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1. Bei einem Antrag gemäß § 9a TzBfG muss für den Erklärungsempfänger erkennbar sein, dass er sich auf diese und nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützt. Dabei ist ein Vertragsangebot, das sich gestaffelt auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen stützt, zulässig. 2. Die Veränderungssperre des § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG bezieht sich ausschließlich auf eine vorherige Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 9a Abs. 1 TzBfG. Eine analoge Anwen-dung auf andere Teilzeitansprüche kommt nicht in Betracht.
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.06.2020 - 5 Ca 1315/20 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über die zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin.
3Die am 20.09.1968 geborene Klägerin ist Mutter eines zwischenzeitlich volljährigen Kindes und war seit dem 01.06.2007 bei der Beklagten, einer Krankenkasse mit mehreren hundert Mitarbeitern, als Tarifbeschäftigte zunächst in Vollzeit tätig. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin für eine Vollzeitbeschäftigung betrug zuletzt 4.792,06 Euro. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 23.05.2007 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Mitglieder der TGAOK (BAT/AOK-Neu) vom 07.08.2003 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. § 12 BAT/AOK-Neu enthielt zuletzt folgende, mit "Teilzeitbeschäftigung" überschriebene Bestimmung:
4"(1) Mit Beschäftigten soll auf Antrag eine geringere als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie
5a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
6b) einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
7tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen.
8Die Teilzeitbeschäftigung nach Unterabsatz 1 ist auf Antrag auf bis zu fünf Jahre zu befristen. Sie kann verlängert werden; der Antrag ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen.
9(2) Beschäftigte, die in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen eine Teilzeitbeschäftigung vereinbaren wollen, können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihnen die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung mit dem Ziel erörtert, zu einer entsprechenden Vereinbarung zu gelangen. Daneben findet das TzBfG Anwendung.
10"
11Mit Nachträgen zum Arbeitsvertrag vom 05.03.2012 und vom 29.12.2016 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2017 und für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 31.03.2019 eine Verringerung der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin von 100 % gemäß § 9 BAT/AOK-Neu, d.h. 38,5 Stunden auf jeweils 90,91 % der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 9 BAT/AOK-Neu, d.h. auf wöchentlich 35 Stunden. Mit einem weiteren Nachtrag vom 26.03.2019 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.03.2020 die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin auf 85,71 % der Arbeitszeit nach § 9 BAT/AOK-Neu, d.h. auf wöchentlich 33 Stunden. Die Teilzeit wurde der Klägerin auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu jeweils zur Betreuung ihres in den genannten Zeiträumen noch minderjährigen Kindes gewährt.
12Mit Schreiben vom 07.01.2020 wandte die Klägerin sich wie folgt an die Beklagte:
13"Verlängerung meines Teilzeitvertrages
14Sehr geehrter Herr T.,
15mein befristeter Teilzeitvertrag über wöchentlich 33 Stunden läuft am 31.03.2020 aus. Ich möchte Sie bitten, eine weitere Reduzierung meiner wöchentlichen Arbeitszeit ab 01.04.2020 bis 31.03.2021 auf 33 Stunden zu genehmigen.
16Mit freundlichen Grüßen
17N. H."
18Über dem maschinenschriftlich gedruckten Namen der Klägerin hatte diese nicht eigenhändig unterschrieben. Mit Schreiben vom 15.01.2020 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit dem Hinweis ab, es liege keine Begründung ihres Teilzeitantrags i.S.d. § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu vor. Mit eigenhändig von der Klägerin unterzeichnetem Schreiben vom 22.01.2020, der Beklagten am 24.01.2020 zugegangen, wandte die Klägerin sich wie folgt erneut an die Beklagte:
19"Verlängerung meines Teilzeitvertrages
20Sehr geehrte Frau I.,
21hiermit beantrage ich erneut die Verlängerung meines Teilzeitvertrages ab 01.04.2020 bis 31.03.2021 mit wöchentlich 33 Stunden.
22Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben vom 15.01.2020 da drauf, dass keine Begründung meines Teilzeitantrages ersichtlich im Sinne des § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu vorliegt. Aus Pietätsgründen habe ich nie angegeben, dass mein Vater seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt ist und auch Pflegebedürftig ist. Neben dem Pflegedienst stehe ich meinem Vater betreuend zur Seite.
