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Der Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2020 wird dergestalt geändert, dass der Wert der von A übertragenen Anteile auf jeweils ... € festgestellt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von ... €. Gegenstand ihres Unternehmens war es, die von der Familie B seit dem Jahr ... von Z-Stadt aus im In- und Ausland betriebenen Unternehmen … fortzuführen.
3Gesellschafter der Klägerin waren im Jahr 2009 etwa ... natürliche Personen, die überwiegend Abkömmlinge der … C (...) und D (...) der Familie B … waren. Diese Personen waren teilweise über Holdinggesellschaften mittelbar an der Klägerin beteiligt waren.
4§ 4 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin in der Fassung vom 26. April 2008 sah unter anderem folgende Regelungen vor:
5„1. Die Gesellschafter sind verpflichtet, über Geschäftsanteile oder Teile von Geschäftsanteilen ausschließlich zugunsten der in Abs. 2 genannten Berechtigten zu verfügen. Jede Verfügung über Geschäftsanteile oder Teile von Geschäftsanteilen durch Abtretung, Nießbrauchbestellung oder Verpfändung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung eines Gesellschafters, der von der Gesellschafterversammlung jeweils für die Zeit bis zur nächsten ordentlichen Gesellschafterversammlung bestimmt wird (‚beauftragter Gesellschafter‘)…
62. Die Zustimmung zu den in Absatz 1 genannten Verfügungen darf nur erteilt werden, wenn und soweit diese erfolgen zugunsten von
7a) B-Abkömmlingen und diesen gleichgestellten Personen
8(1) B-Abkömmlinge sind die leiblichen Abkömmlinge der C (...) und D (...) B,
9(2) B-Abkömmlinge gleichgestellte Personen sind:
10- Adoptivkinder von B-Abkömmlingen und deren leibliche Abkömmlinge,
11- Personen, die ohne B-Abkömmlinge oder diesen aus anderen Gründen gleichgestellt zu sein, am 25. Juni 1988 Gesellschafter waren, und deren leibliche Abkömmlinge,
12- Personen, die als Erben einschließlich Nacherben der am 00. Mai 1968 verstorbenen Frau E Gesellschafter geworden sind, und deren leibliche Abkömmlinge,
13b) Ehegatten sowie überlebenden nicht wiederverheirateten Ehegatten von B-Abkömmlingen und diesen gleichgestellten Personen,
14c) Gesellschaften, deren Anteile unmittelbar oder mittelbar vollständig von B-Abkömmlingen und/oder diesen gleichgestellten Personen sowie in beiden Fällen außerdem von der B ...gesellschaft oder von dieser alleine gehalten werden…,
15d) Familien-Stiftungen mit statutarischer überwiegender Bezugsberechtigung von B-Abkömmlingen und/oder diesen gleichgestellten Personen,
16e) sonstigen Erwerbern, einschließlich einer von der Gesellschaft errichteten Stiftung, sofern sämtliche Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat nach vorheriger Beratung im Beirat die Verfügung im besonderen Einzelfall befürwortet haben.
