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Auf die Klagen der Klägerin zu 1) und 2) wird der Bescheid über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages zu 2012 vom 29. Juni 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2019 aufgehoben soweit darin die Stadt W. bei der Zerlegung berücksichtigt wurde.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen zu 1) und 2) zu 51 % und der Beklagte und die Beigeladene zu 2) zu 49 % mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1), die diese selbst trägt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über den Sitz der Klägerin zu 1) und die Gewerbesteuerzerlegung im Jahr 2012.
3Die Klägerinnen zu 1) und 2) begehren im Wege der Zerlegung die Zuweisung des (gesamten) einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags für die Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 2).
4Die Klägerin zu 1) ist eine inländische Personengesellschaft in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.1998 gegründet.
5Gegenstand des Unternehmens der Klägerin zu 1) ist gemäß § 2.1 der Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Beteiligungen der R. GmbH und der K. L. AG (im Streitjahr der K. AG), die Ausübung von mit den Beteiligungen verbundenen Rechten sowie die Ausübung von Rechten aus in die Gesellschaft eingebrachten Rechtsstellungen aus schuldrechtlichen Verträgen. Gemäß § 2.2 kann die Gesellschaft Beteiligungen an gleichgearteten Unternehmen erwerben und auch sonst alle Geschäfte betreiben, die der Erreichung des Geschäftszweckes unmittelbar oder mittelbar dienen und förderlich sind.
6Gemäß § 4.1 fassen die Gesellschafter ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung. Nach § 4.5 ist die Gesellschafterversammlung beschlussfähig, wenn alle Gesellschafter vertreten sind. Nach § 4.7 ist über jede Gesellschafterversammlung eine Niederschrift anzufertigen.
7Nach § 4.6 beschließt die Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit. Für die in § 5.1 geregelten Beschlüsse bedarf es gemäß § 5.3 einer Mehrheit von 75 % der Stimmen.
8Gemäß § 5.1 des Gesellschaftsvertrags beschließt die Gesellschafterversammlung insbesondere über:
9a) Änderungen des Gesellschaftsvertrags
10b) Gründung und Auflösung von Beteiligungsgesellschaften sowie der Beteiligung an Gesellschaften und Veränderungen von Beteiligungen von Gesellschaften
11c) Feststellung des Jahresabschlusses und Ergebnisverwendung
12d) Wahl des Abschlussprüfers
13e) Entscheidung über Erteilung und Widerruf von Prokuren
14f) Genehmigung des Wirtschaftsplanes (Jahresbudget mit Investitions- und Finanzplan) und von etwaigen außerordentlichen Überschreitungen dieses Planes
15g) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken
16h) Geschäfte von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für die Gesellschaft
17i) Aufnahme von Krediten, Eingehen von Wechsel- und Bürgschaftsverpflichtungen außerhalb des genehmigten Finanzplanes
18j) Abschluss von Dienstverträgen im allgemeinen und von Verträgen für freie Mitarbeiter
19k) Auflösung der Gesellschaft.
20Entsprechende Beschlüsse bedürfen nach § 5.3 der Mehrheit von 75 % der Stimmen.
21Gemäß § 7 ist zur Geschäftsführung und Vertretung nur die K. L. AG berechtigt und verpflichtet. Sie ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Ihr steht das Recht zu, eine oder zwei Personen als Geschäftsführer zu benennen.
22Gesellschafter der Klägerin zu 1) waren bis zum 07.09.2009 zu 51 % die K. L. AG mit Sitz in M. und zu 49 % die R. GmbH mit Sitz in X.. Im Jahr 2009 erfolgte mit steuerlichem Übertragungsstichtag 31.12.2008 die Verschmelzung der K. L. AG auf die K. AG mit Sitz in T.. Dadurch gingen die Beteiligungen der K. L. AG an der Klägerin zu 1) und der K. V. Gesellschaft mbH (frühere Firma: K. L. V. Gesellschaft mbH) auf die K. AG über.
23Seit dem 01.01.2016 ist die K. AG zu 76,79 % an der E. beteiligt, welche den Gesellschaftsanteil der K. AG an der Klägerin zu 1) übernommen hat.
24Alleingesellschafterin der R. GmbH war im Streitjahr die C. AG, deren Anteile zu 78,72 % von der K. V. Gesellschaft mbH gehalten wurden. Alleingesellschafterin der K. V. Gesellschaft mbH war die K. AG.
25Weitere 11,15 % an der C. AG wurden von der Klägerin zu 1) gehalten; 6,74 % von der öffentlichen Hand und 3,39 % befanden sich im Streubesitz.
26Daneben bestand ein Wertpapierdarlehen der K. V. Gesellschaft mbH an der Klägerin zu 1) über 3,85 % der Aktien der C. AG, so dass die Klägerin zu 1) unter Einbezug dieser Aktien rechtlich und wirtschaftlich mit 15 % an der C. AG beteiligt war. Die Beteiligungsquote der K. V. Gesellschaft mbH war aufgrund des Wertpapierdarlehens entsprechend vermindert.
27Zwischen der C. AG und der K. AG bestand kein Beherrschungsvertrag.
28Am 00.00.2003 wurde im Handelsregister die Sitzverlegung der Klägerin zu 1) nach S., F.-straße eingetragen (Amtsgericht --AG-- Y., HRA N01 HU).
29Am 00.00.2011 wurde im Handelsregister die Sitzverlegung der Klägerin zu 1) nach X., O.-straße eingetragen (AG Z. HRA N02).
30Vom 06.12.2002 bis zum 31.10.2010 war P. entsprechend § 7 des Gesellschaftsvertrags Fremd-Geschäftsführer der Klägerin zu 1). Im Schreiben zur Ernennung vom 06.12.2002 wies das Beteiligungsmanagement der K. J. AG darauf hin, dass P. im Innenverhältnis den Weisungen der K. J. AG zu folgen habe. Sofern dringende Entscheidungen zu treffen seien, dürfe er im eigenen pflichtgemäßen Ermessen handeln, jedoch unter Wahrung der Interessen der Gesellschafter der Klägerin zu 1) (Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung).
31Vom 01.11.2010 bis zum 31.08.2011 war U. Fremd-Geschäftsführer der Klägerin zu 1).
32Vom 01.09.2011 bis November 2018 war der Zeuge H. zum Fremd-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) berufen. Die Berufung erfolgte durch die K. AG am 16.08.2011, vertreten durch A. N. und I. Q.. Die Mitteilung an den Zeugen H. erfolgte telefonisch durch den Zeugen BI.. Ein schriftlicher Geschäftsführervertrag bestand nicht.
33Der Zeuge H. war im Streitjahr als Mitarbeiter der K. RO. AG beschäftigt, einer 100%igen Tochtergesellschaft der K. AG. Er war des Weiteren als Prokurist (Auszug HR AG Z. HRB N03) für die Leitung des Bereichs Kaufmännische Dienste der RM. X. GmbH verantwortlich (Bl. 128 GA).
34Für seine Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin zu 1) nutzte der Zeuge H. sein Büro am Standort der RM. X. GmbH in X.. Die Räume standen im Eigentum der RM. X. GmbH. Einen Nutzungsvertrag hat die Klägerin zu 1) mit der RM. X. GmbH nicht abgeschlossen. Für die Nutzung der Räume wurde kein Entgelt gezahlt (insgesamt Bl. 133 GA). Der kaufmännische Geschäftsführer der RM. X. GmbH, PC., gestattete dem Zeugen H. die Nutzung.
35Bei seiner Tätigkeit wurde der Zeuge H. von JC. FK. als Assistentin unterstützt. Diese war ebenfalls Angestellte der RM. X. GmbH. Der Zeuge H. und FK. erbrachten ihre Leistungen für die Klägerin zu 1) unentgeltlich. Ferner haben weder die Klägerin zu 1) noch die K. AG einen Anteil an ihrem Gehalt getragen (Bl. 129 und 134 GA).
36Die Klägerin zu 1) ist seit 2003 an der UQ. V. Gesellschaft mbH (AG T., HRB N04) mit Sitz in T. zu 40 % (Buchwert ... T €) sowie zu 11,15 % an der C. AG mit Sitz in W. (Buchwert ... T €) beteiligt. Seit Erwerb der Beteiligungen erfolgten --mit Ausnahme eines Wertpapierdarlehens an der C. AG-- keine Anteilsveränderungen.
37Die Wertpapiere über diese Beteiligung wurden bei der Bank, Filiale T., verwahrt (Nr. N05).
38Nach der Vereinbarung vom 16.12.2010 zwischen der Klägerin zu 1) und der K. HF. Aktiengesellschaft wurde die ergebnisverantwortliche Führung der Beteiligung an der C. AG zum 01.01.2011 auf die K. HF. Aktiengesellschaft (künftig: K. AM. AG) übertragen (Bl. 223-224 GA).
39Nach der Vollmacht vom gleichen Tag (Bl. 225 GA) vertrat die K. HF. Aktiengesellschaft, künftig firmierend als K. AM. AG, die Klägerin zu 1) in der Hauptversammlung der C. AG und übte alle ihr zustehenden Rechte, insbesondere das Stimm- und Informationsrecht aus. Die K. HF. Aktiengesellschaft war berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. Die Klägerin zu 1) behielt sich vor, die ihr zustehenden Anteilseignerrechte ganz oder teilweise selbst auszuüben.
40Die Entscheidung hierzu trafen der Vorstand und Aufsichtsrat der K. AG (Bl. 341 GA). Die Vereinbarung und Vollmacht waren vom damaligen Geschäftsführer U. unterzeichnet.
41Beschlussfassungen der C. AG erfolgten mit einfacher Mehrheit.
42Im Jahr 2009 wurden zwei Rechnungen der K. HF. AG über Dienstleistungspauschalen an die Klägerin zu 1) jeweils an die SF.-straße in T. versendet (Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung).
43Die Klägerin zu 1) entfaltete im Streitjahr weder eine operative Tätigkeit noch beschäftigte sie eigenes Personal. Ihre Erträge stammen ausschließlich aus den bezogenen Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden. Die Klägerin zu 1) ist in die Konzernfinanzierung der K. AG im Rahmen eines Cash-Pools eingebunden.
44Die steuerliche Betreuung der Klägerin zu 1) erfolgte unentgeltlich durch die Steuerabteilung der K. AG, welche gleichzeitig deren Empfangsbevollmächtigte war (vgl. Bescheid für 2012 über Gewerbesteuermessbetrag vom 12.11.2013, Bl. 113 GA, Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung vom 02.06.2014, Prüfungsordner Band I, Reiter 1).
45Es entsprach der ständigen Praxis im K. Konzern, dass Konzerngesellschaften mit einer Beteiligungsquote von mehr als 50% von der Steuerabteilung der K. AG dienstleistend in Steuerangelegenheiten betreut wurden, sofern diese nicht über eigene Steuerabteilungen verfügten. Eine schriftliche Bevollmächtigung bzw. ein Beschluss der Gesellschafter der Klägerin zu 1) erfolgten hierüber nicht (Bl. 345 GA). Diese Regelung erfolgte in einer Konzernrichtlinie. Die Steuerabteilung der K. AG wurde durch den Finanzvorstand der K. AG in T. kontrolliert.
46Zuständig für die Erstellung von Steuererklärungen und für die steuerliche Betriebsprüfung der Klägerin zu 1) war ein Mitarbeiter der K. AG (Bl. 345 GA). Der Zeuge H. gab Steuerbescheide im Streitjahr zur Prüfung an die Steuerabteilung der K. AG weiter und wies zur Zahlung an, sobald seitens der Steuerabteilung die Prüfung abgeschlossen und die Richtigkeit des Bescheids zurückgemeldet wurde (Bl. 131 GA).
47Die Verbuchung der laufenden Geschäftsvorfälle wurde im Streitjahr von der K. IT. GmbH mit Sitz in M. erbracht (AG M. HRB N06 [auch eine Adresse in PO., vgl. Bl. 359 GA]). Diese war eine 100%ige Tochtergesellschaft der K. AG. Die Beauftragung erfolgte auf Basis der Konzernrichtlinie Services für die Produkte Rechnungswesen und Finanzen am 14.06.2010 durch den damaligen Geschäftsführer der Klägerin zu 1), P. (Beauftragung in Vor- und Folgejahren auf Bl. 161-162 GA).
48Die Gesellschafter der Klägerin zu 1) haben hierüber keinen Beschluss gefasst (Bl. 132 GA).
49Die im Streitjahr von der Klägerin zu 1) an die K. IT. GmbH gezahlte Verwaltungskostenpauschale betrug ... €.
50Zuständig für die Freigabe und Änderung der Konzernrichtlinie Services war der Vorstand der K. AG (Bl. 346 GA).
51Die Gremienbetreuung erfolgte seitens des Beteiligungsmanagements der K. AG (Bl. 134 GA).