23Ich beziehe mich aber auch auf den § 12 Abs. 2 BAT/AOK-Neu in Verbindung mit dem TzBfG und möchte Sie daher bitten, meinen Antrag erneut zu überprüfen.
24"
25Mit Schreiben vom 27.01.2020 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. In dem Schreiben hieß es:
26"Ablehnung des Antrages auf Teilzeitbeschäftigung
27Sehr geehrte Frau H.,
28am 23.01.2020 stellten Sie den Antrag auf Fortsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe von 33 Stunden. Diesen Antrag müssen wir leider ablehnen. Hier stehen dienstliche Belange entgegen, da im Rahmen der Neuorganisation der AOK S./I. "AOK 4.0" neue Einheiten in neuen Liegenschaften an neuen Standorten entstehen. Hierzu sind wir auf die Arbeitsleistung jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters in Vollzeit angewiesen.
29Eine Reduzierung der Arbeitszeit können wir nur den Mitarbeitern gewähren, die einen Sachgrund darlegen können. Die Angabe, einen Angehörigen zu pflegen, ohne Vorlage eines Gutachtens oder Attestes, reicht hier leider nicht aus.
30"
31Im Anschluss an die Ablehnung der Beklagten arbeitete die Klägerin ab dem 01.04.2020 wieder in Vollzeit. Dies war auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 28.10.2020 der Fall.
32Mit am 06.03.2020 bei Gericht eingegangener und der Beklagten am 18.03.2020 zugestellter Klage verfolgt die Klägerin ihr Teilzeitbegehren weiter. Sie ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nach dem TzBfG zu. Betriebliche Gründe stünden der von ihr beantragten Verringerung der Arbeitszeit nicht entgegen. Auch auf den Hinweis des Arbeitsgerichts im Gütetermin habe die Beklagte entgegenstehende betriebliche Gründe nicht einlassungsfähig dargelegt. Die Klägerin hat außerdem behauptet, in ihrem Team Krankengeld habe es weder Neueinstellungen noch Rückstände gegeben.
33Die Klägerin hat beantragt
341.die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit im Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 auf 33 Stunden zuzustimmen;
352.hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2021 auf 33 Stunden zuzustimmen.
36Die Beklagte hat beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Sie ist der Ansicht gewesen, die Klägerin habe weder einen Teilzeitanspruch nach dem BAT/AOK-Neu noch nach dem TzBfG. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT/AOK-Neu seien nicht erfüllt. Insbesondere habe die Klägerin nicht den in § 12 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b BAT/AOK-Neu geforderten Nachweis erbracht. Ebenso wenig stehe der Klägerin ein Teilzeitanspruch nach § 9a TzBfG zu. § 8 und § 9a TzBfG seien durch § 12 BAT/AOK-Neu abbedungen. Der Antrag der Klägerin habe überdies die Frist des § 9a Abs. 3 Satz 1 iVm. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt. Die sog. "Brückenteilzeit" setzte zudem denknotwendig voraus, dass es zwei Säulen der (Voll-)Beschäftigung gebe. Nach § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG müsse der Arbeitnehmer zunächst für die Dauer eines Jahres zu seiner ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren. Die Klägerin habe bereits bis zum 31.03.2020 "Brückenteilzeit" gehabt. Infolgedessen falle sie ab dem 01.04.2020 für mindestens ein Jahr in Vollzeit zurück, bevor sie erneut eine zeitlich begrenzte Verringerung ihrer Arbeitszeit beantragen könne. Der Klägerin sei weit über das Maß des § 9a TzBfG "Brückenteilzeit" gewährt worden.