173. Die Gesellschafterversammlung kann… Richtlinien beschließen, ändern und aufheben, nach denen die Zustimmung zu erteilen oder zu versagen ist. Die zustimmungsbedürftige Verfügung wird erst mit Zugang der Zustimmungserklärung bei dem einen oder anderen Vertragspartner des Verfügungsgeschäfts wirksam.“
18Nach VI. der von der Gesellschafterversammlung im Juni 2000 beschlossenen Richtlinien für die Wahrnehmung der Aufgaben des beauftragten Gesellschafters bei Verfügungen über Geschäftsanteile (Richtlinien) war für Verkäufe von Geschäftsanteilen grundsätzlich der von der Zentralabteilung Steuern der Klägerin „ermittelte gemeine Wert im Sinne des § 11 des Bewertungsgesetzes (BewG)“ maßgebend. Dieser wurde dergestalt ermittelt, dass für Beteiligungen der Klägerin an börsennotierten Kapitalgesellschaften der Durchschnittskurs der letzten drei Monate zugrunde gelegt wurde. Der Wert für Beteiligungen der Klägerin an nicht börsennotierten Gesellschaften wurde auf der Grundlage der voraussichtlichen Umsätze oder Erträge unter Anwendung eines Vervielfältigers ermittelt. Dieser Vervielfältiger wurde aus dem Börsenwert von Wettbewerbern in der jeweiligen Branche und den Umsätzen oder Erträgen, die dem jeweiligen Börsenwert zugrunde lagen, abgeleitet. Von der Summe der Werte sämtlicher Beteiligungen der Klägerin (dem sog. „Net Asset Value“) wurde ein Marktwertabschlag von 20 % abgezogen. Hiermit sollten Wertminderungen berücksichtigt werden, die sich unter anderem aus Holdingkosten, nicht in der Nettofinanzverschuldung enthaltener finanzieller Verpflichtungen, einer geringeren Handelbarkeit der Anteile an der Holdinggesellschaft sowie einer eingeschränkten Flexibilität der Gesellschafter durch das vorgegebene Beteiligungsportfolio ergaben.
19Gesellschafter der Klägerin war unter anderem A mit einem Geschäftsanteil von ... €. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 2009 trat A Teilgeschäftsanteile von jeweils ... € unentgeltlich an seine drei Kinder, die Beigeladenen zu 1) bis 3), ab. Der beauftragte Gesellschafter stimmte noch am selben Tage den Abtretungen der Teilgeschäftsanteile zu.
20Auf Aufforderung des beklagten Finanzamts gab die Klägerin am 14. April 2011 eine Feststellungserklärung ab, in der sie den gemeinen Wert der von A abgetretenen Geschäftsanteile mit jeweils ... € (408 %) angab. Diesen Wert hatte die Klägerin auf der Grundlage von 63 Verkäufen von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 ermittelt. Die Verkaufspreise hatte die Zentralabteilung Steuern der Klägerin nach dem von ihr angewendeten Net Asset Value-Verfahren unter Berücksichtigung eines Marktwertabschlags von 20 % ermittelt. In 27 Fällen wurden die von der Zentralabteilung Steuern ermittelten und den Vertragsparteien mitgeteilten Verkaufspreise unter- oder überschritten.
21Das beklagte Finanzamt stellte den Wert der von A abgetretenen Geschäftsanteile der Klägerin gegenüber mit Bescheid vom 6. Dezember 2013 auf den 30. November 2009 auf jeweils ... € gesondert fest. Zur Begründung führte es aus, grundsätzlich könne der Ermittlung des Wertes der Anteile durch die Klägerin gefolgt werden. Ein Holdingabschlag von 20 % könne jedoch nicht anerkannt werden, so dass die Anteile mit 510 % ihres Nennwerts anzusetzen seien.
22Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die Kürzung der Summe der Marktwerte ihrer Beteiligungen um einen Marktwertabschlag, der früher als Holdingabschlag bezeichnet worden sei, sei betriebswirtschaftlich anerkannt und bei vergleichbaren Unternehmen üblich. Wirtschaftsprüfer F habe in einer Stellungnahme vom 9. April 2009 einen Abschlag von 20 % vorgeschlagen, weil der Holdingabschlag vergleichbarer Gesellschaften in den letzten drei Jahren durchschnittlich zwischen 20 und 30 % betragen habe. Demgemäß hätten ihre Gesellschafter seit Jahren ihre Geschäftsanteile zu dem nach Abzug eines Marktwertabschlags von ihrer Zentralabteilung Steuern ermittelten Wert verkauft. Hierbei habe es sich nach Auffassung ihrer Gesellschafter um den gemeinen Wert gehandelt, der nach den Richtlinien ermittelt worden sei. Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Y-Stadt habe die nach den Richtlinien ermittelten Verkaufspreise noch in einem Prüfungsbericht vom 5. Juli 2001 als zutreffend angesehen. Da die gemeinen Werte der Geschäftsanteile aus Verkäufen abgeleitet worden seien, könne der Substanzwert nicht berücksichtigt werden. Bei den der Wertermittlung zugrunde liegenden Verkäufen habe es sich um solche unter fremden Dritten gehandelt. Die Vertragsparteien, zwischen denen die Verkaufsgeschäfte stattgefunden hätten, seien ganz überwiegend nicht bis zum dritten Grad verwandt gewesen. In dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 seien in nur sechs Fällen Geschäftsanteile von Gesellschaftern verkauft worden, die zu dem jeweiligen Käufer in einem Verwandtschaftsverhältnis vom ersten bis zum dritten Grad gestanden hätten. Im Übrigen müsse es bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ausreichen, wenn die Verkäufe wie unter fremden Dritten stattgefunden hätten. Bei den der Wertermittlung zugrunde liegenden Verkäufen habe es sich auch um solche im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt. Die von den Gesellschaftern bei den Verkäufen berücksichtigten Werte seien von ihrer Zentralabteilung Steuern auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlich anerkannten Bewertungsmethode ermittelt worden. Die Gesellschafter und Käufer hätten ohne Zwang gehandelt. Sie hätten die Angebote freiwillig sowie unter Wahrung ihrer eigenen Interessen annehmen oder ablehnen können, weil die Werte nicht festgelegt worden seien. Der Umstand, dass die Geschäftsanteile nur von einem beschränkten Kreis von Personen hätten erworben werden können, stehe einer Ableitung des gemeinen Werts aus den Verkäufen nicht entgegen. Das Zustimmungserfordernis nach § 4 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags habe nicht zur Folge gehabt, dass es sich nicht mehr um Verkäufe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt habe. Anderes könne allenfalls dann gelten, wenn Anteile lediglich zum Nennwert verkauft worden seien. Eine Bewertung der verkauften Geschäftsanteile ohne Abzug des Marktwertabschlags von 20 % würde einen am Markt nicht erzielbaren Preis ergeben.
23A verstarb in .... Er wurde von den Beigeladenen zu 1) bis 4) beerbt.
24Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 30. Juni 2020 als unbegründet zurück und führte aus: Die der Wertermittlung der Klägerin zugrunde liegenden Verkäufe hätten nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten stattgefunden. Der Verkaufspreis für die Geschäftsanteile sei nicht am freien Markt gebildet worden. Vielmehr sei der Verkaufspreis von der Klägerin selbst ermittelt sowie den Verkäufern und Käufern bindend vorgegeben worden. Auf Grund der nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Verfügungsbeschränkung sei es nicht möglich, einen Verkaufspreis festzustellen, der für die Anteile am freien Markt zu erzielen gewesen wäre. Durch die Verfügungsbeschränkung sei einem Auseinanderfallen des Vermögens an fremde Dritte, die keine Familienangehörigen gewesen seien, entgegengewirkt worden. Die von der Zentralabteilung Steuern der Klägerin vorgenommene Ermittlung des Wertes ihrer Geschäftsanteile führe zwar grundsätzlich zu einem betriebswirtschaftlich sachgerechten Ergebnis für sämtliche Beteiligungen. Der als Net Asset Value bezeichnete Wert stelle jedoch den Substanzwert der Klägerin dar, der nicht unterschritten werden dürfe, weil eine Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen unter den Familienangehörigen ausscheide. Deshalb könne der Marktabschlag von 20 % nicht anerkannt werden.
25Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Sie stelle ihren Gesellschaftern die Werte für einen Verkauf ihrer Geschäftsanteile zur Verfügung, weil der Aufwand für eine Bewertung aller ... Beteiligungen insbesondere bei dem Verkauf eines Geschäftsanteils mit geringerem Nennwert zu groß wäre. Der Gesetzgeber sei zudem für das Feststellungsverfahren in § 153 Abs. 3 BewG selbst davon ausgegangen, dass einem Gesellschafter eine Bewertung eines übertragenen Anteils kaum oder gar nicht möglich sei. Die von ihr ermittelten Werte hätten überdies nur als Verhandlungsgrundlage gedient. Gelegentlich sei es bei den Verkäufen von Geschäftsanteilen zu Abweichungen von den von ihr ermittelten Werten gekommen (Anlage 2 der Klagebegründung). Es habe auch keinen geschlossenen Kreis von möglichen Erwerbern der Geschäftsanteile gegeben. Nach dem Gesellschaftsvertrag seien mehr als 1.200 mögliche Erwerber von Geschäftsanteilen in Betracht gekommen. Künftige Ehegatten seien ebenso wie Holdinggesellschaften und Stiftungen zum Erwerb zugelassen. Darüber hinaus könnten nach dem Gesellschaftsvertrag im Ausnahmefall Erwerber der Geschäftsanteile auch Personen sein, die in keinerlei verwandtschaftlicher Beziehung zu ihren Gründern stünden. Die der Wertfindung zugrunde liegenden Verkaufspreise seien anhand ihres Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Beteiligungsgesellschaften ermittelt worden. Die Verkäufe hätten unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage stattgefunden. Die Preise seien auch frei ausgehandelt worden, weil der ermittelte Verkaufspreis daraufhin habe überprüft werden können, ob er am Markt habe erzielt werden können. Eine Veränderung des sich aus den Verkäufen ergebenden Werts scheide aus, weil dieser den Kaufpreisen entspreche, welche die seinerzeitige Wertentwicklung widergespiegelt hätten. Soweit das beklagte Finanzamt geltend mache, dass durch den vorgenommenen Marktwertabschlag der Substanzwert unterlaufen werden könne, entspreche dies nicht des gesetzlichen Regelung in § 11 Abs. 2 BewG. Bei der Ableitung des gemeinen Werts von Anteilen aus Verkäufen sei ein Substanzwert als Mindestwert nicht zu prüfen. Das gelte auch in den Fällen des § 11 Abs. 1 BewG.
26Die Klägerin beantragt,
271. den Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2020 dergestalt zu ändern, dass der Wert der übertragenen Anteile auf jeweils ... € festgestellt wird;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
311. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung trägt es vor: Die der Wertermittlung zugrunde gelegten Verkäufe hätten nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden. Die nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Verfügungsbeschränkung habe zur Folge gehabt, dass die Geschäftsanteile ganz überwiegend nur an direkte Abkömmlinge der Gründer des Unternehmens hätten veräußert werden dürfen. Damit sei ein Verkauf an unternehmensfremde Personen ausgeschlossen gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin die Verkaufspreise nach den Richtlinien verbindlich vorgegeben. Dadurch könne der Substanzwert des Unternehmens unterlaufen werden. Der von der Klägerin ermittelte Wert ohne Abzug eines Marktwertabschlags stelle den Substanzwert als Mindestwert dar. Dies gelte auch in den Fällen, in denen der Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft aus Verkäufen abgeleitet werde. Der von einem Prüfer des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Y-Stadt in einem Prüfungsbericht vom 5. Juli 2001 vertretenen Auffassung habe noch die alte Rechtslage zugrunde gelegen. Zudem sei diese Auffassung für spätere Besteuerungsfälle nicht bindend.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
36Die zulässige Klage ist begründet. Der Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 155 Satz 1 BewG), soweit der Wert der von A übertragenen Anteile höher als auf jeweils ... € festgestellt worden ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
