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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.12.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Einkünften des Klägers in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2006.
3Der 1959 geborene Kläger ist Malergeselle. Mit seinem damaligen Arbeitgeber schloss er am 20.06.2005 einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Wuppertal, worin sich beide auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 04.07.2005 einigten. Der Arbeitgeber verpflichtete sich außerdem zur Zahlung des rückständigen Arbeitsentgelts für die Monate März bis Juli 2005 sowie zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bis spätestens zum 31.07.2005. Nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig gezahlt hatte, leitete der Kläger nach eigenen Angaben die Zwangsvollsteckung ein. Ende Januar 2006 trafen der Kläger und sein ehemaliger Arbeitgeber hinsichtlich des noch ausstehenden Betrages eine Ratenzahlungsvereinbarung über monatliche Zahlungen in Höhe von 400,00 EUR. In der Zeit von Januar bis Mai 2006 zahlte der ehemalige Arbeitgeber an den Kläger jeden Monat 400,00 EUR, wobei die erste Rate am 30.01.2006 ausgezahlt wurde. Bis zum 03.01.2006 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I.
4Mit Bescheid vom 24.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 09.12.2005 für Januar 2006 Leistungen in Höhe von 420,82 EUR und für Februar bis einschließlich Mai 2006 Leistungen in Höhe von 505,00 EUR monatlich. Sie ging dabei von einem monatlichen Bedarf in Höhe von 875,00 EUR aus (Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II i. H. v. 345,00 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 530,00 EUR). Für den Monat Januar ging sie von einem anrechenbaren Einkommen von 454,18 EUR aus (400,00 EUR Nachzahlung des Arbeitgebers zuzüglich 84,18 EUR Arbeitslosengeld 1 abzüglich eines Betrages von 30,00 Euro gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg II-V). Für die Monate Februar bis Mai 2006 legte sie ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 370,00 EUR zu Grunde (400,00 EUR Zahlungen des Arbeitgebers abzüglich 30,00 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg-II-V). Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger vor, dass die monatlichen Zahlungen in Höhe von 400,00 EUR nicht als Einkommen anzurechnen seien, weil es sich um Forderungen aus einem ehemaligen Arbeitsverhältnis handele. Betroffen seien Restlohnforderungen und eine Abfindungszahlung sowie Kosten der Vollstreckung. Bei den Restlohnansprüchen sei zu berücksichtigen, dass diese nicht anzurechnen gewesen wären, wenn der Arbeitgeber vor Inanspruchnahme der Leistungen nach dem SGB II gezahlt hätte. Mit Bescheid vom 12.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei den monatlichen Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers handele es sich um Einkommen, das nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Leistungen anzurechnen sei. Es sei unerheblich, dass es um rückständige Zahlungen für einen Zeitraum gehe, in dem der Kläger noch nicht im Leistungsbezug gestanden habe. Entscheidend sei der tatsächliche Zufluss. Dies gelte auch für die Zahlungen aus der Abfindung. Eine entsprechende einmalige Zahlung könne allenfalls im Folgemonat des Zuflusses zu Vermögen werden. Die Kosten für die Vollstreckung könnten allenfalls dann als zweckbestimmte Einnahmen gewertet werden, wenn der Kläger nachweise, dass er diese zweckbestimmt weitergeleitet habe.
5Hiergegen hat der Kläger am 27.09.2006 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass seine Forderung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber einen Vermögenswert darstelle. Dieser Vermögenswert liege unterhalb der Freigrenzen, so dass eine Anrechnung nicht erfolgen dürfe. Außerdem handele es sich um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II. Denn er habe die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten Zahlungen dazu verwenden müssen, Schulden zurückzuzahlen, die er in der Zeit, für die ihm kein Lohn gezahlt worden sei, zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes habe aufnehmen müssen.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2006 zu verpflichten, ihm für die Zeit von Januar 2006 bis einschließlich Mai 2006 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen in Höhe von monatlich 400,00 EUR zu bewilligen.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Mit Urteil vom 14.12.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden beim Kläger die monatlich eingehenden Zahlungen seines ehemaligen Arbeitgebers als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II gewertet. Folgerichtig stellten die Einkünfte des Klägers kein Vermögen im Sinne des § 12 SGB II dar. Zur Unterscheidung beider Begriffe sei die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Arbeitslosenhilfe und des Bundesverwaltungsgerichts zur Sozialhilfe heranzuziehen. Danach stehe bei der Erfüllung von Geldforderungen der tatsächliche Zufluss gegenüber der ihm zugrundeliegenden Forderung im Vordergrund, so dass Einnahmen dann als Einkommen und nicht als Vermögen zu werten seien, wenn diese aus nicht realisierten Forderungen herrührten. Letzteres sei beim Kläger der Fall.
