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Der Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, vom 09.02.2016 und der Bescheid zum 30.09.1996 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 EStG vom 09.02.2016 werden insoweit geändert, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nur eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 193.347 DM statt in Höhe von 276.655 DM berücksichtigt wird,
die Ausschüttungsbelastung hinsichtlich des reduzierten Betrages der verdeckten Gewinnausschüttungen nicht hergestellt wird,
der Einkommensbetrag und die Tarifbelastung entsprechend festgestellt werden,
der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag und der Körperschaftsteuerminderungsbetrag entsprechend festgestellt werden,
die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unter Berücksichtigung der geänderten Einkommensbeträge, Tarifbelastungen und Ausschüttungen festgestellt werden;
der Bescheid für 1999 über Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, vom 09.02.2016 und der Bescheid zum 30.09.1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 EStG vom 09.02.2016 werden insoweit geändert, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nur eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 275.183 DM statt in Höhe von 346.321 DM berücksichtigt wird,
die Ausschüttungsbelastung hinsichtlich des reduzierten Betrages der verdeckten Gewinnausschüttungen nicht hergestellt wird,
der Einkommensbetrag und die Tarifbelastung entsprechend festgestellt werden,
der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag und der Körperschaftsteuerminderungsbetrag entsprechend festgestellt werden,
die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unter Berücksichtigung der geänderten Einkommensbeträge, Tarifbelastungen und Ausschüttungen festgestellt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der festzusetzenden Steuern und der festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 1/3 und die Klägerin zu 2/3.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht Aufwendungen für ein Haus der Klägerin in Z in den Streitjahren 1998 bis 1999 gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht einkommensmindernd berücksichtigt hat, weil es sich um ein so genanntes Gästehaus handelt, und ob die Körperschaftsteuerbescheide für 1996 und 1999 gemäß § 174 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) zu Lasten der Klägerin geändert werden durften.
3Die Klägerin ist eine geschäftsleitende Holding-Gesellschaft, die alle zur Firmengruppe A gehörenden Beteiligungen hält und darüber hinaus den betrieblichen Grundbesitz verwaltet und Bauträger-Geschäfte ausführt. In den Streitjahren waren an der Klägerin A zu 96 % und B zu 4 % beteiligt.
4Bei der Klägerin wurde beginnend im Jahre 2001 eine Betriebsprüfung unter anderem für die Körperschaftsteuer 1996 bis 1999 durchgeführt. Bei dieser Betriebsprüfung wurde gemäß dem Betriebsprüfungsbericht vom 28. August 2009 unter anderem festgestellt, dass die Klägerin in Z zwei bebaute Grundstücke und ein baureifes Grundstück hatte. Das Objekt D habe die Klägerin 1984 erworben. Es habe sich bis zum Umbau im Jahre 1997 um ein geräumiges Einfamilienhaus mit mehreren Schlafzimmern nebst angegliedertem Sanitärbereich gehandelt. (). 1984 sei der Erwerb durch die Klägerin erfolgt, 1991 der Verkauf zu Anschaffungskosten an eine Tochtergesellschaft und 1992 der Rückerwerb seitens der Klägerin. In den Streitjahren sei der Grundbesitz in den Bilanzen der Klägerin als Anlagevermögen ausgewiesen worden. Von September 1997 bis Juni 1998 sei das Gebäude aufwändig saniert und zum Zweifamilienhaus (Wohnung Süd und Wohnung Nord) umgebaut worden. Die äußere Gestaltung, der Stil des Gebäudes sowie die grundlegende Statik der Außenmauern seien beibehalten worden. Die Außenanlagen seien überwiegend neu gestaltet worden und ein Saunahaus im Gartenbereich der Wohnung Süd sei neu angeschafft worden. Der Gesamtaufwand für die Sanierung habe einschließlich Umsatzsteuer 1.467.798 DM betragen. Der Aufwand für Rohbauarbeiten habe 336.000 DM betragen, 38 Stück Fliesen zur Ergänzung bzw. Reparatur seien zu einem Quadratmeterpreis von 1.063 DM angeschafft worden, vor der Sanierung habe es sieben Sanitärbereiche gegeben, davon sechs mit Bad und/oder Dusche, nach der Sanierung habe es sechs Sanitärbereiche, davon vier mit Bad und/oder Dusche gegeben, der Preis für Holzfußböden habe 336 DM pro Quadratmeter betragen, für eine Holztreppe seien 21.586 DM aufgewandt worden, für von einer Tischlerei gefertigte Badezimmermöbel einschließlich Reparaturen der vorhandenen Einbaumöbel seien 38.000 DM aufgewandt worden, die Malerrechnung habe 131.000 DM, die Rechnung für das Saunahaus 34.643 DM betragen und für ein übergroßes Bett seien 17.880 DM zzgl. 4.498 DM für die Matratze aufgewandt worden. Zusammenfassend stellte die Betriebsprüfung fest, dass der Sanierungsaufwand je Quadratmeter höher sei, als ein zeitgleich von den gleichen Handwerkern errichteter Neubau. (). Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse handele es sich um eine Generalüberholung in der Form einer Luxussanierung.