52Der Zeuge H. nahm die Vor- bzw. Zuarbeit des Beteiligungsmanagements in Anspruch. Im Wesentlichen ging es hierbei um die Vorbereitung der Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses der Klägerin zu 1), der Gesellschafterversammlung der UQ. V. Gesellschaft mbH (Bl. 339) und Teilnahme an der Hauptversammlung der C. AG bzw. der Erteilung einer Vollmacht zur Vertretung der Klägerin auf deren Hauptversammlung.
53Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Klägerin zu 1) und dem Beteiligungsmanagement der K. AG wurde nicht erstellt (Bl. 342 GA).
54Der Zeuge H. unterzeichnete am 25.04.2012 für die Klägerin zu 1) eine Blankovollmacht, um deren Stimmrechte in der am 00.00.2012 stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung der C. AG zu vertreten. Eine Kopie der ausgefüllten Vollmacht befand sich nicht in den Akten der Klägerin zu 1) (Bl. 341 GA).
55Die Entscheidung, welche Person die Klägerin auf der Hauptversammlung vertrat, wurde vom Beteiligungsmanagement der K. AG getroffen (Bl. 130). Im Streitjahr erfolgte die Vertretung durch VN. (Bl. 202 GA) auf Basis der Vollmacht vom 25.04.2012.
56Der Zeuge VN. wurde im Streitjahr, soweit es Handlungen für die Klägerin zu 1) betraf, nur von seinem Dienstsitz bei der K. AG in T. tätig.
57Aufsichtsratvorsitzender der C. AG war im Streitjahr der Zeuge YN., weiteres Mitglied war unter anderem MG. (Leiter Corporate & Finance der K. AG).
58Der Zeuge YN. war im Streitjahr Teil des Vorstands der K. AG und als solcher für das Beteiligungsmanagement der K. AG zuständig. Er wurde im Streitjahr, soweit es Handlungen für die Klägerin zu 1) betraf, nur von seinem Dienstsitz bei der K. AG in T. tätig.
59Der Zeuge H. erteilte für das Streitjahr keine weiteren Vollmachten (Bl. 130 GA).
60An den Gesellschafterbeschlüssen der UQ. V. Gesellschaft mbH vom 23.02.2012 und 30.07.2012 wirkte der Zeuge H. für die Klägerin zu 1) mit. Die Beschlüsse wurden vom Beteiligungsmanagement der K. AG in Abstimmung mit dem Rechnungswesen der K. AG vorbereitet und im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst (so wörtlich Bl. 132 GA).
61Der Zeuge H. erhielt den schriftlichen Gesellschafterbeschluss per Post mit der Bitte um Mitunterzeichnung und Rücksendung. Eine physische Gesellschafterversammlung fand nicht statt.
62Die Steuerung des Konzernergebnisses erfolgte durch das Rechnungswesen der K. AG als Konzernmutter. Vorgaben an die Konzerngesellschaften machte insoweit das Rechnungswesen der K. AG bzw. die vorgeschaltete Führungsgesellschaft K. AM. AG. Das Rechnungswesen der K. AG bzw. der K. AM. AG bestimmte vorliegend den Grundsatz der Vollausschüttung (Bl. 340 GA).
63Der Vorschlag erfolgte auf Basis dieser Vorgabe durch die Geschäftsführer. Ermittelt wurde die Höhe der Gewinnausschüttung vom Dienstleister, der Abteilung Rechnungswesen/Finanzen/Steuern der K. IT. GmbH. Der Vorschlag des Rechnungswesens wurde im Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendung durch das Beteiligungsmanagement der K. AG verarbeitet bzw. berücksichtigt (Bl. 340 GA).
64Der Gesellschafterbeschluss der UQ. V. Gesellschaft mbH vom 30.07.2012 zur Aufhebung des Beschlusses, EO. als Abschlussprüfer für 2012 zu entlassen, wurde durch das Beteiligungsmanagement der K. AG nach Vorgaben des Rechnungswesens formuliert und dessen gesellschaftsrechtliche Umsetzung sichergestellt (Bl. 203, 347 GA).
65Der Zeuge H. übte im Streitzeitraum darüber hinaus folgende Tätigkeiten in seinem Büro in X. aus:
66Einlegung eines Widerspruchs gegen den CD.-Beitragsbescheid für 2008 auf Empfehlung der K. Steuerabteilung (Bl. 343 GA)
Mitteilung einer Bankverbindung für Erstattungen an das Finanzamt NG. (Bl. 137 GA)
69DE N07
Verfügungsbefugt sind nach dem Schreiben der Bank vom 18.04.2012 nur Mitarbeiter der K. IT. GmbH (Bl. 343, 359 GA)
Bei der Bank gab die Klägerin zu 1) als Geschäftsanschrift wie in den Vorjahren die Adresse (c/o) der K. IT. GmbH XI. mit Sitz in PO. (Bl. 359 GA) an; in 2009 war dies noch die K. ZF. AG mit Sitz in T. (Ordner Band I, Kürzung Gewerbesteuer Dividenden).
Unterzeichnung des Jahresabschlusses 2011
Abgabe der Vollständigkeitserklärung gemäß ISA 580 gegenüber dem Wirtschaftsprüfer
Unterzeichnung der Steuererklärungen für 2011 und Übersendung an das Finanzamt NG.
Beantragung einer Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen für 2012 auf Empfehlung der Steuerabteilung der K. AG (Bl. 344 GA)
Übersendung einer Steuerbescheinigung der UQ. V. Gesellschaft mbH an den Gesellschafter K. AG.
Die Klägerin zu 1) fasste am 23.03.2012 und 28.12.2012 zwei Gesellschafterbeschlüsse (Bl. 349 f. GA).
79Der steuerliche Gewinn der Klägerin zu 1) betrug im Jahr 2012 ... T €, der handelsrechtliche Jahresüberschuss ... T € (Vorjahr ... T €).
80Im Streitjahr betrugen die Gewerbesteuerhebesätze der Klägerin zu 2) ... %, der Beigeladenen zu 1) ... % und der Beigeladenen zu 2) ... %.
81Die Klägerin zu 1) reichte ihre Gewerbesteuererklärung am 10.10.2013 beim Finanzamt NG. ein.
82Mit Bescheid vom 12.11.2013 setzte das Finanzamt NG. den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2012 auf ... € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) fest. Der Betriebsstätte in X. wurde der gesamte Gewerbeertrag zugewiesen.
83Unter dem 02.06.2014 ordnete das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung FC. auf Antrag des Finanzamts AS. eine steuerliche Außenprüfung unter anderem für die Gewerbesteuer 2009 bis 2012 bei der Klägerin zu 1) an. Die Prüfung begann am 02.07.2014.
84Im Bericht über die Betriebsprüfung vom 09.03.2017 wurde der Zeuge H. weder als Ansprechpartner noch Auskunftsperson angegeben. Auskunftspersonen waren allein Mitarbeiter der zwischenzeitlich in die UI. GmbH ausgegliederten Konzernsteuerabteilung des K. Konzerns.
85Der Bericht führte aus, dass die Firmensitze der Gesellschafter den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung darstellten. Eine gleichwertige Verteilung der Oberleitung zwischen X. und den Firmensitzen der Gesellschafter sei nicht erkennbar. Ein eigener, für die Geschäftsführung maßgeblicher Wille könne jedenfalls nicht durch die zur Geschäftsführung berufenen Arbeitnehmer des K. Konzerns gebildet werden, da diese gegenüber ihren Arbeitgebern weisungsabhängig seien. Anlageentscheidungen seien der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Hierbei handele es sich um das Tagesgeschäft einer Holdinggesellschaft. Dass im Streitjahr tatsächlich keine Anlageentscheidung getroffen worden seien, stehe dem nicht entgegen, da es darauf ankomme, dass diese, dem Tagesgeschäft zuzurechnenden Entscheidungen, den Gesellschaftern vorbehalten blieben.
86Die Willensbildung erfolge in der Gesellschafterversammlung und spiegele sich in den durch die Konzerngesellschaften oder anderen Arbeitnehmern des Konzerns wahrgenommenen Tätigkeiten wieder. Die Führung der Tagesgeschäfte werde bereits durch den Gesellschaftervertrag auf die Gesellschafter übertragen. Durch die erforderliche Stimmmehrheit von 75 % werde auch die von der Geschäftsführung ausgeschlossene R. GmbH wieder in die geschäftliche Oberleitung eingebunden. Damit liege ein Fall mit mehreren gleichwertigen Geschäftsleitungsbetriebsstätten vor. Der Geschäftsführer habe durch den Gesellschaftsvertrag keinen Entscheidungsspielraum bei Anlageentscheidungen. Alle endgültigen Entscheidungen seien durch die Gesellschafterversammlung zu treffen.
87Dem Geschäftsführer verblieben danach nur Hilfstätigkeiten. Auch die Beauftragung von Dienstleistern einschließlich des Steuerberaters sei der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Diese erstelle auch den Wirtschaftsplan. Ferner sei auch ein Ausscheiden aus der Konzernfinanzierung nicht möglich. Schließlich werde die Klägerin zu 1) nicht im Aufsichtsrat der WI. AG vertreten, sondern durch andere leitende Mitarbeiter des K. Konzerns. Demgegenüber sei ein Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat, obwohl diese nur einen Anteil von 6,74 % halte.
88Die Durchführung von Routinearbeiten und das bloße Unterschreiben der Steuererklärungen durch den Geschäftsführer begründe keine Oberleitung in X..
89Am 06.06.2017 informierte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung FC. die Klägerin zu 1) darüber, dass der am 16.06.2017 zu versendende Bescheid wegen der Aufgabe des Bekanntgabewillens unwirksam sei.
90Mit Bescheid vom 29.06.2017 für 2012 über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags durch das Finanzamt T. wurde der Klägerin zu 2) ein Zerlegungsanteil von 0 € zugewiesen.
91Der Stadt T. wurde mit Bescheid vom gleichen Tag ein Zerlegungsanteil von 51 %, damit ... € Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen. Der Stadt W. wurde mit Bescheid vom gleichen Tag ein Zerlegungsanteil von 49 %, damit ... € Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen.
92Hiergegen legte die E. für die Klägerin zu 1) unter dem 10.07.2017 Einspruch ein.
93Die Klägerin zu 1) behauptete, die K. AG habe im Streitjahr keine Weisungen an den Zeugen H. erteilt.
94Zu den Tätigkeiten des Geschäftsführers gehöre die Unterzeichnung und Abgabe von Steuererklärungen, Prüfung von Steuerbescheiden, Begleitung von steuerlichen Betriebsprüfungen, Prüfung der Steuerbescheinigung der Beteiligungsgesellschaften, Erteilung von Vollmachten, Abschluss und Kündigung von Verträgen, Beauftragung von Serviceleistungen sowie Kontaktpflege mit der CD., der Bank und der Gemeindeverwaltung vor Ort, Prüfung der CD.-Bescheide und Erstellung von Zahlungsanweisungen (Mitteilung von K. DZ. vom 18.11.2014, Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung).
95Der Geschäftsführer habe sämtliche dieser Tätigkeiten in einem Büro am Sitz der Klägerin zu 1) in X. ausgeübt.
96Sonstige Mitarbeiter der K. AG seien nicht geschäftsführend für die Klägerin zu 1) tätig geworden. Die über den Tätigkeitsbereich der Geschäftsführer hinausgehenden, unterstützenden und vorbereitenden Tätigkeiten seien im Rahmen von Dienstleistungsverträgen von Gesellschaften des K. Konzerns übernommen wurden.
97Die Klägerin zu 1) meinte, dass es sich bei den vom Zeugen H. in X. ausgeübten Tätigkeiten um ihr Tagesgeschäft handele. Die Betriebsprüfung habe diese Tätigkeiten zu Unrecht als Hilfstätigkeiten qualifiziert.
98Sie (die Klägerin zu 1) habe an keinem anderen Ort als X. gewichtigere Entscheidungen getroffen. Die vom Zeugen H. ausgeübten Tätigkeiten seien bei einer weitgehend statischen Betätigung und mangels anderer Geschäftsvorfälle ihr Tagesgeschäft. Dass Anlageentscheidungen den Gesellschaftern vorbehalten seien, führe zu keiner anderen Beurteilung. Entscheidungen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung seien den Gesellschaftern vorbehalten. Der Umstand, dass ihre Gesellschafter ihren gesellschaftsrechtlichen Einfluss auf sie ausübten, sei für den Ort der Geschäftsleitung ohne Bedeutung.
99Weder hätten die Gesellschafter dauernd in die Tagesgeschäfte eingegriffen, noch hätten sie durch Gesellschafterbeschluss in den Streitjahren gewichtigere Entscheidungen als die zur Geschäftsführung bestellten Mitarbeiter des K. Konzerns getroffen.