39Schließlich stünden dem Teilzeitbegehren der Klägerin dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange entgegen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, sie strukturiere ihr Unternehmen zurzeit im Rahmen des Programms "AOK 4.0 - Die Weiterentwicklung" um. Zum Jahresende 2020 würden sämtliche bestehenden Dienststellen aufgelöst und zu neuen Einheiten zentriert in E. zusammengefasst. Dabei werde es verschiedene Service- und Kontaktzentren in E., F. und L. geben und daneben nur noch Geschäftsstellen in den Regionen. Diese gravierende Umstrukturierung habe dazu geführt, dass mit dem Gesamtpersonalrat eine Dienstvereinbarung dahingehend abgeschlossen worden sei, wie mit Veränderungen in diesem Prozess umgegangen werde. Es sei damit zu rechnen, dass auch längere Fahrtstrecken von Arbeitnehmern zu bewältigen seien. Neben dieser großen Umstrukturierung komme hinzu, dass sie in den letzten acht Monaten 120 Aushilfen zur Rückstandsbewältigung zusätzlich zum Stammpersonal befristet eingestellt habe. Insgesamt seien rund 1,6 Millionen Euro für Aushilfsgehälter ausgegeben worden, um die Rückstände, die in den nächsten zwölf Monaten zu bewältigen seien, abzuarbeiten. Ziel sei es, das Programm "AOK 4.0 - Die Weiterentwicklung" rückstandfrei zu starten. In solchen Zeiten sei es nicht möglich Teilzeitanträgen stattzugeben, die keinen sachlichen Grund hätten.
40Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag, d.h. der Verringerung der Arbeitszeit vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021, auf der Grundlage von § 9a TzBfG stattgegeben. Es hat die Berufung gesondert zugelassen. Gegen das ihr am 16.07.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.07.2020 Berufung eingelegt und diese am 17.08.2020 begründet.
41Sie meint, die Klägerin könne die begehrte zeitlich befristete Verlängerung der Arbeitszeit auf der Grundlage von § 9a TzBfG nicht verlangen. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Bereits der Tatbestand der Vorschrift sei ausweislich ihres Wortlauts nicht erfüllt. Da die Klägerin vor dem 01.04.2020 bereits in Teilzeit beschäftigt war, gehe es hier nicht um eine sog. Brückenteilzeit. Die Klägerin verlange keine "Verringerung" der vertraglichen Arbeitszeit. Dementsprechend habe sie ausdrücklich die "Verlängerung" der Teilzeit beantragt bzw. eine "weitere" Reduzierung ihrer Arbeitszeit, was inhaltlich nicht anders zu bewerten sei. Entsprechend dem Zweck der Vorschrift, eine sog. "Teilzeitfalle" zu verhindern, müsse zumindest im Zeitpunkt der Antragstellung eine Reduzierung der Arbeitszeit verlangt werden, was bezogen auf diesen Zeitpunkt hier nicht der Fall sei.
42Unabhängig davon sei der Antrag der Klägerin unwirksam, weil er nicht spätestens drei Monate vor dem beantragten Teilzeitzeitraum gestellt wurde. Anders als bei § 8 TzBfG sei die Fristeinhaltung bei § 9a TzBfG Wirksamkeitsvoraussetzung für das Teilzeitbegehren. Ein Abstellen auf den nächst zulässigen fristgerechten Zeitpunkt sei nicht möglich, weil die Arbeitnehmerin bei der zeitlichen befristeten Teilzeit Anfang und Ende des Zeitraums bewusst gewählt habe. Es ließe sich nicht im Wege der Auslegung ermitteln, ob die Arbeitnehmerin die Teilzeit auch bei fristegerechtem Beginn wünschen würde. Darauf, ob sie sich auf das Teilzeitbegehren vorbehaltlos eingelassen habe, komme es nicht an. Die insoweit vom Arbeitsgericht angenommene Prämisse sei außerdem falsch. Sie habe sich nicht vorbehaltlos eingelassen, weil sie das Teilzeitbegehren ausdrücklich ablehnte.
43Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht entgegenstehende betriebliche Gründe verneint. Da es für die Ablehnung keiner "dringenden" betrieblichen Erfordernisse bedürfe, seien geringere Anforderungen zu stellen; es genügten organisatorische Gründe. Ausreichend sei ein Konzept, dass von plausiblen wirtschaftlichen und unternehmenspolitischen Gründen getragen werde. Diese seien in der unwidersprochen vorgetragenen Umstrukturierung zu sehen. Hinzu komme der Aufwand von 1,6 Millionen Euro für die 120 Aushilfen, die zur Rückstandsbewältigung eingestellt worden seien. Die Administration von 120 Aushilfskräften stelle einen erheblichen Aufwand dar. Diesen dürfe und wolle sie durch die Vollzeitbeschäftigung ihrer eigenen Arbeitnehmer vermeiden. Es handele sich bei den Aufwendungen auch um unverhältnismäßige Kosten. Es sei ihr als sonstiger Grund außerdem nicht zumutbar, Aushilfspersonal wiederholt anzulernen und zu schulen, wenn sie eigenes Personal in Vollzeit beschäftigen könne.
