Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags i.H.v. 18.075 € aufgrund der verspäteten Abgabe der Feststellungserklärung für 2019 betreffend die D. Partnerschaft ... (Partnerschaft).
3Der Kläger ist als Gesellschafter der Partnerschaft Feststellungsbeteiligter gemäß § 181 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – und zur Abgabe von Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO verpflichtet. Die Partnerschaft erzielte im Streitjahr 2019 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit durch die Erbringung von ...Leistungen. Aus dem Partnerschaftsvertrag vom 18.12.2013 und dem Partnerschaftsregister des Amtsgerichts I. (Nummer der Partnerschaft: PR N01) ist ersichtlich, dass jeder Partner gleichberechtigt zum Geschäftsführer bestellt ist und jeder Partner über Einzelvertretungsbefugnis verfügt.
4Nachdem die Partnerschaft für das Streitjahr keine Feststellungserklärung übermittelt und diesbezüglich auch keine Fristverlängerung beim Finanzamt beantragt hatte, schätzte das beklagte Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen und stellte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Feststellungsbescheid vom 21.12.2021 die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit für 2019 gesondert und einheitlich auf ... € fest. Am 21.01.2022 ging für den Veranlagungszeitraum 2019 die unter Mitwirkung einer Steuerberatungskanzlei erstellte Feststellungserklärung der Partnerschaftsgesellschaft beim Finanzamt ein. Aufgrund der Erklärung erließ das Finanzamt unter dem 07.02.2022 gemäß § 164 Abs. 2 AO einen geänderten Feststellungsbescheid und stellte die Einkünfte der Partnergesellschaft auf ... € fest.
5Am 14.02.2022 erließ das Finanzamt gegenüber dem Kläger einen Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags i.H.v. 18.075 € wegen verspäteter Abgabe der Feststellungserklärung für 2019. Hierbei ging das Finanzamt davon aus, dass der Verspätungszuschlag gemäß § 152 Abs. 2 AO im Rahmen einer gebundenen Entscheidung festzusetzen und seine Höhe unter Berücksichtigung des § 152 Abs. 6 und 7 AO für vier Monate Verspätung, ausgehend von einem Ablauf der Abgabefrist am 31.08.2021, festzusetzen sei (= 4 Monate x ... % X ... € = 18.075 €). Bezüglich der Heranziehung des Klägers weist das Finanzamt in dem Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlags daraufhin, dass es sich nach eigenem Ermessen für die Inanspruchnahme des Klägers als eines gesetzlichen Vertreters der D. Partnerschaft ... entschieden habe,
6Gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags hat der Kläger am 16.03.2022 Einspruch erhoben und in seiner Begründung hierzu am 20.04.2022 mitgeteilt, dass die verspätete Abgabe der Feststellungserklärung 2019 durch die außergewöhnliche Mehrbelastung aufgrund der Corona-Pandemie in der „Zitat wurde entfernt“ Kanzlei der Partnerschaft und aufgrund von Urlaubszeiten begründet sei. Aus diesem Grund sei eine Abgabe der Feststellungserklärung zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Zugleich hat der Kläger beantragt, die Abgabefrist für die Feststellungserklärung rückwirkend bis zum 31.01.2022 zu verlängern. Hierbei beruft er sich auf die FAQ „Corona“ (Steuern) des Bundesministeriums der Finanzen – BMF - in denen unter Nr. 5.3 geregelt sei, dass im Einzelfall beim zuständigen Finanzamt unter den allgemeinen Voraussetzungen eine weitere Fristverlängerung beantragt werden könne. Zudem stehe unter Punkt 6 der FAQ, dass grundsätzlich eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden solle, wenn die Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist auf den Folgen der Corona-Krise beruhe.
