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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) für das Jahr 2017 (Streitjahr).
3Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.2013 gegründet wurde. Sie war ursprünglich eine 100%ige Tochtergesellschaft der S. GmbH (nachfolgend „S. GmbH“). Letztere ist als Immobilien-Projektentwicklerin tätig und erbringt gegenüber ihren Tochtergesellschaften Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Immobilien-Projekten. Darüber hinaus hält, verwaltet und z.T. veräußert die S. GmbH Anteile an Projektgesellschaften, zu deren Vermögen ausschließlich vermietete Gewerbeimmobilien zählen.
4Im Jahr 2012 entwickelte die S. GmbH einen Geschäftsplan zur Nutzung der Grundstücke an der U.-straße in C. (im Weiteren „T.-Areal“ genannt). Sie plante, die Grundstücke von der T. C. GmbH über eine neu zu errichtende Tochtergesellschaft zu erwerben, um dort neue Gebäude für Logistik und Produktion zu errichten, die langfristig an die W. AG vermietet werden sollten. Die Stadt C. teilte der S. GmbH in mehreren Gesprächen mit, dass die Veräußerung eines Teils des Grundstücks an die N. GmbH & Co. KG (nachfolgend „N.“) eine Voraussetzung der Umsetzung des Vorhabens sei. N. verfügte über Gewerbeimmobilien innerhalb desselben Stadtteils von C., die im Rahmen eines städtebaulichen Gesamtkonzepts durch Wohnbebauung ersetzt werden sollten. Die Stadt C. machte die Veräußerung einer Teilfläche an N., die dort neue ...Häuser (eine L.- und eine Z.-Niederlassung) errichten sollte, zur Voraussetzung für die Schaffung des erforderlichen Baurechts und damit mittelbar auch für die Erteilung der Baugenehmigung an die Klägerin. Zur Umsetzung dieses Vorhabens gründete die S. GmbH in 2013 die Klägerin, die beabsichtigte, das Grundstück zwecks Neubebauung mit Gewerbeimmobilien und deren Vermietung zu erwerben.
5Die Klägerin erhielt von der T. C. GmbH am 00.00.2013 ein notariell beurkundetes Verkaufsangebot zum Erwerb eines Grundstücks bestehend aus mehreren Flurstücken. Laut Anlage A „Kaufvertrag" des Angebots gingen die Parteien von einer Größe der zum Verkauf stehenden Gesamtfläche von ... m², aufgeteilt auf mehrere Flurstücke, aus. Für diese Fläche wurde ein Kaufpreis i.H.v. ... € benannt. Dieses Angebot nahm die Klägerin nicht sofort an. Zur Sicherung des zukünftigen Anspruchs einigten sich die Parteien auf die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch. Zusätzlich vereinbarten die Parteien die Zahlung eines Optionsentgelts i.H.v. ... € zzgl. Umsatzsteuer für jeden angefangenen Monat, solange das Angebot nicht erloschen bzw. widerrufen worden war. Bei Annahme des Angebots durch die Klägerin sollten die geleisteten Optionsentgelte auf den Kaufpreis angerechnet werden. Zum Zeitpunkt der Unterbreitung des Kaufangebots befand sich das Grundstück in teilbebautem Zustand, einige Gebäude waren vermietet, ein Großteil stand indes leer.
6Im Jahr 2014 ergaben sich ... gegen die (beabsichtigte) Ansiedlung von W. und daraus resultierenden Folgebelastungen (insbesondere Verkehrsbelästigungen durch Schwerlastverkehr) ... Änderungen bezüglich der ursprünglichen Überlegungen zur Bebauung des Grundstücks. Nunmehr wurde der Bau von Gewerbehallen nur noch bis zu einer Größe von ca. ... m² als genehmigungsfähig erachtet und W. nahm in der Folge Abstand von einer Anmietung von Gebäuden auf dem Areal.
7Nachdem das Projekt somit nicht mehr in seiner ursprünglichen Form weiterverfolgt werden konnte, wurde es zunächst für zwei Jahre zurückgestellt. Die Tochter des Geschäftsführers der Klägerin, Frau F., erwarb am 26.07.2016 die Mehrheit der Anteile (85 %) an der Klägerin von der S. GmbH und verfolgte das Projekt – nunmehr im Rahmen einer kleinteiligeren Herangehensweise – weiter.
8Das Gesamtprojekt wurde letztlich wie folgt durchgeführt:
9 Die Klägerin schloss mit einer Grundstücksgesellschaft der N. einen Kaufvertrag über die nachfolgend als „Teilfläche E.“ bezeichnete Teilfläche von ... m² (diese war im Kaufvertrag ihrerseits noch einmal in die Teilgrundstücke 1a und 1b unterteilt) des „T.-Areals“ am 03.08.2016 ab. Der Verkauf war aufschiebend bedingt auf den Beginn der Abbrucharbeiten an den Altgebäuden auf der Teilfläche. Diese durch die Klägerin durchzuführenden Abbrucharbeiten wurden in Anlage 5.4 des Kaufvertrages spezifiziert. Die Klägerin verpflichtete sich u.a. dazu, alte Gebäude zu entkernen und abzureißen, befestigte Flächen zu entsiegeln, unterirdische Bauteile zu entfernen, vorhandene bzw. durch den Abbruch entstehende Gruben aufzufüllen und Bäume/Sträucher zu entfernen.