37Gegenstand der Anfechtungsklage ist die Feststellung der Werte der von A am 30. November 2009 an die Beigeladenen zu 1) bis 3) abgetretenen drei Geschäftsanteile. Dies entspricht dem Klageantrag der Klägerin. Mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid ist der Wert der übertragenen Anteile auf „jeweils“ ... € festgestellt worden. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) sind unter C. des Bescheids als Feststellungsbeteiligte genannt worden. Anders als das beklagte Finanzamt möglicherweise auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 20. November 2020 gemeint hat, ist Gegenstand der Einspruchsentscheidung nicht nur die Feststellung des Werts des dem Beigeladenen zu 2) abgetretenen Geschäftsanteils. Dies lässt sich der Einspruchsentscheidung nicht entnehmen (§§ 124 Abs. 1 Satz 2, 365 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –). Vielmehr ist der Einspruch der Klägerin damit hinsichtlich der „Anteilsbewertung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG auf den 30.11.2009 für die Anteile an“ der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen worden. Soweit das beklagte Finanzamt auf Seite 2 der Einspruchsentscheidung ausgeführt hat, A habe drei Anteile an der Klägerin in Höhe von nominal jeweils ... € „u.a. auf seinen Sohn Herr G“ unentgeltlich übertragen, folgt daraus nicht eine Einschränkung des Regelungsbereichs der angefochtenen Feststellung der Werte der den Beigeladenen zu 1) bis 3) abgetretenen Geschäftsanteile. Neben dem Beigeladenen zu 2) waren auch die Beigeladenen zu 1) und zu 3) Empfänger der Zuwendungen. Auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung hat das beklagte Finanzamt zudem ausgeführt, streitig sei, ob der gemeine Wert für die im Schenkungsweg übertragenen „Anteile“ aus Verkäufen unter fremden Dritten abgeleitet werden könne und damit die Berücksichtigung des Substanzwerts als Mindestansatz ausscheide.
38Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I, 3018) sind die Werte von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2 BewG gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Der Anteilswert ist unter Anwendung des § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln (§ 11 Abs. 2 BewG).
39Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sind Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Börsenkurs nicht besteht, mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Die Ermittlung des gemeinen Werts auf Grund von Verkäufen hat Vorrang vor einer Schätzung (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 16. Mai 2013 II R 4/11, BFH/NV 2013, 1223).
40Bei den 63 Verkäufen von Geschäftsanteilen der Klägerin, die in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 stattgefunden haben und welche diese der Ermittlung des Werts der den Beigeladenen zu 1) bis 3) abgetretenen Geschäftsanteile in ihrer Feststellungserklärung zugrunde gelegt hat, handelte es sich um solche unter fremden Dritten. Der Gesetzgeber hat dieses Tatbestandsmerkmal mit Art. 2 Nr. 2 Art. 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I, 3018) eingefügt, ohne es näher zu definieren. Vor dem Hintergrund des Urteils des BFH vom 14. Februar 1969 III 88/65 (BFHE 95, 334) geht der Senat davon aus, dass mit diesem Tatbestandsmerkmal jedenfalls nicht solche Verkäufe für die Ableitung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften ausgeschlossen sind, die zwischen Personen stattgefunden haben, die nicht mehr in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind (vgl. Immes in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 120. Lfg., § 11 BewG Randnr. 26; ähnlich Mannek in von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Auflage, § 11 BewG Randnr. 39 – Verkäufe unter „nahen Angehörigen“). Damit scheiden jedenfalls Verkäufe unter Personen, die keine Angehörigen im Sinne des § 15 Abs. 1 AO sind, nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG als Wertmaßstab aus (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, 63. Lfg., § 12 ErbStG Randnr. 296; S. Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 6. Auflage, § 11 BewG Randnr. 30).
41Nach der von der Klägerin mit ihrer Einspruchsbegründung übersandten Anlage 1 fanden die 63 Verkäufe von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 ganz überwiegend zwischen Personen statt, die keine Angehörige im Sinne des § 15 Abs. 1 AO waren, weil sie entfernter als bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert waren („ferner als Cousins“). Nichts Anderes ergibt sich aus der im Klageverfahren übersandten Anlage 2.
42Die der Wertermittlung durch die Klägerin zugrunde gelegten 63 Verkäufe von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 haben auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG ist maßgebend für die Bestimmung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften der Preis, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erzielt wurde. Gewöhnlicher Geschäftsverkehr in diesem Sinne ist der Handel, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vollzieht und bei dem jeder Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in Wahrung seiner eigenen Interessen zu handeln in der Lage ist (BFH, Urteil vom 16. Mai 2013 II R 4/11, BFH/NV 2013, 1223).
