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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist selbständiger Autor. Am 29.9.1998 schlossen der Kläger und Herr A einen Filmmanuskriptvertrag mit der N GmbH & Co. KG (N) betreffend ein Drehbuch für die Filmkomödie „….“ (Produktion 1). Der Vertrag sah die Zahlung einer Pauschalvergütung von … DM zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer von 7% vor. Im Gegenzug räumten die Autoren der N die umfassenden und exklusiven Bearbeitungs-, Verfilmungs- und Auswertungsrechte an dem Drehbuch ein. Die N übertrug die vorgenannten Rechte auf den Sender S. Dieser beauftragte anschließend die N mit der Verfilmung des Drehbuchs. S strahlte den Film „……" in den Folgejahren mehrfach aus.
3Im Jahr 2000 schloss der Kläger einen Drehbuchvertrag mit der I GmbH (I) betreffend das Drehbuch für den TV-Zweiteiler „……" (Produktion 2). Die I bezahlte dem Kläger eine Pauschalvergütung von ….. DM zzgl. Umsatzsteuer. Im Gegenzug erstellte der Kläger das Drehbuch und übertrug der I die umfassenden und exklusiven Bearbeitungs-, Verfilmungs- und Nutzungsrechte daran. Die Rechte übertrug die I anschließend in einem Entwicklungsvertrag weiter auf den Sender S2. In dem Entwicklungsvertrag verpflichtete sich S2, an die I ein Entgelt für die Drehbucharbeiten und die Urheberrechte zu bezahlen. S2 ließ das Drehbuch anschließend verfilmen und den Film ausstrahlen.
4Im Anschluss an eine Gesetzesänderung im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz --UrhG--) schloss die …..P GmbH (P) am 3.6.2014 mit dem Verband Deutscher Drehbuchautoren e.V. (VDD) gemeinsame Vergütungsregeln für fiktionale Produktionen ab, die auch für Altfälle aus dem Zeitraum vor Abschluss der Regelung gelten sollten. Diese sahen ein Beteiligungs-Modell für Drehbuchautoren vor. Nach Erreichen einer bestimmten Beteiligungsreichweite sowie beim Erreichen weiterer Reichweiten sollten diese jeweils eine Zusatzvergütung erhalten.
5Da die Produktionen 1 und 2 die erforderlichen Kriterien der gemeinsamen Vergütungsregeln erfüllten, stellte der Kläger den beauftragenden Sendern folgende Beträge in Rechnung:
61. Rechnung vom 2.10.2014 betreffend den Abrechnungs-Zeitraum bis zum 31.12.2013 für Produktion 2 über einen Betrag von …. €,
2. Rechnung vom 30.6.2015 betreffend den Abrechnungszeitraum bis zum 31.2.2014 für Produktion 1 über einen Betrag von …… €.
Die in den Rechnungen aufgeführten Beträge wurden von den jeweiligen Sendern an den Kläger bezahlt. Die Zahlung erfolgte unter Hinweis auf eine Entscheidung des Finanzamts München vom 30.12.2015 ohne Umsatzsteuer.
10Der Kläger behandelte die Zahlung in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2014 als nicht umsatzsteuerbaren Vorgang.
11Der Beklage (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Auffassung nicht, sondern ging davon aus, dass es sich um ein steuerbares und steuerpflichtiges Bruttoentgelt handele. Das FA erließ daher am 12.10.2015 einen Umsatzsteuerbescheid für 2014, in dem es den entsprechenden Nettobetrag dem Regelsteuersatz von 19% unterwarf.
12Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein.
13In seiner Umsatzsteuererklärung für 2015 folgte der Kläger der Auffassung des FA und bezog die Zahlung von brutto …… € in Höhe des Nettobetrags in die von ihm erklärten Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 7% ein. Die Steuererklärung galt mit dem Tage des Eingangs beim FA als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gegen diese Steuerfestsetzung legte der Kläger ebenfalls fristgemäß Einspruch ein.
14Mit Einspruchsentscheidung vom 19.9.2017 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2014 herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Die Teilstattgabe beruhte darauf, dass sich das FA der Auffassung des Klägers anschloss, dass die Nachvergütung im Falle einer Steuerbarkeit dem ermäßigten Steuersatz von 7% zu unterwerfen sei. Im Übrigen ging das FA in materiell-rechtlicher Hinsicht davon aus, dass es sich bei den Nachvergütungen um Entgelte von dritter Seite im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) handele.
15Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger ausführt:
16Die dem Kläger entsprechend der gemeinsamen Vergütungsregeln gezahlten Erfolgsbeteiligungen seien nicht umsatzsteuerbar, da es an einem Leistungsaustausch fehle. Ein Leistungsaustausch setze voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden seien und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenüberstehe. Zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert müsse sich ein unmittelbarer Zusammenhang aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnisses ergeben. Im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses müssten gegenseitig Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bilde. Der Leistungsempfänger müsse also einen Vorteil erhalten, aufgrund dessen er als Empfänger einer Dienstleistung anzusehen sei. Außerdem müsse der Empfänger selbst oder ein Unternehmer am Ende der Unternehmerkette die Dienstleistung verbrauchen.
17Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gegeben. Zum einen hätten die Sender keine Gegenleistung von dem Kläger erhalten. Dem Kläger stehe gegenüber dem jeweiligen Sender vielmehr ein durch die gemeinsame Vergütungsregeln konkretisierter Anspruch auf angemessene Beteiligung an den Erträgnissen und Vorteilen des Senders nach § 32a Abs. 2 UrhG zu. Hierbei handele es sich nicht um einen vertraglichen Anspruch, sondern um eine gesetzliche Durchgriffshaftung. § 32a Abs. 2 UrhG verpflichte den Dritten, der seine Rechte vom Vertragspartner des Urhebers herleite, zur Zahlung, um den Urheber für seine Leistungen angemessen am Erfolg seines Werkes zu beteiligen. Ziel der Norm sei es, dem Urheber in Ausnahmefällen einen Fairnessausgleich zu gewähren, durch den ex post ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Erträgen oder Vorteilen der Nutzung und der ursprünglich gezahlten Vergütung korrigiert werde (vgl. BT-Drs. 14/8058, 19). Im Zuge dieses gesetzlich angeordneten Fairnessausgleichs würden keine zusätzlichen Nutzungen durch den Kläger gewährt. Durch die ursprüngliche Übertragung der Rechte in dem jeweiligen Vertrag mit dem Produzenten seien die Sender bereits zu einer vollumfänglichen Nutzung der von dem Kläger verfassten Drehbücher berechtigt gewesen. Die Sender hätten frei entscheiden können, ob und in welcher Form sie die Produktionen 1 und 2 auswerten würden (z.B. Ausstrahlungen im Free-TV oder Pay-TV, Auswertung im Wege des Video-on Demand). Insbesondere hätten die Sender den Film aufgrund der ursprünglichen Rechteübertragung beliebig häufig ausstrahlen dürfen. Auch wenn die Zuschauerzahlen größer als erhofft gewesen seien, lägen die entsprechenden Nutzungen dennoch innerhalb des ursprünglichen Nutzungsrechts. Insoweit sei keine zusätzliche Nutzung gegeben.
18Zum anderen sei auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Klägers und den von den Sendern gezahlten Erfolgsbeteiligungen gegeben. Gegen einen unmittelbaren Zusammenhang spreche schon der Umstand, dass die Finanzverwaltung im Fall des sog. Urheberfolgerechts (§ 26 UrhG) die Auffassung vertrete, dass auf Grund mangelnder vertraglicher Beziehungen kein Leistungsaustauschverhältnis gegeben sei. Das Folgerecht des Urhebers gehöre nicht zu den urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten. Es entstehe kraft Gesetz und sei nicht das Ergebnis vertraglicher Beziehungen mit dem Urheber (Hinweis auf die Verfügung der OFD Hannover vom 26.3.2001, Der Betrieb 2001, 1118). Diese Überlegungen müssten auch im vorliegenden Fall gelten, in dem letztlich § 32a Abs. 2 UrhG die gesetzliche Grundlage für die Zahlung bilde. Die Erfolgsbeteiligungen seien nachträglich ohne konkreten Bezug zur urheberrechtlichen Leistung des Klägers erbracht worden. Entscheidend für die Erfolgsbeteiligung sei allein die besonders erfolgreiche Auswertung der Produktionen 1 und 2 und nicht die vom Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits schon lange vollständig erbrachte Leistung.
19Die gemeinsamen Vergütungsregeln bildeten insoweit eine tarifvertragsähnliche Vereinbarung, die nicht speziell hinsichtlich einzelner Drehbücher/Produktionen abgeschlossen worden seien. Sie dienten dazu abstrakt zu konkretisieren, wann ein auffälliges Missverhältnis i. S. d. § 32a Abs. 2 UrhG vorliege und in welcher Höhe der Drehbuchautor in diesem Fall eine Erfolgsbeteiligung erhalte („angemessene Beteiligung"). Sie begründeten dagegen keine eigenen Rechte und Pflichten. Insofern unterschieden sie sich von echten Tarifverträgen. Sie berührten auch nicht die Vertragsverhältnisse zwischen dem Drehbuchautoren und dem Produzenten sowie zwischen dem Produzenten und dem Sender, sondern hätten lediglich eine normenkonkretisierende Wirkung. Die einzelnen Drehbuchautoren seien am Abschluss der Vergütungsregeln nicht beteiligt.
20Gegen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung des Klägers und der von den Sendern gezahlten Erfolgsbeteiligungen spreche zudem, dass § 32a Abs. 2 UrhG dem Urheber lediglich einen Zahlungsanspruch einräume. Anders als bei § 32a Abs. 1 UrhG könne der Urheber bei § 32a Abs. 2 UrhG keine Vertragsanpassung verlangen (Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts --OLG-- München, Film und Recht 1982, 586; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 32a Rn. 44). Auch dies zeige, dass zwischen der Zahlung und der Leistung des Klägers keine direkte Beziehung bestehe. Der Fairnessausgleich komme auch dann zum Tragen, wenn zwischen dem Kläger und den Sendern unmittelbar kein Vertragsverhältnis bestehe. Schon hieraus sei ersichtlich, dass der Ausgleich nach § 32a Abs. 2 UrhG unabhängig von einer Leistung des Urhebers erfolge. Nach dem Willen des Gesetzgebers müsse die Leistung des Urhebers ausdrücklich nicht ursächlich für die Erträgnisse und Vorteile sein, die aus der Nutzung des Werkes gezogen werden (vgl. BT-Drs. 14/8058, S. 19). Weiterhin beschränke sich § 32a Abs. 2 UrhG nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 14/8058, 19) nicht auf die unmittelbaren Vorteile aus dem urheberrechtlichen Werk, sondern umfasse auch nachgelagerte Vorteile wie z.B. solche aus Werbung. Auch aus diesem Grund stellten die Zahlungen nach § 32a Abs. 2 UrhG offensichtlich keine Gegenleistung zu den urheberrechtlichen Leistungen des nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigten Urhebers dar.