100Dass sie „wie jede Konzerngesellschaft“ Vorgaben der Konzernleitung zu beachten gehabt habe, ändere nichts daran, dass die Tagesgeschäfte vom Geschäftsführer wahrgenommen worden seien. Denn selbst wenn der beherrschende Gesellschafter die Gesellschaft „fremdsteuere“ und Konzepte für ihre Tätigkeit entwickele, die diese dann umsetze, führe dies nicht dazu, dass die Tätigkeit der Gesellschafter den Ort der Geschäftsleitung der Gesellschaft bestimme.
101Selbst wenn ihre Gesellschafter Entscheidungen zu deren Tagesgeschäften an ihrem Sitz getroffen hätten, wäre dadurch der Ort der Geschäftsleitung in X. sogar gestärkt worden.
102Die Klägerin zu 2) legte unter dem 11.07.2017 Einspruch ein. Bei den in § 5 des Gesellschaftsvertrags geregelten Geschäften handele es sich um außergewöhnliche Geschäftsvorfälle. Im Übrigen habe die Klägerin zu 1) seit 2006 überhaupt keine Beteiligungen veräußert oder erworben.
103Die Verfolgung von Konzerninteressen könne den Ort der Geschäftsleitung nicht beeinflussen.
104Mit Schreiben vom 29.01.2018 wurden die Städte T. und W. und die Klägerin zu 1) zu dem von der Klägerin zu 2) geführten Einspruchsverfahren hinzugezogen.
105Mit Schreiben des Finanzamtes T. vom 17.07.2018 wurde die Klägerin zu 2) zu dem von der Klägerin zu 1) geführten Einspruchsverfahren gemäß § 174 Abs. 5 AO hinzugezogen.
106Unter dem 29.01.2018 wurden die Städte T. und W. zu dem von der Klägerin zu 1) geführten Einspruchsverfahren gemäß § 174 Abs. 5 AO hinzugezogen. Am selben Tag wurde die Klägerin zu 1) dem von der Klägerin zu 2) geführten Einspruchsverfahren gemäß § 174 Abs. 5 AO hinzugezogen.
107Nachdem der Beklagte auf Grund der Sitzverlegung der Klägerin zu 1) nach HI. sachlich zuständig geworden war und das Einspruchsverfahren übernommen hatte, wies er den Einspruch gegen die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags mit Entscheidungen vom 24.07.2019 als unbegründet zurück.
108Die Entscheidungen ergingen an die Klägerin zu 1) und zu 2) zugleich als Hinzugezogene zum Einspruchsverfahren.
109Die Klägerin zu 1) habe als eine vermögensverwaltende Gesellschaft mangels eigener Geschäftseinrichtung oder Anlage typischerweise keine Betriebsstätte im Sinne des § 12 Satz 1 AO. Insbesondere scheitere eine Betriebsstätte am Wohnort der Geschäftsführer an der notwendigen Verfügungsmacht der Gesellschaft über die Geschäftseinrichtung oder Anlage.
110Aber auch eine Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 10 AO habe die Gesellschaft und Klägerin zu 1) in keiner der beiden Gemeinden begründet. Denn nach § 12 Satz 2 Nr. 1 bestehe eine Betriebsstätte insbesondere am Ort der Geschäftsleitung, also gemäß § 10 AO am Ort der geschäftlichen Oberleitung. Dieser befinde sich aber vorliegend am jeweiligen Sitz der Gesellschafter und nicht am Wohnort der Geschäftsführer.
111Durch den Gesellschaftsvertrag seien im Vorfeld der Gründung der Gesellschaft die Aufgaben so verteilt worden, dass für den Geschäftsführer kein eigener Spielraum im Bereich der Anlageentscheidungen verbleibe.
112Der Beklagte ging dabei von folgender Tätigkeitsverteilung aus:
113Gesellschafterversammlung: |
Geschäftsführer: |
Gründung/Auflösung der Gesellschaft |
Einreichung von Steuererklärungen |
Beteiligung an Gesellschaften |
Prüfung von Steuerbescheiden |
Veränderung von Beteiligungen an Gesellschaften |
Prüfung CD.-Bescheide |
Genehmigung des Wirtschaftsplanes |
Mitwirkung an Beschlüssen UQ. GmbH |
Geschäfte von besonderer Bedeutung |
Kontaktpflege CD., Banken, Gemeinden |
Aufnahme von Krediten |
|
Abschluss von Dienstverträgen |
|
Abschluss Verträge freie Mitarbeiter |
|
Abschluss von Unternehmensverträgen |
|
Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten |
|
Konzern-Cash-Pool |
|
Erstellen von Steuererklärungen (Dienstleistungsvertrag) |
Insbesondere Entscheidungen über die Verwendung der freien Mittel könnten nicht getroffen werden, da diese Mittel der Konzernfinanzierung dienten. In dem Fall, dass sich am Markt für die Klägerin zu 1) günstige Konditionen ergeben, könne der Geschäftsführer nicht aufgrund eigener Entscheidungskraft dafür sorgen, dass die Klägerin zu 1) aus der Konzernfinanzierung ausscheide und sich anderweitig mit Kapital versorge.
115Es bestehe auch nicht lediglich ein beschränkter Einfluss auf eine Einzelmaßnahme der Geschäftsführung. Die eingesetzten Geschäftsführer seien ferner auf Grund ihres Abhängigkeitsverhältnisses als Arbeitnehmer der K. AG weisungsgebunden. Dies verstärke den Ausschluss der eigenständigen Entscheidungsgewalt.
116Die Tätigkeiten des Geschäftsführers dienten nicht der Mehrung des Gesellschaftsvermögens, sondern seien vielmehr als Hilfstätigkeiten und reine Verwaltungsarbeit anzusehen, die die geschäftliche Betätigung der Gesellschaft zwangsläufig mit sich bringe.
117Nicht relevant für die Beurteilung der geschäftlichen Oberleitung sei die selbständige Besorgung nur nebensächlicher Geschäftsangelegenheiten.
118Ein eigener Ermessensspielraum im Bereich der Einnahmeerzielung der Klägerin zu 1) sei nicht erkennbar und auch nicht dargelegt.
119Die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages habe mangels gegenteiliger Aufteilungsmaßstäbe an Hand der Anteile am Gesellschaftsvermögen zu erfolgen.
120Die Klägerin zu 2) hat am 23.08.2019 Klage gegen das Finanzamt T. erhoben (ursprünglich Az. 8 K 2368/19 Zerl). Die Einspruchsentscheidung war der Klageschrift beigefügt. Am Montag, den 28.08.2019 hat die Klägerin zu 2) beantragt, das Rubrum zu berichtigen. Richtiger Beklagter sei das Finanzamt TC., der jetzige Beklagte.
121Bei den von der Klägerin zu 1) gehaltenen Beteiligungen handele es sich um langfristige strategische Investitionen. Entscheidungen im Zusammenhang mit Veränderungen in den Beteiligungen stünden daher im direkten Zusammenhang mit der Umsetzung der Unternehmenspolitik des Konzerns, die vom laufenden Tagesgeschäft der Klägerin zu 1) abzugrenzen seien.
122Die Tatsache, dass bestimmte Leistungen über Dienstleistungsverträge von K. Konzerngesellschaften bezogen worden seien, sei für die Beurteilung unbeachtlich, da die tatsächliche Kontrolle und die Freigabe der erbrachten Dienstleistungen durch die Geschäftsführung erfolgen würden.
123Die Führung des Tagesgeschäfts liege vollumfänglich in den Händen des Geschäftsführers. Dieser hätte die erforderlichen Leistungen ggf. in eigener Verantwortung abzurufen und zu beauftragen.
124Für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung sei die bloß gesellschaftsrechtliche Einflussnahme unerheblich. Ebenso reiche die abstrakte Weisungsbefugnis des Gesellschafters gegenüber dem Geschäftsführer nicht für die Verlagerung der geschäftlichen Oberleitung von der Gesellschaft auf die Gesellschafter aus.
125Auch wenn tatsächlich Anlageentscheidungen durch die Gesellschafter der Klägerin zu 1) getroffen worden wären, wäre der Ort der Geschäftsleitung nicht zwangsläufig an den Firmensitzen der Gesellschafter in T. und W. anzunehmen. Der Beklagte unterstelle lediglich ohne greifbare Anhaltspunkte, dass die Entscheidungen nicht im Rahmen von Gesellschafterversammlungen am Sitz der Klägerin zu 1) getroffen worden wären.
126Die Klägerin zu 1) hat am 26.08.2019 Klage erhoben.
127Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags vor, dass nur ein geringer Umfang an Entscheidungen und sonstigen Geschäftsführungstätigkeiten erforderlich gewesen seien, wie z.B. Betreuung von steuerlichen Angelegenheiten, Erteilung von Vollmachten und Abwicklung von Verträgen. Ihre gewöhnliche Geschäftstätigkeit beschränke sich auf die Verwaltung ihres Vermögens ohne Umschichtung. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei nicht auf die „Gesellschaftsstruktur als solche“ abzustellen, sondern auf die tatsächlich getroffenen Entscheidungen zu den Tagesgeschäften.
128Sie behauptet, der Zeuge H. habe entschieden, dass sie, die Klägerin zu 1) eine Vollmacht erstellt, mit der ihre Stimmrechte auf der Hauptversammlung der C. AG wahrgenommen werden konnten (Bl. 130 GA). Aus Gründen der Praktikabilität sei jedes Jahr eine separate Vollmacht erteilt worden (Bl. 222 GA).
129Wegen der mehrheitlichen Beherrschung der C. AG durch die K. AG sei die Willensbildung im Aufsichtsrat der C. AG unter koordinativer Federführung des Beteiligungsmanagements der K. AG vorbereitet worden. Alle anderen Konzerngesellschaften seien faktisch an die Entscheidungen der Konzernspitze gebunden gewesen (Bl. 202 GA).
130Der Zeuge H. sei im Jahr 2011 ohne Einschränkung als ihr Geschäftsführer benannt gewesen und habe sämtliche für ihr Tagesgeschäft erforderlichen Entscheidungen treffen können. Sonstige Mitarbeiter der K. AG seien nicht für sie geschäftsführend tätig geworden.
131Im Streitjahr seien keine Weisungen an den Zeugen H. erfolgt.
132Der Vorstand der K. AG habe als ihr vertretungsberechtigter Geschäftsführer im Streitjahr keine Entscheidungen getroffen, die ihr Tagesgeschäft betrafen.
133Der Vorstand der K. AG habe im Streitjahr nicht über den Bezug von Dienstleistungen (insbesondere Beteiligungsverwaltung, Steuerberatung) durch sie entschieden. Die aufgrund des konzernüblichen Ablaufs möglicherweise stillschweigend getroffene Entscheidung hierfür sei wahrscheinlich in ihrem ersten Geschäftsjahr und somit bereits vor Benennung des Zeugen H. gefallen.
134Im Übrigen seien Vorgaben des Vorstands der K. AG für Konzerngesellschaften (z.B. durch Konzernrichtlinien) oder eine ständige Praxis im Konzern nicht als Geschäftsführungsmaßnahmen für die davon betroffenen Konzerngesellschaften zu werten.
135Zwar habe sie wie jede Konzerngesellschaft Vorgaben der Konzernleitung zu beachten und damit die Interessen des K. Konzerns zu berücksichtigen. Diese selbstverständliche Tatsache ändere aber nichts daran, dass nicht die Geschäftsführer ihre Tagesgeschäfte wahrnahmen (Bl. 41 GA).
136Es sei zu differenzieren zwischen ihrer Gesellschafterstellung, aufgrund derer sie insbesondere die Dividenden vereinnahmt habe und den in Konzernen üblichen „virtuellen" Entscheidungsstrukturen. Wegen der Minderheitsanteile seien diese auch ohne wirtschaftliche Bedeutung (Bl. 221 GA).
137Der Zeuge H. habe wie seine Vorgänger die Vor- bzw. Zuarbeit des Beteiligungsmanagements der K. AG in Anspruch genommen.
138Im Wesentlichen sei es hierbei um die Vorbereitung der Beschlüsse über die Feststellung ihres Jahresabschlusses und der Teilnahme an der Hauptversammlung der C. AG bzw. der Gesellschafterversammlung der UQ. V. Gesellschaft mbH sowie der Erteilung einer Vollmacht zur Vertretung der Teilnahme an diesen Versammlungen gegangen. Besondere Kontrollhandlungen des Geschäftsführers H. seien im Streitjahr nicht erforderlich gewesen (Bl. 339 GA).
139Das Beteiligungsmanagement der K. AG habe nicht die laufende Kontrolle über ihr Vermögen übernommen, sondern lediglich die Administration der Vorgänge vorbereitet und begleitet, die ein Geschäftsführer einer offenen Handelsgesellschaft im Rechtsverkehr beachten müsse (Bl. 343 GA).
