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1. Die Gewerbesteuermessbescheide 2016 bis 2018 vom 11.12.2020, jeweils geändert durch die Bescheide vom 03.02.2021, der Gewerbesteuermessbescheid 2019 vom 21.07.2021 und der Gewerbesteuermessbescheid 2020 vom 18.03.2022, jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2022, werden dahin abgeändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf null EUR festgesetzt wird.
2. Den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom 11.12.2020, geändert durch den Bescheid vom 03.02.2021, sowie der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 vom 11.12.2020, jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2022, wird dahin abgeändert, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 70.086 EUR festgestellt wird.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Jahren 2016 bis 2020 die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Anspruch nehmen kann.
3Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Komplementärin der Klägerin ist die P. Verwaltungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Verwaltungs GmbH). Geschäftsführerin der Verwaltungs GmbH ist I., die zugleich Kommanditistin der Klägerin ist. Weiterer Kommanditist war O. F. und sind ab 2019 Z. und K. F. als Erben nach dem verstorbenen O. F..
4Die Klägerin ist Eigentümerin von drei Grundstücken: V.-straße in W., J.-straße in G. sowie D.-straße in W.-H.. Die Grundstücke sind jeweils mit einem Geschäftshaus bebaut. Auf diesen Grundstücken betrieb die Klägerin in der Vergangenheit eigene ...Häuser, für den Wareneinkauf war sie während des aktiven Betriebs der ...Häuser an einer Einkaufsgenossenschaft beteiligt. Den Betrieb der ...Häuser stellte sie im Jahr 2005 ein. Seit diesem Zeitpunkt vermietet sie die Immobilien. Die Vermietung der Objekte in G. und W. erfolgt an die Y. ... KG (Y.). Das Objekt in H. ist an N. vermietet, die dort ein Einzelhandelsgeschäft (C.) betreibt.
5Objekt in W.
6Der Mietvertrag für das Objekt in W. wurde am 16.09.2004 geschlossen. Mietgegenstand sind Verkaufsflächen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, Lagerflächen im Untergeschoss sowie Sozialräume im 2. Obergeschoss mit einer Nutzfläche von insgesamt ca. 1.235 qm. An dem Gebäude in W. befindet sich eine fest mit dem Gebäude verbundene Rampe mit einem manuell umklappbaren Stahlblech (Verladerampe W.). In einem Teil des Untergeschosses befinden sich Lagerregale aus Holz. In dem Gebäude sind zudem ein Personenaufzug sowie ein Lastenaufzug vorhanden. Der Lastenaufzug wurde mit der Errichtung des Gebäudes im Jahr 1987 eingebaut. Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten betrugen (umgerechnet) 19.920,65 EUR.
7Hinsichtlich des Zustandes der übergebenen Mietfläche wird auf eine dem Mietvertrag als Anlage 2 beigefügte Baubeschreibung verwiesen. In dieser Anlage findet sich unter Ziffer 12 der folgende Passus:
8Aufzugsanlagen (Vermieterleistung) – Entfällt – (Nur Lageraufzug)
9Der Mieter übernimmt die beiden vorhandenen Aufzüge in funktionsfähigem Zustand.
10Objekt in G.
11Der Mietvertrag für das Objekt in G. wurde ebenfalls am 16.09.2004 geschlossen. Mietgegenstand sind Verkaufs- und Lagerflächen sowie Sozialräume mit einer Nutzfläche von insgesamt ca. 1.240 qm, die sich jeweils im Erdgeschoss befinden. An dem Gebäude in G. befindet sich ebenfalls eine fest mit dem Gebäude verbundene Rampe, die mit einem Verbindungsblech manuell mit einem Lastkraftwagen (LKW) verbunden werden kann (Verladerampe G.), sowie ein Lastenaufzug.
12Für den Zustand der übergebenen Mietfläche wird ebenfalls auf eine dem Mietvertrag als Anlage 2 beigefügte Baubeschreibung verwiesen.
13Ziffer 12 lautet dort wie folgt:
14Aufzugsanlagen (Vermieterleistung) – Entfällt – (Nur Lageraufzug, Bestand o.k)
15Objekt in W.-H.
16Der Mietvertrag für das Objekt in W.-H. wurde am 24.11.2004 geschlossen. Mietgegenstand ist eine ca. 475 qm große Nutzfläche im Erdgeschoss, eine Lagerfläche im Kellergeschoss sowie ... Pkw-Stellplätze.
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Mietverträge Bezug genommen (Bl. 70 ff. d.A.).
18Die Klägerin bilanzierte als Anlagevermögen unter anderem einen Posten „Betriebsvorrichtungen“ (Konto 0280). Unter diesem wurden jeweils für das Objekt in W. eine Überladebrücke sowie Deckenabhänge ausgewiesen, die im Jahr 1987 angeschafft wurden (Anschaffungs- und Herstellungskosten von 3.917,98 EUR – Überladebrücke – und 57.335,82 EUR – Deckenabhänge –) und in den Streitjahren jeweils mit einem Erinnerungswert bilanziert wurden.
19Weiterhin wurden Ladeneinbauten für das Objekt in W. (Konto 0178, Anschaffungs- und Herstellungskosten in Höhe von 223.635,47 EUR, Buchwert zum 31.12.2016 47.211,00 EUR, Erinnerungswert zum 31.12.2020) und für das Objekt in G. (Konto 0179, Anschaffungs- und Herstellungskosten in Höhe von 262.436,51 EUR, Buchwert zum 31.12.2016 62.623,00 EUR, Erinnerungswert zum 31.12.2020) sowie Ladeneinrichtungen (Konto 0430, Anschaffungs- und Herstellungskosten in Höhe von 13.935,14 EUR, Erinnerungswert zum 31.12.2016) ausgewiesen.
20Sonderbetriebsvermögen
21Im Sonderbetriebsvermögen I der Klägerin befinden sich zwei Grundstücke, die im Eigentum der Erbengemeinschaft X.. stehen. Die Grundstücke wurden in den Streitjahren an die Klägerin vermietet. Weiterhin gewährte O. F. der Klägerin zwei Darlehen in Höhe von 2,0 Mio. DM bzw. 2,7 Mio. DM zum Aufbau und Erweiterung der Warenhäuser. Hierauf erfolgten in den Streitjahren entsprechende Zinszahlungen. Die Darlehensverträge wurden am 04.11.1985 (Darlehen über 2,0 Mio. DM) bzw. am 20.04.1988 (Darlehen über 2,7 Mio. DM) geschlossen.