21Auch die gemeinsamen Vergütungsregeln selbst begründeten keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Erfolgsbeteiligung und einer Leistung des Klägers. Wie bereits dargelegt, legten die gemeinsamen Vergütungsregeln nach § 36 UrhG verbindlich, aber abstrakt und losgelöst vom Einzelfall die Voraussetzungen sowie ggf. die Höhe der angemessenen Beteiligung i. S. d. § 32a Abs. 2 UrhG fest.
22Darüber hinaus habe auch der EuGH in einer vergleichbaren Konstellation keinen Leistungsaustausch angenommen (Hinweis auf EuGH-Urteil vom 18.1.2017 Rs. C-37 116 SAWP). Die Grundsätze dieses Urteils seien auf den vorliegenden Fall übertragbar.
23Des Weiteren fehle es an einem Vorteil für den Leistungsempfänger. Die Erfolgsbeteiligung werde von den Sendern gezahlt. Diese erhielten aber keinen Vorteil. Ein Leistungsaustausch setze eine Zuwendung eines verbrauchbaren wirtschaftlichen Vorteils voraus, der in Geld ausgedrückt werden könne. Es müsse ein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beim Empfänger vorliegen. Die Vorteile müssten für den Empfänger im Rahmen seiner unternehmerischen Betätigung nutzbar sein. Die Rechte an den vom Kläger verfassten Drehbüchern stellten einen verbrauchbaren wirtschaftlichen Vorteil dar. Vorliegend habe der Kläger den jeweiligen Produktionsgesellschaften sämtliche Rechte an den Drehbüchern für die Produktionen 1 und 2 übertragen und ihnen damit verbrauchbare wirtschaftliche Vorteile zugewendet. Die Produktionsgesellschaften hätten die Rechte an den Drehbüchern für die Produktionen 1 und 2 wiederum vollumfänglich auf die Sender übertragen. Somit hätten die Sender von den Produktionsgesellschaften verbrauchbare wirtschaftliche Vorteile erhalten. Der verbrauchbare Vorteil sei den Sendern damit allein und umfassend von den Produktionsgesellschaften zugewendet worden. Der Kläger selbst habe den Sendern keine Rechte übertragen und damit auch keine Vorteile. Der nachträglich eingetretene besondere Produktionserfolg stelle keinen eigenen Vorteil dar. Es fehle auch hier an einer durch den Kläger vollzogenen Zuwendung.
24Schließlich sei auch keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne gegeben. Voraussetzung dafür wäre, dass der jeweils zahlende Sender ein über die reine Entgeltentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse verfolge. Dies sei aber nicht der Fall. Die Sender leisteten diese Zahlungen aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung aus § 32a Abs. 2 UrhG. Es entspreche offensichtlich nicht dem Eigeninteresse der Sender, den Kläger am wirtschaftlichen Erfolg der Produktionen 1 und 2 zu beteiligen. Die dem Kläger gezahlte Erfolgsbeteiligung vermindere den wirtschaftlichen Erfolg der Sender sogar.
25Entgegen der Auffassung des FA handele es sich auch nicht um ein Entgelt von dritter Seite. Die Rechtsprechung habe für die Annahme eines Entgelts von dritter Seite i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG bestimmte Kriterien definiert, die hier nicht gegeben seien. Wie bereits dargelegt, müssten die Sender nach den gemeinsamen Vergütungsregeln in Umsetzung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung des § 32a Abs. 2 UrhG im besonderen Erfolgsfall eine Erfolgsbeteiligung an den jeweils berechtigten Drehbuchautor zahlen. Der Drehbuchautor erbringe hingegen seine Drehbuchleistungen an die ihn beauftragende Produktionsgesellschaft. Die Erfolgsbeteiligungen würden nicht für die (Drehbuch-)Leistung gewährt, sondern aufgrund eines gesetzlichen urhebervertragsrechtlichen Anspruchs, der einen Durchgriff auf Dritte in der Lizenzkette zulasse. Es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung der Sender (Dritte) und der jeweiligen Leistung der Drehbuchautoren.
26Die Produktionsgesellschaften als Leistungsempfänger hätten keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung von Erfolgsbeteiligungen an die von ihnen beauftragten Drehbuchautoren durch die Sender. Dieser Anspruch stehe alleine den Drehbuchautoren zu. Die Zahlungen der Sender erfolgten auch nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen gegenüber den Produktionsgesellschaften als Leistungsempfängern. Die Zahlung der Erfolgsbeteiligung liege schließlich auch nicht im Interesse der Produktionsgesellschaften. Die Produktionsgesellschaften hafteten aufgrund der umfassenden Übertragung der Rechte an den Drehbüchern auf die Sender nicht nach § 32a Abs. 1 UrhG für Erfolgsbeteiligungen im Zusammenhang mit Verwertungshandlungen der Sender. Für die Produktionsgesellschaften spiele es daher keine Rolle, ob die Sender Erfolgsbeteiligungen an die Drehbuchautoren zahlen würden oder nicht. Allein die Sender hätten die Erfolgsbeteiligungen zu zahlen. Zahlten die Sender nicht, könne der Kläger nicht die Produktionsgesellschaften in Anspruch nehmen. Die Haftung der Produktionsgesellschaften gegenüber dem Kläger entfalle bereits bei einer Rechteübertragung auf die Sender (§ 32a Abs. 2 Satz 2 UrhG).
27Die Sender würden die Drehbuchautoren durch ihre Zahlungen auch nicht fördern wollen. Die Motivation der Sender zur Zahlung liege ausschließlich darin, sich gesetzeskonform zu verhalten und die gemeinsamen Vergütungsregeln einzuhalten.