140Die Klägerin zu 1) beantragt,
141unter Aufhebung des Bescheides für 2012 über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags vom 29.06.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 24.07.2019 den Beklagten zu verpflichten, den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 durch Zuteilungsbescheid der Gemeinde X. zuzuteilen,
142hilfsweise, die Revision zuzulassen.
143Die Klägerin zu 2) beantragt,
144den Bescheid über die Bekanntgabe der Zerlegung des Gewerbesteuer-messbetrages für das Jahr 2012 vom 29.06.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.07.2019 aufzuheben.
145Der Beklagte beantragt,
146die Klagen abzuweisen,
147hilfsweise, die Revision zuzulassen.
148Die Beigeladene zu 2) beantragt,
149die Klage abzuweisen,
150hilfsweise, die Revision zuzulassen.
151Die Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.
152Der Beklagte meint unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags, dass für die Beurteilung der tatsächlichen Geschäftsführung der Gesellschafter auf die Gesellschaftsstruktur als solche abzustellen sei.
153Als solche sei im Fall von vermögensverwaltenden Gesellschaften die Entscheidung über Anlagen(Ankauf/Verkauf), die Kontrolle der Anlagen und die Wahrnehmung der mit den Anlagen im Zusammenhang stehenden Rechten zu klassifizieren. Für sämtliche aufgezählte Tätigkeiten bedürfe es gerade keines Beschlusses der Gesellschafter im Sinne des § 116 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB).
154Ob tatsächliche Anlageentscheidungen getroffen werden, könne keinen Einfluss darauf haben, wie die Geschäftsführung bestimmt werde.
155Die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung müsse durch eine allgemeine Betrachtung der Tätigkeit der Gesellschaft an Hand ihres Gesellschaftszweckes und gesellschaftsrechtlichen Aufbaus durchgeführt werden. Ansonsten käme es zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Bestimmung des Ortes der geschäftlichen Oberleitung.
156Das Gericht hat die Klage der Klägerin zu 2) mit Beschluss vom 23.12.2019 mit der Klage der Klägerin zu 1) unter dem Aktenzeichen 8 K 2364/19 verbunden.
157Das Gericht hat mit Beschlüssen vom 12.01.2023 die Städte W. und T. zum Verfahren beigeladen.
158Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2023 H., VN., YN. und BI. als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 10.08.2023 verwiesen.
159Entscheidungsgründe
160A. Der Klageantrag der Klägerin zu 1) ist als Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Var. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaft.
161Der Klageantrag berücksichtigt, dass sich das Rechtsschutzbegehren der Klägerin zu 1) auf die Zuteilung des Gewerbesteuermessbetrags zur Gemeinde X. richtet.
162Die Entscheidung des Finanzamtes T. über die Zerlegung der Steuermessbeträge enthält zugleich die Ablehnung, den Steuermessbetrag der Gemeinde X. zuzuteilen. Aus Gründen der Verfahrensökonomie und des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen Zerlegungs- und Zuteilungsverfahren ist insoweit ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren gemäß § 44 Abs. 1 FGO für das Zuteilungsverfahren nicht erforderlich (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht --FG-- Urteil vom 20.10.2009 15 K 30359/06, EFG 2010, 386, Rz. 33 ff. (juris); Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 165. Lieferung 04/2021, § 190 AO Rz 1; Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler: AO/FGO, 268. Lieferung 05/2022, § 190 AO Rz 11).
163B. Der angefochtene Bescheid über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2012 vom 29.06.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.07.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen zu 1) und 2) in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit der Beklagte entschieden hat, dass der Stadt W. ein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zuzuteilen ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Insbesondere ist der Gemeinde X. kein Gewerbemessbetrag der Klägerin zu 1) zuzuteilen. Die Klägerin zu 1) unterhielt im Streitjahr in der Stadt T. eine Betriebsstätte einschließlich der Stätte der Geschäftsleitung, welcher ungeachtet der Betriebsstätte in X. der gesamte Gewerbeertrag zuzuordnen ist.
164I. Nach § 28 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist der einheitliche Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden. Die Klägerin unterhielt im Streitjahr jeweils in T. und X. eine Betriebsstätte.
165Für die Bestimmung des Begriffs der Betriebsstätte in § 28 Abs. 1 GewStG gilt die Definition in § 12 AO (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 05.11.2014 IV R 30/11, BFHE 248, 81, BStBl II 2015, 601, Rz 26, m.w.N.).
166Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.
167Die Stätte der Geschäftsleitung gehört nach § 12 Satz 2 Nr. 1 AO zu den Orten, die insbesondere als Betriebsstätte anzusehen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erweitert der Satz 2 des § 12 AO die Definition einer Betriebsstätte dergestalt, dass eine Betriebsstätte nicht notwendigerweise eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage voraussetzt (BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 33, m.w.N.). Diese kann sich auch in den fremden Räumen eines Dritten (Geschäftsleiters) befinden. Die Geschäftsleitung ist notwendiger Teil jeder gewerblichen Aktivität. Jedes gewerbliche Unternehmen hat somit zumindest eine, am Ort der Geschäftsleitung zu lokalisierende Betriebsstätte, welcher im Zweifel und bei Fehlen einer anderweitigen zusätzlichen Betriebsstätte der gesamte Unternehmensgewinn zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 20.12.2017 I R 98/15, BFHE 260, 169, Rz 30, m.w.N.).
168Bei einer Personengesellschaft ist es unerheblich, ob die Verfügungsmacht bei ihr oder einem ihrer Gesellschafter liegt. Die Verfügungsbefugnis des Gesellschafters muss sich die Personengesellschaft zurechnen lassen (BFH-Urteile vom 26.02.1992 I R 85/91, BFHE 168, 52, BStBl II 1992, 937 [Rz 11]; und vom 02.12.1992 I R 165/90, BFHE 170, 224, BStBl II 1993, 577 [Rz 21]; statt vieler Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 158. Lieferung 10/2019, § 12 AO Rz 13).
169Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 AO eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Für die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann. Es reichen weder eine tatsächliche Mitbenutzung noch die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit (BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 17, m.w.N.).
170Diese Rechtsposition muss jedoch weder ausdrücklich vereinbart noch auf einen bestimmten Raum oder Arbeitsplatz bezogen sein. Es genügt, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur Verfügung gestellt wird.
171Der BFH hat es im Einzelfall als entbehrlich angesehen, dass die Zurverfügungstellung eines Raumes auf einem speziellen Vertrag beruht und stattdessen eine nur allgemeine rechtliche Absicherung zur Annahme einer Betriebsstätte genügen lassen, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen sei, dass dem Steuerpflichtigen zumindest ein bestimmter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestanden habe und seine Verfügungsmacht darüber auch nicht bestritten werde (BFH-Urteil vom 23.05.2002 III R 8/00, BFHE 198, 325, BStBl II 2002, 512 [Rz 20, m.w.N.])
172Bei entsprechender tatsächlicher dauerhafter Nutzungsmöglichkeit kann auch gänzlich auf eine rechtliche Absicherung verzichtet werden (siehe hierzu BFH-Urteil vom 14.07.2004 I R 106/03, BFH/NV 2005, 154 [Rz 13], zum Ganzen Glatz, Die Unternehmensbesteuerung 2022, 560, 562).
173Die entsprechenden Räume dienen der Tätigkeit des Unternehmens, wenn dort gewisse Betriebshandlungen, seien es auch verhältnismäßig nebensächliche und untergeordnete, stattfinden. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Geschäftsleitung dort abspielt (BFH-Urteil vom 10.05.1961 IV 155/60 U, BStBl III 1961, 317 [Rz 12]).
174Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin zu 1) in den Räumen der K. AG in T. eine Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 AO, an dem der Vorstand der K. AG und die von ihm beauftragten Mitarbeiter des Beteiligungsmanagement und der Steuerabteilung der K. AG für die Klägerin zu 1) tätig wurden (hierzu ausführlich sogleich).
175Ferner hat die Klägerin zu 1) in X. eine Betriebsstätte nach § 12 Satz 1 AO unterhalten.
176Zwar hat die Klägerin zu 1) entgegen der Behauptung während der Betriebsprüfung (undatierte Stellungnahme, Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung) dort keine Räumlichkeiten angemietet. Es wurde weder ein Mietvertrag mit der RM. X. GmbH abgeschlossen, noch wurden in X. weitere Verträge für die Klägerin zu 1) abgeschlossen (Miete, Telefon etc.; so noch Mitteilung von K. DZ. vom 18.11.2014, Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung).
177Ebenso hat die Klägerin zu 1) weder eine Kostenumlage an die RM. X. GmbH gezahlt noch hatte der Geschäftsbetrieb irgendetwas mit dem Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 1) gemeinsam (zu diesen Punkten BFH-Urteil vom 18.03.2009 III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457 [Rz 17]).
178Es besteht auch keine Personenidentität der Leitungsorgane. Weder der Zeuge H. noch ein Vorstand der K. AG ist Organ der RM. X. GmbH.
179Gleichwohl ist auf Grund der tatsächlich dauerhaften Nutzung der Büroräume der RM. X. GmbH durch den Zeugen H. und dem Umstand, dass es sich hierbei um eine Tochtergesellschaft der K. AG als Gesellschafterin der Klägerin zu 1) handelt, davon auszugehen, dass die Klägerin zu 1), vermittelt durch die K. AG, über die hinreichende Verfügungsmacht verfügte.
180Im Übrigen erfolgte die Nutzung der Räume für die Klägerin zu 1) nach der Aussage des Zeugen H. im Einverständnis mit PC., dem damaligen kaufmännischen Geschäftsführer der RM. X. GmbH.
181Daneben befand sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung in den Räumen der K. AG in T.. Der maßgebliche Wille der zur Geschäftsführung der Klägerin zu 1) befugten Personen wurde bezüglich des Tagesgeschäfts der Klägerin zu 1) in T. gebildet.
182§ 10 AO definiert die "Geschäftsleitung" als den "Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung". Nach der Rechtsprechung des BFH ist dies der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird und die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden (BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 35, m.w.N.).
183Entscheidend ist, an welchem Ort die für die Klägerin zu 1) vorzunehmenden Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, sowie solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören ("Tagesgeschäfte"), tatsächlich wahrgenommen wurden.
184Regelmäßig ist das der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen (zu diesem Kriterium zuletzt BFH-Beschluss vom 03.04.2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445, [Rz 14, m.w.N.]) und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte) (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 29.11.2017 I R 58/15, BFHE 260, 209, Rz 21).
185Für Personengesellschaften bedeutet dies, dass sich der Mittelpunkt der Geschäftsleitung regelmäßig dort befindet, wo die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende Geschäftsführertätigkeit entfalten (zuletzt BFH-Urteile vom 29.11.2017 I R 58/15, BFHE 260, 209, Rz 21; und vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 24] zur entsprechenden Anwendbarkeit auf die OHG).
186Geschäftsführungsbefugte Vertreter der Klägerin zu 1) waren der Vorstand der K. AG und der Zeuge H..
187Bei einer OHG sind grundsätzlich alle Gesellschafter vertretungsberechtigt, der Gesellschaftsvertrag kann jedoch etwas Anderes bestimmen (§ 125 Abs. 1 HGB). Ist --wie hier-- letzteres der Fall, sind die Verhältnisse bei den nicht ermächtigten Gesellschaftern nur dann bedeutsam, wenn sie die laufenden Geschäfte maßgebend beeinflussen (BFH-Urteile vom 29.04.1987 X R 6/81, BFH/NV 1988, 63 [Rz 17]; und vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 25]).
188Zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin zu 1) waren kraft Gesetzes die Vorstände der K. AG als ihre gesetzlichen Vertreter berechtigt und verpflichtet.
189Juristische Personen als geschäftsführende Gesellschafter üben Geschäftsführungs-und Vertretungsrechte durch ihre organschaftlichen Vertreter aus (Rawert, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 114 HGB Rz 37, m.w.N.; Roth, in: Hopt, 42. Aufl. 2023, § 114 HGB Rz 4). Bei einer Aktiengesellschaft als Gesellschafterin ist dies der handelnde Vorstand, wenn er die Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt (Tagesgeschäfte), tatsächlich wahrnimmt. (BFH-Urteil vom 12.02.2004 IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602 [Rz 52]).
190Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft kann auch dort liegen, wo sie die laufende Kontrolle über ihr Vermögen ausübt, wo sie ihre Wertpapiere verwahrt oder wo sie ihre Steuererklärungen anfertigt bzw. unterschreibt, wenn sie nur an keinem anderen Ort gewichtigere Entscheidungen trifft (BFH-Urteil vom 07.12.1994 I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175 [Rz 30]).