5Ferner stellte die Betriebsprüfung fest, dass für die Nutzung in den Jahren 1995 bis 2000 Übersichten mit exakter Datumsangabe und Benennung der Besucher vorlägen. Insgesamt überwiege der Leerstand bei Weitem die Belegungszeiten. Die Nutzung bis zur Sanierung 1998 umfasse Aufenthalte ehemaliger und aktueller leitender Angestellter der Unternehmensgruppe, von Privatpersonen aus dem Umfeld des Gesellschafter-Geschäftsführers, der Betriebsprüfung nicht bekannter Personen und einem jährlich zweiwöchigen Besuch des Gesellschafter-Geschäftsführers. Nach abgeschlossener Sanierung im Juni 1998 habe sich die Belegung geändert. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe mehrfach jährlich die Wohnung Süd besucht. Im Zeitraum Juli 1998 bis Ende 2000 habe außer dem Gesellschafter-Geschäftsführer nur einmal E die Wohnung Süd aufgesucht. Die Wohnung Nord sei in 1999 und 2000 insgesamt fünfmal für ein bis zwei Wochen von Ehepaaren aufgesucht worden, deren Bezug zum Unternehmen nicht bekannt sei.
6Ferner vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass bis einschließlich 1997 in D auch Gäste beherbergt worden seien und die Aufwendungen für Gästehäuser außerhalb des Orts des Betriebs vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen seien.
7Außerdem führt die Betriebsprüfung aus, dass die Klägerin sowohl den Sanierungsaufwand als auch den Baubetreuungsaufwand als laufende Betriebsausgaben gewinnmindernd erfasst habe. Aufwendungen für das Bad und das Treppenhaus in Höhe von 99.500 DM seien als nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes gebucht und Küche und Sauna als bewegliche Wirtschaftsgüter aktiviert und degressiv abgeschrieben worden.
8Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass im Hinblick auf das Objekt D folgende verdeckte Gewinnausschüttungen vorlägen:
91996: |
44.435 DM |
1997: |
78.539 DM |
1998: |
1.362.474 DM |
1999: |
100.266 DM. |
Wegen der Einzelheiten der Ermittlung dieser Beträge wird auf Anlage 20 des BP-Berichts Bezug genommen.
11Aus den Akten des Beklagten ergeben sich folgende „Anmeldung/Zusagen für D“:
12Für 1996:()
13Für 1997:()
14Für 1998:()
15Für 1999:()
16Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung änderte der Beklagte die Körper-schaftsteuerbescheide 1996 bis 1999 und die gesonderten Feststellungen von Be-steuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 30.09.1996 bis 1999 gemäß § 164 AO.
17Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide fristgerechte Einsprüche ein, die durch Einspruchsentscheidungen vom 17.09.2014 bezüglich des streitigen Objektes D als unbegründet zurückgewiesen wurden.
18Die Klägerin hat am 17.10.2014 Klage erhoben.
19Die Klage richtete sich ursprünglich gegen die verdeckte Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit dem Grundbesitz D, einer verdeckten Gewinnaus-schüttung im Zusammenhang mit dem ()-Archiv und Zinsen gemäß § 233a AO i.H. von 11.672 €.
20Im finanzgerichtlichen Verfahren zur Einkommensteuer des Gesellschafter-Geschäftsführers (Az.: 7 K 371/10) wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nur insoweit anzunehmen sei, als der Geschäftsführer für die Nutzung des Objekts keine angemessene Miete gezahlt habe. Diese bemesse sich nach den Grundsätzen der Kostenmiete zzgl. eines angemessenen Gewinnzuschlags von 10 %. Für das Jahr 1997 sei zu berücksichtigen, dass das Objekt wegen des Umbaus ab September leer gestanden habe. Eine vGA sei daher nur für die ersten acht Monate anzunehmen. Nachdem das Gebäude im Rahmen des Umbaus in zwei Wohnungen unterteilt worden sei, sei lediglich die Südwohnung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer genutzt worden (Anteil 60 %). Die Nutzung nach dem Umbau sei ab Juli 1998 wieder möglich gewesen. Die verdeckte Gewinnausschüttung wurde daher wie folgt ermittelt:
211996 |
1.853.208,00 DM x 6 % + 10 % = |
122.311,00 DM |
1997 |
122.311,00 DM x 8/12 = |
81.540,00 DM |
1998 |
3.321.006,00 DM x 6 % + 10 % = 219.186,00 DM, hiervon 60 % für ½ Jahr |
65.755,00 DM |
1999 |
219.186,00 DM x 60 % = |
131.511,00 DM |
Ferner vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die nach dem Umbau entstandene Nordwohnung bis April 2002 Gästen zur Verfügung gestanden habe. Aufwendungen für Gästehäuser, die sich nicht am Ort des Betriebes befinden, seien jedoch gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig.