10 Aufschiebend bedingt auf die Fertigstellung der geplanten Gewerbeimmobilien auf dem übrigen, zukünftig bei ihr verbleibenden Teilgrundstück, schloss die Klägerin Mietverträge mit dem Mieter B. am 10. bzw. 11.08.2016 und mit dem Mieter X. am 23.08.2016 ab.
11 Die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrags bezüglich des „T.-Areals“ (d.h. der gesamten Fläche von ... m²) durch die Klägerin erfolgte am 15.09.2016; der finale Kaufpreis verringerte sich aufgrund einer im Rahmen der nachträglichen Vermessung festgestellten Minderfläche von 227m² um ... € auf ... €.
12 Die Abbrucharbeiten auf der Teilfläche E. begannen am 04.10.2016, wovon die Klägerin N. Ende Oktober 2016 Mitteilung machte.
13 Die erste Teilbaugenehmigung für die Durchführung von Erdarbeiten erhielt die Klägerin im Dezember 2016. Zudem schlossen die Klägerin und die Stadt C. einen auf den 21.12.2016 datierten städtebaulichen Vertrag. Dieser enthielt Regelungen insbesondere zu von der Klägerin durchzuführenden Abbruch- und Freilegungsarbeiten, zu weiteren städtebaulichen Vorgaben (beabsichtigte Aufstellung eines neuen Bebauungsplans mit erforderlichen Änderungen für die Bebauung durch die Klägerin) und über die Verpflichtung der Klägerin zur Planung und Herstellung einer öffentlichen (Erschließungs-) Straße sowie damit zusammenhängend Planung, Koordinierung und Durchführung der Arbeiten zur Verlegung der notwendigen Ver- und Entsorgungsleitungen. Die Erschließungsanlagen sollten anschließend unentgeltlich auf die Stadt übergehen.
14 Die Teilbaugenehmigung zur Errichtung von Fundamenten auf dem Grundstück (mit Ausnahme der Teilfläche E., aufgrund der dort ausschließlich durchzuführenden Erdarbeiten) erteilte die Stadt C. im Februar 2017.
15 Die Übergabe der Teilfläche E. an N. mit einer nach Vermessung neu ermittelten Grundstücksgröße von ... m² erfolgte im April 2017 (Teilgrundstück 1a) bzw. Juli 2017 (Teilgrundstück 1b) zu einem finalen Veräußerungspreis von insgesamt ... €.
16 Die Übergabe der bebauten Gewerbeflächen an die Mieter B. und X. erfolgte im Juli bzw. September 2017. Der Mietzins für die im Rahmen des ersten Bauabschnitts errichteten Gebäude belief sich auf ... € p.a. (Kaltmiete) und wurde im Rahmen der Realisation des zweiten Bauabschnittes im Herbst 2020 um weitere ... € p.a. (also auf insgesamt ... € p.a.) erhöht.
17 Auch die Errichtung der Erschließungsanlagen erfolgte in 2017. Diese kamen dabei insbesondere auch der Teilfläche E. zugute, die zwar vorher bereits über die U.-straße. angeschlossen war, nach Rückbau der alten Einfahrt aber nunmehr über zwei separate Ein- bzw. Ausfahrten auf der neuen „H.-straße“ verfügte. Gleiches gilt für die Anschlüsse bzw. Leitungen für Strom, Wasser und Fernwärme.
18Hinsichtlich der (weiteren) Einzelheiten des Kaufvertrages über die Teilfläche E. vom 03.08.2016, des „Erschließungs- und städtebauliche[n] Vertrag[s] gem. § 11 Baugesetzbuch (BauGB)“ vom 21.12.2016 sowie des Kaufvertrages über das gesamte T.-Areal vom 00.00.2013, wird auf die Kopien der entsprechenden Urkunden in den Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
19Die Kosten für diesen ersten Bauabschnitt des Gesamtprojekts betrugen ca. ... €. Der Betrag wurde durch ein langfristiges Bankdarlehen i.H.v. ... € sowie durch Eigenkapital i.H.v. ... € gedeckt. Dabei setzte sich das Eigenkapital aus ... € bereits vorhandenem Kapital sowie den rd. ... € Kaufpreiszahlung der N. zusammen. Nach Abzug des auf die Teilfläche entfallenden Grund und Boden- Wertes von rd. ... € sowie der Kosten der Abbrucharbeiten i.H.v. ca. ... €, ergab sich ein Veräußerungsgewinn für die Teilfläche E. von knapp ... €.