191Zum Tagesgeschäft der Klägerin zu 1), bei der es sich um eine vermögensverwaltende Gesellschaft handelt, gehört die Erstellung, Unterzeichnung und Abgabe von Steuererklärungen, die Prüfung von Steuerbescheiden, Begleitung von steuerlichen Betriebsprüfungen, Prüfung der Steuerbescheinigung der Beteiligungsgesellschaften, Erteilung von Vollmachten, Abschluss und Kündigung von Verträgen, Beauftragung von Serviceleistungen sowie Kontaktpflege mit der CD., der Bank und der Gemeindeverwaltung vor Ort, Prüfung der CD.-Bescheide und Erstellung von Zahlungsanweisungen, die laufende Kontrolle über die Beteiligungen an der C. AG und der UQ. V. mbH, sowie die Verwaltung von Forderungen (Darlehen und Cash Management) gegenüber der K. AG. Der Senat teilt insoweit die von der Klägerin zu 1) vorgetragene Selbsteinschätzung bzw. –qualifikation (Bl. 36 GA).
192Der Umstand, dass die Beteiligungen ohne das Ziel der Einflussnahme auf die Gesellschaften gehalten wurden, führt nicht dazu, dass es sich bei der verbleibenden Kontrolle hierüber nicht um das Tagesgeschäft der Klägerin zu 1) handeln würde. Denn ihre wesentliche Tätigkeit war schon nach ihrem Gesellschaftszweck die Verwaltung ihres Vermögens.
193Entgegen der Auffassung des Beklagten gehören zum Tagesgeschäft hingegen weder der Erwerb neuer noch die Veräußerung vorhandener Beteiligungen.
194Auch der Umstand, dass die Gesellschafter die Einbindung der Klägerin zu 1) in die K. Konzernfinanzierung beschlossen haben, führt nicht dazu, dass deshalb der Ort der geschäftlichen Oberleitung am Ort der Gesellschafter läge.
195Mit den Tagesgeschäften sind diejenigen Geschäfte gemeint, die in die alleinige Zuständigkeit des Geschäftsführers fallen und keines Gesellschafterbeschlusses bedürfen.
196Nicht entscheidend sind hingegen diejenigen Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere die Festlegung der Grundsätze der Unternehmenspolitik und die Mitwirkung der Inhaber des Unternehmens an ungewöhnlichen Maßnahmen und an Entscheidungen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung betreffen.
197Ist der Geschäftsführer verpflichtet, zu bestimmten Geschäften --i.S. der "über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehenden" Handlungen i.S. des § 164 HGB-- die Beschlussfassung der Gesellschafter einzuholen, so ist ein derartiger Vorbehalt nicht geeignet, den mehr durch das Tagesgeschäft als durch die gesellschaftsrechtlichen Kontroll- oder Weisungsbefugnisse bestimmten Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung vom Geschäftsführer auf die Gesellschafter zu verlagern (zuletzt BFH-Urteil vom 29.11.2017 I R 58/15, BFHE 260, 209, Rz 21, m.w.N.).
198Bei der Beurteilung sind maßgebend die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls wie Art, Umfang, Struktur und Eigenart des Unternehmens zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 35, m.w.N.).
199Zum einen richtet sich die Bestimmung des Tagesgeschäfts nach dem tatsächlich wahrgenommenen Zweck der Gesellschaft. Nach der Rechtsprechung kommt es bei vermögensverwaltenden Gesellschaften ausdrücklich darauf an, wo diese gewichtige Entscheidungen trifft (BFH-Urteil vom 07.12.1994 I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175 [Rz 30]). Dies entspricht auch der obergerichtlichen Zivilrechtsprechung und Literatur zur Definition des Tagesgeschäfts (Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 29.07.2005 11 U 286/04, Die Aktiengesellschaft 2006, 48, unter II. 2. a) bb); Roth, in: Hopt, 42. Aufl. 2023, § 116 Rz 1, Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 116 Rz 10). Hierfür spricht auch, dass für die Abgrenzung auf die konkreten Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaft im Wege der einzelfallbezogenen Betrachtungsweise abzustellen ist (Schäfer, in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 116 Rz 4; Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 116 Rz 10).
200Die tatsächlich von der Klägerin zu 1) ausgeübten Tätigkeiten bestanden --was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist-- nur im Halten und Verwalten der Beteiligungen.
201Soweit der Beklagte unter Verweis auf M. Frotscher (in: Schwarz, Stand 19.05.2016, § 12 AO Rz 28a) meint, dass zum Tagesgeschäft einer Holdinggesellschaft Anlageentscheidungen gehören, gilt dies nicht im vorliegenden Fall. Die Autorin bezieht sich ausdrücklich auf einen Sachverhalt (BFH-Urteil vom 24.08.2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764) in dem der erklärte und tatsächliche Gesellschaftszweck in kleineren und größeren Buy-outs in der Form des Management Buy-out sowie Leveraged Buy-out mit offensiven Finanzierungen und risikobehaftete Kaufgelegenheiten bestand (dort Rz 5). Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin zu 1) mit einer solchen Gesellschaft nichts gemeinsam hat.
202Soweit sich der Beklagte auf Hutter (in Brandis/Heuermann, 160. EL Dezember 2021, EStG § 18 Rz 203, nunmehr Valta, 163. EL August 2022, a.a.O.) beruft, ergibt sich daraus nur, dass der Zweck einer vermögensverwaltenden Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaftsanteilen besteht. Welches Organ der Gesellschaft hierüber zu entscheiden hat, ergibt sich aus der Fundstelle nicht.
203Selbst wenn sich die Ausweitung durch weitere Investitionen innerhalb des Unternehmensgegenstands gehalten hätte, würde es sich dabei zumindest um ein außergewöhnliches Geschäft im Sinne des § 114 Abs. 2 HGB handeln, welches die Zustimmung der Gesellschafter erfordert hätte (Roth, in: Hopt, 42. Aufl. 2023, § 116 Rz 2; Schäfer, in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 116 Rz 9 und 15; Lieder, in: Oetker, 7. Aufl. 2021, HGB § 116 Rz 8 Erweiterungsinvestitionen, die über den bisherigen Geschäftsbetrieb hinausgehen; Drescher, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 4. Aufl. 2020, § 116 HGB Rz 6; Jickeli, in MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 116 Rz 23).
204Dass die Ausweitung durch neue Investitionen bereits den bisherigen Planungen entsprochen hätte und damit ein gewöhnliches Geschäft gewesen wäre (siehe zu einer solchen Fallgestaltung FG Hamburg Urteil vom 16.02.2016 2 K 54/13, juris Rz 57-58, nicht abgedruckt in EFG 2016, 747 rkr.; ebenso Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, HGB § 116 Rz 23), ist angesichts der tatsächlichen Entwicklung und den nicht vorhandenen Mitteln hierzu weder vorgetragen noch ersichtlich.
205Auch die Veräußerung von Vermögenswerten, die sich als Grundlage des Betriebs darstellen, stellt ein außergewöhnliches Geschäft dar (Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 116 Rz 23; ähnlich zur Bedeutung der Beteiligung für die Gesellschaft Klimke, in: BeckOK HGB, 35. Ed. 15.1.2023, § 116 Rz 10; Lieder, in: Oetker, 7. Aufl. 2021, § 116 Rz 8 „Kronjuwelen“).
206Gleiches gilt, wenn ein Vermögensgegenstand im Vergleich zum Restvermögen oder der sonstigen Tätigkeit einen ungewöhnlich hohen Wert aufweist (Kammergericht Berlin Urteil vom 08.03.2007 23 U 65/06, juris Rz 31 ff., bestätigt durch Bundesgerichtshof Beschluss vom 02.06.2008 II ZR 67/07, juris; zustimmend Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 116 Rz 23; Lieder, in: Oetker, 7. Aufl. 2021, § 116 HGB Rz 8).
207Ferner gehören auch die Finanzierung und das Eingehen von Verbindlichkeiten zum Erwerb von Beteiligungen nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 1).
208Vielmehr handelt es sich bei Kreditgeschäften von besonderer Tragweite (Lieder, in: Oetker, 7. Aufl. 2021, HGB § 116 Rz 8) um ein außergewöhnliches Geschäft.
209Dies gilt jedenfalls für solche Veränderungen, die --wie vom Beklagten vorgebracht-- auf das Ausscheiden aus der Konzernfinanzierung gerichtet wären. Hierbei würde es zu einem gänzlich veränderten Risikoprofil der Klägerin zu 1) kommen, bei welcher die gemäß § 128 Abs. 1 HGB persönlich haftenden Gesellschafter unmittelbar fremden Dritten gegenüberstünden. Art und Umfang dieser Veränderung wären damit nicht allein wie der Beklagte meint auf günstigere Zinskonditionen beschränkt.
210Aus diesem Grund ist es entgegen der Meinung des Beklagten auch unschädlich, dass der Zeuge H. nicht frei über die laufenden Erträge der Klägerin zu 1) verfügen konnte. Abgesehen davon, dass die Klägerin zu 1) nur zwei Mal jährlich über Erträge durch die Gewinnausschüttung bei der UQ. V. Gesellschaft mbH und der Dividende der C. AG verfügte, ist die Entscheidung, ob Erträge thesauriert, reinvestiert oder ausgeschüttet werden eine Entscheidung der Gesellschafter („Schwerpunkt der kautelarjuristischen Vertragsgestaltung“, Priester, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, § 122 Rz 49).
211Für den Senat steht auf Grundlage des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung fest, dass die wesentlichen Entscheidungen im so umgrenzten Tagesgeschäft vom Vorstand der K. AG und dem von ihm beauftragten Beteiligungsmanagement und der Steuerabteilung in T. getroffen wurden. Dies ergibt sich aus der konkreten Organisationsstruktur der Klägerin zu 1) in Verbindung mit den konkreten Tätigkeiten im Streitjahr.
212Ausgehend von der gefestigten Rechtsprechung des BFH zum Ort der Geschäftsleitung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft ist der Senat davon überzeugt, dass die funktionsmäßig wesentlichen Geschäftsleitungsaufgaben nicht bzw. nur in einem untergeordneten Umfang von dem in X. tätigen Zeugen H., sondern ganz überwiegend vom Vorstand der K. AG bzw. der von ihm beauftragten Mitarbeiter in T. übernommen wurden. Dass der Zeuge H. auf die Frage nach der Aufgabenabgrenzung zwischen ihm und dem Beteiligungsmanagement in zwei Antworten fünf Mal das Wort „Tagesgeschäft“ zur Beschreibung seiner Tätigkeit verwendet hat, führt nicht dazu, dass der Senat seine rechtliche Einschätzung teilt.
213Hinsichtlich des Vorstands der K. AG ist zwischen seiner Stellung als Organ der Gesellschafterin der Klägerin zu 1) einerseits und seiner organschaftlichen Stellung als vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin zu 1) anderseits zu differenzieren.
214Die Gesellschafter der Klägerin zu 1) haben in § 4 des Gesellschaftsvertrags geregelt, dass Entscheidungen der Gesellschafter zwingend --nicht notwendig einheitlich-- durch alle Gesellschafter zu treffen sind.
215Die vom Vorstand der K. AG getroffenen Entscheidungen sind danach Ausfluss ihrer Stellung als vertretungsbefugte Geschäftsführer der Klägerin zu 1), soweit sie nicht in Form eines Gesellschafterbeschlusses getroffen wurden. Entsprechende Gesellschaftsbeschlüsse, die das Tagesgeschäft der Klägerin zu 1) im Streitjahr betreffen, wurden jedoch weder im Streitjahr noch den Vorjahren getroffen (Bl. 339 f. GA).
216Vorliegend geht es darum, ein bestimmtes tatsächliches, organisatorisches und rechtsgeschäftliches Handeln bestimmten Personen in ihrer Doppelrolle zuzuordnen.
217Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH, wonach es für den Ort der Geschäftsleitung nur auf die tatsächlichen, nicht auf die rechtlichen Verhältnisse ankommt (BFH-Urteil vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 40]; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 171. Lieferung 07/2022, § 10 AO Rz 1). Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen sind damit nicht entscheidend.
218Mangels anderer Anknüpfungspunkte muss deshalb an die von den Gesellschaftern gewählte Aufgabenverteilung angeknüpft werden.
219Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Vorstand der K. AG gegen den Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) verstoßen wollte. Vielmehr spricht alles dafür, dass er die ihm nach Gesellschaftsrecht und Vertrag obliegende laufende Geschäftsführung in seiner Rolle als vertretungsbefugter Geschäftsführer und nicht Gesellschafter ausgeübt hat.
220Der Senat ist insbesondere nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der K. AG der rechtliche Unterschied auch klar war. Der Zeuge VN. hat ausgesagt, dass die vom Beteiligungsmanagement verwendeten Vorlagen gesellschaftsrechtlich geprüft wurden. Es kann nicht unterstellt werden, dass der Vorstand der K. AG im Widerspruch gegen den Gesellschaftsvertrag eine Regelung als Gesellschafter treffen wollte, wenn er die Regelung zulässigerweise nur als geschäftsführungsbefugter Vertreter treffen konnte.
