handele und daher noch eine abschließende Prüfung stattfinden müsse, fehlen dem Schreiben vom 11. Dezember 2020 jegliche dieser Vorbehalte. Der Beklagte nimmt auch konkret Bezug auf den nunmehr gestellten förmlichen Antrag, also einen konkreten Sachverhalt und eben nicht nur auf die Rechtsfrage als solche. In dem Antrag hatte der Kläger im Übrigen explizit um eine Mitteilung gebeten, ob er eine Förderung bekomme. Dem Beklagten stand es frei, wie schon im vorherigen Schreiben vom 13. Oktober 2020 eindeutig deutlich zu machen, dass eine abschließende Prüfung noch ausstehe. Gerade in dem Vergleich der beiden Schreiben konnte das Schreiben vom 11. Dezember 2020 nur dahingehend verstanden werden, dass die Frage der Förderung dem Grunde nach – also ob ein Betreuungsdienst überhaupt zu den nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen Förderberechtigten gehört – (nunmehr) geklärt ist und eine Förderung des Klägers erfolgen wird. Darauf weist auch der zweite Satz des Schreibens hin, in dem es heißt, dass bezüglich der Erträge und der geleisteten Arbeitsstunden, auf die sich die Förderung beziehe, noch eine weitere Differenzierung erforderlich sei. Auch dort ist von der Förderung ohne jeglichen Vorbehalt die Rede. Dass das Schreiben des Beklagten vom 11. Dezember 2020 nur in diesem Sinne verstanden werden konnte, wird auch daran deutlich, dass der Kläger selbst es tatsächlich so verstanden hat, wie die eMail vom 16. Dezember 2020 zeigt, in der der Kläger sich für die „Zusage der Investitionskostenpauschale“ bedankt hat. Der ausdrückliche Dank für die „Zusage der Investitionskostenpauschale“ blieb auch vom Beklagten unwidersprochen. Darüber hinaus hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dem Kläger in den vorangegangenen Gesprächen darauf hingewiesen zu haben, vor der Bezifferung der Höhe der Erträge und der geleisteten Arbeitsstunden werde zunächst die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach geprüft. Dementsprechend hatte der Beklagte in dem Schreiben vom 11. Dezember 2020 ausdrücklich darauf hingewiesen, welche Erträge berücksichtigungsfähig seien und welche nicht sowie dem Kläger einen Berechnungsbogen über die Höhe der Investitionskostenpauschale übersandt.
34Die Zusage hat sich auch nicht durch den ablehnenden Bescheid vom 22. Juni 2021 erledigt. Gemäß § 34 Abs. 2 SGB X finden auf die Zusicherung für die Rücknahme §§ 44 und 45 SGB X, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3 der Vorschrift, §§ 46 und 47 SGB X entsprechende Anwendung. Durch den Verweis auf §§ 44, 45 SGB X wird deutlich, dass es einer ausdrücklichen oder zumindest konkludenten Aufhebung der Zusicherung bedurft hätte, um ihre Wirkung zu beseitigen. Da indes die Zusicherung bzw. das Schreiben vom 11. Dezember 2020 im Bescheid vom 22. Juni 2021 mit keinem Wort erwähnt wird und sich auch aus den sonstigen Umständen kein konkludenter Aufhebungswille ergibt, hat die Zusicherung weiterhin Bestand. Sie ist zwar fehlerhaft – dazu noch weiter unten –, doch ist auch eine rechtswidrige Zusicherung verbindlich, sofern sie nicht nichtig ist im Sinne des § 40 SGB X, wofür im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.
35Die Bindungswirkung ist auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung nach § 34 Abs. 3 SGB X entfallen. Gemäß § 34 Abs. 3 SGB X ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Eine solche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist hier nicht eingetreten. Insbesondere handelt es sich bei der Änderung einer rechtlichen Auffassung nicht um eine Änderung der rechtlichen Voraussetzungen. Eine solche Änderung der rechtlichen Voraussetzungen erfolgte nicht.
36Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass der Antrag auf die Förderung erst förmlich am 2. November 2020 gestellt worden ist. Insofern kann offenbleiben, ob der Kläger, der erstmalig im Jahr 2020 einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) abgeschlossen hat, unter § 25 Abs. 3 Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen und nach § 8a SGB XI (APG DVO NRW) fällt, wonach diejenigen Einrichtungen, die im Bewilligungsjahr erstmalig ihren Dienst aufnehmen, eine Abschlagszahlung auf die zu erwartende jährliche Förderung erhalten und der Antrag im Jahr der Inbetriebnahme zu stellen ist. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, könnte sich der Beklagte jedenfalls nicht darauf berufen, dass der Antrag nach dem 1. März des Jahres – wie von § 25 Abs. 1 APG DVO NRW gefordert – gestellt worden ist, da sich die Zusicherung auf die Förderung dem Grunde nach bezieht.
37Die Klage war für das Jahr 2020 hinsichtlich der konkret beantragten Höhe der Förderung abzuweisen. Die Zusicherung bezieht sich – wie oben bereits ausgeführt – allein auf die Zusage einer Förderung dem Grunde nach, nicht auf eine konkrete Höhe. Wie aus den Verwaltungsvorgängen hervorgeht, handelt es sich bei dem dem Kläger unter dem 13. Juli 2021 genannten Betrag in Höhe von 6.980,78 € lediglich um eine „Probeberechnung“. Ebenso sind die im Antrag für die Höhe des abgerechneten Stundenpreises geforderten Nachweise – nämlich beispielhafte anonymisierte Rechnungen oder Ähnliches – bisher nicht eingereicht worden. Der Beklagte ist nach § 24 Abs. 1 Satz 5 APG DVO NRW auch befugt, vom Einrichtungsträger den Nachweis der Richtigkeit der Angaben über die geleisteten Pflegestunden zu verlangen.
38II.
39Für das Jahr 2021 hat der Kläger dagegen keinen Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen.
40Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus der Zusicherung vom 11. Dezember 2020. In der Zusicherung wird bereits eingangs auf den Antrag vom 2. November 2020 Bezug genommen. Der Antrag vom 2. November 2020 bezog sich aber nur auf das Jahr 2020. Die Zusicherung konnte daher nicht dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte über den konkret gestellten Antrag für das Jahr 2020 hinaus für zukünftige Förderungszeiträume verbindlich eine Förderung dem Grunde nach zusichern wollte. Die Förderung unterliegt dem Prinzip der Jährlichkeit (vgl. nur § 25 Abs. 1 Satz 1 APG DVO NRW), sodass der Beklagte für jeden einzelnen Förderungszeitraum das Vorliegen der Voraussetzungen erneut zu prüfen hat.
41Ein Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale folgt auch nicht aus dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen.
42Der Anspruch für eine Förderung von Investitionskosten lässt sich nicht allein auf § 11 APG NRW stützen. Dies ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Nach der Überschrift der Norm handelt es sich nur um „Allgemeine Grundsätze der Förderung von Pflegeeinrichtungen“. Mithin sind darin zwar Voraussetzungen definiert, die eine Pflegeeinrichtung (auch) zu erfüllen hat, diese sind aber gerade nicht abschließend. Unterstützt wird diese Auffassung auch durch § 11 Abs. 1 APG NRW, wonach die Einrichtungen „nach Maßgabe dieses Gesetzes“ gefördert werden, also auch die weiteren Voraussetzungen des Gesetzes zu erfüllen sind.
43Der Anspruch auf eine Förderung der Investitionskosten richtet sich nach §§ 11, 12 APG NRW i.V.m. §§ 23 bis 25 APG DVO NRW.