20Zur Errichtung der geplanten Gewerbeobjekte arbeitete die Klägerin mit zwei Bauunternehmen zusammen, die für die notwendigen Erdarbeiten sowie den Hochbau zuständig waren. Sie beauftragte diese Bauunternehmen, für die jeweils durchzuführenden Arbeiten als Generalunternehmer tätig zu werden. Die Durchführung und Planung der Arbeiten oblag den beauftragten Generalunternehmern, die Klägerin führte bei Beendigung der Arbeiten eine Endabnahme durch. Dabei – wie auch im gesamten Bauprozess – griff sie nicht auf eigene Angestellte zurück. Sie schloss vielmehr einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit ihrer ehemaligen Muttergesellschaft, der S. GmbH, da die Klägerin selbst nicht über eigene Angestellte verfügte.
21Die Klägerin machte in der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2017 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.H.v. ... € geltend, die im erstmaligen Gewerbesteuermessbescheid vom 26.07.2019 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigt wurde. In der eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung wies die Klägerin unter den Umsatzerlösen neben der Position „Erlöse aus Leistungen nach § 13b UStG“ i.H.v. ... € (Veräußerung der Teilfläche E.) auch Umsätze zum Regelsteuersatz i.H.v. ... € (Vermietung) aus.
22Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A führte Ende 2019 für die Jahre 2015 bis 2017 eine Betriebsprüfung durch und kam im Prüfungsbericht vom 22.10.2020 zu dem Ergebnis, dass die erweiterte Kürzung nicht anzuerkennen sei. Zur Begründung führte der Prüfer aus, die Klägerin habe nicht – wie von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gefordert – ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder genutzt bzw. eine der daneben im Gesetz genannten, zulässigen, unschädlichen Tätigkeiten ausgeübt. Stattdessen habe sie seit Jahren den Verkauf der Teilfläche E. geplant und damit auch einen schädlichen Grundstückshandel betrieben; damit scheide die erweiterte Kürzung aus.
23Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ am 29.01.2021 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordung (AO) geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2017, in dem bei der Berechnung des Gewerbeertrags die erweiterte Kürzung nicht mehr und stattdessen nur noch die einfache Kürzung i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG i.H.v. ... € berücksichtigt wurde.
24Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, sie habe die Teilfläche E. nur wegen des städtebaulichen Veräußerungszwangs veräußert. Es handele sich dabei nur um ein zwingend notwendiges Nebengeschäft für die Aufnahme der Tätigkeit als Grundstücksverwalter. Die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung trete gegenüber der Fruchtziehung durch Vermietung nicht in den Vordergrund. So erziele sie bei Vollvermietung des Gesamtareals jährliche Mieteinnahmen in Höhe von ... €, was zu einer Bewertung der Immobilie mit mindestens ... € führe. Demgegenüber trete der Veräußerungsgewinn aus der Teilfläche E. von ca. ... € nicht in den Vordergrund. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung müsse auch berücksichtigt werden, dass der Verkaufserlös in Höhe von ca. ... € nicht „entnommen“, sondern zur Finanzierung des Projekts verwendet worden sei.
25Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, die Klägerin habe durch die Baureifmachung und den anschließenden, von Beginn an geplanten Verkauf der Teilfläche E. die Grenzen der reinen Vermögensverwaltung überschritten. Denn zum einen sei auch bei Nichtüberschreiten der sog. Drei-Objekte-Grenze eine gewerbliche Betätigung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige (Stpfl.) zwar nur ein einziges Grundstück veräußere, die Veräußerungsabsicht aber schon bei Erwerb unbedingt vorgelegen habe und er aktiv an der Erschließung und Bebauung durch Entfaltung nachhaltiger Tätigkeiten mitgewirkt habe. So sei es bei der Klägerin gewesen.
26Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin ist der Meinung, sie verwalte und nutze ausschließlich eigenen Grundbesitz, weil auch die Veräußerung der Teilfläche E. unter den Begriff „Verwaltung und Nutzung“ zu subsumieren sei. Eine ausschließliche Verwaltung und Nutzung liege nach der Rechtsprechung nur dann nicht mehr vor, wenn die Gesellschaft originär gewerblich tätig werde. Dies bestimme sich anhand der Legaldefinition des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
27Die Veräußerung der Teilfläche E. stelle keine nachhaltige Tätigkeit dar. Nach der Rechtsprechung des BFH könne das Merkmal der Nachhaltigkeit ausnahmsweise zwar auch bei einem einzigen Veräußerungsgeschäft erfüllt sein, wenn dieses Geschäft eine Vielzahl von Einzelhandlungen erfordere, weil beispielsweise ein ungewöhnlich aufwendiges Gebäude errichtet werde. Maßgeblich solle hierbei das Gesamtbild der Verhältnisse sein. Bei entsprechender Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse im Streitfall könne keine Nachhaltigkeit angenommen werden. Die Klägerin habe sich lediglich verpflichtet, Arbeiten im Sinne der Anlage 5.4 des Kaufvertrages vom 03.08.2016 vorzunehmen. Diese Aufgaben seien auf Dritte übertragen worden. Der vorliegende Fall sei demnach keineswegs mit der Errichtung einer Einkaufspassage als Bauträger wie im BFH-Urteil vom 01.12.2005 (IV R 65/04) vergleichbar. Vielmehr handele es sich um eine zu vernachlässigende Nebentätigkeit.
