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Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.01.2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwalt I aus C beigeordnet.
Gründe
2I.
3Der Antragsteller begehrt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
4Der im Jahr 1954 geborene Antragsteller ist rumänischer Staatsangehöriger. Er lebt nach eigenen Angaben seit 2009 in Düsseldorf. Über eine Wohnung habe er in der ganzen Zeit nicht verfügt, sondern übernachte in Notschlafstellen und auf der Straße. Seinen Lebensunterhalt habe er durch den Verkauf einer Straßenzeitung, das Sammeln von Pfandflaschen sowie durch Spenden und Almosen sichergestellt. Über weiteres Einkommen und Vermögen verfüge er nicht, er habe auch keine Krankenversicherung. Seit dem Jahr 2013 sind regelmäßige Übernachtungen in den Notschlafstellen der Antragsgegnerin nachgewiesen, allerdings zum Teil mit längeren Unterbrechungen. Bei einer Meldebehörde in Deutschland meldete er sich nicht an.
5Der Antragsteller beantragte am 29.06.2020 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII bei der Antragsgegnerin. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2020 ab. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII, da er kein materielles Aufenthaltsrecht habe und somit gem. § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII von den Leistungen ausgeschlossen sei. Die Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII greife nicht ein, da keine Meldung bei der Einwohnermeldebehörde vorliege. Dabei handele es sich um eine Anspruchsvoraussetzung, der durchgehende Aufenthalt könne daher auch bei obdachlosen Personen nicht auf andere Art und Weise nachgewiesen werden.
6Der Antragsteller erhob am 24.12.2020 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf. Gleichzeitig hat er beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Leistungszahlung zu verpflichten.
7Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 25.01.2021 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII vom 24.12.2020 bis zum 28.02.2021 in Höhe des Regelsatzes nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung, da er das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII glaubhaft gemacht habe. Die Dauer des Aufenthaltes könne auch auf andere Weise als durch eine melderechtliche Anmeldung belegt und glaubhaft gemacht werden.
8Gegen den Beschluss hat die Antragsgegnerin am 05.02.2021 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 199 Abs. 2 SGG gestellt. Der Senat hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Beschluss vom 04.03.2021 abgelehnt.
9II.
10Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.01.2021 hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht zur Leistungszahlung verpflichtet.
111. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß §§ 172, 173 SGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass das Sozialgericht die Antragsgegnerin nur bis zum 28.02.2021 verpflichtet hat, dieser Zeitraum abgelaufen ist und die Leistungen mittlerweile (teilweise) ausgezahlt worden sind, nachdem der Senat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 199 Abs. 2 SGG abgelehnt hat. Das Rechtschutzbedürfnis der Antragsgegnerin besteht weiterhin (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 18.03.2014 – L 13 AS 363/13 B ER und vom 09.06.2010 – L 13 AS 147/10 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21.10.2020 – L 7 SO 2772/20 ER-B und vom 17.10.2018 – L 7 SO 3150/18 ER-B ; Burkiczak in: jurisPK-SGG, § 86b SGG, Rn. 529; aA LSG Bayern, Beschlüsse vom 25.06.2018 – L 8 SO 49/18 B ER und vom 08.02.2017 – L 8 SO 269/16 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2018 – L 4 SO 10/18 B ER). Denn im Falle einer Aufhebung einer erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung durch das Beschwerdegericht hat die Behörde sogleich einen Anspruch auf Erstattung der aufgrund der aufgehobenen einstweiligen Anordnung erbrachten Leistungen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.10.2018 – L 7 SO 3150/18 ER B).
122. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin zurecht im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII zu erbringen.
13Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
14Die Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann entweder auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache oder eine Folgenabwägung gestützt werden. Dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte ist Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 – 1 BvR 216/07). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18, vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 und vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12). Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte -, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.03.2019 – 1 BvR 169/19).
15Dem Antragsteller sind Leistungen aufgrund einer Folgenabwägung zuzusprechen.
16Auf der Grundlage des von ihm dargelegten Sachverhaltes hat der Antragsteller einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII, denn er erfüllt die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift sind leistungsberechtigt nach diesem Kapitel Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen. Der Antragsteller hat die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII überschritten und verfügt weder über Einkommen noch über Vermögen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
17Der Antragsteller wird nicht durch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von den Leistungen ausgeschlossen.
18Zwar erhalten nach dieser Vorschrift Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Aufenthaltsrecht im Sinne dieser Vorschrift ist ein materielles Aufenthaltsrecht, nicht ausreichend ist die generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer, für deren rechtmäßige Einreise nach Deutschland ein gültiger Pass genügt (§ 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Aufgrund dieser generellen Freizügigkeitsvermutung muss der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs. 4 FreizügG/EU bzw. der Missbrauchstatbestände in § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet hat (BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R). Ein materielles Aufenthaltsrecht des Antragstellers ist nicht ersichtlich, denn als nicht erwerbstätiger Unionsbürger hätte er ein solches gem. § 4 FreizügG/EU nur, wenn er über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen würde. Beides ist nicht der Fall.
19Jedoch greift die Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII zugunsten des Antragstellers ein. Nach dieser Vorschrift erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen abweichend von Satz 1 Nummer 2 und 3 Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 7 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde.