44Die Beklagte beantragt,
45das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 5 Ca 1315/20 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
46Die Klägerin beantragt,
47die Berufung zurückzuweisen.
48Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 9a TzBfG gegeben seien und § 12 BAT/AOK-Neu dessen Anwendung nicht entgegenstehe. Nach wie vor lege die Beklagte einen entgegenstehenden betrieblichen Grund nicht plausibel dar. Ob und wie viele Aushilfen die Beklagte für andere Abteilungen beschäftigte, bestreitet die Klägerin ebenso mit Nichtwissen wie die von der Beklagten behaupteten Mehrkosten von 1,6 Millionen Euro. Dies sei aber für den Rechtsstreit irrelevant, weil dies gar nicht ihre eigene Abteilung betreffe. Ob sie in Vollzeit oder Teilzeit weiter arbeite, ändere an Rückständen in anderen Abteilungen nichts.
49Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.
50E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
51A.Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil der zulässige Hauptantrag der Klägerin begründet ist. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Beklagte hat den der Klägerin zustehenden Anspruch auf zeitliche befristete Reduzierung der Arbeitszeit vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 auf wöchentlich 33 Stunden gemäß § 9a TzBfG zu Unrecht abgelehnt.
52I.Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig.
531. Streitgegenstand des Hauptantrags der Klägerin ist die Verringerung der Arbeitszeit vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 auf wöchentlich 33 Stunden gemäß § 9a TzBfG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu I.1. der Entscheidungsgründe wird zunächst gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes anzuführen.
54a)Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird, bestimmt (BAG 23.01.2018 - 9 AZR 200/17, juris Rn. 27). Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen (BAG 20.08.2019 - 3 AZR 222/18, juris Rn. 52). Eine Mehrheit von Streitgegenständen i.S.d. ZPO liegt hingegen auch dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BAG 02.08.2018 - 6 AZR 437/17, juris Rn. 20, 22. jeweils m.w.N.).
55b)Bei dem Verlangen auf der Grundlage von § 12 BAT/AOK-Neu oder § 9a TzBfG für einen zeitlich befristeten Zeitraum in einem bestimmten Umfang die Arbeitszeit zu reduzieren, handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände i.S.d. obigen Ausführungen. Es ist zwar zutreffend, dass die Arbeitszeit hier in der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 nur einmal für die Klägerin auf 33 Wochenstunden reduziert werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die beiden Anspruchsgrundlagen materiell-rechtlich verselbständigte Lebensvorgänge betreffen. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei den Teilzeitbegehren gemäß § 12 BAT/AOK-Neu und § 9a TzBfG um Vertragsangebote handelt. Deren Inhalt ist von den Anspruchsvoraussetzungen und vor allem von den Rechtsfolgen her unterschiedlich ausgestaltet (darauf allgemein für die unterschiedlichen Teilzeitansprüche hinweisend Bayreuther, NZA 2018, 1577), was zu einer Verselbständigung des Lebenssachverhalts führt. Dies betrifft insbesondere die Folgen und damit den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung über den Teilzeitanspruch. So kann der Antrag gemäß § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen im Anschluss ohne eine Sperre verlängert werden. Vereinbaren die Parteien hingegen eine Reduzierung der Arbeitszeit auf der Grundlage von § 9a TzBfG, so führt dies zu den Sperren aus § 9a Abs. 4 und 5 TzBfG. Bei einer vertraglichen Vereinbarung muss deshalb für die Parteien - zumindest im Wege der Auslegung - klar sein, welche befristete Teilzeitvereinbarung sie getroffen haben, weil sie sonst nicht wissen, wie im Anschluss zu verfahren ist. Hinzu kommt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 12 BAT/AOK-Neu und § 9a TzBfG ebenso wie die Ablehnungsgründe unterschiedlich ausgestaltet sind. Gegenstand dieses Verfahren ist nur noch ein Anspruch aus § 9a TzBfG, wie die Klägerin im Termin vor der erkennenden Kammer bestätigt hat. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu könne sie - so die Klägerin im Termin - für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 nicht nachweisen.