28Die Veräußerung der Teilfläche E. stelle auch keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar. Das Tatbestandsmerkmal verlange, dass eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten werde. Die Tätigkeit müsse nach außen hin in Erscheinung treten und sich an eine – wenn auch begrenzte – Allgemeinheit wenden. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könne zwar auch vorliegen, wenn ein Stpfl. nur wenige bzw. – in atypischen Fällen – nur einen Abnehmer habe. Im Falle nur eines Abnehmers sei lt. BFH indes entscheidend, ob der Stpfl. mit einem anderen Vertragspartner kontrahieren würde, wenn das Geschäft mit dem vorherigen (ausschließlichen) Vertragspartner nicht zustande komme oder nicht fortgeführt werde. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben, weil die Klägerin nach den von der Stadt C. aufgestellten Anforderungen nur mit N. habe kontrahieren können.
29Gegen eine gewerbliche Tätigkeit spreche schließlich auch die Tatsache, dass die Klägerin die Drei-Objekt-Grenze für den gewerblichen Grundstückshandel mit der Veräußerung nur der Teilfläche E. unterschritten habe. Eine für die Gewerblichkeit sprechende unbedingte Veräußerungsabsicht bereits bei Erwerb des Grundstücks habe ebenfalls nicht vorgelegen, denn für die Klägerin habe ein Zwang zur Veräußerung der Teilfläche E. bestanden. Sie erfülle hierdurch nicht das typusprägende Händlerbild, weil sich die Veräußerung der Teilfläche E. in einer Gesamtschau als Nebentätigkeit zur Ermöglichung der angestrebten Vermögensverwaltung darstelle. Davon abgesehen habe die unbedingte Veräußerungsabsicht nach der Rechtsprechung des BFH keine Auswirkungen auf die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 EStG. Es sei in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, dass eine unbedingte Veräußerungsabsicht die Nachhaltigkeit der Tätigkeit oder die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr indizieren würde.
30Unbeschadet dessen handele es sich vorliegend jedenfalls um den von der Rechtsprechung des BFH als Ausnahme vom Ausschließlichkeitsgebot und damit für die Gewährung der erweiterten Kürzung unschädlichen Fall eines Nebengeschäfts, das zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvollen eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung sei.
31Die Klägerin beantragt,
32den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2017 vom 29.01.2021 und die Einspruchsentscheidung vom 16.06.2022 mit der Maßgabe aufzuheben, dass es bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags auf null Euro bleibt.
33Der Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Er verweist in der Klageerwiderung auf seine Ausführungen im Vorverfahren.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Steuerakte Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe
38Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Gewerbesteuermessbescheid 2017 ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO).
391. Der Beklagte hat der Klägerin die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu Recht versagt, weil die Klägerin im Streitjahr nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder genutzt hat. Die Veräußerung der Teilfläche E. und die zur Vorbereitung der Veräußerung durchgeführten Arbeiten zur Baureifmachung und -erschließung gehen über die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes hinaus (nachfolgend a) und stellen auch keine unschädliche Nebentätigkeit im Sinne eines zwingend notwendigen Teils einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung dar (nachfolgend b).
40Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Ein-, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um 1,2 % des Einheitswerts des Grundbesitzes (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG) um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (erweiterte Kürzung). Die Regelung hat den Zweck, Doppelbelastungen innerhalb des Rechts der Realsteuern (durch Grund- und Gewerbesteuer) zu vermeiden und insbesondere Kapitalgesellschaften – wie die Klägerin –, die kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), hinsichtlich ihrer gewerbesteuerlichen Belastung solchen Einzelpersonen oder Personengesellschaften, die eine nicht gewerbesteuerpflichtige Grundstücksverwaltung betreiben, gleichzustellen (s. nur BFH-Urteil vom 05.03.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359, Rz. 7).
41Die erweiterte Kürzung setzt die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes voraus (Ausschließlichkeitsgebot). Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist (z.B. BFH-Urteil vom 26.02.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395, Rz. 18). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten (kürzungsunschädlichen), jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87, Rz. 19). Darüber hinaus liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH Nebentätigkeiten dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise kürzungsunschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können; ist der Umfang einer derartigen Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, Rz. 23). Im Übrigen sind von dem Ausschließlichkeitserfordernis keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit, auch nicht solche aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, geboten (BFH-Urteil vom 15.06.2023 – IV R 6/20, BFH/NV 2023, 1190, Rz. 27 m.w.N.). Ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot führt zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung.
42Eigener Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BStBl II 2019, 262, Rz. 76). Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung (vgl. nur BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87, Rz. 19, m.w.N.). Die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendeten Begriffspaare „verwalten und nutzen“ und „Verwaltung und Nutzung“ sind insoweit bedeutungsgleich mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff der (privaten = nicht gewerblichen) „Vermögensverwaltung“ (s. z.B. BFH-Urteil vom 13.08.1997 – I R 61/96, BStBl II 1998, 270, Rz. 13 m.w.N.).