7Das Finanzamt hat den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 1.7.2022 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass bezüglich der verspäteten Abgabe der Feststellungserklärung § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO einschlägig sei, wonach die Festsetzung eines Verspätungszuschlags obligatorisch sei. Einen Antrag auf Verlängerung der Abgabefrist im Sinne von § 109 AO habe weder der Kläger noch der von den Gesellschaftern der Partnergesellschaft beauftragte steuerliche Berater bis zur Begründung des Einspruchs gegen den Verspätungszuschlag gestellt. Eine Exkulpationsmöglichkeit vergleichbar der Regelung des § 152 Abs. 1 S. 2 AO sehe § 152 Abs. 2 AO nicht vor. Die Voraussetzungen einer nachträglichen Fristverlängerung zur Abgabe der Feststellungserklärung im Sinne von § 109 Abs. 2 AO seien nicht erfüllt. Weder lägen nach aktenkundiger Beweislage in der Person des Klägers noch seines Steuerberaters Entschuldigungsgründe vor, die es unmöglich erschienen ließen, die streitige Feststellungserklärung bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist einzureichen. Die vom Kläger angegebene Begründung (Arbeitsüberlastung, Urlaubszeiten in der mandatierten Steuerberaterkanzlei), weshalb die Erklärung verspätet eingereicht worden sei, sei vom Gesetzgeber bereits durch die Verlängerung der gesetzlichen Abgabefristen in Art. 97 § 36 Abs. 1 des EGAO in der Fassung des Gesetzes vom 15.02.2021 (BGBl. I S.237) aufgrund der durch die Corona-Pandemie verursachten Ausnahmesituation und den hierauf beruhenden Arbeitsausfällen und Arbeitsüberlastung in den steuerberatenden Berufen berücksichtigt worden. Eine über diese vom Gesetzgeber deswegen bereits verlängerte Abgabefrist hinausgehende Fristverlängerung lasse sich deshalb nicht mit einem pauschalen Hinweis auf die Corona-bedingte Mehrbelastung begründen.
8Ein Fall des § 152 Abs. 3 AO, wonach die Festsetzung des Verspätungszuschlags wiederum im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu erfolgen habe, liege nicht vor, da das Finanzamt die gesetzliche Abgabefrist gemäß § 109 AO nicht - auch nicht rückwirkend - verlängert habe.
9Es sei auch ermessensgerecht gemäß § 152 Abs. 4 AO, den Verspätungszuschlag gegen den Kläger festzusetzen. Das Finanzamt könne gemäß § 152 Abs. 4 AO in den Fällen, in denen mehrere Personen zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet seien, nach eigenem Ermessen entscheiden, gegen welche dieser Person es den Verspätungszuschlag festsetzen wolle (Auswahlermessen). Vorliegend habe es sich für die Inanspruchnahme des Klägers entschieden, der auf Grundlage des Partnerschaftsvertrages und dem Eintrag im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts I. - wie die anderen Partner auch - ein gleichberechtigter geschäftsführender Partner der Partnerschaft war. Der Verspätungszuschlag sei auch entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 152 Abs. 6 und 7 AO zu Recht i.H.v. 18.075 € festgesetzt worden.
10Gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags und die Einspruchsentscheidung richtet sich die fristgemäß am 04.08.2022 eingegangene Klage.
11Vorliegend habe das Finanzamt zu Unrecht die im Rahmen des Einspruchsverfahrens beantragte rückwirkende Fristverlängerung zur Abgabe der Feststellungserklärung abgelehnt, obwohl das Bundesministerium der Finanzen – BMF - den Finanzämtern in seinen FAQ „Corona“ (Steuern) unter II. Nr. 5 Punkt 3 diese Möglichkeit ausdrücklich aufgrund der Corona-Pandemie eröffnet habe.
12Im Übrigen komme es bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags entsprechend § 152 Abs. 7 AO zu einer nicht zu rechtfertigenden verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber anderen Erklärungen i.S. des § 152 Abs. 6 AO, bei denen unabhängig von der steuerlichen Auswirkung der Verspätungszuschlag einheitlich nur 25 Euro pro Monat betrage und zu den Steuererklärungen, bei denen gemäß § 152 Abs. 5 S. 3 AO die Höhe der festzusetzenden Steuer bzw. darauf getätigte Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge Berücksichtigung bei der Bemessung des Zuschlags fänden.
13Der Kläger beantragt,
14den Bescheid über den Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der D. Partnerschaft ... für das Kalenderjahr 2019 vom 14.02.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.07.2021 aufzuheben,
15hilfsweise die Zulassung der Revision.