28Des Weiteren habe die Zahlung der Erfolgsbeteiligung auch keinen preisauffüllenden Charakter. Die Höhe des Entgelts für die Erstellung der Drehbücher und die umfassende Rechteübertragung an diesen sei zwischen den Produktionsgesellschaften und dem Kläger abschließend festgelegt worden. Die Zahlung der Sender bilde lediglich einen erfolgsabhängigen „Fairnessausgleich“, der von dem (ursprünglichen) Entgelt losgelöst sei. Er handele sich gerade nicht um ein Entgelt, sondern um eine gesetzlich angeordnete Korrektur der Vergütung durch die Beteiligung an einem besonderen Auswertungserfolg. Dass die von den Sendern gezahlten Erfolgsbeteiligungen kein Entgelt sein könnten, zeige sich auch daran, dass sie erst aufgrund jeweiliger Abrechnungen der Sender in den Jahren 2014 und 2015 an den Kläger geleistet worden seien. Zu dieser Zeit sei die urheberrechtliche Leistung des Kläger längst erbracht und abgegolten gewesen.
29Schließlich habe der EuGH mit Urteil vom 19.12.2018 zwischenzeitlich entschieden, dass die Vergütung im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Folgerecht in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfe (Hinweis auf EuGH-Urteil vom 19.12.2018 C-51/18). Der EuGH sei zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen Urheber und Verkäufer in Bezug auf die Vergütung des Folgerechts kein Rechtsverhältnis mit Leistungsaustausch vorliege. Denn den Preis für die Weiterveräußerung des Werkes legten allein Verkäufer und Käufer fest. Der Urheber sei hierin nicht einbezogen und habe auch keine Möglichkeiten, den Weiterverkauf zu verhindern. Schließlich solle das Folgerecht nach dem Willen des Unionsgesetzgebers den Urhebern eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihrer Werke garantieren. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber den Urhebern keineswegs die Möglichkeit habe einräumen wollen, sich an den Umsätzen des Weiterverkaufs ihrer Werke zu beteiligen. Daher sei die Folgerechtsvergütung auch keine Gegenleistung bei einem Leistungsaustausch im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, an dem der Urheber durch die Duldung des Weiterverkaufs teilhabe. Diese Rechtsprechung sei auf die im Streitfall betroffene Regelung der Bestsellervergütung gem. § 32a Abs. 2 UrhG übertragbar. Bei § 32a Abs. 2 UrhG entstehe das Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen die Übertragung der Nutzungsrechte stattfinde, ebenfalls allein zwischen der anderen Person und dem Dritten. Der Urheber sei an der Übertragung der Nutzungsrechte nicht beteiligt. Zwischen dem Urheber und dem Dritten bestehe auch kein Vertragsverhältnis. Die Bestsellervergütung sei damit nicht Bestandteil des Rechtsverhältnisses zwischen Urheber und der Person, die die Nutzungsrechte an den Dritten übertragen habe. Wie bei dem österreichischen Folgerecht bei den bildenden Künsten liege auch bei der Bestsellervergütung die Intention des Gesetzgebers allein darin, dem Urheber eine wirtschaftliche Beteiligung an dem Erfolg seiner Leistung zu garantieren.
30Hilfsweise werde die Auffassung vertreten, dass die Zahlungen einen nicht umsatzsteuerbaren Schadensersatz darstellten. Echte Entschädigungs- oder Schadensersatzleistungen lägen umsatzsteuerlich vor, wenn die Zahlung nicht für eine sonstige Leistung an den Zahlenden erfolge. Der Zahlende müsse vielmehr nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen haben. Der vorliegende Fall sei vergleichbar mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20.3.2013 XI R 6/11 (Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2014, 206), in dem sich ein Leasingnehmer im Leasingvertrag verpflichtet habe, nachträglich einen Minderwertausgleich zu zahlen. Der BFH habe insoweit entschieden, dass die Zahlung des Minderwertausgleichs eine nicht steuerbare Entschädigung darstelle. Der Leasinggeber erhalte den Minderwertausgleich für die übervertragsgemäße Nutzung. Die Urheber erhielten Bestsellerzahlungen, weil die ursprünglichen Vergütungen angesichts des besonderen Erfolgs des Werkes nicht mehr angemessen seien (ähnlich einer übervertragsgemäßen Nutzung). In beiden Fällen gehe es um Rechtsgutseinbußen, die vertraglich nicht vereinbart und so nicht vorhersehbar gewesen seien. Beim Minderwertausgleich erfolge die Entschädigung für eine materielle Rechtsgutseinbuße. Bei der Erfolgsbeteiligung gehe es um einen Ausgleich für immaterielle Vermögenseinbußen (urheberrechtliches Werk).
31Für die weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze vom 28.2.2018, 7.5.2019 und 26.9.2019 Bezug genommen.
32Der Kläger beantragt,
33den Umsatzsteuerbescheid für 2014 vom 12.10.2015 und die Umsatzsteuerfestsetzung für 2015, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.9.2017, dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer auf …… € (2014) und …….. € (2015) herabgesetzt wird, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
34Das FA beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Es hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest und führt ergänzend aus:
37Der nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung liege vor. Aufgrund der im Streitfall vereinbarten vertraglichen Regelungen sei der Erwerber der Drehbücher berechtigt gewesen, die an ihn abgetretenen Rechte an andere zu übertragen oder anderen hieran Nutzungsrechte einzuräumen. Für die Übertragung der Rechte bzw. die Einräumung des Rechts, diese an andere weiter zu übertragen bzw. anderen ein Nutzungsrecht hieran einzuräumen, sei eine pauschale Vergütung vereinbart worden, die sich schon nach dem ursprünglichen Vertrag hätten ändern sollen, wenn eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt die Rechte erwerben oder nutzen sollte. Auch wenn diese vertragliche Regelung nicht auf § 32a UrhG beruhe, ergebe sich aber bereits daraus der Zusammenhang zwischen der Leistung des Klägers an den Erwerber und den Zahlungen der Sender für die ihnen eingeräumten/übertragenen Rechte.