44Nach § 11 Abs. 1 APG NRW werden für Einrichtungen nach § 71 des Elften Buches Sozialgesetzbuch förderungsfähige Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 nach Maßgabe dieses Gesetzes gefördert. Voraussetzungen für die Förderung sind nach Absatz 2 der Vorschrift der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und eine vertragliche Regelung nach § 85 oder § 89 des Elften Buches Sozialgesetzbuch. § 12 Abs. 1 Satz 1 APG NRW sieht vor, dass die durchschnittlichen Aufwendungen nach § 10 Absatz 1, die durch unmittelbar pflegerische Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch bedingt sind, bei Pflegediensten nach § 71 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch angemessene Pauschalen gefördert werden. Betreibt der Träger eines Pflegedienstes eine Wohngemeinschaft nach § 24 Absatz 3 des Wohn- und Teilhabegesetzes und stellt die Nutzung dieses Angebotes eine angemessene Alternative zur Nutzung einer nach § 11 geförderten stationären Einrichtung dar, so umfasst die Förderung nach Satz 1 auch die Aufwendungen, die dem Träger für diese Wohngemeinschaft entstehen (Satz 2). Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird nach § 12 Abs. 2 APG NRW ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Höhe der Pauschale nach Absatz 1 Satz 1, das Verfahren zu ihrer Berechnung anhand überprüfbarer Leistungskennzahlen sowie die Einzelheiten einer möglichen zusätzlichen Förderung nach Absatz 1 Satz 2 festzulegen. Dementsprechend ist in § 23 APG DVO NRW festgelegt, dass Trägerinnen und Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen, welche die Voraussetzungen nach § 11 Absatz 2 und 3 des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen erfüllen und den Pflegebedürftigen nicht neben der Inanspruchnahme der Förderung weitere Aufwendungen gemäß § 82 Absatz 2 Nummer 1 und 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch berechnen, nach § 12 des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen berechtigt sind, zur Finanzierung ihrer betriebsnotwendigen Aufwendungen im Sinne dieser Verordnung eine öffentliche Förderung entsprechend den nachfolgenden Bestimmungen zu erhalten. § 24 Abs. 1 APG DVO NRW regelt das Verfahren zur Berechnung der Förderung. Danach wird die Förderung nach § 12 Absatz 1 des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen als pauschale Förderung gewährt (Satz 1). Sie beträgt 2,15 Euro pro volle Pflegestunde für Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Satz 2).
45Die danach erforderlichen Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.
46§ 12 Abs. 1 Satz 1 APG NRW regelt eine Förderung nur für „Pflegedienste nach § 71 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch“.
47Vgl. dazu, dass es sich dabei um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal handelt: VG Aachen, Urteil vom 27. August 2013 – 2 K 1488/11 –, juris Rn. 37ff., noch zu § 8 Abs. 2 des Landespflegegesetzes NRW a.F.
48Der Kläger dringt nicht mit seiner – erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerten – Auffassung durch, bei ihm handele es sich nicht um einen ambulanten Betreuungsdienst, sondern um einen ambulanten Pflegedienst im Sinne der Norm. § 71 Abs. 1 SGB XI setzt voraus, dass es sich um eine selbständig wirtschaftende Einrichtung handelt, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgt. Häusliche Pflegehilfe im Sinne des § 36 SGB XI wird dort (legal-)definiert als körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung. Ein Pflegedienst im Sinne der Norm kennzeichnet daher, dass er alle in § 36 SGB XI genannten Leistungen kumulativ erbringen kann und darf. Aus dem Verweis in § 71 Abs. 1 SGB XI auf § 36 SGB XI folgt, dass ein Pflegedienst dazu in der Lage sein muss, Leistungen der häuslichen Pflege umfassend zur Verfügung zu stellen.
49Vgl. Groth in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: 2. Erg.Lfg. 2022, § 71 Rn. 17; Schmidt in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 117. Erg.Lfg. 2021, SGB XI, § 71 Rn. 10.
50Der Kläger erbringt aber „nur“ Leistungen der pflegerischen Betreuung und der Hilfen bei der Haushaltsführung, hingegen nicht körperbezogene Pflegemaßnahmen. Für den Kläger sind körperbezogene Pflegemaßnahmen nach dem geschlossenen Versorgungsvertrag grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 des Versorgungsvertrages).
51Entgegen der Auffassung des Klägers werden die ambulanten Betreuungsdienste im Sinne des § 71 Abs. 1a SGB XI von der Förderung nach §§ 11, 12 APG NRW nicht erfasst.
52Schon der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 APG NRW verweist ausdrücklich nur auf Pflegedienste nach § 71 Abs. 1 SGB XI und nicht auch auf (ambulante) Betreuungsdienste nach § 71 Abs. 1a SGB XI.
53Auch die historische Auslegung spricht eindeutig gegen eine Ausdehnung der Norm über den Wortlaut hinaus auch auf ambulante Betreuungsdienste.