23Die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben berechnete der Beklagte unter Berück-sichtigung der Gesamtaufwendungen laut Anlage 20 zum BP-Bericht wie folgt:
241998 |
1.362.474,00 DM x 40 % = |
544.989,00 DM |
1999 |
101.266,00 DM x 40 % = |
40.506,00 DM |
Der Beklagte erließ daraufhin am 09.02.2016 geänderte Bescheide über Körper-schaftsteuer und über die gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind für die Streitjahre 1996 bis 1999 und Bescheide zum 31.09.1996, 30.09.1997, 30.09.1998 und 30.09.1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG. Als Änderungsvorschrift gab der Beklagte bei den Bescheiden für 1996 und für 1999 neben § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch § 174 AO an.
26Im geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1998 erhöhte der Beklagte die sons-tigen nicht abziehbaren Aufwendungen um 544.989 DM und im Körperschaftsteuerbescheid für 1999 erhöhte der Beklagte die nicht abziehbaren sonstigen Aufwendungen um 40.506 DM. Für 1999 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf 0 € fest und stellte den steuerlichen Verlust gemäß § 47 Abs. 2 KStG auf 1.425.130 DM fest.
27Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Betrag i.H. von 544.989 DM in 1998 und der Betrag i.H. von 40.506 DM im Jahre 1999 zu Unrecht als nicht abzugsfähige Be-triebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG das Einkommen der Klä-gerin erhöht haben. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige in Gewinnabsicht gehandelt habe. Das Investment Z sei, wie auch in der Klagesache 7 K 371/10 gerichtlich festgestellt worden sei, mit Gewinnabsicht betrieben worden. Die Trennung in Nord- und Südwohnung sei vorgenommen worden, um das Haus durch mehr Flexibilität besser verkaufen zu können. Hierfür hätten Kauf- bzw. Mietinteressenten ab 06.09.1998 die Nordwohnung an 21 Tagen und 1999 an 25 Tagen bewohnt. Der Verkauf habe sich in dieser Zeit aber als schwierig herausgestellt. Zum Beweis für diese Behauptung beruft sich die Klägerin auf ein Schreiben des B an F vom 19. Februar 1999, in dem unter anderem ausgeführt wird, dass an eine Vermietung der Wohnung ursprünglich nicht gedacht worden sei. Erst als eine ihm gut bekannte dort permanent ansässige Dame von sich aus entsprechendes Interesse bekundet habe, sei der Gedanke, dort permanent jemand wohnen zu haben, als nicht unattraktiv erschienen. Sonstige aktive Vermietungsbemühungen habe man nicht unternommen. Auch wenn die Grundsatzfrage vermieten ja oder nein nicht definitiv pro oder contra entschieden sei, wolle er dem gerne näher treten, mache die Entscheidung der Frage also quasi vom Einzelfall abhängig. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Blatt 28 der FG-Akte Bezug genommen.
28Bezüglich der Wohnungsnutzung trägt die Klägerin Folgendes vor:
29Die Nordwohnung sei im Jahr 1998 lediglich an 21 Tagen von G genutzt worden, wobei die Beziehung eine Reihe von Themen abdecke, Interesse wecken als Mieter, Interesse wecken als Käufer, aber es gäbe auch Beziehungen aus der Verbandsarbeit ( ).
30In 1999 sei die Nordwohnung durch die Ehepaare H und I genutzt worden. Geschäftliche Beziehungen bestünden in diesen Fällen nicht. Auch hier spiele eine Rolle, Interessenten bzw. Käufer für die Wohnung zu finden. Bezüglich J gelte das Gleiche wie für 1997, wozu ausgeführt wird, dass die Übernachtungen (13) die Entwicklung der Immobilie Z und Besprechung eines großen Immobiliengeschäfts der Klägerin in K beträfen.
31Aufgrund der Aufforderung des Berichterstatters vom 06.01.2017 nachzuweisen, dass die Klägerin sämtliche Aufwendungen für die Nordwohnung in den Streitjahren 1998 und 1999 einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet hat, legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 24.01.2017 dar, auf welchen Konten die „Z betreffenden Kosten“ gebucht wurden. Unter anderem wird in diesem Schriftsatz ausgeführt, dass auf dem Konto 5110 „Beratung“ in 1997/98 insgesamt 939.030 DM Aufwand verbucht worden seien, davon für die Baubetreuerin, L, 284.267 DM, dafür für die Bauten in Z (Neubau und D) 184.473 DM und davon seien im Rahmen der am 29.08.2009 beendeten Betriebsprüfung von der Betriebsprüfung 85.280 DM D zugeordnet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird auf Blatt 85 ff. der FG-Akte Bezug genommen.
32Aufgrund der Aufforderung in der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2017 und in der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 03.03.2017, eine detaillierte Berechnung des Gewinns der Nordwohnung einzureichen, reichten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 24.03.2017 eine Berechnung des Gewinns aus der Nordwohnung i.H. von 267.383 DM ein. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz vom 24.03.2017 (Blatt 117 ff. der FG-Akte) Bezug genommen.