562.Der Hauptantrag ist im Übrigen hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Leistungsantrag besteht. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu I.2. der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
57II.Der Hauptantrag ist begründet. Die Beklagte ist nach § 9a Abs. 1 TzBfG verpflichtet, der Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 31.03.2021 auf 33 Stunden zuzustimmen.
581.Der Antrag ist nicht deshalb unbegründet, weil er inzwischen - teilweise - mit Rückwirkung gestellt wird. Dies folgt aus § 311a Abs. 1 BGB (BAG 24.09.2019 - 9 AZR 435/18, juris Rn. 24). Die vertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Geltung von § 12 BAT/AOK-Neu schließt den gesetzlichen Anspruch aus § 9a TzBfG nicht aus. Dies folgt schon aus § 12 Abs. 2 Satz 2 BAT/AOK-Neu, wonach das TzBfG neben der tariflichen Bestimmung Anwendung findet.
592.Die allgemeinen Voraussetzungen des § 9a TzBfG sind gegeben. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand länger als sechs Monate (§ 9a Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Der begehrte Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung erreicht den Mindestzeitraum von einem Jahr (§ 9a Abs. 1 Satz 2 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt mehr als 45 Arbeitnehmer (§ 9a Abs. 1 Satz 3 TzBfG). Es fehlt - anders als die Beklagte meint - nicht an der tatbestandlichen Voraussetzung der "Verringerung" der Arbeitszeit der Klägerin. Dem steht die bis zum 31.03.2020 bereits mehrfach vereinbarte Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit der Klägerin auf zuletzt wöchentlich 33 Stunden nicht entgegen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Arbeitszeitverringerung der Klägerin nach der zuletzt vereinbarten Reduzierung mit Ablauf des 31.03.2020 endet und zumindest für eine logische Sekunde wieder ein Vollzeitarbeitsverhältnis besteht. Der Beklagtenvertreter hat in der Verhandlung ausgeführt, dass er diese logische Sekunde durchaus sehe, dass diese aber im Zeitpunkt des Teilzeitantrags der Klägerin weder am 07.01.2020 noch am 22.01.2020 gegeben gewesen sei. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Antragstellung, an dem es der Klägerin nicht um die Verringerung der Arbeitszeit, sondern um die Verlängerung der Teilzeit gegangen sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Antrag in seinen rechtlichen Wirkungen auf die Änderung des Arbeitsvertrages ab dem 01.04.2020 abzielt und in diesem Zeitpunkt, den für eine logische Sekunde auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis zurückfallenden Arbeitsvertrag (erneut) in seinem Arbeitszeitumfang auf 33 Wochenstunden verringern soll. Der Umstand, dass es sich um eine erneute Verringerung der Arbeitszeit handelt, ist keine Frage des Tatbestandes von § 9a Abs. 1 TzBfG, sondern des Anwendungsbereichs der Sperrwirkung einer vorherigen Arbeitszeitreduzierung in § 9a Abs. 5 TzBfG.
603.Die Klägerin hat mit dem eigenhändig unterzeichneten Schreiben vom 22.01.2020 einen wirksamen Teilzeitantrag gemäß § 9a TzBfG gestellt.
61a)Das Schreiben vom 07.01.2020 enthielt zunächst keinen wirksamen Teilzeitantrag i.S.v. § 9a TzBfG. Es handelte sich aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) in der Situation der Beklagten um einen Teilzeitantrag gemäß § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu. Zur Überzeugung der Kammer muss bei einem Antrag gemäß § 9a TzBfG für den Erklärungsempfänger erkennbar sein, dass er sich auf diese und nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützt (so z.B. Bayreuther, NZA 2018, 1577, 1578; MüKoBGB/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2020 § 9a TzBfG Rn. 11). Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer schon daraus, dass es sich um andere Streitgegenstände handelt, weil der vereinbarte Vertragsinhalt in Voraussetzungen und vor allem Rechtsfolgen ein anderer ist. In dem Antrag vom 07.01.2020 wird eine Verlängerung der Teilzeit beantragt, was dafür spricht, dass an die bisherige Rechtsgrundlage angeknüpft werden soll, d.h. an § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu, auch wenn im Übrigen jeder Hinweis zur Rechtsgrundlage fehlt und die Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu nicht belegt werden. Im Hinblick auf den Aspekt der Verlängerung und den Umstand, dass auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes der Klägerin § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu tatbestandlich möglich ist, konnte die Beklagte den Antrag nicht als einen solchen i.S.v. § 9a TzBfG verstehen. Dies hat sie im Übrigen tatsächlich nicht getan und den Antrag vom 07.10.2020 unter Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu abgelehnt.