22In ihren Steuererklärungen für die Jahre 2016 bis 2020 beantragte die Klägerin jeweils die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Als Besteuerungsgrundlage wurden folgende Gewinne aus Gewerbebetrieb zugrunde gelegt:
232016 |
107.407 EUR |
2017 |
156.599 EUR |
2018 |
165.228 EUR |
2019 |
139.134 EUR |
2020 |
170.513 EUR |
Mit Ausnahme des Jahres 2017 wurde für die Streitjahre die erweiterte Grundstückskürzung in voller Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb beantragt. Für das Jahr 2017 wurde die erweiterte Grundstückskürzung (versehentlich) lediglich in Höhe von 113.563 EUR beantragt.
25Für das Jahr 2016 veranlagte der Beklagte die Klägerin zunächst mit Gewerbesteuermessbescheid und Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom 07.12.2017 erklärungsgemäß. Ebenso erfolgte für das Jahr 2017 zunächst eine erklärungsgemäße Veranlagung mit entsprechenden Bescheiden vom 01.02.2019. Die Bescheide standen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
26Im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2018 wies das beklagte Finanzamt (FA) die Klägerin darauf hin, dass eine (auch noch so geringfügige) Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen zu einer Versagung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG führe. Diese sei hier zu versagen, da aus den Anlagenverzeichnissen für das Jahr 2016 ersichtlich sei, dass Betriebsvorrichtungen und Maschinen vorhanden seien.
27Die Klägerin wies darauf hin, dass das Anlagevermögen seit Einstellung des ...Betriebes ausschließlich der Vermietung des Grundvermögens an fremde Dritte und der reinen Eigenverwaltung diene. Der Posten „Betriebsvorrichtungen“ aus dem Jahr 1987 weise eine fest mit dem Gebäude verbundene Überladebrücke/Rampe, die den Höhenunterschied zwischen den warenanliefernden LKW und dem Zugang zum Lager ausgleiche, sowie in dem Gebäude eingebaute abgehängte Decken aus. Der Lastenaufzug sowie die Laderampe aus Beton mit daran festverbundener Überladebrücke hätten ohne den Bezug zum ...Betrieb den Zweck als besondere Einrichtungen für den ...Betrieb verloren. Außerdem wäre eine sinnvolle Vermietung ohne die Möglichkeit von Warenanlieferungen nicht denkbar, diese sei damit ein zwingend notwendiger Teil der Grundstücksnutzung.
28Der Beklagte folgte der Argumentation nicht und erließ mit Datum vom 11.12.2020 geänderte Gewebesteuermessbescheide für 2016 und 2017 sowie einen geänderten Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016. In dem Gewerbesteuermessbescheid für 2017 wurde nunmehr ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 184.516 EUR berücksichtigt. Der Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 wurde mit Bescheid vom 11.12.2020 aufgehoben. Mit gleichem Datum wurde der (erstmalige) Gewerbesteuermessbescheid für 2018 erlassen. Das FA versagte jeweils die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Eine Berücksichtigung der sog. einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG erfolgte ebenfalls nicht.
29Hiergegen legte die Klägerin mit Datum vom 12.01.2021 Einspruch ein und wiederholte zur Begründung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie führte ergänzend aus, dass in jedem Fall eine einfache Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG zu erfolgen habe.
30Mit Datum vom 03.02.2021 erließ das FA geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2016 bis 2018 und einen geänderten Bescheid über die gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2016. Die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wurde nunmehr berücksichtigt, nicht jedoch die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
31Der Gewerbesteuermessbetrag für 2016 wurde auf 0 EUR, der Gewerbesteuermessbetrag für 2017 auf 5.082 EUR und der Gewerbesteuermessbetrag für 2018 auf 4.410 EUR festgesetzt. Der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2016 wurde mit 0 EUR festgestellt.
32Der Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2019 wurde am 21.07.2021 und der Gewerbesteuermessbescheid 2020 wurde am 18.03.2022 seitens des Beklagten erlassen. Der Gewerbesteuermessbetrag für 2019 wurde auf 3.496 EUR, der Gewerbesteuermessbetrag für 2020 auf 4.592 EUR festgesetzt. Dort wurde ebenfalls die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG, nicht jedoch die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG berücksichtigt.
33Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2021 sowie vom 25.03.2022 Einspruch ein. Sie verwies zur Begründung jeweils auf ihr Vorbringen im Rahmen des Einspruchsverfahrens für die Jahre 2016 bis 2018.
34Mit Einspruchsentscheidungen vom 13.04.2022 wurden die Einsprüche der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2016 bis 2020 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte jeweils aus, dass die erweiterte Grundstückskürzung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu gewähren sei, da Betriebsvorrichtungen mitvermietet worden seien und somit Nebentätigkeiten außerhalb des begünstigungsunschädlichen Rahmens des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG vorgelegen hätten.
35Die mitvermieteten Lastenaufzüge, Ladeneinbauten und Ladeneinrichtungen (Lagerregale) sowie die mitvermietete Laderampe mit Überladebrücke seien als Betriebsvorrichtungen anzusehen. Zur unmittelbaren gewerblichen Betätigung eines Warenhauses gehöre es, die Ware so anzubieten, dass sie in Kauflust anregender Weise zur Schau gestellt werde. Dafür müsse sie an die dafür vorgesehenen Plätze gebracht werden. Die besonderen Beförderungsmittel (Lastenaufzug, Laderampe, Überladebrücke) für die Waren stünden daher, auch soweit sie Grundstücksbestandteil seien, grundsätzlich in einem besonderen Zusammenhang mit dem Warenumsatz und nicht mit der Gebäudenutzung, sodass durch sie das Gewerbe unmittelbar in der Weise betrieben werde, dass sie der Verwirklichung des Angebots dienten.