43Das trifft im Streitfall zu. Wie die Klägerin bereits im Einspruchsverfahren vorgetragen hat, konnten ihre Gesellschafter und die Käufer in den 63 fraglichen Verkaufsfällen die von der Zentralabteilung Steuern ermittelten Werte ohne Zwang und freiwillig annehmen oder ablehnen. Anders als das beklagte Finanzamt unsubstantiiert vorgetragen hat, hat die Klägerin die Verkaufspreise nach den Richtlinien nicht verbindlich vorgegeben. Dies ergibt sich schon aus der Regelung unter VI. der Richtlinien, nach der für Verkäufe von Geschäftsanteilen „grundsätzlich“ der von der Zentralabteilung Steuern der Klägerin ermittelte gemeine Wert im Sinne des § 11 BewG maßgebend sein sollte. Die Gesellschafter der Klägerin waren mithin frei, von diesem lediglich „grundsätzlich“ maßgebenden Wert abzuweichen. Aus der von der Klägerin mit ihrer Klagebegründung übersandten Anlage 2 ergibt sich zudem, dass ihre Gesellschafter in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich von den von der Zentralabteilung Steuern ermittelten Werten abgewichen sind.
44Der gemeine Wert im Sinne des § 11 BewG, auf den unter VI. der Richtlinien Bezug genommen worden ist, entspricht auch dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen gewesen wäre (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG). Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass ihre Zentralabteilung Steuern die fraglichen Verkaufswerte auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlich anerkannten Bewertungsmethode ermittelt habe. Das beklagte Finanzamt hat in seiner Einspruchsentscheidung zudem eingeräumt, dass die von der Zentralabteilung Steuern der Klägerin vorgenommene Ermittlung der Werte ihrer Geschäftsanteile auf der Grundlage des sog. Net Asset Value-Verfahrens grundsätzlich zu einem betriebswirtschaftlich sachgerechten Ergebnis für sämtliche Beteiligungen geführt habe. Die Regelung unter VI. der Richtlinien hat mithin nicht dazu geführt, dass die von der Klägerin ihrer Wertermittlung zugrunde gelegten 63 Verkäufe von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden hätten.
45Entsprechendes gilt für die in § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin geregelte Verfügungsbeschränkung. Bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallen, sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 BewG Verfügungsbeschränkungen nicht zu berücksichtigen. Der Umstand, dass gesellschaftsvertragliche Verfügungsbeschränkungen zur Folge haben, dass bei einer Veräußerung von Anteilen nur ein eingeschränkter Kreis von möglichen Erwerbern vorhanden ist, kann daher nicht ohne weiteres die Annahme begründen, dass die Veräußerung der Anteile nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden hat (vgl. Finanzgericht – FG – Münster, Urteil vom 7. Dezember 2000 3 K 5548/96 F, EFG 2001, 956). Eine gesellschaftsvertragliche Verfügungsbeschränkung für Anteile an einer Kapitalgesellschaft kann allenfalls dann zu der Annahme führen, dass deren Veräußerung nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattfindet, wenn die Verkäufe der Anteile zum Nennwert erfolgen und der Verkaufspreis nicht annähernd den inneren Wert der Anteile widerspiegelt (vgl. BFH, Urteile vom 15. Juli 1998 II R 23/97, BFH/NV 1998, 1463; vom 8. August 2001 II R 59/98, BFH/NV 2002, 317; S. Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 11 BewG Randnr. 29; Mannek in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, 161. Lfg., § 11 BewG Randnr. 135).