33Ferner ist die Klägerin der Ansicht, dass es sich bei der Nordwohnung nicht um ein typisches Gästehaus handele, weil es nicht der Lebenserfahrung entspreche, dass Kaufleute ein Gästehaus für eine Nutzung von 6 % bzw. 8 % pro Jahr vorhielten. Vielmehr handele es sich bei der Nordwohnung um einen Restanten eines umfangreichen und erfolgreichen Immobilieninvestments, dessen Verwertung sich im Kontext der Verwertung der umliegenden Grundstücke ergeben habe. Seitens der Klägerin sei niemals die Errichtung eines Gästehauses in Z beabsichtigt gewesen. Außerdem sei das Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG, dass sich das Gästehaus außerhalb des Orts des Betriebes des Steuerpflichtigen befinde, nicht einschlägig. Die Klägerin habe in den Streitjahren in D eine Betriebsstätte unterhalten, weil die Immobilien, die um die Nord- und die Südwohnung herum lägen, mit zwei Doppelhäusern bebaut und 1998 bzw. 2000 veräußert worden seien. Da die Klägerin auch als Bauträger tätig sei, liege insoweit eine Betriebsstätte der Klägerin in Z vor. Gemäß § 12 AO sei eine Betriebsstätte jede feste Einrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens diene. Die Klägerin habe in Z über eine feste Geschäftseinrichtung verfügt, nämlich die ImmobilieD. D habe eine dienende Funktion für die Klägerin gehabt. Als der für das Profitcenter verantwortliche Geschäftsführer der Klägerin habe B die Betriebsstätte intensiv geleitet, was durch Korrespondenz und Besprechungsvermerke eindeutig nachweisbar sei. Die zeitlich begrenzte Tätigkeit habe bei Weitem die Sechs-Monats-Frist für Bauausführungen überschritten.
34Die Klägerin beantragt,
35den Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, vom 09.02.2016 sowie den Bescheid zum 30.09.1998 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 EStG vom 09.02.2016 insoweit zu ändern, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nur eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 193.347 € statt 276.655 € berücksichtigt wird,
36den Bescheid für 1998 über Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, vom 09.02.2016 sowie den Bescheid zum 30.09.1998 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 EStG vom 09.02.2016 insoweit zu ändern, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens um 544.989 DM geminderte sonstige nicht abziehbarer Aufwendungen berücksichtigt werden,
37den Bescheid für 1999 über Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, vom 09.02.2016 sowie den Bescheid zum 30.09.1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 EStG vom 09.02.2016 insoweit zu ändern, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens um 40.506 DM geminderte sonstige nicht abziehbarer Aufwendungen und eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 315.689 DM statt 346.321 DM berücksichtigt werden,
38hilfsweise, die Revision zuzulassen,
39die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage als unbegründet abzuweisen,
42hilfsweise, die Revision zuzulassen.
43Zur Begründung seines Antrags beruft er sich darauf, dass die Klägerin das Objekt selbst als „Gästehaus“ bezeichnet habe und dass die Nordwohnung auch entsprechend genutzt worden sei. Für die Behauptung, dass es sich bei den Gästen lediglich um Kauf- bzw. Mietinteressenten gehandelt habe, trage die Klägerin die Beweislast. Bislang habe sie hierfür jedoch keine Nachweise vorgelegt.
44Der Beklagte ist der Ansicht, dass das Objekt D keine Betriebsstätte der Klägerin sei. Eine Betriebsstätte läge nach der Legaldefinition des § 12 AO vor, wenn diese der Tätigkeit eines Unternehmens diene. Dies werde durch die Rechtsprechung insofern konkretisiert, als die Einrichtung der unternehmerischen Tätigkeit unmittelbar dienen müsse (BFH-Urteil vom 30.06.2005 III R 47/03). An einer solchen unmittelbaren Tätigkeit fehle es jedoch, wenn Wirtschaftsgüter nur der Vermögensanlage dienten. Im Übrigen würde eine andere Sichtweise, die dem Gästehaus die Eigenschaft einer Betriebsstätte zuweise, insofern zu einem Zirkelschluss führen, als danach Gästehäuser niemals außerhalb des Ortes eines Betriebs die Steuerpflichtigen betrieben würden.
45Der Beklagte ist ferner der Ansicht, dass hinsichtlich der Erfassung der verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe einer Kostenmiete die Voraussetzung nach § 174 Abs. 4 AO vorlägen. Dies begründet er damit, dass die Betriebsprüfung zunächst davon ausgegangen sei, dass die Klägerin das Objekt „D“ nicht aus betrieblichen Gründen, sondern ausschließlich im Interesse ihres Gesellschafters unterhalten und aus diesem Grunde Verluste getätigt habe, ohne dass sich der Gesellschafter zur Zahlung eines Verlustausgleichs verpflichtet habe. Ob eine Kapitalgesellschaft ein Verlustgeschäft im eigenen Interesse oder im Interesse der Gesellschafter durchgeführt habe, sei nach ständiger Rechtsprechung nach denjenigen Kriterien zu prüfen, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und Liebhaberei entwickelt worden seien. Diese Feststellung habe die Betriebsprüfung insofern konsequent umgesetzt, als sie für die Jahre 1996 bis 1999 die auf das Objekt „D“ entfallenden Aufwendungen als vGA erfasst habe. Im Rechtsbehelfsverfahren sei das Finanzamt nunmehr zu der Auffassung gelangt, dass es den Sachverhalt irrig beurteilt habe. Im Streitfall liege nicht eine vGA wegen der Unterhaltung eines Verlustwirtschaftsgutes im Interesse des Gesellschafters“, sondern eine vGA wegen der unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsgutes ohne angemessenes Nutzungsentgelt vor. Hieraus ergebe sich die Konsequenz, dass die vGA sich nicht nach der Höhe des angefallenen Verlustes, sondern nach der nicht erhobenen Miete bemesse. Dies führe in den Jahren 1997 und 1998 zu einem niedrigeren, in den Jahren 1996 und 1999 jedoch zu einem höheren Ansatz. Nach dem BFH-Urteil vom 18.02.1997 VIII R 54/95 bedeute „irrige Beurteilung eines Sachverhalts“ i.S.d. § 174 Abs. 4 AO, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes, den die Finanzbehörde sowohl der Besteuerung in dem zugunsten des Steuerpflichtigen geänderten (1997 und 1998) als auch in einem anderen Steuerbescheid (1996 und 1999) zugrunde gelegt habe, nachträglich als unrichtig erweise. In seinem Urteil vom 25.10.2016 X R 31/14 habe der BFH nochmals bekräftigt, dass der Steuerpflichtige im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an dieser Auffassung festgehalten werden solle, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei.