36Die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen sei auch nicht im Einzelfall als begünstigungsunschädlich anzusehen. Eine anderweitige Gebäudenutzung wäre auch ohne die Überlassung dieser Betriebsvorrichtungen möglich gewesen. Insbesondere im Fall der Überladebrücke werde der Rahmen eines als üblich anzusehenden Nebengeschäfts überschritten, da bereits eine Laderampe vorhanden sei und etwaige Höhenunterschiede durch die „richtigen“ LKW bzw. durch von diesen mitgeführte transportable Überladebrücken ausgeglichen werden könnten.
37Eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze, nach der die Überlassung von Betriebsvorrichtungen unschädlich sei, wenn die Betriebsvorrichtungen gegenüber dem Grundvermögen von geringem Wert seien oder auf sie nur ein geringer Teil der Miete bzw. Pacht entfalle, komme auf Grund des dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden strengen Ausschließlichkeitsgebotes nicht in Betracht. Eine solche wäre zudem auf Grund der Anschaffungskosten für die streitgegenständlichen Einrichtungen überschritten.
38Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen dann unschädlich für die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei, wenn diese mit dem Grundstück fest verbunden seien. Die Voraussetzung sei hier sowohl in Bezug auf die Rampe als auch in Bezug auf den bereits vorhandenen Lastenaufzug erfüllt. Diese seien mit dem Grundstück fest verbunden und könnten nicht einfach entfernt werden. Die Rampe und der Lastenaufzug seien zudem als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung anzusehen. Der Klägerin wäre es praktisch nicht möglich gewesen, die Wirtschaftsgüter zu entfernen und das Grundstück sodann ohne diese Wirtschaftsgüter zu vermieten.
39Bei dem Gebäude in W. handele es sich um ein Gebäude für ein Handelsunternehmen. Zwar wäre eine Nutzung beispielsweise für ein Dienstleistungsunternehmen auch ohne Lastenaufzug möglich. Nach der subjektiven Zweckbestimmung des Gebäudes könne diese aber nicht sinnvoll ohne den entsprechenden Aufzug genutzt werden.
40Die Regale und Ladeneinrichtungen seien nicht Teil des Mietvertrags mit Y.. Die Mieterin verwende für die Aufbewahrung eigene Regale und greife nicht auf die Altbestände der Klägerin zurück. Die Regale seien im Jahr 1987 angeschafft worden und stammten noch aus dem Betrieb des eigenen ...Hauses. Die Klägerin habe die Regale bislang lediglich aus Kostengründen nicht entsorgt, sondern in den nicht vermieteten Flächen deponiert. Die Regale seien zudem technisch und wirtschaftlich verbraucht.
41Die erweiterte Grundstückskürzung werde für die Streitjahre jeweils in voller Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb beantragt. Die ursprünglich abweichende Beantragung für das Jahr 2017 habe auf einem Eintragungsfehler beruht.
42Die Klägerin beantragt,
43die Gewerbesteuermessbescheide 2016 bis 2018 vom 11.12.2020, jeweils geändert durch die Bescheide vom 03.02.2021, den Gewerbesteuermessbescheid 2019 vom 21.07.2021 und den Gewerbesteuermessbescheid 2020 vom 18.03.2022 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2022 dahin abzuändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf null EUR festgesetzt wird;
44den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbe-verlustes auf den 31.12.2016 vom 11.12.2020, geändert durch den Bescheid vom 03.02.2021, sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 vom 11.12.2020, jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2022, dahin abzuändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 70.086 EUR festgestellt wird,
45sowie
46die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
47Der Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen;
49hilfsweise, die Revision zuzulassen.
50Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass es für die Entscheidung, ob die erweiterte Grundstückskürzung in Betracht komme, unerheblich sei, ob eine getrennte Nutzung der Betriebsvorrichtungen und sonstigen beweglichen Wirtschaftsgüter vom Gebäude sinnvoll in Betracht käme.
51Die Mitvermietung des Lastenaufzuges sei auch nicht für eine wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und -nutzung zwingend notwendig bzw. unentbehrlich. Das Gebäude könne durchaus auch an andere Dienstleister ohne den Lastenaufzug vermietet werden, es käme insoweit auf den Blickwinkel des Vermieters an. Eine Vermietung des Gebäudes wäre auch ohne den Lastenaufzug objektiv sinnvoll möglich.
52Wenngleich die Verladerampe in W. als Gebäudebestandteil angesehen werden könne, stelle die dort angebrachte Verladeeinrichtung bzw. Überladebrücke eine (kürzungsschädliche) Betriebsvorrichtung dar.
53Die Klägerin habe hingegen glaubhaft gemacht, dass die Lagerregale nicht mitverpachtet würden; diese würden auch seitens des Beklagten als unschädlich angesehen. Auch seien die unter „Ladeneinbauten“ zusammengefassten Posten durch die Klägerin umfassend beschrieben worden. Der Beklagte stimme zu, dass es sich hierbei überwiegend um Erhaltungsaufwendungen und nicht um klassische Ladeneinbauten handele.
54Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
55Entscheidungsgründe:
56Die Klage ist zulässig und begründet.
57I. Die Klage ist zulässig, auch soweit sie sich gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2016 richtet. Zwar gilt grundsätzlich, dass der Steuerpflichtige durch eine auf 0 EUR festgesetzte Steuer nicht subjektiv in seinen Rechten verletzt wird (Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rn. 56).
58Eine Ausnahme hiervon bilden jedoch Streitigkeiten über die Höhe eines ertragsteuerlichen Verlustes. Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind. Die für das Verhältnis von Grundlagenbescheiden zu Folgebescheiden geltenden Vorschriften der §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 351 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gelten entsprechend. Für die Gewerbesteuer gilt dies wegen des Verweises von § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG auf § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ebenfalls (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 22.11.2016 I R 30/15, Bundessteuerblatt Teil II -BStBl II- 2017, 921; vom 06.12.2016 I R 79/15, BStBl II 2019, 173 Rz. 9). Angesichts dessen wird der Steuerpflichtige auch durch einen Null-Bescheid beschwert, wenn in den Besteuerungsgrundlagen ein zu niedriger Verlust ausgewiesen wird (BFH-Urteile vom 28.11.2018 I R 41/18, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2019, 1109 vom 10.03.2020 IX R 24/19, BFH/NV 2020, 873). Dies trifft auf den Gewerbesteuermessbescheid 2016 zu, so dass auch insoweit eine Beschwer der Klägerin gegeben ist.