38Darüber hinaus ergebe sich dieser Zusammenhang auch aus dem Zweck des § 32a UrhG, wonach der Urheber einen Anspruch auf weitere Zahlungen und damit letztlich eine höhere Vergütung habe, wenn sich später herausstelle, dass die ihm von seinem Vertragspartner gezahlte Vergütung im Verhältnis zu den Erträgnissen auf allen nachfolgenden Ebenen unangemessen niedrig gewesen sei. Damit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Rechteübertragung/-einräumung des Klägers an die Produzenten und den Zahlungen der Sender an den Kläger aufgrund des § 32a Abs. 2 UrhG.
39Auch wirtschaftlich betrachtet seien die Zahlungen der Sender als zusätzliches Entgelt für die Leistung des Klägers anzusehen. Die Zahlungen nach § 32a UrhG dienten dazu, die durch nachträglich eingetretenen Ereignisse unangemessen (zu niedrig) gewordenen vertraglich vereinbarten Vergütungen auf das angemessene Niveau anzuheben. Damit hätten die Zahlungen im Ergebnis „preisauffüllenden" Charakter (vgl. Abschn. 10.2 Abs. 5 Sätze 1 und 2 UStAE).
40Zahlungen gemäß § 26 UrhG für Werke der bildenden Künste seien entgegen der Auffassung des Klägers nicht vergleichbar mit Ausgleichszahlungen aufgrund von Rechteübertragungen gemäß § 32a UrhG. Der notwendige Zusammenhang zwischen der Leistung und der zu versteuernden Zahlung als Entgelt von dritter Seite sei gegeben. Der Unterschied liege darin, dass Werke der bildenden Künste nur ein einziges Mal bestünden und die mit ihnen verbundenen Nutzungs- und Verwertungsrechte mit ihrem erstmaligen Inverkehrbringen erschöpft seien. Hingegen vergüte das Entgelt bei anderen Werkstücken, die wiederholt zur Verfügung gestellt würden, ihren Urhebern eine Leistung, die in der wiederholten Zurverfügungstellung bestehe.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
42I. Dem Senat erscheint es sachgerecht, gemäß § 90a Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
43II. Die zulässige Klage ist unbegründet.
44Mit Recht hat das FA die Zahlungen der Sender der Umsatzsteuer unterworfen und mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den betreffenden Zahlungen um ein Entgelt von dritter Seite i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in der im Streitjahr gültigen Fassung.
451. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört "zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt".
46§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG setzt Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) um, wonach bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 MwStSystRL fallen, die Steuerbemessungsgrundlage alles umfasst, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.
47Für die Annahme einer Leistung "gegen Entgelt" ist dementsprechend nicht erforderlich, dass die Gegenleistung (allein) vom Leistungsempfänger erbracht wird. Sie kann auch von einem Dritten erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 22.2.2017 XI R 17/15, BStBl II 2017, 812 m.w.N.). Die unmittelbar mit dem Preis eines der Steuer unterliegenden Umsatzes zusammenhängenden Subventionen sind nur eine von mehreren Fallgestaltungen, auf die Art. 73 MwStSystRL abzielt; unabhängig von der in Rede stehenden besonderen Situation ist Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird (vgl. EuGH-Urteil Le Rayon d'Or vom 27.3.2014 C-151/13, EU:C:2014:185).
48Entscheidend dafür, ob eine Zahlung "für die Leistung" bzw. "für die Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt (vgl. EuGH-Urteil Tolsma vom 3.3.1994 C-16/93, EU:C:1994:80, BFH-Urteile vom 22.2.2017 XI R 17/15, BStBl II 2017, 812; vom 31.5.2017 XI R 2/14, BStBl II 2017, 1024). Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält (vgl. BFH-Urteile vom 22.2.2017 XI R 17/15, BStBl II 2017, 812; vom 31.5.2017 XI R 2/14, BStBl II 2017, 1024, jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist, ist unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 31.5.2017 XI R 2/14, BStBl II 2017, 1024).
49Ein solcher Zusammenhang ist dagegen nicht anzunehmen, wenn eine Zahlung des Dritten aufgrund eigener Verpflichtung geleistet wird. Das Motiv oder der Anlass für die Begründung der eigenen Verpflichtung ist ohne Bedeutung. Ist der Dritte dem Zahlungsempfänger zur Zahlung verpflichtet, so will er seine eigene Schuld erfüllen. Er leistet nicht mehr, wie in § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG vorausgesetzt, im überwiegenden Interesse des Empfängers der von dem Unternehmer erbrachten Leistung (vgl. BFH-Beschluss vom 15.7.1997 V B 122/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 1998, 499).
502. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist vorliegend ein Entgelt von dritter Seite gegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zahlungen der Sender - wofür Vieles spricht - unmittelbar auf der Grundlage des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG oder zur Abwendung eines solchen Anspruchs aufgrund eines aus den gemeinsamen Vergütungsregeln ableitbaren Anspruchs erfolgten. In beiden Fällen besteht jedenfalls ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der eingangs dargestellten BFH- und EuGH-Rechtsprechung. Der Unmittelbarkeitszusammenhang resultiert daraus, dass Zahlungen auf der Grundlage des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG, auch wenn sie von einem Dritten geleistet werden, zivilrechtlich ein zusätzliches Entgelt für die Einräumung der Nutzungsrechte darstellen und damit umsatzsteuerlich für die Leistung des Unternehmers (hier des Klägers) an den Leistungsempfänger (hier N und I) gezahlt werden.