46Entscheidungsgründe:
47Die Klage ist teilweise begründet.
481. Die Klage ist begründet, soweit sie sich gegen die Bescheide für 1996 vom 9.2.2016 richtet.
49Der Körperschaftsteuerbescheid 1996 und der Bescheid über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, sowie der Bescheid über gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG auf den 30.09. 1996 durften nicht gemäß § 174 Abs. 4 AO insoweit geändert werden, dass bei der Ermittlung des zu ver-steuernden Einkommens eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 276.655 DM statt der in der Einspruchsentscheidung zugrunde gelegten 193.347 DM berücksichtigt wird.
50Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuer-pflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden.
51Unter einem "bestimmten Sachverhalt" im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff erfasst nicht nur einzelne steuererhebliche Tatsachen, sondern den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Dabei muss der dem geänderten sowie der dem zu ändernden Steuerbescheid zugrunde liegende Sachverhalt übereinstimmen. Die Übereinstimmung setzt keine vollständige Identität voraus, nach den Erfordernissen des jeweiligen steuerlichen Tatbestands kann teilweise Deckungsgleichheit genügen. Allerdings dürfen in dem geänderten Bescheid keine Sachverhaltselemente enthalten sein, die bei der Beurteilung in dem zu ändernden Bescheid keine Rolle mehr spielen. Nach dem sog. Verbot der Sachverhaltsergänzung muss die Sachverhaltsgrundlage des geänderten Bescheids unverändert zur Grundlage des zu ändernden Bescheids werden (BFH-Urteile vom 21.9.2016 V R 24/15, BStBl II 2017, 143; vom 4.2.2016 III R 12/14, BStBl II 2016, 818).
52§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO erlaubt nur, aus demselben - unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten - Sachverhalt andere (richtige) steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid zu ziehen. Die steuerlichen Folgerungen dürfen nur aus dem Sachverhalt, nicht aus den steuerlichen Folgerungen dieses Sachverhalts gezogen werden. Der Steuerpflichtige soll im Fall seines Obsiegens an seinem Rechtsstandpunkt festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist (BFH-Urteile vom 4.2.2016 III R 12/14, BStBl II 2016, 818; vom 25.10.2016 X R 31/14, BStBl II 2017, 287; vom 19.8.2015 X R 50/13, BStBl II 2017, 15).
53Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall an der Übereinstimmung der Sach-verhalte:
54Die steuerlichen Folgerungen für die angefochtenen Steuerfestsetzungen für 1996 ergeben sich nur aus dem in 1996 verwirklichten Sachverhalt. Aus den den angefochtenen Steuerfestsetzungen für 1997 und 1998 zugrundeliegenden Sachverhalten bezüglich der Nutzung des Grundbesitzes in Z ergeben sich keine steuerlichen Folgerungen für Steuerfestsetzungen für 1996. Außerdem ist die Sachverhaltsgrundlage des geänderten Bescheides nicht unverändert zur Grundlage des zu ändernden Bescheids geworden (sog. Verbot der Sachverhaltsergänzung). Denn in dem geänderten Bescheid waren Sachverhaltselemente – wie Höhe der Aufwendungen für den Grundbesitz im Streitjahr - enthalten, die bei der Beurteilung in dem zu ändernden Bescheid keine Rolle mehr spielen und im zu ändernden Bescheid waren Sachverhaltselemente – wie Höhe der Kostenmiete im Streitjahr – zu berücksichtigen, die in dem geänderten Bescheid keine Rolle spielten.