20Der Anwendung der Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII steht nicht entgegen, dass sich der Antragsteller nicht bei einer Meldebehörde angemeldet hat. § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII ist teleologisch zu reduzieren. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.10.2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13). Eine teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Methoden der Gesetzesauslegung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschlüsse vom 31.10.2016 - 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13; vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 und vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96; BSG, Beschluss vom 13.08.2019 – B 10 EG 8/19 B).
21Es kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zu folgen ist, dass die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII, wonach die Frist nach Satz 7 mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde beginnt, auch in den Fällen generell teleologisch zu reduzieren ist, in denen der durchgehende Aufenthalt in Deutschland auf andere Weise nachgewiesen werden kann (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.06.2017 - L 15 SO 112/17 B ER; Siefert in: jurisPK-SGB XII, § 23 SGB XII, Rn. 114; aA LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2018 - L 23 SO 146/18 B ER, L 23 SO 147/18 B ER PKH).
22Jedenfalls ist § 23 Abs. 3 Satz 8 SGB XII in den Fällen teleologisch zu reduzieren, in denen eine Meldepflicht nicht besteht. Denn die Betroffenen könnten in diesen Fällen niemals die Voraussetzungen der Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII erfüllen, was offensichtlich nicht der Zweck der Regelung ist. Der Antragsteller unterlag nicht der Meldepflicht, denn eine solche besteht gem. § 17 Abs. 1 BMG nur für Personen, die eine Wohnung beziehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.05.2020 – L 18 AS 1812/19). Der Antragsteller hat jedoch nie eine Wohnung bezogen, da er nach seinen Angaben durchgehend obdachlos war. Dies ist seit 2013 durch die Übernachtungen in den Notschlafstellen der Antragsgegnerin dokumentiert. Vor diesem Hintergrund kann es im vorliegenden Verfahren für den Beginn der fünfjährigen Frist nach § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII nicht auf eine Meldung bei der zuständigen Meldebehörde ankommen. Der Senat gibt seine bisherige, entgegenstehende Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 26.02.2019 – L 9 SO 672/18 B ER) insoweit auf.
23In tatsächlicher Hinsicht ist daher der Aufenthalt „ohne wesentliche Unterbrechungen“ iSd § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII aufklärungsbedürftig. Nach der Übernachtungsliste der Notschlafstelle liegen zwischen Dezember 2013 und August 2016, Juli 2017 und Januar 2018 sowie April 2019 und Oktober 2019 Lücken, in denen Übernachtungen des Antragstellers nicht dokumentiert sind. Andererseits bescheinigt die Diakonie E, dass der Antragsteller von Oktober 2015 bis März 2016 dort über eine Postadresse verfügte und war der Antragsteller bei dem Straßenmagazin „fifty-fifty“ nach dessen Darstellung seit März 2011 Verkäufer des Straßenmagazins und wurde er bei Streetworkeinsätzen regelmäßig im Eer Stadtgebiet angetroffen. Nach derzeitiger Aktenlage spricht mehr dafür als dagegen, dass der Antragsteller sich dauerhaft im Bundesgebiet aufgehalten hat.
24Noch nicht abschließend geklärt ist schließlich, ob der Antragsteller – sollte die Rückausnahme des § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII nicht greifen – sich auf eine besondere Härte iSd § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII berufen kann und dies zu einem dauerhaften Anspruch auf Grundsicherungsleistungen führen kann. Ein Ausreisewille dürfte für die Anwendung dieser Bestimmung nicht erforderlich sein (dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 16.01.2019 – L 7 AS 1085/18 B mwN und vom 30.05.2019 – L 20 AY 15/19 B ER). Klärungsbedürftig ist dann, ob dem Antragsteller aus gesundheitlichen oder sozialen oder anderen schwerwiegenden Gründen eine Rückkehr in sein Herkunftsland zumutbar ist. Hierzu werden die Beteiligten im Hauptsacheverfahren vortragen müssen.
25Ist nach Klärung aller angesprochenen Fragen schließlich ein Leistungsanspruch des Antragstellers nicht begründbar, stellt sich abschließend die Frage nach der Verfassungskonformität eines solchen Ergebnisses (hierzu eingehend mwN BVerfG, Beschluss vom 12.02.2020 – 1 BvR 1246/19).
26Bei der dementsprechend gebotenen Folgenabwägung sind die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung zu Gunsten des Antragstellers nicht erginge, eine Klage in der Hauptsache aber später Erfolg hätte, mit denen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erginge, die Klage aber erfolglos bliebe (vgl. Beschluss des Senats vom 27.05.2014 – L 9 SO 103/14 B ER). Im vorliegenden Verfahren geht die Folgenabwägung zu Lasten der Antragsgegnerin, für die lediglich eine finanzielle Belastung bei einer zu erwartenden fehlenden Realisierbarkeit eines Erstattungsanspruchs bei Ablehnung eines Leistungsanspruchs im Hauptsacheverfahren droht, während der Antragsteller dauerhaft in seinem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum beeinträchtigt würde, wenn Leistungen verweigert werden, obwohl ein Anspruch besteht.
27Aufgrund der Glaubhaftmachung der Voraussetzungen der Rückausnahme in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII hat der Antragsteller Anspruch auf den vollen Regelsatz und nicht lediglich auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB XII. Das ist vom Sozialgericht bereits entsprechend tenoriert worden und von der Antragsgegnerin zur Abwendung einer Vollstreckung zu beachten.
283. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
294. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
305. Die Entscheidung über die Bewilligung von PKH beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 ff. ZPO.