59II. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Gewerbesteuermess- und Verlustfeststellungsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Voraussetzungen für die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sind in den Streitjahren gegeben, der Beklagte hat die erweiterte Grundstückskürzung daher zu Unrecht versagt.
601. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen an Stelle der (einfachen) Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichten und veräußern, um den Teil des Gewerbeertrags gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Grundstückskürzung).
61a) Der Begriff des Grundbesitzes ist für Zwecke der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – ebenso wie für Zwecke der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG – im gegenüber dem Einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. nur BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705).
62Der Umfang des Grundvermögens im bewertungsrechtlichen Sinne ist nach § 68 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu bestimmen (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705). Danach gehören zum Grundvermögen unter anderem der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG).
63b) Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt dabei Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird; dies ergibt sich aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“ (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705). Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich, notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (BFH-Urteil vom 28.02.2013 III R 35/12, BStBl II 2013, 606). Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient (BFH-Urteil vom 24.03.2006 III R 40/04, BFH/NV 2006, 2130 m.w.N.). Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705).
64c) Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit ist umfassend, also qualitativ, quantitativ und in zeitlicher Hinsicht zu verstehen (BFH-Urteil vom 19.10.2010 I R 1/10, BFH/NV 2011, 841; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl. 2023, § 9 Nr. 1 Rn. 23; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 9 Rn. 79 m.w.N. zur Rechtsprechung).
65So kommt eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze, nach welcher die Überlassung von Betriebsvorrichtungen der erweiterten Grundstückskürzung nicht entgegensteht, wenn die Betriebsvorrichtungen gegenüber dem Grundvermögen von geringem Wert sind oder auf sie nur ein geringer Teil der Miete oder Pacht entfällt, aufgrund des dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden strengen Ausschließlichkeitsgebotes nicht in Betracht. Ausnahmen wegen Geringfügigkeit sind auch nicht auf Grund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bzw. im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz geboten (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705).
66Die durch § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe c) GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen vom 03.06.2021 (Fondsstandortgesetz) eingeführte „allgemeine Öffnungsklausel“ (Bundestags-Drucksache 19/28868, S. 114) in Form einer Geringfügigkeitsgrenze, nach der die Kürzung aufrechterhalten wird, wenn das Grundstücksunternehmen gegenüber den Mietern auch nicht begünstigte Tätigkeiten ausübt, die Einnahmen aus diesen Tätigkeiten jedoch 5 Prozent der Mieteinnahmen des Grundstücksunternehmens nicht überschreiten, ist erst ab dem Erhebungszeitraum 2021 anzuwenden und kommt deshalb in den Streitjahren nicht zur Anwendung.
67d) Von dem Ausschließlichkeitsgebot sind dennoch – in engen Grenzen – Ausnahmen zu machen:
68aa) Nach der Rechtsprechung des BFH sind solche Nebentätigkeiten nicht begünstigungsschädlich, die der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (BFH-Beschluss vom 07.04.2011 IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392, Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705). Hierfür gilt ein restriktives Verständnis (vgl. BFH-Beschluss vom 17.10.2022 I R 24/01, BStBl II 2003, 355). Es genügt nicht, dass es sich um eine lediglich zweckmäßige, in der Praxis häufig vorkommende Tätigkeit handelt (BFH-Urteil vom 05.03.2008 I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359).
69Die Rechtsprechung des BFH setzt das Merkmal „zwingend notwendig“ mit „unentbehrlich“ gleich (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705 m.w.N.). Ob das Geschäft zwingend notwendig war, ist nach objektiven Gesichtspunkten des (Kapital- und Vermietungs-) Marktes, nicht nach den subjektiven Beziehungen des Unternehmers zu den Geschäftspartnern zu beurteilen (BFH-Urteil vom 23.07.1969 I R 134/66, BStBl II 1969, 664). Die Erforderlichkeit eines Nebengeschäftes zur eigenen wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung muss bereits dann verneint werden, wenn die Grundstücksverwaltung und -nutzung zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne dieses Nebengeschäft hätte durchgeführt werden können (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705).
70bb) In der Literatur wird zudem vertreten, dass eine Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen unschädlich sei, wenn diese fest mit dem Grundstück verbunden seien (Gosch in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG Rn. 71 m.w.N.; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 9 Rn. 63). Höchstrichterlich geklärt ist die Frage bislang soweit ersichtlich nicht. Zwar hat der BFH im Beschluss vom 07.04.2011 (IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392) ausgeführt, dass aus der Formulierung in dem Urteil des BFH vom 14.06.2005 (VIII R 3/03, BStBl II 2005, 778), nach der „die Mitvermietung von (nicht fest mit dem Grundstück verbundenen) Betriebsvorrichtungen“ die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG regelmäßig ausschließe, im Umkehrschluss abgeleitet werden könnte, dass die Mietvermietung von fest mit dem Grundstück verbundenen Betriebsvorrichtungen entweder allgemein oder innerhalb einer relativen Unschädlichkeitsgrenze der begünstigten Grundstücksverwaltung zuzurechnen sei, sich jedoch zu der Frage im Übrigen nicht weiter verhalten. Gleichwohl findet sich auch in jüngeren Urteilen die entsprechende Formulierung mit dem (einschränkenden) Klammerzusatz (vgl. BFH-Urteile vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705; vom 11.04.2019 III R 5/18, BFH/NV 2019, 1248; vom 11.04.2019 III R 6/18, BFH/NV 2019, 1250). Andererseits hat der BFH im Urteil vom 18.12.2019 (III R 36/17, BFH/NV 2020, 647) fest verbundene Betriebsvorrichtungen (Bodenbefestigungen und Rohrleitungen) als schädlich eingestuft. Es erscheint jedoch fraglich, ob dies eine Abkehr von dieser Differenzierung darstellt oder nicht vielmehr den speziellen Umständen des Falls geschuldet war, nach denen es auf die feste Verbindung letztlich nicht ankam (vgl. dazu Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 9 Rn. 63 mit entsprechenden Erläuterungen in Fußnote 6).