55Zwar hat der BFH entschieden, dass die irrige Beurteilung des Sachverhaltes sich in mehreren Besteuerungsabschnitten auswirken und dementsprechend die Änderung der Steuerbescheide gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO für mehrere Veranlagungszeiträume - zugunsten und zu Lasten ein- und desselben Steuerpflichtigen - erforderlich machen kann (BFH-Urteil vom 18.2.1997 VIII R 54/95, BStBl II 1997, 647). Begründet hat der BFH dies damit, dass der einheitliche Sachverhalt im Urteilsfall darin liege, dass der Kläger eine GmbH-Beteiligung während des gesamten Beurteilungszeitraumes mit Einkunftserzielungsabsicht gehalten habe. Dass die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Sachverhaltes nicht durch die Verhältnisse eines Veranlagungszeitraumes, sondern erst aufgrund der Entwicklung der Einkünfte über mehrere Jahre hinweg bestimmt werden konnten, stehe der Einheitlichkeit des Lebensvorganges nicht entgegen. Zwar sei es richtig, dass alle für die Entstehung eines Steueranspruches bedeutsamen Tatsachen innerhalb eines Veranlagungszeitraumes (§ 25 EStG) gegeben sein müssten und daher für jeden Veranlagungszeitraum gesondert geprüft werden müssten. Gehe es aber wie bei der Einkunftserzielungsabsicht um eine Tatsache, die durch Elemente der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit geprägt sei, müsse auch der Beurteilungszeitraum dementsprechend ausgedehnt werden. Denn die Frage, ob trotz mehrjähriger Werbungskostenüberschüsse Einkunftserzielungsabsicht vorliege, lasse sich in der Regel erst nach Ablauf eines längeren Zeitraumes und damit abschnittsübergreifend beantworten.
56Im Streitfall ist der Beklagte zur Auffassung gelangt, dass bezüglich der Nutzung des Hauses in Z nicht eine vGA auf Grund der „Unterhaltung eines Verlustwirt-schaftsgutes im Interesse des Gesellschafters“, sondern eine vGA auf Grund der „unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsgutes an den Gesellschafter“ vorliege. Zwar kann die Frage, ob ein Verlustwirtschaftsgut vorliegt, erst aufgrund der Entwicklung der Einkünfte aus dem Wirtschaftsgut über mehrere Jahre hinweg beurteilt werden. Dies ändert aber nach Auffassung des Senates nichts daran, dass im Streitfall der bestimmte Sachverhalt „Aufwendungen der Klägerin für ein Haus in Z, das vom Gesellschaftergeschäftsführer und von verschiedenen Personen unentgeltlich genutzt wird“, sich in den Streitjahren bezüglich der Aufwendungen, der Personen (Arbeitnehmer, Bekannte des Gesellschafter-Geschäftsführers) und der Nutzungszeiten unterschied, so dass nicht nur ein bestimmter Sachverhalt, sondern mehrere Sachverhalte rechtlich zu würdigen waren. Anders als im vom BFH entschiedenen Fall handelt es sich bei der „unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsgutes an den Gesellschafter“ nicht um eine Tatsache, die durch Elemente der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit geprägt ist, sondern um eine Tatsache die für jeden Veranlagungszeitraum eigenständig zu beurteilen ist.
572. Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Bescheide für 1998 richtet.
58Der Beklagte hat die Aufwendungen für die Wohnung Nord gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zu Recht als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG einkommenserhöhend berücksichtigt.
592.1 Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG dürfen Auf-wendungen für Einrichtungen der Klägerin, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, den Gewinn der Klägerin nicht mindern. Das Abzugsverbot gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht, soweit die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind. Aufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG sind gemäß § 4 Abs. 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Soweit die Aufwendungen nicht bereits nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie besonders aufgezeichnet worden sind.
60Zweck der Vorschrift ist es, bestimmte Betriebsausgaben, die bereits ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentationsaufwendungen anzusehen sind, den steuerlichen Gewinn nicht mindern zu lassen (BT-Drucksache III 1811, 8). Das Gästehaus muss also betrieblich genutzt werden und die entstehenden Aufwendungen müssen betrieblich veranlasst sein (Spilker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rdnr. I 6, 10).
612.2 Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG sind im Streit-fall erfüllt.
622.2.1 Die im Jahr 1998 und 1999 in der Wohnung Nord unentgeltlich untergebrachten Personen waren keine Arbeitnehmer der Klägerin. Die Klägerin hat ihre Behauptung, dass es sich um Miet- und Kaufinteressenten handelte, die zur Probe die Wohnung bewohnten, nicht nachgewiesen. Der Senat hält es nicht für glaubhaft, dass die Wohnung G im Jahr 1998 für 21 Tage überlassen wurde, um ihr Interesse als Mieter bzw. Käufer zu wecken. Das Gleiche gilt für die Wohnungsüberlassung an die Ehepaare H und Iin 1999. Genauso wenig ist es glaubhaft, dass J und Begleitung die Wohnung für 13 Übernachtungen überlassen wurde, um die Entwicklung der Immobilie Z und eines Immobiliengeschäfts in K zu besprechen.
63Dass die Wohnung Nord nicht für betriebliche Zwecke genutzt wurde, ändert nichts daran, dass die Aufwendungen für die Wohnung Nord Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG sind. Denn es gibt bei der Kapitalgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH keine außerbetriebliche Sphäre und somit sind alle Aufwendungen der Kapitalgesellschaft Betriebsausgaben (Roser in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz. 69).
642.2.2 Entgegen der Ansicht der Klägerin befand sich die Wohnung Nord auch außerhalb des Orts eines Betriebs der Klägerin.