43In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich Folgendes:
44a) Die Veräußerung der Teilfläche E. sowie die damit zusammenhängenden Abbruch- und Erschließungsarbeiten gehen über die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes hinaus. Im Falle der Veräußerung von Grundbesitz kommt es für die Prüfung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darauf an, ob die Veräußerung noch Teil einer auf Fruchtziehung ausgerichteten Vermögensverwaltung ist oder ob die Substanzverwertung durch Umschichtung in den Vordergrund tritt (Großer Senat des BFH, Beschluss vom 03.07.1995 – GrS 1/93, BStBl II 1995, 617; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl. 2023, § 9 Nr. 1 Rz. 22d m.w.N.).
45Ob insoweit nur dann eine schädliche Tätigkeit vorliegen kann, wenn alle Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebes gem. § 15 Abs. 2 EStG – einschließlich Gewinnerzielungsabsicht, Nachhaltigkeit und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr – vorliegen, ist bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Nach der wohl vorherrschenden Meinung in der Literatur kommt es auf das Vorliegen der übrigen in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen, insb. die Gewinnerzielungsabsicht, nicht an (vgl. z.B. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, 141. Lieferung, 6/2022, § 9 GewStG Rz. 142 und Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 1 Rz. 23b). Dem hat sich jüngst das FG Berlin-Brandenburg angeschlossen (Urteil vom 18.01.2022 – 8 K 8008/21, EFG 2022, 706). Der BFH hat diese Auffassung in seinem vom Urteil vom 05.03.2008 (I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359, Rz. 10) ebenfalls ausdrücklich vertreten. Ob er daran auch weiterhin festhält, ist aufgrund jüngerer Entscheidungen zumindest unklar; im Urteil vom 15.06.2023 (IV R 6/20, BFH/NV 2023, 1190, Rz. 34) ist der IV. Senat des BFH auf die Entscheidung des I. Senats vom 05.03.2008 (I R 56/07) zwar eingegangen, konnte die Frage, ob für die Annahme eines gewerblichen Charakters der Tätigkeit im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Entgeltlichkeit und insbesondere Gewinnerzielungsabsicht erforderlich sind, jedoch offenlassen, weil er beides im Streitfall bejahte. Der III. Senat verneinte dagegen in diesem Kontext zuletzt ausdrücklich die Notwendigkeit der Gewinnerzielungsabsicht (Urteil vom 23.03.2023 – III R 49/20, BFH/NV 2023, 901, Rz. 25).
46Nach anderer Auffassung soll zumindest auch das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit zu prüfen sein (so Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 1 Rz. 22d), weil dieses der Abgrenzung zur Vermögensverwaltung dient.
47Der Senat braucht die Rechtsfrage S. nicht zu entscheiden, weil alle Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG, insbesondere „Nachhaltigkeit“ und „Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“, erfüllt sind (siehe nachfolgend bb und cc).
48aa) Die Veräußerung der Teilfläche E. sowie die damit verbundenen Arbeiten können nicht mehr als eine Form der Nutzung des Grundbesitzes im Sinne einer Fruchtziehung angesehen werden. Vielmehr tritt insoweit die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung in den Vordergrund (siehe dazu Großer Senat des BFH, Beschluss vom 03.07.1995 – GrS 1/93, BStBl II 1995, 617; s.a. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 1 Rz. 22d m.w.N.).
49Zur Abgrenzung der „bloßen“ Grundbesitzverwaltung von einer darüber hinaus gehenden gewerblichen Tätigkeit bei der Veräußerung von Grundstücken gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze (grundlegend BFH-Urteil vom 09.12.1986 – VIII R 317/82, BStBl II 1988, 244). Sie besagt, dass ein gewerblicher Grundstückshandel im Regelfall vorliegt, sofern innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Bebauung und Verkauf (in der Regel fünf Jahre) mehr als drei Objekte veräußert werden. Ihr kommt allerdings nur Indizwirkung zu. So können auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen (wie auch umgekehrt bei Veräußerung von mehr als drei Objekten ausnahmsweise eine gewerbliche Betätigung zu verneinen sein kann).
50So kann beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist oder ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird. In derartigen Gestaltungen kann die Wertung gerechtfertigt sein, dass es sich unabhängig von der Anzahl der Verkäufe um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Ebenso kann für eine gewerbliche Tätigkeit der Umstand sprechen, dass das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Stpfl. erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie unter Fremden abgerechnet werden. Diese vom Großen Senat des BFH ausdrücklich (Beschluss vom 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl II 2002, 291 Rz. 39) benannten Ausnahmefälle sind indes nicht abschließend, es können auch andere gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen und zwar dann, wenn sich aus diesen Umständen ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (regelmäßig Anschaffung und anschließende Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind (BFH-Urteil vom 18.09.2002 – X R 183/96, BStBl 2003 II, 238; s.a. Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser/Wachter/Wälzholz, Immobilien im Zivil- und Steuerrecht, Kapitel 11 Gewerblicher Grundstückshandel, Rz. 11.43 mit weiteren Fallgruppen).