62b)Der Antrag vom 22.01.2020 enthält das Angebot an die Beklagte, die begehrte zeitlich befristete Reduzierung der Arbeitszeitreduzierung auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu und hilfsweise auf der Basis von § 9a TzBfG zu vereinbaren. Ein solches Vertragsangebot (§ 145 BGB) ist hinreichend bestimmt, auch wenn es nicht durch ein einfaches "Ja" der Beklagten angenommen werden kann. Der Bestimmbarkeit steht sogar nicht entgegen, dass der Erklärende die Bestimmung vertragsnotwendiger Regelungen dem Erklärungsempfänger überlässt. Ein Antrag ist beispielsweise selbst dann hinreichend bestimmt, wenn er vom Erklärungsempfänger nicht durch ein einfaches "Ja", sondern durch die Option für eine von mehreren zur Wahl gestellten Möglichkeiten angenommen werden kann (Staudinger/Bork, BGB, Neubearbeitung 2020, § 145 Rn. 17; BeckOGK-BGB/Möslein, Stand 01.05.2019 § 145 Rn. 109). Diesen Anforderungen ist mit dem Schreiben vom 22.01.2020 genügt. Der Inhalt als solcher, nämlich die begehrte Reduzierung der Arbeitszeit vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 auf 33 Wochenstunden bei ansonsten unverändertem Arbeitsvertag ergibt sich klar aus dem Schreiben. Es ergibt sich in Anwendung der §§ 133, 157 BGB aus der objektiven Sicht der Beklagten auch, auf welche Grundlage die Klägerin ihren Anspruch stützt. Sie stützt diesen Antrag erkennbar zunächst auf § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu und begründet, warum dessen tatbestandliche Voraussetzungen gegeben sein sollen. Sie bezieht sich dann "aber auch" auf das TzBfG. Diese Ausführungen bringen zur Überzeugung der Kammer ein Angebot mit Haupt- und Hilfsangebot zum Ausdruck. Die Klägerin stützt ihr Teilzeitbegehren primär auf § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu und hilfsweise auf § 9a TzBfG. Ein solches gestaffeltes Vertragsangebot ist zulässig. Es kann mit "Ja", "Nein, Ja" oder - wie hier von der Beklagten - mit "Nein, Nein" beantwortet werden. Wenn sogar wie oben ausgeführt, ein Angebot zur Wahl zulässig ist, bestehen gegen das hier gegebene gestaffelte Angebot der Klägerin keine Bedenken. Die Kammer hat die Parteien auf dieses Antragsverständnis des Schreibens vom 22.01.2020 im Termin hingewiesen. Einwände hat keine der Parteien erhoben. Dies ändert nichts daran, dass die Klägerin das "Nein" der Beklagten zum Hauptangebot akzeptiert hat und nur noch gegen deren "Nein" zum Hilfsangebot vorgeht und Streitgegenstand des Verfahrens - wie ausgeführt - nur noch ihr Teilzeitbegehren gemäß § 9a TzBfG ist. Was die Lage der Arbeitszeit betrifft, bleibt es bei dem Direktionsrecht der Beklagten aus § 106 GewO.
63c)Dem Zuspruch des Teilzeitbegehrens der Klägerin steht nicht entgegen, dass diese mit ihrem Antrag vom 22.01.2020 die Ankündigungsfrist von drei Monaten (§ 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) nicht eingehalten hat. Auf das Fristversäumnis kann die Beklagte sich nicht berufen.