54§ 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflege-Versicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen - PfG NW) vom 19. März 1996 (GV. NRW. 1996 S. 137) definierte ursprünglich Pflegedienste als „selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen“. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Umsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen - PfG NW) vom 8. Juli 2003 (GV. NRW. 2003 S. 279) ist das Pflegegesetz neu gefasst worden. Nach der Definition des § 8 Abs. 2 waren Ambulante Pflegeeinrichtungen „selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen“.
55In dem Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 13/3498, S. 34) heißt es zu der Änderung ausdrücklich:
56Die bisher auf mehrere Paragraphen verteilten, dem SGB XI entnommenen Definitionen von Pflegediensten und -einrichtungen werden nunmehr in einer Norm zusammengefasst. Bei den in § 8 enthaltenen Formulierungen handelt es sich deshalb um eine redaktionelle Anpassung an die Struktur des Gesetzes. Eine inhaltliche Veränderung der Definitionen ist nicht erfolgt.
57Mit dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. 2014 S. 625) erhielt § 12 Abs. 1 APG NRW seine heutige Fassung.
58Der Gesetzentwurf der Landesregierung sah in § 11 Satz 1 APG NRW-E folgende Formulierung vor:
59Die durchschnittlichen Aufwendungen nach § 10 Absatz 1, die durch unmittelbar pflegerische Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch bedingt sind, werden bei Pflegediensten nach § 71 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch angemessene Pauschalen gefördert.
60In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (vgl. LT-Drs. 16/3388, S. 69, 70) heißt es hierzu:
61Absatz 1 entspricht inhaltlich dem bisherigen § 9 Absatz 1 und wurde redaktionell neu gefasst. Der Verweis auf § 72 SGB XI entspricht inhaltlich dem ersatzlos gestrichenen § 8, der § 72 SGB XI lediglich wiederholt hatte.
62Satz 1 entspricht in seiner Zielsetzung § 10 Absatz 1 alter Fassung. Er stellt durch die redaktionelle Neufassung klar, dass nicht jegliche Leistungen ambulanter Pflegeeinrichtungen ausreichen, um die Förderung auszulösen. Entscheidend ist vielmehr, dass Auslöser unmittelbar pflegerische Leistungen nach dem SGB XI sein müssen. Leistungen nach § 45 b SGB XI zählen zum Beispiel nicht hierzu. Die Neufassung trägt bisherigen Abgrenzungsschwierigkeiten Rechnung.
63Mithin sind mit dem Begriff des Pflegedienstes im Sinne des Landespflegerechts seit Einführung des Landespflegegesetzes und auch in der Folge durchgängig „selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen“ gemeint gewesen.
64Dabei war auch dem Landesgesetzgeber zur letztgenannten Reform – der Einführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen – die Einrichtungsart des „ambulanten Betreuungsdienstes“ dem Grunde nach bereits bekannt.
65Die nunmehr in § 71 Abs. 1a SGB XI normierten „ambulanten Betreuungsdienste“ gehen auf die in § 125 Abs. 1 SGB XI genannten „Betreuungsdienste“ zurück. Diese sind mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I 2012 S. 2246) mit Wirkung zum 1. Januar 2013 – und damit vor Einführung des Alten- und Pflegegesetzes – in das Elfte Buch Sozialgesetzbuch – zunächst als Modellprojekt – neu aufgenommen worden.
66Zur Einführung führte die Bundesregierung in dem Gesetzentwurf zur Begründung (vgl. BT-Drs. 17/9369, S. 54) unter anderem aus:
67„Mit der modellhaften Zulassung von Diensten, die sich auf Leistungen der häuslichen Betreuung, insbesondere für demenziell erkrankte Pflegebedürftige, konzentrieren möchten, wird der Übergangsregelung in § 124 Rechnung getragen. Wie die bisherigen Pflegedienste haben auch diese neuen Leistungserbringer Sachleistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung zu erbringen, wenn Pflegebedürftige dies wünschen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird mit der Durchführung des Modellvorhabens beauftragt und legt die Einzelheiten dazu im Rahmen der Ausschreibung fest. Dazu gehört auch die Auswahl einer begrenzten Zahl von teilnehmenden Betreuungsdiensten.“
68Trotzdem beschränkte sich der Landesgesetzgeber – wie zuvor – auf eine Förderung der Pflegedienste.