11Gegen das am 16.01.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 07.02.2008 eingelegte Berufung. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass die Sachverhaltsdarstellung im Urteil verkürzt und damit nicht richtig sei. Das Sozialgericht habe nicht danach differenziert, woraus sich die Ratenzahlungsvereinbarung zusammensetze, nämlich aus Restlohnzahlung, Abfindung und Zahlung der Vollzugszinsen und Vollstreckungskosten. Er habe bereits bei Antragstellung in Form der Forderungen gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber über Vermögenspositionen verfügt, die unter den Freibetragsgrenzen gelegen hätten. Es könne nicht auf das Datum des Zuflusses abgestellt werden, sondern auf das Entstehen und das Wesen der Forderung. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass sein ehemaliger Arbeitgeber vor Antragstellung nicht zahlungswillig oder - fähig gewesen sei. Er werde ohne erkennbaren Grund schlechter gestellt, als wenn sein Schuldner rechtzeitig gezahlt hätte. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar.
12Der Kläger beantragt,
13das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.12.2007 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit von Januar 2006 bis einschließlich Mai 2006 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen in Höhe von monatlich 400,00 EUR zu bewilligen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen, die über die ihm für die Zeit von Januar bis Mai 2006 von der Beklagten bereits bewilligten Leistungen hinausgehen. Die Beklagte hat die in der Zeit von Januar bis Mai 2006 geleisteten Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers zu Recht als Einkommen des Klägers anspruchsmindernd berücksichtigt.
20Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II u. a. Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1.durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2.aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
21Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort sowie der in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung -Alg-II-V) genannten Leistungen und Zuwendungen als Einkommen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 1 SGB II demgegenüber alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sind die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aufgestellten Grundsätze zur Bestimmung des sozialhilferechtlichen Einkommensbegriffs beim Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen heranzuziehen. Danach ist Einkommen all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig zusätzlich erhält. Demgegenüber ist Vermögen, was der Betreffende zu Beginn der Bedarfszeit bereits hat (sog. Zuflusstheorie, BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1999, Az. 5 C 16/98; 5 C 35/97; 5 C 14/98). Der Senat schließt sich Zuflusstheorie auch für den Bereich des SGB II an, da die Regelungen der § 11 ff SGB II im Wesentlichen den Bestimmungen des Sozialhilferechts entsprechen (so auch LSG, NRW, Urt. v. 20.06.2007, Az. L 12 AS 44/06 - Revision anhängig unter Az. B 4 AS 29/07 R; Urt. v. 20.08.2007, Az. L 20 AS 99/06 - Revision anhängig unter Az. L 4 B 48/07 R; LSG, Nds.-B., Urt. v. 13.02.2008, Az. L 13 AS 237/07 ER; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 11 Rn. 21 m.w.N.). Zudem hat auch das Bundessozialgericht (BSG) im Bereich der Arbeitslosenhilfe in vergleichbarer Weise eine Abgrenzung von Vermögen und Einkommen vorgenommen. Es hat als Vermögen den Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert angesehen und als Einkommen das, was zufließt und nicht als Bestand vorhanden ist (BSG, Urt. v. 12.12.1996, Az. B 11 RAr 57/96; Urt. v. 9.08.2001, Az. B 11 AL 15/01).