51Die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung können entsprechend diesen Grundsätzen z.B. auch deshalb überschritten sein, weil der Stpfl. an der Erschließung und künftigen Bebauung seines Baugeländes aktiv mitgewirkt, also im Hinblick auf den beabsichtigten Verkauf zusätzliche Aktivitäten zur Wertsteigerung des Grundstücks entfaltet hat (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18.06.2007 – 2 K 92/06, juris, Rz. 58 mit umfangreichen Nachweisen zur BFH-Rechtsprechung). Die Schaffung eines „Objekts anderer Marktgängigkeit“, die die Bebauung als Unterfall umfasst, reicht für sich genommen allerdings nicht aus, um unabhängig von der Anzahl der verkauften Objekte die Grenzen des Bereichs der privaten Vermögensverwaltung als überschritten anzusehen. Maßgebend ist vielmehr, dass der Stpfl. seine Tätigkeiten in Bezug auf das Grundstück entfaltet hat, nachdem er fest zum Verkauf entschlossen war (BFH-Urteil vom 15.04.2004 – IV R 54/02, BStBl II 2004, 868, Rz. 26 f.).
52Im Streitfall hat die Klägerin mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt und ein Objekt anderer Marktgängigkeit geschaffen.
53(1) Die Klägerin erwarb die Teilfläche E. (als Teilgrundstück des T.-Areals) in unbedingter Veräußerungsabsicht. Denn die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrags bezüglich des gesamten T.-Areals durch die Klägerin erfolgte am 15.09.2016. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin gegenüber N. bereits zur Veräußerung der Teilfläche E. verpflichtet und zwar im Kaufvertrag vom 03.08.2016.
54(2) Der Einwand, dass die Klägerin zum Verkauf aufgrund des städtebaulichen Vertrages verpflichtet gewesen sei, ändert an dem Ergebnis nichts. Anders als die Klägerin meint, entfällt dadurch vorliegend insbesondere nicht die unbedingte Veräußerungsabsicht. Denn die persönlichen oder finanziellen Beweggründe der Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Bereich oder der Vermögensverwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich unerheblich (vgl. z.B. Urteile vom 17.12.2009 – III R 101/06, BStBl II 2010, 541, Rz. 22 und vom 20.02.2003 – III R 10/01, BStBl II 2003, 510, Rz. 33 m.w.N). Der vorliegende Sachverhalt ist mit Blick auf die Teilfläche E. auch nicht mit dem Fall vergleichbar, dass ein ursprünglich in Vermietungsabsicht erworbenes Grundstück aufgrund nach Inauftraggabe der Bebauung eintretender, unvorhergesehener Umstände wegen einer Zwangslage veräußert werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 28.04.2005 – IV R 17/04, BStBl II 2005, 606, Rz. 25). Denn die Klägerin war schon nicht gezwungen, das gesamte T.-Areal unter der Bedingung der Baureifmachung, Erschließung und anschließenden Veräußerung der Teilfläche E. zu erwerben. Sie hätte von dem gesamten Projekt auch Abstand nehmen können. Insofern kann bereits nicht von einer Zwangslage im Sinne der BFH-Rechtsprechung gesprochen werden.
55(3) Die Klägerin nahm zudem in vorstehend genannter Veräußerungsabsicht zum einen die oben geschilderten, umfangreichen Abbrucharbeiten auf der Teilfläche E. vor. Zum anderen führte sie – aufgrund der im städtebaulichen Vertrag erfolgten Übertragung von der Stadt auf die Klägerin – die notwendigen Erschließungsarbeiten, die nicht nur, aber auch die Teilfläche E. betrafen, durch (insbesondere Herstellung der Erschließungsstraße und damit zusammenhängend: Planung, Koordinierung und Durchführung der Arbeiten zur Verlegung der notwendigen Ver- und Entsorgungsleitungen). Die vorgenannten Tätigkeiten haben auch zu einer völlig anderen Marktgängigkeit des Objektes geführt. Dies zeigt sich nicht zuletzt an dem Verkaufspreis für die Teilfläche E. von rd. ... €, der sogar geringfügig über dem Preis liegt, den die Klägerin ursprünglich für das gesamte T.-Areal gezahlt hatte.
56Demgegenüber ist unerheblich, in welchem Verhältnis der aus dem Verkauf der Teilfläche E. erzielte Gewinn von rund ... € zum Gesamtwert des Areals stand und dass der Verkaufserlös von ... € zur Finanzierung der übrigen Projektkosten verwendet wurde. Dass das Geschäftsmodell der Klägerin nicht in der gewinnbringenden Veräußerung der Teilflächen bestand, ist unstreitig. Dessen ungeachtet ist die von der Klägerin als Folge ihrer Arbeiten zur Baureifmachung erzielte Wertsteigerung, die letztlich zu dem Verkaufsgewinn von rund ... € hinsichtlich der Teilfläche E. führte, so erheblich, dass insoweit nicht mehr von einer Vermögensverwaltung im Sinne einer Fruchtziehung gesprochen werden kann.
