Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Der Beklagte ist seit September 1974 Mieter, die Kläger Vermieter einer im 3. OG des Hauses N G 2-4 in Köln gelegenen Wohnung. Zu der 100 qm großen Wohnung gehört ein Balkon von ca. 1,25 qm Größe. Die monatliche Gesamtmiete beträgt 860,00 € (Grundmiete in Höhe von 720,00 € und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 140,00 €). Ende des Jahres 2010 sperrte die Stadt Köln, Bauaufsichtsamt, den Balkon aufgrund von Baufälligkeit und untersagte den Klägern und dem Beklagten das Betreten und die Nutzung des Balkons. Eine Sanierung oder Erneuerung des Balkons nahmen die Kläger bis heute nicht vor. Der Beklagte zahlte von März 2011 bis einschließlich August 2012 eine um monatlich 36,00 € reduzierte Miete. Mit der Klage machen die Kläger die Zahlung dieser Mieten geltend (insgesamt 648,00 Euro; 18 Monate mal 36,00 Euro). Mit Schreiben des Mieterverein Köln vom 21.03.2011 (Bl. 14 d. A.) teilte der Beklagte gegenüber den Klägern mit, dass er aufgrund der Untersagung der Nutzung des Balkons die Miete um 5 % mindern werde. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Minderung.
3Die Kläger sind der Ansicht, die Miete sei nicht gemindert. Sie behaupten, der Beklagte nutze den Balkon trotz des Verbotes. Sowohl im Sommer 2011 als auch im Sommer 2012 hätten zwei Stühle und ein Tisch auf dem Balkon gestanden. Sie sind ferner der Ansicht, die Sperrung des Balkons sei ein unerheblicher Mangel und führe nicht zu einem Mietminderungsrecht für den Beklagten. Selbst bei Annahme einer Minderung könne keine Quote in der geltend gemachten Höhe gerechtfertigt sein. Im Vergleich zur Wohnung handele es sich nur um eine winzige Außenfläche, so dass die geltend gemachte Minderung völlig unangemessen sei. Die Kläger sind des Weiteren der Ansicht, ein Balkon habe in der kälteren Jahreszeit keinen Wohnwert und eine Mietminderung scheide daher in den Monaten von Oktober bis März ohnehin aus.
4Die Kläger beantragen,
5den Beklagten zu verurteilen, an sie 648,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2012 zu zahlen.
6Der Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Der Beklagte ist der Ansicht, die Miete sei um 5 % monatlich gemindert. Diese Minderungsquote sei angemessen, da eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität vorliege. Die einbehaltene Miete stelle auch nur eine solche Minderung der Nettokaltmiete dar, bezogen auf die Bruttomiete sei nur eine Minderung von 4,37 % vorgenommen worden. Dies sei nicht zu beanstanden. Auch nutze der Beklagte den Balkon nicht trotz des Verbotes. Der Balkon werde nicht mehr betreten, lediglich gelegentlich kurz zum Gießen der Blumen auf dem Balkon. Der Beklagte ist ferner der Ansicht, es sei unerheblich, ob und in welchem Umfang der Balkon bedingt durch Witterungsverhältnisse nutzbar sei oder nicht. Maßgeblich sei die objektive Beeinträchtigung. Vorsorglich beruft sich der Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB bis zur Instandsetzung des Balkons und einer entsprechenden Nutzungsmöglichkeit.
9Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 05.02.2013 verwiesen.
10Entscheidungsgründe
11Die Klage ist unbegründet.
12Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Miete in Höhe von insgesamt 648,00 € aus § 535 Abs. 2 BGB.
13Der Mietzins ist gemäß § 536 Abs. 1 BGB aufgrund der Sperrung des Balkons bzw. der Untersagung des Betretens und der Nutzung des Balkons in der vom Beklagten geltend gemachten Höhe gemindert. Die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Mietsache ist mangelhaft und die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben bzw. erheblich gemindert. Dass das Bauaufsichtsamt die Nutzung des Balkons untersagt hat, war den Klägern unstreitig jedenfalls seit Ende des Jahres 2010 bekannt. Mit dem Schreiben des Mieterverein Köln vom 21.03.2011 hat der Beklagte zudem den hier gerügten Mangel mitgeteilt und sich auf eine Minderung in Höhe von 5 % berufen.
