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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 3 Sa 468/22

Datum:
03.01.2023
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 Sa 468/22
ECLI:
ECLI:DE:LAGD:2023:0103.3SA468.22.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Mönchengladbach, 4 Ca 952/22
Schlagworte:
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; Erschütterung des Beweiswertes von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen; Umfang der Berufung bei uneingeschränkter Antrgstellung, aber nur eingeschränkt erfolgender Begründung
Normen:
§§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG; §§ 286, 516, 520 Abs. 3 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Der hohe Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.09.2021 (5 AZR 149/21) nicht allein bereits dadurch erschüttert, dass teilweise zeitgleich mit der klagenden Arbeitnehmerin noch zwei weitere Beschäftigte "krankgeschrieben" werden und in einem Zeitraum von vier Monaten insgesamt fünf Beschäftigte - sich teilweise zeitlich überschneidende - krankheitsbedingte Ausfallzeiten aufweisen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass angesichts einer Gesamtbeschäftigtenzahl von nur neun Arbeitnehmern damit bis zu 1/3 der Belegschaft zeitgleich krankheitsbedingt ausfällt. 2. Eine Erschütterung des Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt in Betracht, wenn hinreichende Indizien für ein kollusives Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer zur zeitgleichen "Krankschreibung" mit dem Ziel der Schädigung des Arbeitgebers vorliegen. Das bloße zeitliche Zusammentreffen mehrerer Krankheitsausfälle als solches begründet jedoch kein solches Indiz, sondern ist für sich genommen neutral. Hinzutreten müssen weitere Umstände, wie beispielsweise bestimmte Äußerungen oder Verhaltensweisen der betreffenden Arbeitnehmer, die auf ein kollusives Zusammenwirken schließen lassen. 3. Wird eine Berufung nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Streitteil beschränkt, zudem ein unbeschränkter Berufungsantrag angekündigt, die Berufung aber nur für einen Teil der Streitgegenstände des erstinstanzlichen Urteils begründet, ist im Zweifel von einer umfassenden Berufung auszugehen, die mangels umfassender Berufungsbegründung allerdings teilweise unzulässig ist. 4. § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO findet bei teilweiser Berufungsrücknahme keine Anwendung. Die Kostenfolge ist vielmehr im Urteil, mit dem der aufrechterhaltene Streitteil entschieden wird, als Teil der dortigen, das gesamte Berufungsverfahren umfassenden Kostenentscheidung auszusprechen.

 
Tenor:

I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 22.06.2022 - Az.: 4 Ca 952/22 - wird zurückgewiesen.

II.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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