57Dass die Klägerin die Arbeiten nicht durch eigene Angestellte durchführte, ist unschädlich. Die Durchführung der Arbeiten durch die – ggfs. von der noch zwischengeschalteten S. GmbH – beauftragten Generalunternehmer sind ihr als Auftraggeberin jeweils gesondert als Einzelaktivitäten zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.2009 – IV R 10/06, BStBl II 2009, 533, Leitsatz). Damit wurde die Klägerin bei objektiver Betrachtung wie ein Bauunternehmer bzw. wie ein „Baulanderschließungsunternehmer“ (BFH-Urteil vom 15.04.2004 – IV R 54/02, BStBl II 2004, 868, Rz. 27) tätig. Nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung trat die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten im Hinblick auf die Teilfläche E. (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund.
58bb) Die Klägerin ist nachhaltig im Sinne der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze tätig geworden, obwohl sie nur ein einziges (Veräußerungs-) Geschäft getätigt hat. Eine Tätigkeit ist grundsätzlich nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind (vgl. BFH-Urteil vom 26.09.2006 – X R 27/03, BFH/NV 2007, 412, Rz. 20, m.w.N.). Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung des BFH Nachhaltigkeit aber auch dann zu bejahen sein, wenn der Stpfl. nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen Vertrag abschließt und sich keine Wiederholungsabsicht feststellen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Stpfl. sei nachhaltig tätig geworden (BFH-Urteil vom 09.12.2002 – VIII R 40/01, BStBl II 2003, 294, Rz. 22; kritisch dazu: Desens/Blischke in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG § 15 Rz. B 20).
59Dabei reichen für die Annahme der Nachhaltigkeit Einzeltätigkeiten nicht aus, die beim Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig, ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll. Andernfalls wäre die Nachhaltigkeit bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Im Fall des Verkaufs eines einzigen Grundstücks kann das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit deshalb nur in besonderen Ausnahmefällen erfüllt sein. Für den Fall des Verkaufs eines selbst bebauten Grundstücks verlangt der BFH insofern, dass der Stpfl. über einen längeren Zeitraum Aktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte notwendig sind, nicht zurückbleiben; erst dann kann die Gesamttätigkeit als nachhaltig beurteilt werden (BFH-Urteile vom 28.04.2005 – IV R 17/04, BStBl II 2005, 606; vom 26.09.2006 – X R 27/03, BFH/NV 2007, 412; vom 28.01.2009, X R 36/07, juris).
60Ob infolge der Vielzahl und des Gewichts der vom Verkäufer im Hinblick auf die Bebauung entfalteten Aktivitäten die Gesamttätigkeit als nachhaltig anzusehen ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eines jeden Falles. Entscheidend ist letztlich, ob die Betätigung dem Bild eines Gewerbetreibenden, z.B. dem eines Bau- oder Erschließungsunternehmers entspricht (vgl. BFH, Urteil vom 12.07.2007 – X R 4/04, BFH/NV 2007, 2181, Rz. 50). In seiner Entscheidung vom 01.12.2005 (IV R 65/04, BStBl II 2006, 259) hat der IV. Senat des BFH Nachhaltigkeit beim Verkauf eines Grundstücks bejaht, wenn der Stpfl. (kumulativ) in unbedingter Veräußerungsabsicht eine Bauplanung für das Grundstück erstellen lässt, im Interesse der potentiellen Erwerber Mietverträge abschließt, bei Gesamtbaukosten von rd. 12,4 Mio. DM und einem Gewinn von fast 4 Mio. DM mehrere Bauunternehmer beauftragt und sich zur Gewährleistung für Baumängel sowie zur Zahlung von Schadensersatz für Mietausfälle bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung verpflichtet.
61Im Streitfall wurde die Grenze zur Nachhaltigkeit wegen des Umfangs der aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen (insbesondere gegenüber N. aber auch gegenüber der Stadt C.) durchgeführten Maßnahmen, die allesamt zu einer Wertsteigerung des Grundstücks beitrugen, durch die Klägerin überschritten. Die von der Klägerin in Vorbereitung der Veräußerung durchgeführten Arbeiten, nämlich Entkernung und Abriss der alten Gebäude, Entsiegelung der befestigten Flächen, Entfernung der unterirdischen Bauteile, Auffüllung vorhandener bzw. durch den Abbruch entstehender Gruben und Entfernung der Bäume und Sträucher auf der gesamten Teilfläche E. sowie die durch die Errichtung der Straße und Leitungen jedenfalls miterfolgte (Neu-) Erschließung der Teilfläche, entsprechen dem Bild eines Bau- bzw. Erschließungsunternehmers. Das Ausmaß der Tätigkeiten kann man äußerst anschaulich anhand der in den Steuerakten des Beklagten befindlichen „Vorher-nachher“-Luftbilder der Teilfläche ersehen. Die Aktivitäten erstreckten sich auch über einen Zeitraum von mehreren Monaten und damit über einen „längeren Zeitraum“.