64aa)Die Kammer geht allerdings davon aus, dass im Rahmen von § 9a TzBfG ein - wie hier - zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen nicht als annahmefähiges Angebot zum "frühestmöglichen" Termin ausgelegt werden kann (MüKoBGB/Müller-Glöge a.a.O. § 9a TzBfG Rn. 11; Meinel/Steinat, DB 2018, 3118). Der Arbeitnehmer hat Anfang und Ende der Teilzeit festgelegt. Ob er dies auch bei einer Verschiebung des Beginns für einen anderen, späteren befristeten Zeitraum will, ist aus der objektiven Sicht des Erklärungsempfängers nicht erkennbar und kann dem Arbeitnehmer auch nicht ohne weiteres unterstellt werden.
65bb)Die Beklagte kann sich indes im konkreten hier zu beurteilenden Fall auf die Fristversäumnis der Klägerin nicht berufen.
66(1)Die mangelnde Einhaltung der Frist ist dann ohne Bedeutung, wenn der Arbeitgeber trotzdem die Arbeitszeitverringerung mit dem Arbeitnehmer ohne Vorbehalt erörtert. Darin ist dann ein Verzicht auf die ausschließlich zu seinem Schutz bestimmte gesetzliche Mindestfrist (BT-Drucks. 14/4374 S. 17) zu sehen (BAG 14.10.2003 - 9 AZR 636/02, juris Rn. 37; BAG 16.12.2008 - 9 AZR 893/07, juris Rn. 39). Einem solchen Verzicht steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber den Antrag ablehnt, wenn er dies aus Sachgründen tut und nicht auf eine Fristversäumung eingeht (BAG 16.12.2008 a.a.O. Rn. 39).
67(2)So liegt es hier. Mit dem Schreiben vom 27.01.2020 hat die Beklagte den Teilzeitantrag der Klägerin vom 23.01.2020 gemäß § 9a TzBfG, der zum 01.04.2020 und damit erkennbar verfristet gestellt war, aus sachlichen Gründen abgelehnt. Die Fristversäumung spielte für die Beklagte erkennbar keine Rolle. Dies ergibt sich im konkreten Fall zusätzlich aus dem zweiten Absatz des Ablehnungsschreiben, in dem die Beklagte ausführt, dass sie nur Mitarbeitern, die einen Sachgrund darlegen können, eine Reduzierung der Arbeitszeit gewähren könne. Die Angabe der Klägerin reiche insoweit nicht aus. Insoweit bezieht die Beklagte sich ersichtlich auf § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu und bringt zum Ausdruck, dass sie der Klägerin bei Vorliegen des Nachweises durchaus die Teilzeit gewähren könne. Auch § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu kennt in Unterabsatz 2 eine Ankündigungsfrist zur Verlängerung von sogar sechs Monaten. Auf die Einhaltung dieser Frist kommt es der Beklagten erkennbar ebenfalls nicht an. Die Kammer verkennt nicht, dass sich dies auf § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu bezieht und nicht auf § 9a TzBfG. Allerdings hat die Beklagte das gestaffelte Teilzeitbegehren der Klägerin aus ihrem Antrag vom 22.01.2020 einheitlich und inhaltlich abgelehnt, ohne in irgendeiner Weise auf eine der beiden Fristen betreffend § 9a TzBfG oder § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu einzugehen. Wenn dann zugleich für eine der beiden Varianten noch eine Alternative in der Sache aufgezeigt wird, hat die Beklagte sich inhaltlich vorbehaltlos auf beide Teilzeitanträge eingelassen und kann sich auf eine Fristversäumung der Klägerin aus § 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht mehr berufen.
684. Dem zeitlich begrenzten Verringerungsverlangen der Klägerin steht die Veränderungssperre des § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG nicht entgegen. Diese bezieht sich, wie das Arbeitsgericht zutreffend begründet hat, ausschließlich auf eine vorherige Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 9a Abs. 1 TzBfG. Eine analoge Anwendung auf andere vorherige Teilzeitansprüche kommt nicht in Betracht. Die vorherige Teilzeit der Klägerin beruhte nicht auf § 9a Abs. 1 TzBfG, sondern auf § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu zur Betreuung ihres damals minderjährigen Kindes. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu I.3.b)ee) wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsrechtszug führt zu keinem anderen Ergebnis. Ergänzend ist lediglich anzuführen, dass eine Analogie auch die völlig unterschiedliche Ausgestaltung der unterschiedlichen und dem Gesetzgeber bekannten Teilzeitansprüche entgegensteht. Wenn diese aber in ihren Voraussetzungen, ihren Ablehnungsgründen und auch den Rechtsfolgen unterschiedlich sind, dann sind sie nicht miteinander vergleichbar. Eine Sperre, die sich nach der gesetzgeberischen Wertung auf eine vorherige Inanspruchnahme aus § 9a Abs. 1 TzBfG bezieht, kann deshalb auch aus diesen Gründen nicht durch die Arbeitsgerichte auf andere Teilzeitansprüche erweitert werden.