51a) Das Urhebervertragsrecht ist von dem Leitgedanken geprägt, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen aus der Verwertung seines Werkes oder seiner Leistung angemessen zu beteiligen. Dieser sog. Beteiligungsgrundsatz wird in § 11 Satz 2 UrhG dahingehend umschrieben, dass das Urheberrecht "zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes" dient. Ausgangspunkt hierfür ist eine strukturell bedingte Unterlegenheit der Urheber gegenüber den Verwertern, die zu einer gestörten Vertragsparität führt (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 23.10.2013 1 BvR 1842/11, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG 134, 204). Das UrhG sieht daher zum Schutz der Urheber Eingriffe in die Vertragsautonomie vor, die u.a. darauf abzielen, die Interessen von Urhebern und Verwertern auszugleichen. Insbesondere das am 1.7.2002 in Kraft getretenen Gesetz “zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern” (künftig Urheberrechtsreform 2002) hatte das zentrale Anliegen, dem sog. “Beteiligungsgrundsatz” besser gerecht zu werden. Der Gesetzgeber hat sich dabei für eine "vertragsrechtliche Lösung" entschieden (vgl. Eichelberger, Wettbewerb in Recht und Praxis 2017, 127, 128; der ursprüngliche Gesetzesentwurf hatte einen gesetzlichen Vergütungsanspruch vorgesehen, vgl. BT-Drucks. 14/6433, 14), die u.a. in den Anspruchsgrundlagen der §§ 32 Abs. 1 Satz 3, 32a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UrhG sowie in der Gestattung kollektiver Vereinbarungen gem. § 36 UrhG in Form von sog. gemeinsamen Vergütungsregeln zum Ausdruck kommt.
52aa) Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG kann der Urheber von seinem Vertragspartner, sofern die mit diesem vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, eine Korrektur des Vertrages in dem Sinne verlangen, dass die vereinbarte Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte durch eine angemessene Vergütung ersetzt wird. Es handelt sich um einen gesetzlichen Korrekturanspruch, der auf Vertragsänderung gerichtet ist, also dem Urheber im Ergebnis einen vertraglichen Anspruch auf angemessene Vergütung gegen seinen Vertragspartner verschafft (Jacobs, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 1905, 1907). Die vertragliche Einräumung der Nutzungsrechte bleibt also die Grundlage für den Anspruch, der nunmehr auf Anpassung derselben gerichtet ist (Leidl, Gemeinsame Vergütungsregeln und Tarifverträge, 34).
53bb) Eine weitere Möglichkeit zur Vertragsanpassung sieht § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG vor. § 32a Abs. 1 UrhG und § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG unterscheiden sich hinsichtlich ihrer zeitlichen Betrachtung. Während § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG die angemessene Beteiligung aus Ex-ante-Sicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (unabhängig von der tatsächlichen erfolgten Nutzung) sicherstellen soll, greift § 32a Abs. 1 UrhG aus der Ex-post-Perspektive dann, wenn nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein auffälliges Missverhältnis zwischen der tatsächlich vereinbarten (und ggf. bereits nach § 32 angepassten Vergütung) und der angemessenen Vergütung entsteht, und zwar unter Berücksichtigung der erfolgten Nutzung und der hiermit zusammenhängenden Erträge und Vorteile (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 7.10.2009 I ZR 41/07, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht --ZUM-- 2010, 255). Hinsichtlich ihrer Rechtsfolge stimmen beide Ansprüche überein. Der Anspruch nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist ebenfalls auf die Einwilligung des Verwerters in die Änderung des Vertrags gerichtet, durch die dem Urheber eine weitere angemessene Beteiligung eingeräumt wird. Nach der Auffassung des BGH handelt es sich auch hierbei um ein vertragliches Entgelt für die vorgenommene Übertragung der Verwertungsrechte (vgl. BGH-Urteil vom 20.2.2020 I ZR 176/18, abrufbar in juris).
54cc) Gleiches gilt schließlich auch für den Anspruch aus § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG. Während sich die Ansprüche aus §§ 32 Abs. 1 Satz 3, 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG nur gegen den unmittelbaren Vertragspartner des Urhebers richten, sieht § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG eine Durchgriffshaftung gegenüber Dritten vor. Dritter i.S.v. § 32a Abs. 2 UrhG kann jeder sein, dem von einem anderen als dem Urheber Nutzungsrechte übertragen oder eingeräumt wurden. Zwar nutzt der Dritte die Verwertungsrechte nicht aufgrund eines Vertrags mit dem Urheber, sondern auf der Grundlage eines vom Ersterwerber abgeleiteten Rechtserwerbs. Aus dem Umstand, dass § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG eine Haftung nach Maßgabe des § 32a Abs. 1 UrhG anordnet, hat der BGH indes abgeleitet, dass es dadurch dem Urheber ermöglicht wird, den Dritten auf (erstmaligen) Abschluss eines ergänzenden Vergütungsvertrags in Anspruch zu nehmen (wobei allerdings bei einer Klage wahlweise - wie auch bei § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG und § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG - unmittelbar auf Zahlung geklagt werden kann, vgl. BGH-Beschluss vom 28.2.2017 I ZR 46/16, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst --ZUM-RD-- 2017, 251; BGH-Urteil vom 20.2.2020 I ZR 176/18, abrufbar in juris; zustimmend etwa Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 32a Rn. 61; ablehnend Datta, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Rechtsprechungs-Report 2017, 209 ff). Damit werde auch die gemäß § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG zu zahlende weitere angemessene Beteiligung der Sache nach für die (mittelbare) Einräumung urheberrechtlicher Verwertungsrechte geleistet (vgl. BGH-Urteil vom 20.2.2020 I ZR 176/18, abrufbar in juris).