46Im Streitfall haben die der Wertermittlung durch die Klägerin zugrunde gelegten 63 Verkäufe von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 unstreitig nicht lediglich zum Nennwert stattgefunden. Nach der von der Klägerin im Klageverfahren übersandten Anlage 2 wurden in den 63 Verkaufsfällen Kaufpreise von 260 bis 408 % des Nennwerts der Geschäftsanteile vereinbart und gezahlt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich gezahlten Verkaufspreise nicht annähernd den inneren Wert der Anteile widerspiegelten. Das beklagte Finanzamt hat im Gegenteil in seiner Einspruchsentscheidung eingeräumt, dass die von der Zentralabteilung Steuern der Klägerin vorgenommene Ermittlung der Werte ihrer Geschäftsanteile auf der Grundlage des sog. Net Asset Value-Verfahrens grundsätzlich zu einem betriebswirtschaftlich sachgerechten Ergebnis für sämtliche Beteiligungen geführt habe.
47Es kommt hinzu, dass eine Veräußerung der Geschäftsanteile nach der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin nicht nur an einen kleineren Kreis von möglichen Erwerbern möglich war. Das beklagte Finanzamt hat den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, nach dem auf Grund ihres Gesellschaftsvertrags mehr als 1.200 mögliche Erwerber von Geschäftsanteilen in Betracht gekommen seien (Bl. 140 GA). Zudem war nach § 4 Abs. 2 Buchst. e des Gesellschaftsvertrags eine Veräußerung von Geschäftsanteilen an sonstige Erwerber, bei denen es sich nicht um B-Abkömmlinge handeln musste, einschließlich einer von der Gesellschaft errichteten Stiftung zulässig, sofern sämtliche Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat nach vorheriger Beratung im Beirat die Verfügung im besonderen Einzelfall befürwortet hatten.
48Anders als das beklagte Finanzamt meint, entspricht der aus den Verkäufen von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 unter Abzug eines Marktabschlags von 20 % abgeleitete Wert der den Beigeladenen zu 1) bis 3) zugewendeten Geschäftsanteile dem gemeinen Wert der Anteile im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG. Einer Korrektur des so ermittelten gemeinen Werts der Anteile, der aus den Verkäufen abzuleiten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Juli 2010 VI R 30/07, BFHE 230, 413), bedarf es daher nicht. Vielmehr entsprach eine Bewertung der verkauften Geschäftsanteile unter Berücksichtigung des Abzug eines Marktwertabschlags von 20 % dem seinerzeit am Markt erzielbaren Preis (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG). Zu diesem Preis haben die Gesellschafter der Klägerin in dem fraglichen Zeitraum ihre Geschäftsanteile in den 63 Verkaufsfällen veräußern können. Zudem hat Wirtschaftsprüfer F in seiner von der Klägerin als Anlage 8 zur Klagebegründung übersandten Stellungnahme vom 9. April 2009 unwidersprochen ausgeführt, dass für die Kaufpreisermittlung im aktuellen Kapitalmarktumfeld ein Abschlag („Holding Discount“) von 20 % angemessen sei, weil der Holdingabschlag vergleichbarer Gesellschaften in den letzten drei Jahren durchschnittlich zwischen 20 und 30 % betragen habe. Empirische Untersuchungen bei vergleichbaren, börsennotierten Holdinggesellschaften mit Einfluss ausübenden Familiengesellschaftern hätten ergeben, dass der Börsenwert dieser Gesellschaften regelmäßig unter dem Net Asset Value liege. Mit dem Holdingabschlag würden Holdingkosten, nicht in der Nettofinanzverschuldung berücksichtigte finanzielle Verpflichtungen, eine geringere Handelbarkeit der Anteile an der Holdinggesellschaft sowie eine eingeschränkte Flexibilität der Gesellschafter durch das vorgegebene Beteiligungsportfolio berücksichtigt. Das entspricht betriebswirtschaftlich anerkannten Erkenntnissen. So ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Anteile an Holdinggesellschaften auf dem Markt geringer bewertet werden als die von ihnen gehaltenen Beteiligungen. Es ist anerkannt, dass es bereits wegen der Verlagerung des Stimmrechts in die Holdinggesellschaft und der Unterschiede in der Marktgängigkeit bei einer Veräußerung der Anteile an einer Holdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH zu erheblichen Wertabschlägen kommen kann (vgl. Gerlach, BB 1996, 874, 876).