695.Dem zeitlich befristeten Teilzeitbegehren der Klägerin stehen keine betrieblichen Gründe im Sinne von § 9a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG entgegen.
70a)Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG i.V.m. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen (BAG 20.01.2015 - 9 AZR 735/13, juris Rn. 17).
71b)Die Prüfung, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, ist regelmäßig in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das der Fall ist - um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt (BAG 20.01.2015 a.a.O. juris Rn. 18).
72c)Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 8 Abs. 4 TzBfG ist auf den Ablehnungsgrund zu § 9a Abs. 2 Halbs. 1 TzBfG zu übertragen, weil dessen Halbsatz 2 auf § 8 Abs. 4 TzBfG verweist. Im Übrigen können sich allenfalls aus der zeitlich begrenzten Arbeitszeitverringerung zusätzliche Aspekte ergeben.
73d)Dies ist hier nicht der Fall. Die von der Beklagten in erster und zweiter Instanz vorgetragenen Gründe sind keine betrieblichen Gründe, die dem Teilzeitverlangen der Klägerin gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG i.V.m. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG entgegenstehen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die von der Beklagten mit AOK 4.0 bezeichnete Umstrukturierung - einmal unterstellt, es handele sich um ein betriebliches Organisationskonzept im oben beschrieben Sinne - dem Teilzeitbegehren der Klägerin im Sinne der zweiten Stufe tatsächlich entgegensteht. Wenn u.a. Dienststellen aufgelöst und in E. zentriert werden, was zu längeren Fahrstrecken führt, ist nicht erkennbar, warum in diesem neuen Konzept keine Teilzeitbeschäftigung möglich sein soll. Dies hat bereits das Arbeitsgericht ausgeführt. Die Beklagte macht dies auch im Berufungsrechtszug nicht plausibel. Im Hinblick auf das Aushilfspersonal hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Arbeitgeber die allgemeinen mit einer Teilzeitbeschäftigung einhergehenden Kosten tragen muss und dass dazu auch die Kosten einer Ersatzkraft zählen. Es ist auch im Berufungsrechtszug nicht erläutert worden, warum durch die Arbeitszeitreduzierung der Klägerin der Beklagten unverhältnismäßige Kosten entstehen. Zur Rückstandsbewältigung hat die Beklagte ohnehin Aushilfspersonal eingestellt. Warum eine Ersatzkraft für die Klägerin unverhältnismäßige und über "allgemeine Teilzeitkosten hinausgehende" Kosten verursachen würde, hat die Beklagte weiterhin nicht ausgeführt. Gleiches gilt für das Anlernen der Aushilfskraft. Unabhängig davon und selbständig tragend, hat die Beklagte sich nicht dazu verhalten, dass die Klägerin ausgeführt hat, dass es in ihrer Abteilung keine Rückstände gebe, so dass hier eine Belastung, die über die bereits eingestellten Aushilfskräfte in anderen Bereichen hinausgeht, ohnehin nicht gegeben sei.
74III.Da der Hauptantrag Erfolg hatte, ist der Hilfsantrag der Kammer nicht zur Entscheidung angefallen.
75B.Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
76C.Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 9a TzBfG liegt noch nicht vor.
77RECHTSMITTELBELEHRUNG
78Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
79REVISION
80eingelegt werden.
81Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
82Bundesarbeitsgericht
83Hugo-Preuß-Platz 1
8499084 Erfurt
85Fax: 0361 2636-2000
86eingelegt werden.
87Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
88Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
891.Rechtsanwälte,
902.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
913.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
92In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
93Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
94Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
95* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
96Dr. GotthardtBrandenbuschHirr