712. Mit dieser Maßgabe sind die streitgegenständlichen Vorrichtungen in den Objekten in W. und G. nicht als die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließende Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren.
72a) Der Lastenaufzug in dem Objekt in W. stellt eine Betriebsvorrichtung dar, deren Mitvermietung als begünstigungsunschädliche Nebentätigkeit anzusehen ist.
73aa) Der – unstreitig mitvermietete – Lastenaufzug in dem Objekt in W. ist als Betriebsvorrichtung im vorgenannten Sinne anzusehen. Nach der Rechtsprechung des BFH gehört es zur unmittelbaren gewerblichen Tätigkeit eines Warenhauses, die Ware dadurch anzubieten, dass sie „in einer die Kauflust anregenden Weise zur Schau gestellt wird“ (BFH-Urteil vom 05.03.1971 III R 90/69, BStBl II 1971, 455). Dazu muss sie an die dafür vorgesehenen Plätze gebracht werden. Lastenaufzüge als besondere Beförderungsmittel für die Waren stehen somit, auch soweit sie Grundstücksbestandteil sind, grundsätzlich in einem besonderen Zusammenhang mit dem Warenumsatz und nicht nur mit der Gebäudebenutzung, so dass durch sie das Gewerbe unmittelbar betrieben wird, und zwar in der Weise, dass sie der Verwirklichung des Angebots dienen (BFH-Urteil vom 05.03.1971 III R 90/69, BStBl II 1971, 455). Typische Lastenaufzüge stehen nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Gebäude, sondern in einem unmittelbaren und besonderen Verhältnis zu dem in dem Gebäude betriebenen Gewerbebetrieb (BFH-Urteil vom 07.10.1977 III R 48/76, BStBl II 1978, 186). Die Lastenaufzüge dienen der Beförderung der im Warenhaus angebotenen Waren und damit dem Betrieb selbst. Sie haben damit – anders als Personenaufzüge und Rolltreppen, die in einem mehrstöckigen Gebäude unbewegliche Treppen ersetzen – keine unmittelbare Gebäudefunktion, sondern eine betriebliche Funktion (BFH-Urteil vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl II 2019, 705).
74bb) Die Mitvermietung des Lastenaufzugs in dem Objekt in W. stellt sich jedoch als begünstigungsunschädliche Nebentätigkeit dar, da sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dient und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht zu fragen, ob der konkrete Mietvertrag auch ohne die Überlassung der streitgegenständlichen Betriebsvorrichtung hätte abgeschlossen werden können, sondern ob die Überlassung der streitgegenständlichen Betriebsvorrichtung bei dem Abschluss vergleichbarer Mietverträge für Warenhäuser als zwingend notwendig im Sinne von unentbehrlich angesehen wird.
75Nicht relevant ist, ob die Überlassung auch bei einer hypothetischen anderweitigen Gebäudenutzung als unentbehrlich anzusehen wäre. Dem Steuerpflichtigen ist ein – wenngleich angesichts der gebotenen restriktiven Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begrenzter – unternehmerischer Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Es kommt insofern nicht darauf an, ob die Nebentätigkeit (hier die Mitvermietung der Betriebsvorrichtung) die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung ist (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 26.06.2023 10 K 2800/20 G, EFG 2023, 1148; FG Münster, Urteile vom 06.12.2018 8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373; vom 11.02.2022 14 K 2267/19 G,F, juris). Der Steuerpflichtige muss ungeachtet der drohenden Gefahr durch die Mitvermietung die Möglichkeit haben, seinen Grundbesitz wirtschaftlich sinnvoll am Markt anbieten zu können (Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 66c). So liegt es innerhalb der unternehmerischen Dispositionsfreiheit der Klägerin, die Grundstücke, die sich jeweils in einer für Warenhäuser prädestinierten Lage befinden, auch an solche zu vermieten.
76Mit dieser Maßgabe ist von einer Unentbehrlichkeit der Mitvermietung nach Auffassung des Senats in Bezug auf den Lastenaufzug – auch unter Berücksichtigung des nach der Rechtsprechung der BFH zugrunde zu legenden restriktiven Verständnisses der Ausnahmen – mit folgenden Erwägungen auszugehen:
77Die feste Verbindung des Lastenaufzugs mit dem Gebäude stellt ausgehend von der unter 1.d)bb) dargestellten Ansicht der Literatur und den aufgeführten Urteilen der Rechtsprechung bereits ein starkes Indiz für eine zwingende Notwendigkeit dieser Betriebsvorrichtung dar. Zwar kann auf Grund der BFH-Rechtsprechung gebotenen restriktiven Handhabung der Ausnahmen nicht allein auf Grund der festen Verbindung mit dem Grundstück bzw. dem Gebäude die Mitvermietung einer solchen Betriebsvorrichtung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden. Der Umstand, dass eine Einrichtung aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden kann, führt jedoch im Regelfall dazu, dass sie als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren ist, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen.
78Solch besondere Umstände des Einzelfalls liegen hier nicht vor. Bei dem Betrieb eines Warenhauses ist der Verkauf der Waren und damit einhergehend auch der Transport der Waren aus den Lagerräumen auf die Verkaufsflächen essentiell. Befinden sich – wie bei dem Objekt in W. – die vermieteten Verkaufs- und Lagerflächen auf mehreren Etagen ist damit auch der Transport über mehrere Etagen essentiell. Dass ein Transport der Waren ausschließlich über Treppenhäuser erfolgt, erscheint zumindest praxisfern. Dies zöge zudem auch – etwa, wenn die Waren auf Paletten oder Ständern verpackt sind – erhebliche logistische Probleme nach sich. Ähnlich wie bei Einkaufszentren (siehe hierzu BFH-Urteil vom 14.07.2016 IV R 34/13, BStBl II 2017, 175) ist auch bei Warenhäusern – wenngleich entgegen der Ansicht der Klägerin in erheblich geringerem Umfang – jedenfalls ein Mindestmaß an Infrastruktur als unentbehrlich für eine sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen (die Unschädlichkeit der Mitvermietung von Aufzügen als unentbehrliche Betriebsvorrichtungen in Betracht ziehend auch BFH-Urteil vom 26.08.1993 IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338; vgl. auch Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Rn. 24b). Hierzu zählt unter anderem die Bereitstellung von Lastenaufzügen.