14Die Mietsache ist mit einem nach der Überlassung aufgetretenem Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB behaftet, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert. Die Sperrung des Balkons, mit der Folge, dass der Beklagte diesen nicht mehr betreten und benutzen darf, ist ein Sachmangel, der die Tauglichkeit des Balkons zum vertragsgemäßen Gebrauch gänzlich aufhebt. Entgegen der Ansicht der Kläger, stellt die Sperrung des Balkons keinen unerheblichen Mangel dar. Nach § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB bleibt eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit außer Betracht. Obwohl der Balkon klein ist, ist dessen Unbenutzbarkeit kein unerheblicher Mangel. Die Beklagten wohnen im dritten Stockwerk in einer Großstadt, so dass einem, wenn auch nur kleinen, Balkon durchaus ein nicht unbedeutender Wohnwert zukommt. Es gibt zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten, die sowohl ein kleiner als auch ein größerer Balkon bieten. Exemplarisch soll hier genannt werden, dass man auf dem Balkon zumindest mit zwei Personen verweilen oder ihn als Abstellfläche nutzen kann. Weiter könnten der Mieter oder seine Gäste darauf rauchen, wenn dies nicht in der Wohnung gewünscht ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Wohnung schon seit dem Jahre 1974 bewohnt und mithin den Balkon schon sehr lange zur Verfügung hat. Weiter wollte der Gesetzgeber mit § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB sicherstellen, dass sich die Parteien nicht in kleinlichen Streitigkeiten verlieren. Ein unerheblicher Mangel liegt vor, wenn er leicht zu erkennen ist und schnell sowie mit geringen Kosten beseitigt werden kann (vgl. Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, 10. Auflage 2011, § 536 Rn. 42, 43). Ein baufälliger Balkon, von dem solche Gefahren ausgehen, dass man ihn aus bauordnungsrechtlicher Sicht nicht mehr betreten darf, kann kein unerheblicher Mangel sein.
15Auch die Ansicht der Kläger, ein Balkon habe im Winter keinerlei Wohnwert, ist nicht zutreffend. In der kälteren Jahreszeit kann ein Balkon ebenfalls als Abstellfläche dienen oder dazu, darauf zu rauchen. Es bietet sich z.B. auch an, auf dem Balkon Getränke zu kühlen. Schließlich können auch im Winter Pflanzen auf dem Balkon stehen und dieser so und zur Erholung genutzt werden, denn es gibt auch Winterpflanzen und der Mieter hat durchaus das Recht, sich auch im Winter auf dem Balkon einzurichten wie er das möchte und ggf. auch im Winter (etwa bei Sonnentagen) auf dem Balkon zu sitzen. Zudem ist für die Annahme eines Mangels das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung entscheidend. Dieses Äquivalenzverhältnis ist bei Unbenutzbarkeit eines Balkons gestört und zwar ungeachtet der Jahreszeit.
16Das Minderungsrecht des Beklagten ist auch nicht ausgeschlossen. Da die Anzeigepflicht des Beklagten aus § 536 c Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt, weil die Kläger den Mangel kennen, kommt ein Ausschluss des Minderungsrechtes gem. § 536 c Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht in Betracht (s. dazu bereits oben). Hierbei schadet der Umstand, dass den Klägern die Kenntnis des Mangels durch einen Dritten, nämlich durch die Bauordnungsbehörde vermittelt wurde, nicht.
17Dass die Ehefrau den Balkon trotz der ordnungsbehördlichen Verfügung auf eigene Gefahr hin betreten hat, um die Blumen auf dem Balkon zu gießen und dass der Beklagte seine Möbel darauf stehen gelassen hat, stellt entgegen der Ansicht der Kläger, auch keinen Umstand dar, der zu einem Ausschluss des Minderungsrechtes führt. Wird ein Vergleich mit einer Fallgestaltung gezogen, in der eine Wohnung aufgrund von akutem, gesundheitsgefährdendem Schimmelbefall völlig unbewohnbar ist und der Mieter diese Wohnung aber trotzdem nutzt und bewohnt, würde der Einwand der Verwirkung und somit ein Ausschluss der Rechte des Mieters aus § 536 Abs. 1 BGB in Betracht kommen (vgl. Schmidt-Futterer, 10. Auflage, § 536 Rn. 323). Die vorliegende Sachlage ist jedoch nicht dementsprechend zu bewerten. Ein Betreten des Balkons durch die Ehefrau des Beklagten, um die Blumen zu gießen, schließt das Minderungsrecht nicht aus. Ein kurzes Betreten des Balkons stellt keine Nutzung der Außenfläche dar, wie sie in dem Vergleichsfall vorliegt. Auch dass auf dem Balkon Möbel stehen gelassen wurden, spricht nicht für eine Nutzung des Balkons. Weiterer Vortrag der Kläger, der zu einer Verwirkung des Minderungsrechtes führen könnte, besteht nicht.
18Die Mietminderung errechnet sich aus der Bruttomiete. Die vom Beklagten vorgenommene Minderungsquote liegt bei 4,19 %. Die Gebrauchstauglichkeit des Balkons ist über den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum gänzlich aufgehoben. Das Gericht hält, die Schwere des Mangels sowie den Grad und die Dauer der Minderung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch zu Grunde gelegt, eine Minderung von 4,19 % für angemessen. Auch der Umstand, dass die Außenfläche im Verhältnis zur gesamten Wohnfläche nur sehr klein ist, ändert nichts an der Angemessenheit der Minderungsquote. Der streitgegenständliche Balkon ist bezüglich der Berechnung des Wohnwertes jedenfalls mit einer Abstellkammer oder einem Vorratsraum vergleichbar. Nach der von der Rechtsprechung angewandten Nutzwertanalyse ist bei völliger Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit eines Vorratsraumes eine Minderungsquote von ca. 4 % angemessen (vgl. Eisenschmid, a. a. O., Rn. 370-374). Gleiches muss auch für einen kleinen Balkon gelten.
19Da die Klage bereits im Hinblick auf die Hauptforderung unbegründet ist, ist sie es auch hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen. Den Klägern steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zinsen aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB nicht zu.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
21Streitwert: 648,00 €
22