62cc) Schließlich lag auch eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr hinsichtlich des Veräußerungsgeschäfts vor. Dieses Tatbestandsmerkmal verlangt, dass eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird. Es dient dazu, solche Betätigungen abzugrenzen, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet sind (BFH-Urteil vom 19.02.2009 – IV R 10/06, BStBl II 2009, 533).
63Die Tätigkeit des Stpfl. muss nach außen hin in Erscheinung treten und sich an eine – wenn auch begrenzte – Allgemeinheit wenden (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.1993 – XI R 48/91, BFH/NV 1994, 622, unter II.1.). Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG kann auch vorliegen, wenn ein Stpfl. nur wenige bzw. – in atypischen Fällen – nur einen Abnehmer hat (vgl. BFH-Beschluss vom 04.09.2014 –VIII B 135/13, BFH/NV 2015, 19, Rz. 15, und BFH-Urteil vom 22.02.2012 – X R 14/10, BStBl II 2012, 511, Rz. 73). Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann sogar dann vorliegen, wenn Geschäftsbeziehungen zu anderen Personen vertraglich ausgeschlossen sind; maßgeblich ist (dann) lediglich, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilhabe entspricht (BFH-Urteil vom 19.02.2009 – IV R 10/06, BFH/NV 2009, 832 unter II.2.a)aa) m.w.N.).
64Zwar ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klägerin nur an N. und dies nur aufgrund der Vorgaben der Stadt C. veräußern wollte und konnte. Dessen ungeachtet richtete sich ihre Tätigkeit auf einen klassischen Leistungsaustauch in Form eines Grundstücksgeschäfts sowie bestimmter Abbruch- und Erschließungsarbeiten. Maßgeblich ist letztlich auch in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin Leistungen erbracht hat, wie sie von Bau- oder Generalunternehmern, mithin von Gewerbetreibenden, typischerweise erbracht werden; die zu beurteilende Tätigkeit entspricht nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilhabe. Insoweit muss erneut „das Bild des Gewerbetreibenden“ zur Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG herangezogen werden (so bereits Großer Senat des BFH, Beschluss vom 10.12.2001 – GrS 1/98, BStBl II 2002, 291).
65b) Die Veräußerung der Teilfläche E. kann schließlich nicht als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und-nutzung angesehen werden.
66Für die Annahme einer solchen „unschädlichen“ Nebentätigkeit muss neben dem qualitativen Kriterium der „zwingenden Notwendigkeit“ (vom BFH im Sinne einer „Unentbehrlichkeit“ verstanden, vgl. BFH-Beschluss vom 07.04.2011 – IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392, Leitsatz 1) für die wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und-nutzung stets auch das quantitative Kriterium der „Geringfügigkeit“ erfüllt sein (vgl. zuletzt z.B. BFH-Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BStBl II 2022, 87, Leitsatz 1). Der BFH ist insoweit äußerst restriktiv (vgl. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Rz. 130) und fordert, dass die Nebentätigkeit von „völlig untergeordneter Bedeutung“ ist (BFH-Urteil vom 22.06.2016 – X R 54/14, BStBl II 2017, 529, Rz. 40). Die Festlegung einer allgemeinen Geringfügigkeitsgrenze hat er bislang ausdrücklich abgelehnt.
67Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Senat die Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme des qualitativen Kriteriums im Streitfall offenlassen. Denn jedenfalls das quantitative Kriterium im o.g. Sinne ist vorliegend (eindeutig) nicht erfüllt. Angesichts des Umfangs der Aktivitäten, aber auch der Höhe des erzielten Veräußerungspreises von über ... € bzw. des Veräußerungsgewinns von ca. ... € ist bezüglich der Veräußerung der Teilfläche E. nicht mehr von einer „Geringfügigkeit“ oder „völlig untergeordneten Bedeutung“ der Tätigkeit auszugehen. Dies würde selbst dann gelten, wenn man entsprechend der Argumentation der Klägerin die vorgenannten Beträge in Relation zu dem von ihr behaupteten Wert des bei ihr verbliebenen Grundstücksteils (nach Bebauung) von ... € setzen würde. Ein solcher Vergleich ist indes bereits deshalb verfehlt, weil für die Gewerbesteuer das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gilt und somit für die Frage der (quantitativen) Geringfügigkeit auf die Verhältnisse des jeweiligen Erhebungszeitraums abzustellen ist (BFH-Urteil vom 13.09.1972 – I R 185/70, BStBl II 1972, 887 Rz. 15). Danach käme höchstens ein Vergleich des Veräußerungserlöses mit den Mieterträgen des Streitjahres in Betracht, was sogar eher zu einer untergeordneten Bedeutung von letzteren führen würde.
682. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.