79cc) Neben den somit gegebenen qualitativen Voraussetzungen wird auch in quantitativer Hinsicht der Rahmen eines unbedeutenden Nebengeschäfts nicht überschritten. Eine klare Geringfügigkeitsgrenze für diese quantitative Beurteilung lässt sich der Rechtsprechung des BFH nicht entnehmen. Dieser stellt in diesem Zusammenhang teilweise auf die absolute Höhe der Anschaffungskosten der Betriebsvorrichtungen ab (BFH-Beschluss vom 17.11.2005 I B 150/04, BFH/NV 2006, 609, Schädlichkeit bei Anschaffungskosten über 1 Mio. DM, allerdings weniger als 10 v.H. der Herstellungskosten des vermieteten Grundbesitzes), teilweise auch auf deren relative Höhe bezogen auf die Gesamtanschaffungs- oder -herstellungskosten des Objekts abgestellt (BFH-Urteil vom 22.08.1990 I R 66/88, BStBl II 1991, 249, Schädlichkeit bei Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen von mehr als 44 v.H. der Herstellungskosten der überlassenen Gebäude; BFH-Urteil vom 04.10.2006 VIII R 48/05, juris, Unschädlichkeit bei einem Anteil an den Mieteinnahmen von 1,22 v.H. und einem Anteil an den Gesamtherstellungskosten von 2,88 v.H.). Im vorliegenden Fall sind die Anschaffungskosten des Lastenaufzugs sowohl in absoluter Höhe (unter 20.000 EUR) als auch in Relation zu den Gesamtanschaffungs- bzw. -herstellungskosten der Gebäude (über 2,6 Mio. EUR) als gering und damit unbedeutend im vorgenannten Sinne anzusehen.
80b) Der Lastenaufzug in dem Objekt in G. wird unstreitig von der Mieterin nicht genutzt. Dies ergibt sich zudem daraus, dass der Mietgegenstand des Objektes in G. nur das Erdgeschoss ist. Vor diesem Hintergrund ist der Mietvertrag so auszulegen, dass die Überlassung des Lastenaufzugs nicht Teil des Mietvertrags ist. Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Formulierung in der Anlage zum Mietvertrag, in der in Bezug auf Aufzugsanlagen der Passus „Entfällt – (Nur Lageraufzug, Bestand o.k)“ ergänzt wurde. Ein weiterer Zusatz – wie in der entsprechenden Anlage für das Objekt in W. – existiert nicht. Die Überlassung von Aufzugsanlagen ist demnach nicht Teil der Vermieterleistungen, der Klammerzusatz bezieht sich (lediglich) auf den bei Unterzeichnung des Vertrags aktuellen Status des Gebäudes. Nicht mitvermietete Betriebsvorrichtungen sind nicht begünstigungsschädlich (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2019 III R 34/17, BStBl II 2020, 409; Gosch in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG Rn. 71).
81Selbst bei unterstellter Mitvermietung schiede überdies eine Qualifikation des Lastenaufzugs als Betriebsvorrichtung aus. Denn der Lastenaufzug steht jedenfalls nicht in der erforderlichen besonderen Beziehung zum „gegenwärtig im Gebäude ausgeübten Betrieb“ (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1991 II R 14/89, BStBl II 1992, 278 m.w.N.).
82c) Der Personenaufzug in dem Objekt in W. stellt bereits keine Betriebsvorrichtung dar. Personenaufzüge in einem Warenhaus dienen nicht dem Angebot und dem Verkauf an den Kunden, sondern der Benutzung des Gebäudes. Sie ersetzen unbewegliche Treppen. Da ein mehrgeschossiges Gebäude ohne Treppen zwischen den einzelnen Geschossen nicht vorstellbar ist, kann bei einem Warenhausbetrieb zwischen den Personenbeförderungsmitteln und dem in dem Warenhaus ausgeübten Gewerbebetrieb keine derartige besondere Beziehung angenommen werden, die es rechtfertigen könnte, Personenaufzüge als Betriebsvorrichtung zu behandeln (BFH-Urteil vom 05.03.1971 III R 90/69, BStBl II 1971, 455).
83d) Bei den Verladerampen in den Objekten in W. und G. handelt es sich ebenfalls bereits nicht um Betriebsvorrichtungen. Die streitgegenständlichen Einrichtungen sind fest mit dem Gebäude verbundene Laderampen aus Beton mit daran festverbundenen (Objekt in W.) bzw. losen (Objekt in G.) metallenen Verbindungsblechen.
84Am Gebäude angebrachte Rampen gehören nicht zu den Betriebsvorrichtungen, weil mit ihnen das Gewerbe nicht unmittelbar betrieben wird (vgl. auch gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 05.06.2013, Bundessteuerblatt Teil I -BStBl I- 2013, 734, Anlage 1 „Rampen“). Solche mit dem Gebäude zusammenhängende Rampen sind durch ihre bauliche Ausgestaltung und Zweckbestimmung darauf abgestellt, Zugang zu dem Gebäude dergestalt herzustellen, dass die Benutzung des Gebäudes seinem Zweck entsprechend ermöglicht wird (BFH-Urteil vom 10.07.1964 III 159/60 U, Bundessteuerblatt Teil III -BStBl III- 1964, 523). Dementsprechend ist die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich und dient nicht unmittelbar der Ausübung des Gewerbes. Das mit der jeweiligen Rampe verbundene bzw. lose Verbindungsblech ändert an dieser Beurteilung jeweils nichts, da die Bleche – praktisch als Verlängerung der Rampe – lediglich gegebenenfalls vorhandene Höhenunterschiede zu den anliefernden LKW ausgleichen (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2023 10 K 1672/20 G, EFG 2023, 651).
85Der Auffassung des Beklagten, dass der Rahmen eines als üblich anzusehenden Nebengeschäfts überschritten sei, da bereits eine Laderampe vorhanden sei und etwaige Höhenunterschiede durch die „richtigen“ LKW bzw. durch von diesen mitgeführten transportablen Überladebrücken ausgeglichen werden könnten, ist nicht zuzustimmen. Es erscheint praxisfremd, dass ein Warenhaus seinen Lieferanten vorschreibt (bzw. überhaupt vorschreiben kann), mit welchen LKW es zu beliefern sei und gegebenenfalls sogar riskiert, dass ein Zugang zum Gebäude letztlich nicht möglich ist.