22Da allerdings Einnahmen grundsätzlich aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden, bedarf es zur Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen einer weiteren wertenden Betrachtung. Danach können nur diejenigen Mittelzuflüsse oder Forderungszuwächse als Einkommen angesehen werden, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Veränderung des Vermögensbestandes desjenigen zur Folge haben, der die Mittelzuflüsse oder Forderungszuwächse hat. Dies bedeutet, dass eine Verwertung bereits bestehender Vermögenswerte - d. h. eine Vermögensumschichtung - in der Regel kein Einkommen, sondern weiterhin Vermögen darstellt (BVerwG a.a.O; BSG, Urt. v. 20.06.1978, Az. 7 Rar 47/77; Eicher/Spellbrink a.a.O., § 11 Rn. 21; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, § 12 Rn. 57 ff). Anders ist es aber dann, wenn es nicht um bewusst angespartes vormaliges Einkommen geht, sondern Grund der Forderung nicht realisierte, erstmalige und nicht auf der Verwertung von anderem Vermögen beruhende Einnahmen sind, deren Auszahlung lediglich nicht früher zu erreichen gewesen ist. In letzteren Fällen gehört zwar die noch nicht erfüllte Forderung zum Vermögen, jedoch der tatsächliche Zufluss bei Erfüllung der Geldforderungen zum Einkommen (BVerwG a.a.O; LSG NRW, Urt. v. 08.11.2007, Az. L 9 AS 67/06 - Nachzahlung von Übergangsgeld; LSG NRW, Urt. v. 20.06.2007, Az. L 12 AS 44/06 und Urt. v. 20.08.2007, Az. L 20 AS 99/06 - Revision anhängig, Az. B 14 AS 48/07 R - Steuererstattung; Mecke in Eicher/Spellbrinka a.a.O., § 11 Rn. 20 m.w.N.).
23Danach sind die monatlichen Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers als Einkommen des Klägers anzusehen. Es liegt eine Situation vor, in der dem Kläger erstmals etwas aus einer bereits bestehenden Rechtsposition zugewachsen ist, die nicht auf freiwillig angespartem Vermögen oder der Wiederherstellung einer früheren Vermögenslage beruht. Der Kläger hat nicht freiwillig auf eine frühere, bereits mögliche Realisierung seiner Rechtsposition verzichtet, sondern diese Rechtsposition war vorher nicht realisierbar. Der wirtschaftliche Wert der Rechtsposition ist ihm bei wertender Betrachtung daher erst im Bezugszeitraum zugeflossen.
24Die Anrechnung ist auch nicht gemäß § 11 Abs. 3 SGB II bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V ausgeschlossen. Danach sind zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen (§ 1 Abs. 2 SGB II: Lebensunterhalt oder Arbeitseingliederung) und die Lage des Empfängers nicht so günstig zu beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Zweckbestimmt sind solche Leistungen, die mit einer erkennbaren Zweckrichtung (etwa Abgeltung eines besonderen Aufwands oder Schadens) in der Erwartung gezahlt werden, dass sie vom Empfänger tatsächlich für den gedachten Zweck verwendet werden, so dass die Anrechnung auf den Unterhalt eine Zweckverfehlung darstellen würde (Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 Rn 44). Soweit es sich vorliegend um nachgezahltes Arbeitsentgelt, handelt liegt Zweckidentität vor. Arbeitsentgelt dient der Deckung des Lebensunterhaltes und damit den gleichen Zwecken, wie die Leistungen nach dem SGB II. Nichts anderes kann für nachgezahltes Arbeitsentgelt gelten. Soweit der Kläger vorträgt, er habe das Geld zur Rückzahlung von Schulden einsetzen müssen, rechtfertigt dies keine andere Betrachtung. Es ergibt sich hieraus weder eine nachträgliche Änderung der Zweckbestimmung des Arbeitsentgelts noch ist die steuerfinanzierte Sozialleistung des Arbeitslosengeldes II, mit Ausnahme gegebenenfalls darlehensweiser Leistungen im Rahmen des § 23 SGB II, ein Mittel zur Schuldentilgung. Auch für die Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist eine Ausnahme von der Berücksichtigung als Einkommen nicht zu machen. Allerdings hat früher das Bundessozialgericht (BSG) eine vom Arbeitsgericht gemäß §§ 9,10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) festgesetzte oder in Anlehnung an §§ 9,10 KSchG ausschließlich für den Verlust des Arbeitsplatzes vergleichsweise vereinbarte Abfindung bei der Arbeitslosenhilfe nicht als zu berücksichtigendes Einkommen angesehen, weil es sich dabei um einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes handele (BSG, Urt. v. 21.04.1988, Az. 7 RAr 49/86). Deshalb greife § 138 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitsföderungsgesetz - AFG (bis 31. Dezember 2004 § 194 Abs. 3 Nr. 7 SGB III) ein, wonach Leistungen zum Ersatz eines Schadens nicht als Einkommen angerechnet würden. Eine diesen Bestimmungen