16Das beklagte Finanzamt beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Das Finanzamt hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest, wonach die Festsetzung des Verspätungszuschlags vorliegend gesetzlich vorgeschrieben sei gemäß § 152 Abs. 2 AO. Eine Rückausnahme im Sinne des § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO habe nicht vorgelegen. Der Kläger oder dessen Prozessbevollmächtigter habe bis ins laufende Einspruchsverfahren keinen Antrag auf (rückwirkende) Fristverlängerung gemäß § 109 AO gestellt und mithin sei ihm auch keine Fristverlängerung nach dieser Vorschrift gewährt worden. Den im Einspruchsverfahren gestellten Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 AO habe das Finanzamt zu Recht in der Einspruchsentscheidung abgelehnt, da der Kläger keine hinreichenden Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe der Erklärung vorgetragen habe. Eine Fristverlängerung nach § 109 Abs. 1 S. 2 komme nur noch in den Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Steuerpflichtige oder sein Erfüllungsgehilfe ohne Verschulden verhindert waren, die Steuererklärung einzuhalten. Derartige Gründe habe der Kläger nicht vorgetragen. Auf die von ihm vorgetragenen Gründe habe der Gesetzgeber bereits durch seine Regelungen in Art. 97 § 36 EGAO in der Fassung des Gesetzes vom 15.02.2021 (BGBl.I S. 237) mit einer generellen Fristverlängerung bis zum 31.08.2021 Rechnung getragen und hierdurch auf die durch die Corona-Pandemie verursachte Ausnahmesituation, welche sich auch in Arbeitsausfällen und Arbeitsüberlastung in den steuerberatenden Berufen widerspiegelte, in hinreichender Weise reagiert.
19Eine Ungleichbehandlung von Feststellungserklärungen im Vergleich mit anderen Steuererklärungen vermag das Finanzamt nicht zu erkennen sondern weist darauf hin, dass § 152 Abs. 7 AO vom Gesetzgeber ordnungsgemäß begründet worden und verfassungsgemäß zustande gekommen sei. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift sei bislang von keinem zuständigen Gericht festgestellt worden. An die in § 152 Abs. 7 AO enthaltene Entscheidung des Gesetzgebers habe sich die Finanzverwaltung als Exekutive zu halten.
20Der Senat hat durch Gerichtsbescheid vom 3.4.2023 die Klage als unbegründet abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger durch Schreiben vom 11.5.2023 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der D. Partnerschaft ... für das Kalenderjahr 2019 vom 14.02.2022 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
23Das Finanzamt hat den Verspätungszuschlag zu Recht in Form einer gebundenen Entscheidung entsprechend § 152 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 AO festgesetzt; die Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO lagen insoweit nicht vor.
241. Zwar handelt es sich bei der Vorschrift des § 152 Abs. 1 S. 1 AO, wonach gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden kann, um eine Ermessensvorschrift.
25Hiervon abweichend ist jedoch gemäß § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO in der seit dem 01.01.2017 geltenden Fassung zwingend im Wege einer gebundenen Entscheidung ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich - wie vorliegend - auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitraum eingereicht wird. § 152 Abs. 2 AO knüpft mit diesen Zeiträumen an die verlängerten Steuererklärungsfristen des § 149 Abs. 3 AO für beratene Steuerpflichtige an. Nach Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO in der Fassung vom 15.02.2021 (Sonderregelungen aufgrund der Corona-Pandemie) ist § 149 Abs. 3 AO in der am 19.02.2021 geltenden Fassung für den Besteuerungszeitraum 2019 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar 2021 der 31.08.2021 tritt. Diese gesetzliche Fristverlängerung des § 149 Abs. 3 AO ist im Wege der teleologischen Auslegung auch bei der Bemessung der Frist im Rahmen § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO zu berücksichtigen mit der Folge, dass ein Verspätungszuschlag nach dieser Vorschrift im Rahmen einer gebundenen Entscheidung festzusetzen ist, wenn - wie vorliegend - die Steuererklärung erst nach dem 31.08.2021 eingereicht wird (siehe auch hierzu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF - vom 15.04.2021, BStBl I 2021, 615, IV A 3-S 0261/20/10001:010, FMNR26a000021 – 877, unter I.).
26Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgaben hat das beklagte Finanzamt sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach unter Berücksichtigung des § 152 Abs. 7 AO den Verspätungszuschlag vorliegend zutreffend auf 18.075 € festgesetzt (4 Monate x ... % X ... € = 18.075 €).