86e) Die als Ladeneinbauten bilanzierten Posten stellen keine Betriebsvorrichtungen dar. Bei diesen Posten handelt es sich ausweislich der übermittelten Rechnungen überwiegend um Erhaltungsaufwendungen. Auch soweit es sich um Aufwendungen für den Einbau technischer Einrichtungen handelt (Beleuchtungsanlagen, lüftungs- und kältetechnischen Einrichtungen) stellen diese jedenfalls keine Betriebsvorrichtungen dar (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 05.06.2013, BStBl I 2013, 734, Tz. 3.6, Anlage 1 „Klimaanlagen“). Der Umstand, dass diese Aufwendungen unter dem Posten Ladeneinbauten bilanziert wurden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Für die Entscheidung des Streitfalls ist allein die Beurteilung in bewertungsrechtlicher Hinsicht maßgeblich. Die – aus bewertungsrechtlicher Sicht unzutreffende – Einordnung der Aufwendungen in den Bilanzen der Streitjahre ist in diesem Zusammenhang nicht relevant.
87f) Hinsichtlich der Lagerregale liegt weder eine Mitvermietung noch eine Nutzungsüberlassung vor. Diese sind – wie aus den übermittelten Fotografien ersichtlich – technisch und wirtschaftlich verbraucht und in den nicht vermieteten Flächen deponiert. Von einer Betriebsvorrichtung im vorgenannten Sinne kann daher nicht ausgegangen werden.
88g) Weitere Anlagen oder Einrichtungen, die als kürzungsschädliche Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sein könnten, lassen sich weder nach dem Vorbringen der Beteiligten noch aus vorliegenden Bauskizzen und Anlagebeschreibungen feststellen.
893. Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass die Klägerin ihren Betrieb in Form einer Betriebsverpachtung fortführte.
90a) Eine Betriebsverpachtung liegt vor, wenn ein Gewerbetreibender entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklärt (vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 13.11.1963 GrS 1/63, BStBl III 1964, 124).
91Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten unstreitig keine Aufgabeerklärung abgegeben (und dies auch nicht mit steuerlicher Wirkung hätte tun können). Die Klägerin hat zudem die Grundstücke als einzige wesentliche Grundlagen des Betriebs verpachtet. Wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebes sind diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsfortführung zukommt (BFH-Urteil vom 17.04.1997 VIII R 2/95, BStBl II 1998, 388). Welche Betriebsgegenstände als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs. Maßgebend ist dabei auf die sachlichen Erfordernisse des verpachteten Betriebs abzustellen (sog. funktionale Betrachtungsweise, vgl. BFH-Urteile vom 11.10.2007 X R 39/04, BStBl II 2008, 220; vom 19.03.2009 IV R 45/06, BStBl II 2009, 902).
92aa) Die ausschließliche Nutzungsüberlassung eines Geschäftsgrundstücks kann eine Betriebsverpachtung sein. Zwar wird bei einer Betriebsverpachtung typischerweise nicht nur Grundbesitz vermögensverwaltend überlassen, sondern gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt (BFH-Urteil vom 14.06.2005 VIII R 3/03, BStBl II 2005, 778). Gleichwohl ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Betriebsverpachtung auch dann vorliegen kann, wenn nur ein Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet wird. In diesen Fällen liegt schon dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (BFH-Urteile vom 29.10.1992 III R 5/92, BFH/NV1993, 233; vom 17.04.1997 VII R 2/95, BStBl II 1998, 388; vom 11.10.2007 X R 39/04, BStBl II 2008, 220; vom 18.08.2009 X R 20/06, BStBl II 2010, 222).
93Dies ist bei einem Einzelhandelsbetrieb regelmäßig der Fall, wenn dem Betriebsgrundstück durch seine Lage, den hierdurch bedingten örtlichen Wirkungskreis und den dadurch wiederum bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zukommt (BFH-Urteil vom 06.11.2008 IV R 51/07, BStBl II 2009, 303). Bei Einzelhandelsunternehmen bilden die gewerblich genutzten Räume – anders als bei einem produzierenden Gewerbe – den wesentlichen Betriebsgegenstand, welcher dem Unternehmen das Gepräge gibt und dem Verpächter die Möglichkeit eröffnet, den vorübergehend in eigener Regie eingestellten Betrieb nach Beendigung des Pachtverhältnisses wieder aufzunehmen und fortzuführen (BFH-Urteile vom 11.10.2007 X R 39/04, BStBl II 2008, 220; vom 17.04.2019 IV R 12/16, BStBl II 2019, 745; vom 21.12.2021 IV R 13/19, BFH/NV 2022, 414). Demgegenüber gehören bei Einzelhandelsbetrieben das jederzeit wieder zu beschaffende Inventar und andere Gegenstände des Anlagevermögens sowie Warenbestände nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH-Urteile vom 06.11.2008 IV R 51/07, BStBl II 2009, 303; vom 19.03.2009 IV R 45/06, BStBl II 2009, 902; vom 21.12.2021 IV R 13/19, BFH/NV 2022, 414).
94Die überlassenen Grundstücke waren die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs der Klägerin und gaben dem Betrieb das alleinige Gepräge. Die Grundstücke befinden sich jeweils in zentraler Innenstadtlage sowie teilweise auch in einer Fußgängerzone. Diesen kommt durch den dadurch bedingten erheblichen örtlichen Wirkungs- und in Folge dessen auch Kundenkreis für den Betrieb eines Einzelhandels wesentliche Bedeutung zu. Die (jederzeit wieder erwerbbaren) Anteile an der Einkaufsgenossenschaft stellen hingegen keine wesentliche Betriebsgrundlage dar.
95bb) Unbeachtlich ist der vorgetragene Umstand, dass zu keiner Zeit die Fortführung des ...Betriebs geplant und beabsichtigt war. Eine Absicht, die unterbrochene Tätigkeit nach Pachtende wiederaufzunehmen (und die objektiv wahrscheinliche Verwirklichung dieser Absicht) ist – entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH – nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 19.03.2009 IV R 45/06, BStBl II 2009, 902).