221Unschädlich ist schließlich, dass der Zeuge YN. ausgesagt hat, dass er bis zur Ladung zur mündlichen Verhandlung keine Kenntnis von der Existenz von der Klägerin zu 1) gehabt habe. Der Vorstand der K. AG hat das Beteiligungsmanagement und die Steuerabteilung der K. AG eingerichtet und im Streitjahr kontrolliert und überwacht. Dies sind keine freischwebenden, „virtuellen Entscheidungsstrukturen“ wie die Klägerin zu 1) behauptet, sondern die tatsächlichen und im Streitjahr maßgeblichen. Im Verhältnis zur Klägerin zu 1) stellt sich damit allein die Frage, ob sie dem Vorstand der K. AG in seiner Rolle als Gesellschafter oder Geschäftsführer der Klägerin zu 1) zugerechnet werden können.
222Unerheblich ist auch, dass die K. AG einen Fremd-Geschäftsführer bestimmt hat. Zwar kann die Geschäftsführung ungeachtet des Grundsatzes der Selbstorganschaft auch auf fremde Dritte übertragen werden (BFH-Urteil vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 40]; vom 12.02.2004 IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602 [Rz 58]).
223Da es in diesem Zusammenhang auf die tatsächlichen Gegebenheiten ankommt, schließt die Benennung des Zeugen H. als Fremd-Geschäftsführer es aber nicht aus, dass der Vorstand der K. AG in seiner Rolle des ihm unentziehbaren vertretungsbefugten Geschäftsführers weiterhin Entscheidungen bezüglich des Tagesgeschäfts der Klägerin zu 1) trifft.
224Diese Sichtweise steht auch nicht im Widerspruch zu der von der Klägerin zu 1) zitierten Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 07.12.1994 I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175 [Rz 35]), wonach es für den Ort der Geschäftsleitung unschädlich ist, wenn die Mutter-Kapitalgesellschaft für ihre Tochter-Kapitalgesellschaft Konzepte entwickelt und letztere diese umsetzt. Denn der dortige Fall betraf eine Kapitalgesellschaft, bei welcher die Gesellschafter nicht kraft Gesetzes und Gesellschafter-Vertrag geschäftsführungsbefugte Vertreter waren (Kessler/Müller, Zeitschrift für europäische und internationale Steuer- und Wirtschaftsberatung --IStR-- 2003, 361, 368; nicht differenzierend hingegen Peters, Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht 2022, 265, 268). In diesem Fall stellt sich die hier zu beantwortende Frage der Doppelrolle von vornherein nicht.
225Ferner ergibt sich aus den weiteren Ausführungen des BFH, dass die dortige Konzepterstellung --wenn sie denn stattgefunden hat-- der Einschaltung der Tochterkapitalgesellschaft vorgelagert und Teil des Tagesgeschäfts der Mutter-Kapitalgesellschaft gewesen wäre. Um einen solchen Fall geht es hier aber nicht. Denn die hier interessierenden Tätigkeiten sind das Tagesgeschäft der Klägerin zu 1).
226Entscheidend ist, dass die hier in Rede stehenden Entscheidungen der K. AG unter den Begriff der geschäftlichen Oberleitung fallen und für Rechnung der Klägerin zu 1) getroffen wurden (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.1994 I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175 [Rz 32]).
227Damit sind die von der Klägerin zu 1) beschriebenen, „in Konzernen üblichen „virtuellen“ Entscheidungsstrukturen“ (Bl. 221 GA) hier die tatsächlichen Entscheidungsstrukturen, da der Konzernvorstand der K. AG unmittelbar geschäftsführungsbefugter Vertreter der Klägerin zu 1) ist.
228Es kommt damit für die Beurteilung des Ortes der Geschäftsleitung der Klägerin zu 1) darauf an, ob tatsächlich einer oder mehrere der in T. ansässigen Vorstände das Tagesgeschäft der Klägerin zu 1) maßgeblich beeinflusst haben.
229Hingegen sind die Arbeitnehmerstellung des Zeugen H. und seine faktische Weisungsgebundenheit für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung irrelevant. Die Annahme des Beklagten basiert auf der Vorstellung, dass der Fremd-Geschäftsführer als Angestellter der K. AG faktisch weisungsgebunden war und allein aus diesem Grund keinen eigenen Entscheidungsspielraum hatte.
230Selbst wenn das zutreffen sollte, kommt es hierauf nicht an. Ebenso gut wie die Vorstände K. AG die Geschäftsführung der Klägerin zu 1) übernehmen konnten, konnten sie einen Fremd-Geschäftsführer aus ihrem Konzern bestellen. Gerade die gesellschaftsrechtliche und arbeitsrechtliche Einflussmöglichkeit zeigt, dass es ständiger arbeits- und gesellschaftsrechtlicher Eingriffe in die laufende Geschäftsführung nicht bedurfte, um eine ordentliche Geschäftsführung sicherzustellen.
231Indes lässt sich nur durch die Unterscheidung zwischen konkret ausgeübter Geschäftsführung einerseits und abstrakter Weisungsbefugnis andererseits der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung hinlänglich genau festlegen (hierzu bereits BFH-Urteil vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 56]).
232Bei der Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung ist darauf abzustellen, wo die wichtigen Entscheidungen der laufenden Geschäftsführung regelmäßig getroffen werden. Das Gericht kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs.1 Satz 1 FGO) aus dem Umstand, dass eine Gesellschaft an einem bestimmten Ort Einrichtungen für Zwecke der Geschäftsleitung schafft und dass ihre zur Vertretung berufenen Geschäftsführer von diesem Ort aus regelmäßig tätig werden, auf den Ort der Geschäftsleitung der Gesellschaft schließen. Hierfür spricht ein Beweis des ersten Anscheins (BFH-Urteil vom 07.12.1994 I K 1/93, BFHE 176, 253, BStBl II 1995, 175 [Rz 34]).
233Gleichwohl ist der Ort des Sitzes eines Unternehmens nur dann --auch-- Ort der Geschäftsleitung, wenn eine tatsächliche, örtliche Verknüpfung mit der Geschäftsführung des Unternehmens i.S.d. § 10 AO besteht (BFH-Urteil vom 21.09.1989 V R 55/84, BFH/NV 1990, 353 [Rz 9]; Musil, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler: AO/FGO, 260. Lieferung 10/2020, § 10 AO Rz 36).
234In organisatorischer Hinsicht ist festzustellen, dass die Vorstände der K. AG in ihrer Doppelfunktion als Gesellschafter-Geschäftsführer dem Zeugen H. als Fremd-Geschäftsführer gleichsam übergeordnet sind. Dies ergibt sich sowohl aus der abstrakt-generell gesetzlichen Regelung zum Grundsatz der Selbstorganschaft der Personengesellschaft als auch aus der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit des Zeugen H. (zu letzterem Kriterium siehe insbesondere BFH-Urteil vom 12.02.2004 IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602 [Rz 58]).
235Auch kann nicht daran vorbeigesehen werden, dass der Zeuge H. hierarchisch als Angestellter einer Tochtergesellschaft der K. AG dessen Vorstand unterstellt ist. Dies ist geeignet, den Schluss zu rechtfertigen, dass der Vorstand der K. AG der leitende Geschäftsführer war (BFH-Beschluss vom 07.09.1993 VII B 169/93, BFH/NV 1994, 193 [Rz 8]; zur Berücksichtigung des Rangverhältnisses bereits RFH-Urteil vom 02.07.1936 III A 86/36, RFHE 39, 305, RStBl 1936, 779).
236Als Indiz für den Ort der Geschäftsleitung kann ferner berücksichtigt werden, ob der Fremd-Geschäftsführer der Gesellschaft ein eigenes Gehalt für seine Tätigkeit bezogen hat (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 52]) oder zumindest eine Verrechnung innerhalb des Konzerns stattgefunden hat.
237Vorliegend ist festzustellen, dass die Klägerin zu 1), die K. AG und die RM. X. GmbH der Leistung des Zeugen H., seiner Assistentin FK. und der Raumnutzung in X. keinen Wert beigemessen haben. So hat auch der Zeuge H. ausgesagt, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ohne Komplikationen neben seiner beruflichen Haupttätigkeit erledigt werden konnte. Daraus schließt der Senat, dass die Klägerin zu 1) selbst nicht davon ausgegangen sind, dass die Leistungen der Personen oder die Raumnutzung zu einem messbaren wirtschaftlichen Vorteil bei der Klägerin zu 1) geführt haben bzw. zu einem Vermögensnachteil bei der K. RO. AG bzw. dem RM. X. GmbH.
238Hingegen musste die Klägerin zu 1) für das Rechnungswesen an die K. IT. GmbH, ebenfalls eine Tochtergesellschaft der K. AG, im Streitjahr eine Verwaltungskostenpauschale von insgesamt ... € zahlen. Insoweit wurde ausdrücklich von der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeit (hierzu z.B. Roth, in: Hopt, 42. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz 21) Gebrauch gemacht, einen separaten Dienstleistungsvertrag abzuschließen.
239Zwar mag es generell sein, dass Zahlungen innerhalb des Konzernverbundes nicht stets marktgerecht abgerechnet werden. Indes handelte es sich bei der Klägerin zu 1) nicht um eine reine Konzerngesellschaft. Mittelbar befanden sich die Anteile der zweiten Gesellschafterin nämlich zu 10,13 % im Besitz der öffentlichen Hand und im Streubesitz. Daher waren die Vorstände der K. AG gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes (AktG) bzw. der Geschäftsführer der RM. X. GmbH gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) dazu verpflichtet gewesen, eine entsprechende Verwaltungspauschale oder ähnliche Ausgleichsregelung zu treffen. Die Verpflichtung zur Vergütung nach Marktbedingungen wird im Übrigen von der Klägerin zu 1) im Zusammenhang mit der Konzernfinanzierung ausdrücklich betont (Bl. 50 GA).
240Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass weder die Steuerabteilung noch das Beteiligungsmanagement der K. AG für ihre Tätigkeit von der Klägerin zu 1) ein Entgelt bezogen haben. Denn diese, nach dem Gesellschaftsvertrag als Teil der Geschäftsführung i.S.d. § 114 HGB von der K. AG zu erbringenden Dienste, sind von der Klägerin zu 1) mangels gesonderter Vereinbarung nicht gesondert zu vergüten. Entgelt ihrer Arbeit (wie ihres Kapitaleinsatzes) ist im Zweifel nur ihre Gewinnbeteiligung (Roth, in: Hopt, 42. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz 19, Jickeli, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2022, HGB § 114 Rz 77, jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung).
241Im Übrigen sind in W. keine zur Vertretung berufenen Geschäftsführer für die Klägerin zu 1) tätig geworden, noch unterhielt diese dort Räumlichkeiten.
242Insbesondere kommt es nicht darauf an, dass die R. GmbH aufgrund der Mehrheitserfordernisse an bestimmten Entscheidungen beteiligt ist. Hierbei handelt es sich insgesamt nicht um das Tagesgeschäft der Klägerin zu 1). Im Übrigen weist die Klägerin zu 1) zutreffend daraufhin, dass nichts dafür ersichtlich sei, dass die Entscheidungen der R. GmbH für die Klägerin zu 1) in W. getroffen worden wären. Etwas Anderes hat auch der Beklagte nicht behauptet.
243Die wesentlichen Entscheidungen im Tagesgeschäft der Klägerin zu 1. (z.B. Fertigung von Steuererklärungen; laufende Kontrolle über das Vermögen) --auch wenn sie mit Rücksicht auf die Art der (vermögensverwaltenden) Tätigkeit der Klägerin zu 1) keinen großen Umfang eingenommen haben-- wurden entscheidend und maßgeblich von dem in T. ansässigen Vorstand der K. AG, namentlich dem Zeugen YN. und dem Finanzvorstand, sowie den vom ihnen beauftragten Mitarbeitern der K. AG in T., unter anderem von den Zeugen VN. und BI. bzw. deren Mitarbeitern, erledigt.
244Der Zeuge YN. hat ausgesagt, die Aufgabe des von ihm eingerichteten Beteiligungsmanagement sei es gewesen, ihm „dabei zu helfen, die vielen Beteiligungen […] zu führen“. Gleichzeitig habe das Beteiligungsmanagement auch andere Bereiche mitunterstützt in dem Sinne, dass man die gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Fragen auch dann mit den Gesellschaften geklärt hat.
245Dabei hat der Zeuge YN. insbesondere betont, dass Grundsatzentscheidungen im Vorstand getroffen wurden und das Beteiligungsmanagement ausführende und unterstützende Aufgaben für ihn hatte.