69Auch systematische Erwägungen sprechen dagegen, die durch den Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG) vom 6. Mai 2019 (BGBl. I 2019 S. 646) „dauerhaft“,
70vgl. die Ausführungen im zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 19/6337): „Mit dem Gesetz werden Betreuungsdienste dauerhaft als Leistungserbringer im Bereich der Pflegeversicherung zugelassen.“ (S. 65); „Der Abschlussbericht zu dem vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen durchgeführten Modellvorhaben zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste belegt, dass Betreuungsdienste eine sinnvolle und hilfreiche Erweiterung des Angebotsspektrums in der Pflege darstellen. Die Änderung dient deshalb der dauerhaften Einführung von Betreuungsdiensten als zugelassene Leistungserbringer im Bereich der Pflegeversicherung.“ (S. 152f.),
71eingeführten ambulanten Betreuungsdienste unter „Pflegedienste nach § 71 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch“ zu subsumieren.
72Innerhalb des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen wird nämlich eindeutig zwischen den Begriffen „Pflege“ und „Betreuung“ differenziert. So regelt § 16 APG NRW die sog. komplementären ambulanten Dienste, zu denen unter anderem „Hausbetreuungsdienste“ gehören.
73Auch im Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) wird zwischen den Begriffen „Pflege“ und „Betreuung“ differenziert. „Betreuung“ im Sinne des Wohn- und Teilhabegesetz ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WTG Pflege und soziale Betreuung. Somit stellt „Pflege“ nur einen Teilaspekt des Oberbegriffs „Betreuung“ dar. Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber, der die Einführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen und die Änderung des Wohn- und Teilhabegesetzes in einem einheitlichen Gesetz – namentlich dem Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen (GEPA NRW) vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. 2014 S. 619) – zusammengefasst hat, ein unterschiedliches Verständnis des Begriffs „Pflege“ zugrunde gelegt hat. Vielmehr ging es dem Landesgesetzgeber darum, die Regelungen des Landespflegerechts und des Wohn- und Teilhaberechts „miteinander zu harmonisieren“.
74Vgl. so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 16/3388, S. 69.
75Bei der Inbezugnahme auf § 71 Abs. 1 SGB XI handelt es sich nicht um eine dynamische Verweisung. Dagegen spricht schon, dass für den Landesgesetzgeber durch eine solche dynamische Verweisung unabsehbare Risiken in Bezug auf seine Haushaltsverantwortlichkeit entstehen könnten.
76Vgl. zur Ablehnung einer dynamischen Verweisung in Bezug auf die in die Berechnung einbezogenen Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch: VG Minden, Urteil vom 11. November 2011 – 6 K 1653/11 –, juris Rn. 27f.
77Systematisch spricht gegen eine dynamische Verweisung auch, dass der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 WTG NRW explizit ein statisches Verständnis von Pflege und Betreuung zum Ausdruck gebracht hat. Nach dieser Norm umfassen „Betreuung und Betreuungsleistungen im Sinne dieses Gesetzes […] Pflege im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I 1994 S. 1014, 1015), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 14 des Gesetzes vom 8. April 2013 (BGBl. I 2013 S. 730) und soziale Betreuung“. Eine Aktualisierung dieses Verweises erfolgte bisher – trotz der teilweise mehrere Jahre zurückliegenden Änderungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch – nicht. Es spricht aber – wie gezeigt – nichts dafür, dass der Gesetzgeber in beiden Gesetzen ein unterschiedliches Begriffsverständnis zugrunde gelegt hat.
78Auch das Ziel des Alten- und Pflegegesetzes – die Sicherstellung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Unterstützungsstruktur für ältere Menschen und pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige durch die Förderung der Entstehung, Entwicklung und Qualität von Dienstleistungen, Beratungsangeboten, Pflegeeinrichtungen und alternativen Wohnformen (vgl. § 1 APG NRW) – gebietet keine andere Auslegung. Zwar mag es für die Sicherstellung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Unterstützungsstruktur für ältere Menschen und pflegebedürftige Menschen förderlich sein, auch Betreuungsdienste im gleichen Maße wie die Pflegedienste zu fördern. Dass ohne eine solche Förderung die Pflegeinfrastruktur aber nicht sichergestellt wäre, ist nicht ersichtlich.
79Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt § 12 Abs. 1 APG NRW auch nicht gegen vorrangiges Bundesrecht.
80In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Elfte Buch Sozialgesetzbuch keine verbindlichen Regelungen darüber trifft, nach welchen Maßstäben die Länder Fördermittel für die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen pflegerischen Versorgungsstruktur bereitzustellen und zu vergeben haben. Der Bund hat für das Gebiet der Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur keine Gesetzgebungskompetenz. Im Bereich der Pflege verfügt er nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) über die (konkurrierende) Gesetzgebungszuständigkeit für die Sozialversicherung. Danach erstreckt sich die Bundeskompetenz auf die Inanspruchnahme der von den Ländern vorzuhaltenden Versorgungsstrukturen im Rahmen der Pflegeversicherung, nicht dagegen auf die Investitionsförderung von Pflegeeinrichtungen oder die Förderung des Auf- und Ausbaus von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten aus Haushaltsmitteln der Länder; dies ist allein der Landesgesetzgebung vorbehalten.
81Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2017 – 3 B 14.16 –, juris Rn. 5 m.w.N.; zur Gesetzgebungskompetenz der Länder: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Oktober 2007 – 2 BvR 1095/05 –, juris Rn. 121.
82Wenn der Bundesgesetzgeber mithin keine Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Bereitstellung und Vergabe von Fördermitteln für die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen pflegerischen Versorgungsstruktur hat, dann kann durch eine Änderung des Bundesrechts nicht gleichsam automatisch eine Veränderung der nach dem Landesrecht zu fördernden Einrichtungen eintreten.
83In der aus der aktuellen Gesetzeslage folgenden Ungleichbehandlung zwischen ambulanten Pflegediensten nach § 71 Abs. 1 SGB XI und ambulanten Betreuungsdiensten nach § 71 Abs. 1a SGB XI ist auch kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen.
84Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
85Die Berufsfreiheit schützt grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. Marktteilnehmer haben keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbspositionen und damit auch die erzielbaren Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Verhältnissen am Markt und damit nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen.
86Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 – 2 BvR 206/14 –, BVerfGE 158, 1-51, juris Rn. 51.
87Regelungen, die die Wettbewerbssituation der Unternehmen lediglich im Wege faktisch-mittelbarer Auswirkungen beeinflussen, berühren den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht. Demgemäß ist nicht jedes staatliche Handeln, dass die Wettbewerbschancen von Unternehmen am Markt nachteilig verändert, ohne weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten. Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht jedoch dann, wenn Normen, die zwar selbst die Berufstätigkeit nicht unmittelbar berühren, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen, die mittelbaren Folgen also kein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind.
88Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 –, BVerfGE 148, 40-64, juris Rn. 27f.
89Der besondere Freiheitsraum, den das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG sichern will, kann daher auch dann berührt sein, wenn die Auswirkungen hoheitlichen Handelns geeignet sind, die Berufsfreiheit zu beeinträchtigen. Das ist insbesondere bei staatlicher Planung und Subventionierung mit berufsregelnder Tendenz möglich.
90Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 – 1 BvR 355/86 –, BVerfGE 82, 209-236, juris Rn. 60ff. zur Krankenhausplanung.
91Gemessen daran liegt ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers nicht vor.
92Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der Nichtförderung der ambulanten Betreuungsdiensten schon nicht um eine an Art. 12 Abs. 1 GG zu messende Wettbewerbsbenachteiligung.
93Anders als in dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts,
94vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 3 C 45.03 –, BVerwGE 121, 23-33, juris Rn. 22ff.,
95geht es hier nicht um einen Fall, in dem ein einzelner Konkurrent (oder auch mehrere Konkurrenten) im Gegensatz zu anderen Konkurrenten aufgrund einer Bedarfsplanung keine Förderung erhält. Die Förderung differenziert nämlich nicht zwischen den einzelnen ambulanten Pflegediensten oder zwischen den einzelnen ambulanten Betreuungsdiensten, sondern (nur) zwischen den Einrichtungsarten.
96Zwar kann ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vorliegen, wenn ein einzelner Konkurrent eine Subvention oder eine Förderung erhält, die ein anderer Konkurrent nicht erhält.
97Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 3 C 45.03 –, BVerwGE 121, 23-33, juris Rn. 22ff.
98Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs ist aber eine Wettbewerbsbenachteiligung.
99Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2017 – 3 B 14.16 –, juris Rn. 12; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. April 2009 – 1 BvR 3405/08 –, juris Rn. 9: „Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse“.
100Nach Auffassung des Gerichts ist im vorliegenden Fall eine solche den Wettbewerb verzerrende Maßnahme des Landesgesetzgebers nicht zu erkennen. Vielmehr stehen ambulante Betreuungsdienste und ambulante Pflegedienste in diesem Sinne schon aufgrund ihrer Unterschiede in den Anforderungen an das Personal und dem angebotenen Leistungsumfang – dazu wird Bezug genommen auf die Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 GG – nicht im (gleichen) Wettbewerb. Nach der bundesgesetzlichen Konzeption,
101vgl. dazu: BT-Drs. 19/6337, S. 152f.,
102sind die Betreuungsdienste auch als „Erweiterung des Angebotsspektrums“ dauerhaft eingeführt worden.
103Zuletzt scheidet eine Wettbewerbsbenachteiligung durch die unterschiedliche Behandlung von Betreuungs- und Pflegediensten schon deshalb aus, weil die dauerhafte und regelhafte Einführung der Betreuungsdienste erst 2019 erfolgte, mithin zu einem Zeitpunkt, in dem die Förderung der Pflegedienste schon seit Jahren erfolgte. Eine zu diesem Zeitpunkt schon bestehende Marktsituation hat ein Marktteilnehmer, der zu einer neu eingeführten Art von Leistungserbringern gehört, mithin hinzunehmen.
104Selbst wenn – entgegen dem Vorstehenden – ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG gegeben wäre, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Hierzu wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.
105Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
106Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet grundsätzlich auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Dabei ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können.
107Vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. März 2014 – 1 BvR 1133/12 –, juris Rn. 18 m.w.N.
108Bei der gewährenden Staatstätigkeit hat der Gesetzgeber weitgehende Freiheit darüber zu entscheiden, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen. Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt.
109Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvF 4/05 –, BVerfGE 122, 1-39, Rn. 88.
110Daran gemessen ist die Unterscheidung zwischen ambulanten Pflegediensten und ambulanten Betreuungsdiensten bei der Förderung ihrer Investitionskosten durch eine Pauschale nicht willkürlich.
111Anders als in dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts,
112vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 3 C 45.03 –, BVerwGE 121, 23-33, juris Rn. 22ff.,
113geht es hier nicht um einen Fall, in dem ein einzelner Konkurrent im Gegensatz zu anderen Konkurrenten aufgrund einer Bedarfsplanung keine Förderung erhält. Die Förderung differenziert nämlich nicht zwischen den einzelnen ambulanten Pflegediensten oder zwischen den einzelnen ambulanten Betreuungsdiensten, sondern (nur) zwischen den Einrichtungsarten.
114Im Übrigen sind Gegenstand der Förderung nicht die Pflegestunden.
115Vgl. zu § 1 AmbPFFV: OVG NRW, Urteil vom 4. Dezember 2018 – 12 A 1232/16 –, juris Rn. 36.
116Mithin ist es nicht entscheidend, dass die Art der erbrachten Leistungen für beide Einrichtungstypen teilweise identisch sind, also ein ambulanter Betreuungsdienst für das Erbringen von pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und Hilfen zur Haushaltsführung eine Förderung erhält, ein ambulanter Betreuungsdienst jedoch nicht. Das Erbringen dieser Leistungen ist nur Grundlage der Berechnung der Förderung der Investitionskosten, nicht hingegen selbst Fördergegenstand.
117Die Nichtförderung von Betreuungsdiensten im Gegensatz zu Pflegediensten rechtfertigt sich aus dem unterschiedlichen Leistungsspektrum der jeweiligen Einrichtung. Während ambulante Pflegedienste das gesamte Leistungsspektrum der häuslichen Pflegehilfe (körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsleistungen, Hilfen bei der Haushaltsführung) bedienen (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), sind Betreuungsdienste auf die Erbringung der beiden letztgenannten Leistungskomplexe beschränkt. Sie erbringen keine körperbezogenen Pflegemaßnahmen.