55dd) Mit den gemeinsamen Vergütungsregeln nach § 36 UrhG hat der Gesetzgeber im Zuge des Gesetzes “zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern” ein neues Rechtsinstitut geschaffen, mit dessen Hilfe die Beteiligten im Wege der Selbstregulierung bestimmen sollen, welche Vergütung angemessen ist. Werden gemeinsame Vergütungsregeln abgeschlossen, wird die Angemessenheit der darin bestimmten Vergütung bzw. der angemessenen Beteiligung unwiderleglich vermutet (vgl. §§ 32 Abs. 2 Satz 1, 32a Abs. 4 Satz 1 UrhG). Die Rechtsnatur der gemeinsamen Vergütungsregeln ist streitig. Ein Teil der Literatur ordnet diese als Verträge ein (vgl. etwa Berger in Berger/Wündisch, Urhebervertragsrecht, 2. Aufl., § 2 Rn. 159). Die Gegenauffassung lehnt den Vertragscharakter ab, hält es aber für möglich, dass die gemeinsamen Vergütungsregeln in eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten eingebettet werden (Soppe in Beck-Onlinekommentar zum Urheberrecht, § 36 UrhG Rn. 7).
56b) Aus der Gesamtschau dieser Vorschriften des UrhG wird deutlich, dass das Honorar, das der Kläger mit den Produktionsgesellschaften N und I für die Einräumung der jeweils vereinbarten Nutzungsrechte vertraglich vereinbart hatte, in mehrfacher Hinsicht unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Anpassung nach oben stand. Die Zielsetzung des UrhG, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen in der Verwertungskette angemessen zu beteiligen, wird dadurch realisiert, dass nicht nur die Vergütung für die Nutzungsrechtseinräumung aus Ex-ante-Sicht angemessen sein muss, sondern dass auch die weitere Verwertung durch den Ersterwerber und jeden weiteren Erwerber einer permanenten Verlaufskontrolle unterzogen wird. Gesetzestechnisch wird die Beteiligung des Urhebers an sämtlichen Erträgnissen dadurch sichergestellt, dass gesetzliche Ansprüche auf Vertragsänderungen bzw. -abschlüsse zur Verfügung gestellt werden, die sich gegen jeden Verwerter in der Verwertungskette richten können. Letztlich handelt es sich dabei aber sowohl bei den Ansprüchen gegen den Vertragspartner des Urhebers aus § 32 Abs. 1 Satz 3 und § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG als auch bei dem Anspruch gegenüber einem Dritten i.S.v. § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG um Ansprüche auf ein erhöhtes Honorar, das für die nämliche Nutzungsrechtseinräumung durch den Urheber an den Ersterwerber gezahlt wird (so ausdrücklich auch das OLG Stuttgart im Urteil vom 26.9.2018 4 U 2/18, ZUM-RD 2019, 20). Damit wird im Ergebnis die Rechtslage hergestellt, die bestehen würde, wenn keine gestörte Vertragsparität bestünde. Denn dann könnte der Urheber ein vergleichbares nachträgliches Erfolgshonorar bereits mit seinem Vertragspartner vereinbaren, der sich wiederum über entsprechende Klauseln in der Lizenzkette absichern könnte.
57c) Für diese Auffassung spricht, worauf das FA im Rahmen des Einspruchsverfahrens mit Recht hingewiesen hat, auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Ursprünglich war im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Urheberrechtsreform 2002 eine Lösung vorgesehen, wonach der Vertragspartner des Urhebers nach § 32a Abs. 1 UrhG für sämtliche Erträge und Vorteile seines bzw. seiner Lizenznehmer in der Lizenzkette auf „weitere angemessene Beteiligung“ gegenüber dem Urheber gehaftet hätte. Der Vertragspartner hätte sodann wiederum im Innenverhältnis nach einem geplanten § 32a Abs. 2 UrhG Regress bei seinem Lizenznehmer nehmen können (vgl. etwa Berger, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht International --GRUR Int.-- International 2015, 802, 806; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl. 2018, § 32a Rn. 28). Nach Auffassung des Senats wäre eine auf einem solchen Anspruch basierende "weitere angemessene Beteiligung" in einem reinen Zwei-Personen-Verhältnis zwischen dem Urheber und seinem Vertragspartner als Änderung der Bemessungsgrundlage i.S.v. § 17 UStG zu würdigen gewesen.
58Im Gesetzgebungsverfahren haben dann Bedenken daran, dass auf diese Weise dem Ersterwerber das Insolvenzrisiko der gesamten Lizenzkette aufgebürdet wird, dazu geführt, dass dem Urheber mit § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG ein Anspruch gegen den Dritten, bei dem der Verwertungserfolg tatsächlich eintritt, eingeräumt wurde (vgl. Berger, GRUR Int. 2015, 802, 807; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl. 2018, § 32a Rn. 28). Diese, vom Ursprungskonzept abweichende technische Ausgestaltung kann nach Ansicht des Senats aber nicht dazu führen, dass eine darauf basierende Zahlung nunmehr keinen Entgeltcharakter mehr hat. Vielmehr wird im Gegenteil anhand der Entstehungsgeschichte deutlich, dass es sich bei den Ansprüchen aus §§ 32 Abs. 1 Satz 3, 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG, unabhängig davon, gegen wen sie sich im Einzelfall richten, um vergütungsergänzende Ansprüche handeln sollte, die auf dem ursprünglich abgeschlossenen Vertragsverhältnis basieren. Vor diesem Hintergrund lässt sich nach Auffassung des Senats die Regelung des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG im Ergebnis gerade als Fall eines gesetzlich angeordneten Entgelts von dritter Seite begreifen.