49Soweit das beklagte Finanzamt geltend gemacht hat, dass durch den von der Klägerin vorgenommenen Marktwertabschlag der Substanzwert unterlaufen werden könne, gibt es dafür keinen Beleg. Insbesondere berücksichtigt diese Sichtweise nicht, dass der aus den Verkäufen von Geschäftsanteilen in dem Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 27. November 2009 unter Abzug eines Marktabschlags von 20 % abgeleitete Wert der den Beigeladenen zu 1) bis 3) zugewendeten Geschäftsanteile dem gemeinen Wert der Anteile im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG entspricht.
50Darüber hinaus kann nach Auffassung des Senats der Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) nicht als Mindestwert für einen aus Verkäufen im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG abgeleiteten gemeinen Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften herangezogen werden. Das FG Münster hat in seinem Urteil vom 15. April 2021 3 K 3724/19 F (EFG 2021, 728, Revisionsverfahren II R 15/21) zwar die Auffassung vertreten, der Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) sei auch dann als Mindestwert zu berücksichtigen, wenn der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus Verkäufen unter fremden Dritten abgeleitet werde. Der Senat hat diese Frage in seinem Urteil vom 3. April 2019 4 K 2524/16 F (EFG 2019, 1163) offen gelassen. Der Senat kann sich in Übereinstimmung mit den überwiegenden Auffassungen im Schrifttum (vgl. Immes in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 11 BewG Randnr. 50; S. Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 11 BewG Randnr. 82; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG § 12 Randnr. 312; Mannek in von Oertzen/Loose, ErbStG, § 11 BewG Randnr. 90) der vom FG Münster vertretenen Auffassung nicht anschließen. Der Gesetzgeber ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 16. Mai 2013 II R 4/11, BFH/NV 2013, 1223) davon ausgegangen, dass der gemeine Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften in erster Linie durch den Preis bestimmt wird, der bei einer Veräußerung unter fremden Dritten tatsächlich vereinbart wurde. Dabei könne „unwiderlegbar“ vermutet werden, dass zeitnahe Verkäufe in der Vergangenheit den zutreffenden Marktwert zum Bewertungsstichtag richtig widerspiegelten (Bundestags-Drucks. 16/7918, S. 38). Für einen Rückgriff auf den für die anderen in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG genannten Bewertungsmethoden als Mindestwert zu berücksichtigenden Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) ist daher bei der Ableitung des gemeinen Werts der Anteile aus Verkäufen kein Raum. Die Klägerin hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass der Substanzwert in den Fällen des § 11 Abs. 1 BewG unzweifelhaft nicht als Mindestwert berücksichtigt werden kann. Entsprechendes hat für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften zu gelten, bei denen ein Verkaufspreis, der weniger als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag erzielt wurde, durchaus unterhalb des Substanzwerts der Gesellschaft liegen kann. Gleichwohl entspricht ein solcher Verkaufspreis dem gemeinen Wert der Anteile (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG).
51Unbeschadet dessen stellt die Wertermittlung der Klägerin nach dem Net Asset Value-Verfahren unter Berücksichtigung eines Marktwertabschlags von 20 % jedenfalls eine andere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methode im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG dar. Das beklagte Finanzamt hat nicht in Abrede gestellt, dass die Zentralabteilung Steuern der Klägerin die Verkaufswerte auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlich anerkannten Bewertungsmethode ermittelt hat. Aus der Stellungnahme des Wirtschaftsprüfers F vom 9. April 2009 ergibt sich zudem, dass für die Kaufpreisermittlung im seinerzeitigen Kapitalmarktumfeld ein Abschlag („Holding Discount“) von 20 % angemessen war. Die dem Rechnung tragende Wertermittlung ist mithin auch für Zwecke der Schenkungsteuer zugrunde zu legen (vgl. BFH, Urteil vom 2. Dezember 2020 II R 5/19, BFHE 272, 377).
52Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Da die Beigeladenen keine Anträge gestellt und sich deshalb keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären (§§ 139 Abs. 4, 135 Abs. 3 FGO).
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
54Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.