65Als Betrieb i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG gilt jede mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Betriebsstätte, Zweigniederlassung oder Filiale, die üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht wird (Spilker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4, Rdnr. I 19; R 21 Abs. 10 Satz 3 EStR 1998).
66Betriebstätte ist gemäß § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Betriebstätten sind u. a. Bauausführungen oder Montagen, wenn die einzelne Bauausführung oder Montage oder eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen länger als sechs Monate dauern (§ 12 Nr. 8 AO).
67Entgegen der Ansicht der Klägerin handelte es sich bei der Wohnung Süd in Z nicht um eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO. Zwar nutzte der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin diese Wohnung vom 7.07. bis 29.07. und 12.08. bis 22.08.1998 und vom 13.02. bis 18.02.1999, vom 26.06. bis 4.07.1999, vom 16.07. bis 18.07.1999, vom 5.08. bis 9.08.1999, vom 14.08. bis zum 27.08.1999, vom 06.11. bis zum 10.11.1999 und vom 22.12.1999 bis zum 04.01.2000. Selbst wenn er die Wohnung zu diesen Zeiten auch zur Bauüberwachung genutzt haben sollte, handelt es sich nicht um Bauausführungen i.S.d. § 12 Nr. 8 AO. Bauausführungen sind Arbeiten aller Art, die unmittelbar zur Errichtung von Hoch- und Tiefbauten im weitesten Sinne an Ort und Stelle ausgeführt werden (BFH-Urteil vom 7.3.1999 I R 145/76, BStBl II 1979, 527). Mittelbar zur Errichtung von Hoch- und Tiefbauten dienende Tätigkeiten, wie z. B. Bauplanung, Bauleitung und Bauüberwachung sind keine Bauausführungen i.S.d. § 12 Nr. 8 AO (vgl. Drüen in Tippke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 12 AO Rz. 32 m.w.N.). Außerdem erfolgte die Baubetreuung nach eigener Aussage der Klägerin durch L.
682.3 Zwar gilt das Abzugsverbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht, soweit die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind. Die Klägerin unterhielt die Wohnung Nord aber nicht mit Gewinnabsicht.
69Die Klägerin behauptet zwar, dass sie bei der Veräußerung der Nordwohnung einen Totalgewinn in Höhe von 267.383 DM erzielt habe. Ihre Ermittlung des Totalgewinnes berücksichtigt aber nicht die laufenden Aufwendungen für die Wohnung Nord der Jahre 1984 bis 1999 und ist damit nicht verwertbar. Da die „Kosten“ der Nordwohnung 2000 bis 2002 mit insgesamt 70.482 DM angeben werden, ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass von 1984 bis 1999 Aufwendungen in Höhe von mehr als 267.383 DM angefallen sind. Die Klägerin hat damit nicht nachgewiesen, dass sie die Wohnung Nord mit Gewinnabsicht unterhielt.
70Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass das § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG als Ausnahme vom Abzugsverbot nur eingreift, wenn das Gästehaus mit der Absicht betrieben wird, mit dem Betreiben des Gästehauses einen Gewinn zu erzielen. Wenn die Räumlichkeiten – wie im Streitfall - unentgeltlich überlassen werden, genügt es für die Annahme einer Gewinnabsicht nicht, dass sich bei einer späteren Veräußerung des Gebäudes ein Totalgewinn ergeben soll. Die Betätigung selbst muss gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG mit Gewinnabsicht ausgeübten werden und die Betätigung ist das Unterhalten der Einrichtung Gästehaus. Nur diese Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG berücksichtigt hinreichend den Zweck der Vorschrift, dass bestimmte Betriebsausgaben, die bereits ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentationsaufwendungen anzusehen sind, den steuerlichen Gewinn nicht mindern.
712.4 Da die Klage bereits aus den vorgenannten Gründen unbegründet ist, kann dahinstehen, welche Folgen es hat, dass die Klägerin zumindest nicht alle Aufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet hat, wie dies § 4 Abs. 7 EStG fordert.
72Im Streitfall sind die Aufwendungen für das Objekt in Z auf verschiedenen Konten gebucht worden (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 24.1.2017), wobei zumindest auf einzelnen Konten (05110 Beratung L ; 07460 Abschreibungen; 02502 Vorsteuer) nicht nur Aufwendungen für das Objekt in Z gebucht wurden, wie die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zugestanden haben.
733. Die Klage ist teilweise begründet, soweit sie sich gegen die Bescheide für 1999 richtet.
743.1 Der Beklagte hat die Aufwendungen für die Wohnung Nord des Gebäudes in Z gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zu Recht als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG einkommenserhöhend berücksichtigt, wie oben bereits dargelegt wurde.
753.2 Der Körperschaftsteuerbescheid 1999 und der Bescheid über die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung durchzuführen sind, für 1999 sowie der Bescheid über gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG auf den 30.09.1999 durften jedoch nicht gemäß § 174 Abs. 4 AO insoweit geändert werden, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens eine um 71.138 DM erhöhte verdeckte Gewinnausschüttung bezüglich der Wohnung Süd berücksichtigt wird.