59d) Der hier vertretenen Auffassung lässt sich schließlich auch nicht die Rechtsprechung des EuGH zur Vergütung von sog. Folgerechten für Werke der bildenden Künste nach österreichischem Recht - eine vergleichbare Regelung beinhaltet § 26 UrhG - entgegenhalten. Wie der EuGH mit Urteil vom 19.12.2018 C-51/18 (ABl EU 2019, Nr C 65, 19) entschieden hat, hat die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL verstoßen, dass sie die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks aufgrund des Folgerechts zustehende Vergütung der Mehrwertsteuer unterworfen hat. In dieser Entscheidung hat sich der EuGH u.a. auch mit der Abgrenzung zwischen dem Folgerecht und der Einräumung von Nutzungsrechten durch andere Urheber befasst. Insoweit wird in der Urteilsbegründung Folgendes ausgeführt:
60Hierzu ist dem zweiten Satz des dritten Erwägungsgrundes der Richtlinie 2001/84 zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber den Unterschied zwischen der wirtschaftlichen Situation der bildenden Künstler und der Situation der anderen Kunstschaffenden herausstellen wollte, weil Letztere im Gegensatz zu Ersteren Einnahmen aus der fortgesetzten Verwertung ihrer Werke erzielten. Wie die Kommission zutreffend ausführt, bestehen nämlich Werke der bildenden Kunst nur ein einziges Mal, und die mit ihnen verbundenen Nutzungs- und Verwertungsrechte sind mit ihrem erstmaligen Inverkehrbringen erschöpft. Andere Werkstücke werden dagegen wiederholt zur Verfügung gestellt, und das ihren Urhebern dafür gebührende Entgelt vergütet eine Leistung, die in der wiederholten Zurverfügungstellung besteht. Die Vergütung aus dem Folgerecht ist somit nicht mit dem Entgelt für die Ausübung der fortbestehenden Nutzungs- und Verwertungsrechte an diesen anderen Werken vergleichbar. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, mit dem der Unionsgesetzgeber im Bereich der Mehrwertsteuer den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung zum Ausdruck gebracht hat, verlangt aber nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs u. a., dass unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (...). In Anbetracht der Feststellung in Rn. 54 des vorliegenden Urteils kann somit der Umstand, dass die Vergütungen aus den Rechten auf fortgesetzte Nutzung und Verwertung anderer Werke als solcher der bildenden Künste der Mehrwertsteuer unterliegen, ihre Erhebung auch auf die Folgerechtsvergütung nicht rechtfertigen.
61Aus diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass der EuGH gerade davon ausgeht, dass Vergütungen für Nutzungseinräumungen durch Urheber der Umsatzsteuer unterliegen.
62Entgegen der Auffassung des Klägers betrifft diese Aussage auch nicht nur den Anspruch auf die „vertraglich vereinbarte Vergütung“ i.S.v. § 32 Abs. 1 UrhG. Aus der sprachlichen Differenzierung zwischen der "angemessenen Vergütung“ i.S.v. § 32 UrhG und der „angemessenen Beteiligung“ i.S.v. § 32a UrhG folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass es sich im letztgenannten Fall nicht um ein umsatzsteuerliches Entgelt handeln kann, sondern um eine selbständig zu beurteilende Zahlung, die mit dem Folgerecht nach § 26 UrhG oder gar einer Schadenersatzzahlung vergleichbar wäre. Vielmehr basiert auch der Anspruch auf die "angemessene Vergütung" i.S.v. § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG auf dem allgemeinen urheberrechtlichen "Beteiligungsgrundsatz" (vgl. Berger, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2003, 675, 676). Dies lässt sich schon aus der Überschrift des § 32a UrhG entnehmen, in der von einer "weiteren Beteiligung" gesprochen wird, was gedanklich voraussetzt, dass er bereits einmal eine Beteiligung, nämlich in Form einer angemessenen Vergütung, erhalten hat. Wenn aber sowohl der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG als auch die Ansprüche aus § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG, wenn auch aus unterschiedlicher Perspektive, der Verwirklichung des Beteiligungsanspruchs dienen, spricht dies dafür, dass auch das umsatzsteuerliche Entgelt aus der Summe beider Komponenten besteht (im Ergebnis gl.A. der BGH im Urteil 20.2.2020 I ZR 176/18, abrufbar in juris).
633. Dass eine eigene Verpflichtung der Sender zur Zahlung bestand, schließt im Streitfall das Vorliegen eines Entgelts von dritter Seite nicht aus. Gemeint sind die Fälle, in denen die Gegenleistung aufgrund eines eigenständigen Leistungsaustauschverhältnisses zwischen dem Leistenden dem Dritten zu entrichten ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 20.2.1992 V R 107/87, BStBl II 1992, 705). Dies ist hier nicht der Fall, da § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG nur einen Anspruch auf Abschluss einer ergänzenden Vergütungsregelung, nicht aber eines gegenseitigen Vertrags begründet.
64III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
65IV. Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob eine Zahlung auf der Grundlage von § 32a Abs. 2 UrhG als Entgelt von dritter Seite anzusehen ist, hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.