246Die Behauptung der Klägerin zu 1), das Beteiligungsmanagement der K. AG habe „die Administration der Vorgänge vorbereitet und begleitet, die ein Geschäftsführer einer offenen Handelsgesellschaft im Rechtsverkehr beachten muss“ (Bl. 343 GA) lässt bereits die Frage offen, welchen eigenen Entscheidungsspielraum der Zeuge H. in diesem Bereich hätte haben sollen. Die Aussage des Zeugen YN. lässt aus Sicht des Senats keinen Zweifel daran aufkommen, dass alle Entscheidungen in Bezug auf die Beteiligungen der Klägerin zu 1) auf Grundlage der Entscheidung des Vorstands der K. AG durch das von ihm beauftragte Beteiligungsmanagement erfolgen sollten.
247Ein Wahlrecht oder Entscheidungsspielraum ist jedenfalls in Bezug auf den Zeugen H. nicht erkennbar.
248Soweit der Zeuge H. auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1) ausgesagt hat, dass er die vorgelegten Unterlagen auf Plausibilität geprüft hat und keine unschlüssigen oder erkennbar fehlerhaften Erklärungen unterschrieben hätte, folgt daraus nichts Anderes. Gleiches gilt für die grundsätzliche Qualifikation des Zeugen H..
249Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich der Zeuge H. gesetzeskonform verhalten hat und bei anderen Gesellschaften des K. Konzerns qualitativ hochwertige Arbeit leistet. Entscheidend ist allein, dass in Bezug auf die Klägerin zu 1) andere Personen die wesentlichen Entscheidungen getroffen haben.
250Die Willensbildung zur Kontrolle des laufenden Vermögens erfolgte bezüglich beider Beteiligungen durch den Vorstand der K. AG in seiner Rolle als geschäftsführungsbefugter Vertreter der Klägerin zu 1). Die Behauptung, dass es sich bei der Klägerin zu 1) um eine Gesellschaft mit wenigen Geschäftsaktivitäten handele, ist insofern irrelevant. Die Organisation innerhalb der K. AG zeigt, dass eine umfassende Infrastruktur zur Erledigung des Tagesgeschäfts in T. geschaffen wurde. Entscheidend ist insofern allein, dass der Vorstand der K. AG die maßgeblichen Entscheidungen hierzu auf das Beteiligungsmanagement der K. AG übertragen hat.
251Die Tätigkeiten des Zeugen H. als Fremd-Geschäftsführer stellen sich angesichts dessen als untergeordnet dar.
252Bereits im Ausgangspunkt ist zu berücksichtigen, dass die Bestellung des Zeugen H. durch einen Telefonanruf durch den Zeugen BI. erfolgte. Einen schriftlichen Vertrag, aus dem sich die Aufgaben für die Klägerin zu 1) ergeben, wurde nicht gefasst. Der Zeuge H. hielt ihn ebenfalls nicht für erforderlich. Es wurden insbesondere keine Unterlagen darüber angefertigt, welche Aufgaben der Zeuge H. und welche das Beteiligungsmanagement der K. AG erfüllen sollten. Hingegen ergibt sich aus den übrigen dem Gericht vorliegenden Unterlagen, dass Aufgabenübertragungen im K. Konzern an anderer Stelle durch schriftlichen Vertrag mit Gegenzeichnung aller Beteiligten vorgenommen wurden.
253Daraus schließt der Senat, dass alle Beteiligten davon ausgingen, dass --wie der Zeuge VN. ausgesagt hat-- die Tätigkeit des Zeugen H. für die Klägerin zu 1) „nebenbei“ erledigt werden könne.
254Entgegen der Aussage des Zeugen VN. erfolgte die Auswahl des Zeugen H. auch nicht durch „HR“, also die Personalabteilung, sondern durch den Steuerabteilungsleiter BI.. Auch daraus schließt der Senat, dass nicht eine bestimmte fachliche Qualifikation des Zeugen H., sondern sein örtlicher Tätigkeitsort im Vordergrund stand.
255Verbunden mit der Pflichtenstellung eines Geschäftsführers und dem Haftungsrisiko wertet der Senat die Tatsache, dass es weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag noch eine Tätigkeitsbeschreibung gab als Beleg dafür, dass allen Beteiligten und auch dem Zeugen H. bei Amtsübernahme klar war, dass alle wesentlichen Entscheidungen zur Vermögenskontrolle durch das Beteiligungsmanagement der K. AG erfolgen sollten.
256So hat der Zeuge H. ausgesagt, dass die Aufgabe des Beteiligungsmanagements „das Managen der Beteiligungen und [um] sich vertreten lassen, bzw. vertreten sein in den jeweiligen Hauptversammlungen oder Gesellschafterversammlungen“ war.
257Wenn der Zeuge VN. demgegenüber ausführt, dass der Zeuge H. „die Bestandsverwaltung eines Aktienbesitzes oder einer GmbH-Beteiligung“ erledigen sollte, steht dies im Widerspruch zu den dokumentierten Handlungen, welche zeigen, dass dies tatsächlich durch das Beteiligungsmanagement der K. AG erfolgte.
258Bezüglich der Beteiligungen an der UQ. V. Gesellschaft mbH und der C. AG lässt sich eine Mitwirkung des Zeugen H. nur an drei Entscheidungen feststellen, die sich als Teil des Tagesgeschäfts qualifizieren lassen:
259Er hat für die Klägerin zu 1) die Gesellschafterbeschlüsse der UQ. V. Gesellschaft mbH vom 23.02.2012 über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnausschüttung sowie vom 30.07.2012 über die Aufhebung des Beschlusses zur Entlassung von EO. als Abschlussprüfer unterzeichnet.
260Die maßgeblichen Entscheidungen hierzu sollte aber nach dem Willen des Vorstands der K. AG nicht der Zeuge H., sondern das Beteiligungsmanagement der K. AG in T. ausüben.
261Der Senat übersieht nicht, dass die Klägerin zu 1) als Minderheitsgesellschafterin der UQ. V Gesellschaft mbH nur über eingeschränkte Kontrollrechte verfügte. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschafterbeschlüsse durch eine Versammlung oder im gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG ebenso zulässigen schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden.
262Es konnte aber nicht festgestellt, dass der Zeuge H. die sich aus § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG ergebenden Rechte zur Vorlage des Jahresabschlusses und Lageberichts ausgeübt hat. Auch sonst sind keine Handlungen feststellbar, die sich als Ausübung der Vermögensverwaltung kennzeichnen lassen.
263Es entsprach vielmehr der Aufgabenverteilung zwischen dem Beteiligungsmanagement der K. AG und dem Zeugen H., dass ersteres die Beschlüsse vorbereitete und letzterer ohne eigene inhaltliche Prüfung unterzeichnete.
264Bei einer Beteiligungshöhe von 40 %, welche wirtschaftlich 50 % des Gesellschaftsvermögens (nach Buchwerten) der Klägerin zu 1) ausmacht, kann nicht von einer Vermögensverwaltung gesprochen werden, wenn allein Mehrheitsbeschlüsse der übrigen Gesellschafter abgezeichnet werden.
265Im Anschreiben des Zeugen VN. und des NH. vom 23.02.2012 (Bl. 169 GA) wird deren Verständnis über die Stellung des Zeugen H. deutlich: „vorbereiteten schriftlichen Gesellschafterbeschluss in zweifacher Ausfertigung mit der Bitte, uns ein Exemplar nach Unterzeichnung durch Sie als Geschäftsführer der Gesellschafterin G. oHG im Original zurückzusenden“.
266Im Übrigen hat die Klägerin zu 1) selbst schriftsätzlich vorgetragen, dass das Beteiligungsmanagement der K. AG die „Vorgaben der Dienstleister (insbesondere des Rechnungswesens)“ bezüglich der Festlegung der Gewinnausschüttung und des Beschlusses über die Bestellung des Abschlussprüfers gesellschaftsrechtlich umgesetzt hat (Bl. 347 GA).
267So trägt sie selbst wortwörtlich vor: „Der Beschluss wurde durch das Beteiligungsmanagement der K. AG nach Vorgaben des Rechnungswesens formuliert und dessen gesellschaftsrechtliche Umsetzung sichergestellt“ (Bl. 347 GA).
268Ob das hier angesprochene Rechnungswesen, wofür einiges spricht, bei der „K. AG“ oder der alternativ angegebenen „vorgeschalteten Führungsgesellschaft“, der K. AM. AG, lag (Bl. 340 GA), konnte wiederum nicht aufgeklärt werden, da keine Unterlagen vorgelegt wurden. Fest steht jedoch, dass auch in dieser Frage der Zeuge H. keinerlei Entscheidungen treffen konnte oder sollte. Das ob und wie entsprechender Entscheidungen lag beim geschäftsführungsbefugten Vorstand der K. AG bzw. den von ihm beauftragten Mitarbeitern in T..
269Wie die Zeugenvernehmung ergeben hat, hatte auch nur der Zeuge VN. als Prokurist der UQ. V Gesellschaft mbH nähere Kenntnis zur Beteiligung. Der Zeuge H. hatte weder von dieser Tatsache Kenntnis, noch wusste er, wer Geschäftsführer und Prokurist der UQ. V. Gesellschaft mbH war, wo ihr Sitz lag noch was ihr Gesellschaftszweck war. Schließlich hatte er keinen Kontakt zur Geschäftsführung der UQ. V. Gesellschaft mbH.
270Bezüglich der C. AG hat der Zeuge H. nur eine Blanko-Vollmacht zur Teilnahme an der Hauptversammlung ausgestellt. Im Übrigen erfolgte die Kontrolle über die Beteiligung durch das Beteiligungsmanagement der K. AG.
271Unschädlich für die Kontrolle über die Beteiligung an der C. AG ist --insoweit entgegen der Meinung des Beklagten--, dass die Klägerin zu 1) kein Aufsichtsratsmandat erhielt. Die Klägerin zu 1) konnte auf Grund ihrer Beteiligungshöhe (11,15 %) vielmehr kein Aufsichtsratsmitglied der C. AG stellen. Nach §§ 101, 133 Abs. 1 AktG erfolgt die Wahl mit einfacher Mehrheit. Dies ergibt sich auch aus der Satzung der AG (so auch im Betriebsprüfungsbericht vom 09.03.2017, Seite 7 Abs. 6). Da die K. V. Gesellschaft GmbH im Streitjahr zu 78,72 % an der C. AG beteiligt war, konnte sie sämtliche Aufsichtsratsmandate besetzen.
272Indem der Geschäftsführer der Klägerin zu 1) anderen Mitarbeitern des K. Konzerns für die Hauptversammlung eine Vollmacht erteilt hat, hat er zwar auf seine Teilnahmemöglichkeit an der Hauptversammlung verzichtet. Ein Verzicht auf die Besetzung des Aufsichtsrats war damit indes nicht verbunden, da die Klägerin zu 1) nicht über die dafür erforderliche Stimmmehrheit verfügte. Soweit der Beklagte angeführt hat, dass auch die öffentliche Hand ein Aufsichtsratsmitglied „stellt“, obwohl sie nur über einen Stimmanteil von 6,74 % verfügte, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn soweit die K. V. Gesellschaft GmbH ihr Stimmrecht zugunsten der öffentlichen Hand ausgeübt hat, folgt daraus kein Anspruch der Klägerin zu 1), ebenfalls ein Aufsichtsratsmitglied bestimmen zu dürfen.
273Die Behauptung der Klägerin zu 1), wonach die Gesellschafterrechte --insbesondere durch Ausübung des Stimmrechts auf den Hauptversammlungen der C. AG-- für die Klägerin zu 1) durch den bevollmächtigten Vertreter des Beteiligungsmanagements der K. AG wahrgenommen wurden (Bl. 347 GA), wird vom Senat nicht in Abrede gestellt. Entscheidend ist jedoch, dass das Beteiligungsmanagement der K. AG nicht auf Entscheidung des Zeugen H., sondern des Vorstands der K. AG tätig wurde.
274Der Senat ist auch nicht von der Richtigkeit der Behauptung des Zeugen VN. überzeugt, wonach der Zeuge H. ihn gebeten habe, für die Klägerin zu 1) auf der Hauptversammlung tätig zu werden. Der Zeuge H. hat eine entsprechende Abrede nicht bestätigt. Aus seiner Antwort ergibt sich vielmehr, dass das Ausstellen der Blankovollmacht und die Vertretung der Klägerin zu 1) der bisherigen Praxis entsprach und von ihm nicht in Frage gestellt wurde („das war die im Beteiligungsmanagement übliche Vorgehensweise“). Eine Entscheidung des Zeuge H. kann an dieser Stelle nicht festgestellt werden.
275Auch wird erst durch die Aussage des Zeugen VN. verständlich, warum trotz der ergebnisverantwortlichen Führung der Beteiligung an der C. AG durch die K. AM. AG (Vereinbarung vom 16.12.2010 „Projekt ...“) überhaupt eine Vollmacht zur Vertretung auf der Hauptversammlung ausgestellt werden musste.