272. Eine Rückausnahme im Sinne des § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO, wonach § 152 Abs. 2 AO dann nicht gilt, wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert, liegt nicht vor. Bei der Fristverlängerung gem. Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO handelt es sich nicht um eine Fristverlängerung i.S. von § 109 AO, da sich diese Vorschrift nur auf vom Finanzamt bewilligte individuelle, nicht aber allgemeine gesetzliche Fristverlängerungen bezieht. Im Zeitpunkt der Festsetzung des Verspätungszuschlags mit Bescheid vom 14.2.2022 hatte das Finanzamt die durch Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO bereits gesetzlich verlängerte Erklärungsabgabefrist weder auf einen Antrag des Klägers noch von Amts wegen verlängert. Der Kläger hatte einen solchen Fristverlängerungsantrag auch weder innerhalb der verlängerten gesetzlichen Abgabefrist noch rückwirkend bei Abgabe der Erklärung am 21.1.2022 gestellt (§ 109 Abs. 1 S. 2 AO). Die Erklärungsabgabe selbst könnte nur dann als Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung interpretiert werden, wenn der Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigter dem Finanzamt zugleich mit der Erklärungsabgabe Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe mitgeteilt hätte. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern erstmals im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Verspätungszuschlag in seiner Einspruchsbegründung auf die Corona-bedingte Arbeitsüberlastung in der von der D. Partnerschaft ... mandatierten Steuerberatungskanzlei und auf Urlaubsausfälle hingewiesen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Festsetzung des Verspätungszuschlags durch Bescheid vom 14.2.2022 lag dem Finanzamt weder ein Antrag auf rückwirkende Verlängerung der bereits gesetzlich verlängerten Abgabefrist gemäß § 109 Abs. 1 S. 1 AO vor, noch bestanden aus Sicht des Finanzamts Gründe dafür, die Abgabefrist von Amts wegen rückwirkend zu verlängern. Ein von Amts wegen zu berücksichtigender Grund für eine rückwirkende Verlängerung der Abgabefrist aufgrund der allgemein bekannten Corona-Problematik bestand für das Finanzamt schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber diesen besonderen Umständen der durch Corona verursachten zusätzlichen Arbeitsbelastung in den Beraterkanzleien bereits durch die gesetzliche Verlängerung der Abgabefrist durch Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO Rechnung getragen hatte. Dementsprechend hat das Finanzamt auch den während des Einspruchsverfahrens gestellten Antrag des Klägers auf rückwirkende Fristverlängerung (§ 109 Abs. 1 S. 2 AO) ermessensfehlerfrei abgelehnt, wenn es darauf hinweist, dass den hierfür vom Kläger vorgebrachten Gründen (Corona-bedingte Mehrbelastung) bereits vom Gesetzgeber durch die Verlängerung der gesetzlichen Abgabefrist entsprochen worden sei.
283. Aus dem Wortlaut der FAQ „Corona“ (Steuern) mit Stand vom 14.12.2021 ergibt sich nichts anderes. Unter II.5 ist hierin ausgeführt, dass Steuererklärungen für 2019 in beratenen Fällen fristgerecht bis zum 31. August 2021 abgegeben werden konnten. Zu der Frage, ob bei einer nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärung Verspätungszuschläge anfallen, enthält II.7 der FAQ den Hinweis, dass „das zuständige Finanzamt unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation aufgrund der Corona-Krise im Einzelfall prüfen wird, ob von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags bei einer nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärung abgesehen werden kann.“ Nichts anderes hat vorliegend das Finanzamt getan und ist hierbei zu der zutreffenden Ansicht gelangt, dass vorliegend ein Verspätungszuschlag gem. § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO entsprechend der gesetzlichen Vorgaben festzusetzen war, da weder die Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO erfüllt waren noch bei Einreichung der Feststellungserklärung Gründe vorgetragen worden waren, die eine rückwirkende Fristverlängerung von Amts wegen gem. § 109 Abs. 1 S. 2 AO zur Einreichung der Feststellungserklärung hätten rechtfertigen können. Eine Aussage dahingehend, dass Verspätungszuschläge während der Corona-Krise grundsätzlich nur aufgrund einer Ermessensentscheidung festgesetzt werden dürfen, enthalten die FAQ „Corona“ (Steuern) nicht. Eine solche Aussage, welche der Kläger in die FAQ hinein interpretiert, würde im Übrigen auch gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut des § 152 Abs. 2 AO verstoßen.