76Im Änderungsbescheid für 1999 berechnet der Beklagte die Steuer bzw. den fest-gestellten Verlust auf Grund eines um 71.138 DM erhöhten zu versteuernde Ein-kommens. Da in der Einspruchsentscheidung für die Nordwohnung eine vGA in Höhe 57.865 DM (40% von 101.266 DM zuzüglich anrechenbarer Körperschaftsteuer) enthalten ist und die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben 40.506 DM betragen, liegt der Steuerfestsetzung insoweit nur eine andere Begründung zugrunde. Die Erhöhung des Einkommens um 71.138 DM entfällt damit auf die vGA bezüglich der Südwohnung.
77Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO sind im Streitfall nicht gegeben, wie oben bereits dargelegt wurde.
783.3 Im Übrigen sind nach Auffassung des Senates im Jahr 1999 bezüglich der Wohnung Nord auch die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt.
79Der BFH hat zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entschieden, dass eine außerhalb der Steuerbilanz zuzurechnende nichtabziehbare Betriebsausgabe i.S. des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr. 4 EStG die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht hindere. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG und § 8 Abs.3 Satz 2 KStG seien nicht gegeneinander vorrangig bzw. nachrangig, sondern überlagern sich in dem Sinne, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrige, wenn sie bereits nach der anderen Vorschrift vollzogen worden sei. Solange die Rechtsfolgen der Vorschriften nicht voneinander abwichen, könne der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüfe. Von Bedeutung sei dies insbesondere für die Anwendung der Rechtsfolge des - gegenüber § 31 Abs.1 Nr. 4 KStG vorrangigen - § 27 Abs.1 KStG (BFH-Urteil vom 4.12.1996 I R 54/95, BFH/NV 1997, 190). Nach Auffassung des Senates gelten die gleichen Grund-sätze für § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG.
80Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer ihm nahe stehende Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckten Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 11.11.2015 I R 26/15, BStBl II 2016, 489).
81Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiters hätte einem Nichtgesellschafter im Streitjahr 1999 nicht gestattet, die Wohnung Nord an nahe stehende Personen unentgeltlich zu überlassen und die Wohnung ansonsten für eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung vorzuhalten. Im Übrigen fehlt auch eine klare, im Voraus getroffene Vereinbarung.
82Die verhinderte Vermögensmehrung 1999 beträgt 40 % der unstreitigen Kostenmiete in Höhe von 219.186,00 DM wegen des Verböserungsverbotes begrenzt auf 40.506 DM.
834. Gegenstand der Klage ist nicht nur die Körperschaftsteuerfestsetzung für 1996, 1998 und 1999, sondern auch die Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid für die Streitjahre im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG in der Fassung der Streitjahre.
84Nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG in der Fassung der Streitjahre ist der Körperschaftsteuerbescheid Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 4 EStG hinsichtlich des Einkommens. Die Klageschrift vom 17.10.2014 ist dahin auszulegen, dass sie sich auch gegen die Feststellung des Einkommens nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG in der Fassung der Streitjahre richtet.
85Als prozessuale Willenserklärung ist die Klageschrift in gleicher Weise wie andere Willenserklärungen analog § 133 BGB auszulegen. Dabei sind zur Bestimmung des Gegenstands des Klagebegehrens alle dem FG und dem FA bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen. An die Fassung des Klageantrags ist das Gericht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht gebunden (FG München, Urteil vom 13.12.2010 7 K 2662/09, EFG 2011, 1016 m. w. N.). Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen (BFH-Urteil vom 8.5.2008 VI R 12/05, BStBl II 2009, 116). Dies gilt grundsätzlich auch für Schriftsätze von rechtskundigen Bevollmächtigten (vgl. BFH-Urteil vom 19.4.2007 IV R 28/05, BStBI II 2007, 704).
86Die Klägerin hat in der Klageschrift vom 17.10.2014 zwar lediglich ausgeführt, dass sich die Klage gegen die Körperschaftsteuerbescheide für 1996, 1998 und 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung richte. Die Klägerin will mit ihrer Klage erreichen, dass die vom Beklagten berücksichtigten vGA das zu versteuernde Einkommen nicht erhöhen. Die vGA wirken sich aber z. B. zum 31. Dezember 1999 nur auf die Höhe des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer (vgl. § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 10d Abs. 2 EStG) aus; denn die Körperschaftsteuer für 1999 beträgt ausweislich des Bescheids vom 5.10.2009 10.925 DM, die Steuer beruht aber auf dem Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags aus Ausschüttungen. Das zu versteuernde Einkommen beträgt ./. 1.531.673 DM. Ihr Klagebegehren, die Einkommenserhöhungen auf Grund der vGA rückgängig zu machen, kann die Klägerin nur dadurch vollständig erreichen, dass sie die Feststellung des Einkommens nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG 1999 als Grundlagenbescheid für die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer (vgl. § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG) anficht. Wird die Feststellung des Einkommens nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG 1999 geändert, so hat das FA den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1999 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern.
875. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuern und der festzustellenden Beträge auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
88Die Kostenentscheidung beruht auf 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
89Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren beruht auf 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
90Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.