vergleichbare Regelung ist aber weder in das SGB II noch in die Alg II-V aufgenommen worden. Vielmehr sind jetzt gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II nur noch solche Entschädigungen nicht als Einnahmen zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der Nichtvermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geleistet werden, d. h. für eine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und/oder der sexuellen Selbstbestimmung. Beim Verlust des Arbeitsplatzes handelt es sich nicht um die Verletzung eines dieser Rechtsgüter. Eine erweiternde Auslegung des Ausnahmetatbestandes ist schon deshalb nicht geboten, weil dem Gesetzgeber die Regelungen des § 138 Abs. 3 Nr. 6 AFG und des § 194 Abs. 3 Nr. 7 SGB III bekannt waren, und er diese Regelungen bewusst nicht in das SGB II übernommen, sondern sich am früheren Sozialhilferecht des BSHG orientiert hat (so auch LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 01.02.2007; Az. L 13 AS 6118/06 ER-B). Soweit der Kläger schließlich meint, zumindest bei den Zahlungen des Arbeitgebers, die auf den Ersatz der ihm entstandenen Vollstreckungskosten abzielten, handele es sich um zweckbestimmte Einnahmen, ist dies ebenfalls nicht zutreffend. Eine Zweckbestimmung scheidet hier schon deswegen aus, weil nicht zu erkennen ist, dass ein Teil der Ratenzahlungen zweckbestimmt zur Zahlung der Kosten der Zwangsvollstreckung geleistet worden ist.
25Soweit der Kläger außerdem geltend macht, es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz (GG), dass er durch die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen ohne sein Verschulden und ohne erkennbaren Grund schlechter gestellt werde, als wenn sein Arbeitgeber rechtzeitig gezahlt hätte, überzeugt dies nicht. Eine Grundrechtsverletzung ist hierin nicht zu sehen. Das Grundrecht aus Artikel 3 Abs. 1 GG ist nur dann betroffen, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass dies eine ungleiche Behandlung rechfertigen könnte. Es ist schon nicht erkennbar, worin vorliegend die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung liegen soll, weil bei allen SGB II-Leistungsbeziehern grundsätzlich jeder Zufluss eines Vermögenswertes im Leistungszeitraum als Einkommen berücksichtigt wird. Soweit nachgezahltes Arbeitsentgelt von diesem Grundsatz abweichend demgegenüber als Vermögen angesehen würde, stellte dies vielmehr eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Leistungsbeziehern dar, denen im Bezugszeitraum anderweitige Einkünfte zufließen. Eine solche Ungleichbehandlung wäre aber offensichtlich sachwidrig. Denn im Rechtsverkehr trägt grundsätzlich der Gläubiger das Risiko des Zahlungsausfalls und der verspäteten Zahlung. Es sind keine Gründe erkennbar - und solche werden auch vom Kläger nicht vorgetragen -, die es rechtfertigten, im Bereich des SGB II von diesem Grundsatz abzuweichen und hier im Ergebnis die Allgemeinheit und nicht den Leistungsempfänger als Gläubiger eines privatrechtlichen Anspruchs mit den Folgen eines Zahlungsverzuges zu belasten.
26Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V sind danach die dem Kläger ab Januar 2006 monatlich zugeflossenen Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers ab diesem Monat als Einkommen zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Zahlungen verfügte der Kläger im Januar 2006 über ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 454,18 EUR (400,00 EUR Nachzahlungen des Arbeitgebers zuzüglich 84,18 EUR Arbeitslosengeld I abzüglich eines Betrages von 30,00 Euro gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg II-V) und von Februar bis Mai 2006 über ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 370,00 EUR (400,00 EUR abzüglich 30,00 EUR). Den monatlichen Bedarf des Klägers hat die Beklagte wie vom Kläger beantragt und im Übrigen auch nicht beanstandet mit 875,00 EUR beziffert (Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II i. H. v. 345,00 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 530,00 EUR). Hiervon ausgehend hat die Beklagte zutreffend für den Monat Januar 2006 einen Leistungsanspruch in Höhe von 420,85 EUR und für die Monate Februar bis Mai 2006 einen Leistungsanspruch in Höhe von 505,00 EUR errechnet. Weitere Leistungen stehen dem Kläger nicht zu.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob Zahlungen im Bezugszeitraum aus bereits vor Leistungsbeginn bestehenden titulierten Forderungen, als Einkommen oder Vermögen zu bewerten sind, ist höchstrichterlich für das SGB II bislang noch nicht entschieden.