118Ebenso dürfen Betreuungsdienste Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI nicht durchführen (§ 37 Abs. 9 SGB XI). Im Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/6337, S. 152) ist dazu ausgeführt:
119„Beratungsbesuche nach der Vorschrift des § 37 dienen der Qualitätssicherung. Dies gilt insbesondere bei Pflegebedürftigen, die Pflegegeld beziehen. Die Beurteilung der Pflegesituation erfordert daher nicht nur vertiefte Kenntnisse über betreuerische und hauswirtschaftliche Belange, sondern vor allem auch Kenntnisse, die zur Beurteilung von pflegerischen Sachverhalten aus dem Bereich der körperbezogenen Pflege befähigen. Vor dem Hintergrund, dass sich das Leistungsspektrum der Betreuungsdienste auf pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung beschränkt und mithin nicht sichergestellt ist, dass jeder Betreuungsdienst Kräfte mit ausreichenden Kenntnissen im Bereich der körperbezogenen Pflege vorhält, schließt die Vorschrift derartige Dienste von der Beratung nach § 37 aus. Einzelne Mitarbeiter, die die entsprechenden Befähigungen vorweisen, können jedoch unter den Voraussetzungen von Absatz 3 Satz 1 in die Beratung eingebunden werden.“
120Die Aufgabenbereiche von Pflege- und Betreuungsdiensten überschneiden sich zwar, sind aber nicht deckungsgleich.
121Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 31. März 2022 – 6 ZB 21.2933 –, juris Rn. 18 hinsichtlich der Unterscheidung von Pflege- und Betreuungsdiensten bei der Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern.
122Dies zeigt sich insbesondere auch an § 71 Abs. 3 Satz 3 SGB XI. Bei ambulanten Betreuungsdiensten nach § 71 Abs. 1a SGB XI kann danach anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden.
123Es ist vor diesem Hintergrund rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Land die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen pflegerischen Versorgungsstruktur dadurch erfüllt, dass nur solche Einrichtungen gefördert werden, die eine pflegerische Versorgung auch (all)umfassend erfüllen können.
124Die mit der Förderung verfolgte Sicherstellung einer ordnungsgemäßen pflegerischen Versorgungsstruktur,
125siehe dazu § 1 APG NRW bzw. § 9 Satz 1 SGB XI,
126erfordert nicht die gleichmäßige Förderung von ambulanten Betreuungseinrichtungen und ambulanten Pflegeeinrichtungen.
127Soweit der Kläger darauf verweist, dass er in anderen Rechtsbereichen „wie ein Pflegedienst“ behandelt werde, lässt dies keine Rückschlüsse auf die Rechtslage bei der Förderung von Investitionskosten nach §§ 11, 12 APG NRW zu.
128Der Kläger kann auch nichts daraus herleiten, dass eine Gleichstellung von ambulanten Betreuungsdiensten und ambulanten Pflegediensten bei der Gewährung von sog. Corona-Prämien nach § 150a SGB XI erfolgt. Denn dies beruht allein auf der bundesgesetzlichen Regelung, da die Vorschriften des SGB XI – also auch § 150a SGB XI – nach § 71 Abs. 1a SGB XI entsprechend anzuwenden sind, soweit – wie bei § 150a SGB XI – keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.
129Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch ohne Relevanz, dass eine Gleichstellung von ambulanten Betreuungsdiensten und ambulanten Pflegediensten bei der Förderung von Investitionskosten in anderen Bundesländern – namentlich Niedersachsen – erfolgt. Dies lässt keine Rückschlüsse auf die in Nordrhein-Westfalen geltende Rechtslage zu.
130Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, dass er auch hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes „wie ein Pflegedienst“ behandelt werde, liegt dies nicht daran, dass der Kläger ein „Pflegedienst“ im Sinne des Wohn- und Teilhabegesetzes ist, sondern vielmehr als „Betreuungsdienst“ den gleichen Regelungen unterliegt (vgl. §§ 33, 34 WTG).
131Es ist nach alledem Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob zukünftig auch eine Förderung der Investitionskosten für ambulante Betreuungseinrichtungen erfolgen soll.
132Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
133Die Berufung wird zugelassen, da die Frage, ob ein ambulanter Betreuungsdienst im Sinne des § 71 Abs. 1a SGB XI dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen hat, grundsätzliche Bedeutung hat, § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.