294. Das Finanzamt hat mit der Inanspruchnahme des Klägers sein ihm aufgrund § 152 Abs. 4 AO obliegendes Auswahlermessen zutreffend ausgeübt, da bei der Frage, gegen wen ein Verspätungszuschlag bei verspäteter Feststellungserklärung einer Personengesellschaft festgesetzt werden soll, das Ermessen regelmäßig fehlerfrei ausgeübt wird, wenn sich die Festsetzung gegen eine in § 34 AO genannte Person oder gegen einen Empfangsbevollmächtigten richtet. Hierzu hat der BFH in seinem Urteil vom 6. November 2012 – VIII R 19/09 – (juris) unter Rdnr. 18 wie folgt ausgeführt:
30„Die ermessensgerechte Festsetzung eines Verspätungszuschlags setzt die Erklärungspflicht der ausgewählten Person voraus. Erklärungspflichtig ist im Fall der einheitlichen und gesonderten Feststellung jeder Feststellungsbeteiligte, dem Anteile an den einkommensteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen sind (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO). Dies gilt auch für die Partner einer freiberuflichen Sozietät (BFH-Urteil vom 21. Mai 1987 IV R 124/83, BFH/NV 1988, 760). Außerdem sind sämtliche in § 34 AO genannten Personen, wie gesetzliche Vertreter oder Geschäftsführer, erklärungspflichtig (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 AO). Ergeben sich für die Finanzbehörde mehrere potenzielle Erklärungspflichtige, liegt es im Ermessen der Finanzbehörde, an welche Person sie sich wendet. Fordert das Finanzamt eine in § 34 AO genannte Person zur Abgabe einer Feststellungserklärung auf, ist die Auswahl in der Regel ermessensfehlerfrei (Kunz in Beermann/Gosch, AO § 181 Rz 13). Entsprechendes gilt für die Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags. Das Auswahlermessen ist daher bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegen eine in § 34 AO genannte Person genauso fehlerfrei ausgeübt wie im Sonderfall der Inanspruchnahme des Empfangsbevollmächtigten i.S. des § 183 AO (BFH-Beschluss in BFH/NV 1988, 760). Das Finanzamt kann bei diesen Personen grundsätzlich davon ausgehen, dass sie die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit haben, das zukünftige Erklärungsabgabeverhalten positiv zu beeinflussen.“
315. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung bezüglich der Höhe des gem. § 152 Abs. 7 AO festzusetzenden Verspätungszuschlags im Verhältnis zu anderen Erklärungsfällen vermag das Gericht nicht zu erkennen. § 152 Abs. 7 AO ist lex specialis zu § 152 Abs. 6 AO (siehe Seer in Tipkle/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 152 AO Rdnr. 68) und gilt nur für die dort benannten Erklärungen zu gesondert festzustellenden einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftspflichtigen Einkünften. § 152 Abs. 7 AO in der seit dem 1.1.2017 geltenden Fassung legt für die hiernach vorzunehmende Berechnung des Verspätungszuschlags die pauschale Annahme einer steuerlichen Auswirkung i.H.v. 25 % zugrunde (siehe hierzu Seer in Tipkle/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 152 AO Rdnr. 71), welche vom Bundesfinanzhof – BFH - bereits für die Regelung des § 152 Abs. 4 AO in der früheren Fassung des Gesetzes („Bei Steuererklärungen für gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen gelten die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe, dass bei Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 die steuerlichen Auswirkungen zu schätzen sind.“) grundsätzlich für rechtmäßig und sachgerecht beurteilt wurde (siehe BFH-Urteil vom 6. November 2012 – VIII R 19/09 –, juris). Im übrigen bleibt es nach Auffassung des Senats dem Gesetzgebers unbenommen, für unterschiedliche Erklärungsarten die Berechnung des Verspätungszuschlags unterschiedlich zu regeln.
32Die Klage war hiernach mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
33Die Revision zum Bundesfinanzhof war zuzulassen.