96b) Eine Betriebsverpachtung schließt jedoch nicht in jedem Fall die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus: Die Frage der Gewerbesteuerpflicht des Verpächters ist nach allgemeinen gewerbesteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden. Gewerbliche Einkünfte im Sinne des EStG führen nicht unter allen Umständen dazu, auch die Gewerbesteuerpflicht zu bejahen (BFH-Urteil vom 13.11.1963 GrS 1/63 S, BStBl III 1964, 124). Die erweiterte Kürzung kann dann nicht gewährt werden, wenn die Grundstücksverwaltung des Unternehmens den Bereich der reinen Vermögensverwaltung verlässt und als solche gewerblichen Charakter annimmt (Gosch in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG Rn. 57 m.w.N.). Durch die Beschränkung auf die ausschließliche Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz soll sichergestellt werden, dass nur die rechtsformbedingte, nicht aber die tätigkeitsbedingte Gewerblichkeit durch die erweiterte Kürzung begünstigt wird (Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 79).
97Vor diesem Hintergrund ist der tatsächlich gewerbliche Charakter der streitgegenständlichen Tätigkeit entscheidend und für Zwecke des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (gesondert) zu bestimmen (a.A. FG Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2022 2 K 2599/18 G, EFG 2022, 1392; FG Münster, Urteil vom 06.12.2019 14 K 3999/16 G, juris). Die Tätigkeit darf ihrer Natur nach nicht gewerblicher Art sein (Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 103). Aus der (einkommensteuerrechtlichen) Fiktion des § 16 Abs. 3b EStG („In den Fällen … der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb … nicht als aufgegeben…“) lassen sich hingegen keine zwingenden Schlüsse ziehen. Eine Tätigkeit ist für Zwecke des GewStG – und somit für Zwecke der Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – gewerblich, wenn nicht nur Grundbesitz vermögensverwaltend überlassen, sondern – wie regelmäßig bei einer Betriebsverpachtung – Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt wird. In diesem Sinne ist auch das BFH-Urteil vom 14.06.2005 (VIII R 3/03, BStBl II 2005, 778) zu verstehen. Der BFH führt unter Verweis auf die Zwecksetzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus, dass eine Betriebsverpachtung grundsätzlich deshalb nicht begünstigt sei, weil dabei nicht nur im Sinne einer typischen Vermögensverwaltung Grundbesitz, sondern der lebende Organismus des Betriebs, d.h. typischerweise gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt werde. Stellt jedoch ausnahmsweise, wie im Streitfall, das Betriebsgrundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs dar und ist die Mitvermietung weiterer Betriebsvorrichtungen an sich gewerbesteuerlich unschädlich, so kann der Umstand, dass zugleich die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung vorliegen, der erweiterten Kürzung nicht entgegen stehen.
984. Der Gewerbeertrag, der in den Streitjahren jeweils nach Kürzung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verbleibt, liegt jedenfalls unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG, so dass der Gewerbeertrag für die Streitjahre jeweils mit null EUR anzusetzen ist.
99a) Die Kürzung des Gewerbeertrags umfasst grundsätzlich sämtliche Aktivitäten, die der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes zuzuordnen sind (Gosch in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG Rn. 117). Dies gilt jedoch nicht für unschädliche Nebentätigkeiten, insofern fehlt es an einem Kürzungsbedarf (BFH-Urteil vom 22.06.1977 I R 50/75, BStBl II 1977, 778; a. A. jedoch die Verwaltungspraxis, R 9.2 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 S. 3 GewStR 2009).
100Ein Entgelt für die Mitvermietung des Lastenaufzugs in dem Objekt in W. wurde vorliegend nicht vereinbart. Allein aus diesem Umstand kann nicht auf eine Unentgeltlichkeit geschlossen werden, so dass das Entgelt grundsätzlich zu schätzen ist. Im Rahmen dieser Schätzung kann davon ausgegangen werden, dass – bei einer Jahresmiete für die mehrgeschossigen Flächen von ca. 1.235 qm in dem Objekt in W. in Höhe von rund 170.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer – das auf den im Jahr 1987 für umgerechnet knapp 20.000 EUR angeschafften Lastenaufzug entfallende Entgelt jedenfalls den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 EUR nicht übersteigt und somit bei der Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung auch unter Berücksichtigung der nicht zu kürzenden Beträge der Gewerbeertrag in den Streitjahren mit 0 EUR anzusetzen ist.
101b) Die Erträge aus dem Sonderbereich sind nicht von der erweiterten Grundstückskürzung auszunehmen. Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG gilt § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und damit die erweiterte Kürzung nicht, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat. Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 GewStG ist Satz 1 auch auf Vergütungen anzuwenden, die vor dem 19.06.2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert wird.
102aa) Soweit die Erträge aus dem Sonderbereich auf die Grundstücksvermietungen zurückzuführen sind, unterfallen sie bereits der Rückausnahme des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG. Die Vorschrift nimmt Vergütungen für die Überlassung von Grundbesitz von der Beschränkung aus (vgl. nur Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 34).
103bb) Die in den Streitjahren als Sondervergütungen von dem Gesellschafter O. F. bzw. dessen Erben erhaltenen Darlehenszinsen beruhen auf im Jahr 1985 bzw. 1988 geschlossenen Darlehensverträgen. Anhaltspunkte, dass die entsprechenden Vereinbarungen später wesentlich geändert worden sind, bestehen nicht. Die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 GewStG liegen damit nicht vor, die Vergütungen sind nicht von der erweiterten Grundstückskürzung auszunehmen.
104III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
105IV. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
106V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
107VI. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) zuzulassen. Der Senat vertritt in Bezug auf die Schädlichkeit einer Betriebsverpachtung für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG eine andere Auffassung als der 2. Senat des FG Düsseldorf im Urteil vom 22.06.2022 2 K 2599/18 G, EFG 2022, 1392, und das FG Münster im Urteil vom 06.12.2019 14 K 3999/16 G, juris, hinsichtlich dessen beim BFH die Revision unter dem Az. IV R 5/21 anhängig ist.