276Die Vollmacht vom 16.12.2010 an die K. AM. AG gestattet in gesellschaftsrechtlich zulässiger Weise (vgl. Arnold, in: MüKoAktG, 5. Aufl. 2022, § 134 Rz 62) ausdrücklich auch die Erstellung von Untervollmachten. Die von der Klägerin zu 1) schriftsätzlich pauschal angeführten Praktikabilitätsgründe (Bl. 341 GA) für die Erstellung der Blankovollmacht sind nicht verständlich. Der Zeuge H. konnte nicht erklären, warum er gleichwohl eine Blankovollmacht ausgestellt hat, sondern hat bloß ausgesagt „weil es mit dem Beteiligungsmanagement der K. so abgestimmt war.“
277Hingegen konnte der Zeuge VN. detailliert erläutern, dass die unmittelbare Ausstellung durch die Klägerin zu 1) den sicheren Nachweis in der Hauptversammlung erbringen konnte und dies deshalb besonders wichtig war, um Klagen eines zum damaligen Zeitpunkt aktiven „räuberischen Aktionärs“ zu verhindern.
278Der Zeuge H. hatte hiervon keine Kenntnis. Dann kann aber nicht davon gesprochen werden, dass er in Bezug auf diese Beteiligung, die 50 % des (Buch-)Vermögens der Klägerin zu 1) ausmacht, eine Vermögenskontrolle ausgeübt hat.
279Ebenfalls konnte der Zeuge VN. überzeugend erklären, aus welchem Grund eine Blankovollmacht im konkreten Fall sinnvoll war. Der Zeuge H. hat spiegelbildlich dazu nur erklärt, dass ihm das Beteiligungsmanagement der K. AG erläutert habe, warum dies sinnvoll gewesen sei, ohne nähere Ausführungen zu machen. Eine Entscheidung des Zeugen H. zum Ausstellen der Blankovollmacht kann insofern nicht festgestellt werden.
280Abgesehen davon ist nicht erkennbar, welche Kontrolle durch Blankovollmachten wirklich ausgeübt wird. Der Zeuge H. hat im Übrigen erklärt, dass er bei seinen weiteren beruflichen Tätigkeiten im K. Konzern keine Blankovollmachten ausstellt.
281Auch im Übrigen ist nicht feststellbar, dass der Zeuge H. die --im Gegensatz zur GmbH-- im AktG vorgesehenen Minderheitsrechte ausgeübt hat. Insbesondere können gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 AktG Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 Euro erreichen, verlangen, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt und bekanntgemacht werden.
282Indes ist auch hier festzustellen, dass Hinweise zu den Tagesordnungspunkten der Hauptversammlung durch die jeweils thematisch zuständigen Fachbereiche der K. AM. bzw. der K. AG erfolgten. Deren Hinweise wurden durch das Beteiligungsmanagement der K. AG zusammengetragen und koordinierend aufbereitet (Bl. 348 GA). Eine irgendwie geartete Mitwirkung des Zeugen H. ist auch insofern weder vorgetragen noch feststellbar.
283Vor allem hat der Zeuge VN. wörtlich ausgesagt, „die reine Verwaltungstätigkeit dieses Aktienbesitzes bedurfte keiner Abstimmung; das hab ich alleine gemacht.“
284Ebenso hat er konkret ausgesagt, sich mit dem Vorstand der C. AG zu Verfahrensfragen und organisatorischen Fragen ausgetauscht zu haben. Der Zeuge H. hat insofern nur von allgemeinen Informationsaustauschen ohne konkreten Bezug zur Kontrolle der Beteiligung berichtet.
285Auch im Übrigen ist nach der Aussage des Zeugen H. nichts dafür erkennbar, dass er sich als Vertreter der Klägerin zu 1) im Rahmen einer Vermögenskontrolle mit der C. AG befasst hat.
286Hinsichtlich der Unterlagen der Klägerin zu 1) konnte nicht festgestellt werden, welche Unterlagen sich genau in T. und welche in X. befanden. Der Zeuge H. hat insofern ausgesagt, dass sich in X. „wenige, aber einige Ordner“ mit Unterlagen der Klägerin zu 1) befanden. Die Klägerin zu 1) trägt selbst vor, dass --bevor eine Prüfung erfolgen konnte-- Steuerbescheide, CD.-Bescheide usw., die in X. eingingen, nach T. weitergeleitet werden mussten“ (Bl. 348 GA). Auch hier zeigt sich, dass die Angabe des Sitzes in X. nicht den praktischen Bedürfnissen und der Organisationsstruktur der Klägerin zu 1) entsprach.
287Der Senat hat berücksichtigt, dass das Rechnungswesen und die Buchhaltung nicht in T., sondern bei der K. IT. GmbH in M. ansässig war. Dieser Umstand zeigt aber nur, dass Teile der Verwaltungsaufgaben (so BFH-Urteil vom 19.03.2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411 [Rz 17]) nicht allein in T. ausgeführt wurden. In X. befand sich aber auch nicht dieser Teil.
288Gleiches gilt für das bei der Bank in T. geführte Konto. Verfügungsbefugt waren nach der vorgelegten Unterschriftenkarte (als Indiz vgl. BFH-Urteil vom 03.07.1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86 [Rz 55]) nur Mitarbeiter der K. IT. GmbH aus T..
289Bei den Angaben der Klägerin zu 1) gegenüber der Gemeinde X. und dem Finanzamt NG. sowie der GKBP FC., sowie die Verwendung einer Anschrift in X. handelt es sich lediglich um mögliche Indizien, anhand derer im Streitfall auf den Ort der Geschäftsleitung geschlossen werden kann (BFH-Beschluss vom 03.04.2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445 [Rz 13, 15]). Diese Eigen-Qualifikation des Steuerpflichtigen hat aber angesichts der festgestellten tatsächlichen Verhältnisse kein größeres Gewicht.
290Schließlich konnte der Senat auch nicht feststellen, dass der Zeuge H. für die Klägerin zu 1) entsprechend ihrem ursprünglichen Vortrag (Bl. 36 GA) im Streitjahr eine „Kontaktpflege (CD., Banken, Gemeinden)“ für die Klägerin zu 1) vorgenommen hat (so auch von der Klägerin zu 1) korrigiert auf Bl. 133 GA).
291Soweit die Klägerin zu 1) vorgetragen hat, dass der Zeuge H. im Rahmen der Vorgaben des Vorstands der K. AG und unter Beachtung der ständigen Praxis Geschäftsführungsentscheidungen getroffen hätte (Bl. 338 GA), ist diese Aussage durch nichts belegt. Ein eigenständiger Entscheidungsspielraum des Zeugen H. ist nicht erkennbar.
292Die Klägerin zu 1) trifft eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Ermittlung derjenigen Tatsachen, die für den Ort ihrer Geschäftsleitung gemäß § 10 AO von Bedeutung sind (BFH-Beschluss vom 03.04.2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445 [Rz 24]). Denn diese waren ihrem Einfluss und Wissensbereich zuzurechnen (vgl. zur sich hieraus ergebenden Mitwirkungspflicht etwa BFH-Beschluss vom 28.06.2006 V B 199/05, BFH/NV 2006, 2098 [Rz 11]).
293Soweit die Klägerin zu 1) damit meint, dass der Zeuge H. das Beteiligungsmanagement und die Steuerabteilung der K. AG beauftragt hätte, steht dies im Widerspruch zum weiteren Vortrag. Abgesehen davon, dass auch hierfür wiederum keine Unterlagen vorgelegt wurden (Bl. 343, 345 GA), hat sie selbst schriftsätzlich vorgetragen, dass im Streitjahr keine gesonderte Entscheidung hierzu getroffen wurde, da die Leistungen wie in den Vorjahren erbracht wurden (Bl. 342, 345 GA).
294Auch die mündliche Verhandlung hat gezeigt, dass keinesfalls der Zeuge H. eine solche Entscheidung getroffen hat. Die Tätigkeit des Beteiligungsmanagements und der Steuerabteilung der K. AG basierte vielmehr auf einer vom Vorstand getroffenen Entscheidung, teilweise im Rahmen einer Konzernrichtlinie. Allein der Vorstand der K. AG hat das Beteiligungsmanagement und die Steuerabteilung kontrolliert, ihm allein waren die Mitarbeiter der K. AG zur Rechenschaft verpflichtet.
295Soweit die Klägerin zu 1) meint, dass das BFH-Urteil vom 12.02.2004 (IV R 29/02, BStBl II 2004, 602) nicht übertragbar sei, weil sie den Zeugen H. ohne Einschränkungen als Fremd-Geschäftsführer benannt hat (Bl. 337 f. GA), vermag ihr der Senat nicht zu folgen.
296Zwar ergibt sich aus den dortigen Feststellungen [Rz 10-34], dass der im dortigen Streitfall bestellte E nach einer internen Funktionsbeschreibung in seiner Entscheidungsbefugnis eingeschränkt war. Das Fehlen einer solch ausdrücklichen, schriftlichen Regelung für den Zeugen H. bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass dieser für die Klägerin zu 1) die entsprechenden Entscheidungen hätte treffen dürfen oder getroffen hätte.
297Es ist unstreitig, dass trotz des Grundsatzes der Selbstorganschaft der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung bei einem Fremdgeschäftsführer liegen kann (ständige Rechtsprechung zu einem mit der Geschäftsführung beauftragten gesellschaftsfremden Managers, zuletzt BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 33, m.w.N.).
298Vorliegend steht nach den Gesamtumständen aber fest, dass „der qualitativ maßgebliche Teil der Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb mit sich brachte“ (hierzu ausdrücklich (BFH-Urteil vom 12.02.2004 IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602 [Rz 57-58]) gerade nicht auf den Zeugen H. übertragen wurde.
299Unbeachtlich ist, ob die Benennung des Zeugen H. tatsächlich ohne Einschränkungen erfolgt ist. Entscheidend sind vielmehr auch hier die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
300Die K. AG hat ihre Befugnisse als vertretungsbefugte Geschäftsführerin tatsächlich nicht in dem Umfang, wie im BFH-Urteil vom 03.07.1997 (IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86) vorausgesetzt, auf den Zeugen H. übertragen. Im hier interessierenden Zusammenhang ist insofern allein von Bedeutung, dass der Vorstand der K. AG und die von ihm beauftragten Mitarbeiter in größerem Umfang als der Zeuge H. die Entscheidungen im Bereich der Tagesgeschäfte der Klägerin zu 1) trafen.
301Der Behauptung der Klägerin zu 1), der Vorstand der K. AG habe im Streitjahr nicht über den Bezug von Dienstleistungen (insbesondere Beteiligungsverwaltung, Steuerberatung) durch die Klägerin zu 1) entschieden (Bl. 338 GA), vermag der Senat aus mehreren Gründen nicht zu folgen.
302Der Vortrag zum Leistungsbezug war im Verwaltungs- und Klageverfahren wechselnd. So ist im Verwaltungsverfahren vorgetragen worden, dass die vorgenannten Dienstleistungen entgeltlich durch Tochtergesellschaften der K. AG erbracht worden seien.
303Zwischenzeitlich wurde vorgetragen, diese Leistungen seien unentgeltlich durch Mitarbeiter der K. AG erbracht worden. Im letzten Schriftsatz (Bl. 338 GA) wird dann wieder allgemein von „Dienstleistungen von Gesellschaften des K. Konzerns“ gesprochen.
304Unterlagen hierzu wurden auch auf mehrfache Nachfrage nicht vorgelegt.
305In der mündlichen Verhandlung hat insbesondere der Zeuge YN. als damaliger Vorstand und späterer Vorstandsvorsitzender der K. AG ausgesagt, dass die Entscheidung zur Einrichtung und Tätigkeit des Beteiligungsmanagements durch ihn als Vorstand erfolgt sei. Die Steuerabteilung unterstand dem Finanzvorstand. Letzteres wurde auch vom Zeugen BI. bestätigt.
306Keiner der Zeugen hat bestätigt, dass der Zeuge H. die Mitarbeiter des Beteiligungsmanagements oder der Steuerabteilung kontrolliert hätte oder ihnen Anweisungen erteilt hat. Die Beschreibungen beschränkten sich im Wesentlichen auf einen allgemeinen Austausch. Demgegenüber steht nach den Zeugenaussagen fest, dass der Vorstand der K. AG die ihm unterstellten Mitarbeiter kontrolliert hat.
307Soweit die Klägerin zu 1) vorträgt: „Die - aufgrund des konzernüblichen Ablaufs möglicherweise stillschweigend getroffene – Entscheidung hierfür [über den Bezug von Dienstleistungen] fiel wahrscheinlich im ersten Geschäftsjahr der Klägerin und somit bereits vor Benennung von H.“ folgt hieraus nicht anderes. Unterlagen hierüber wurden trotz mehrfacher Nachfrage nicht vorgelegt. Dies ist auch deshalb unverständlich, weil die weiteren vorgelegten Unterlagen klar zeigen, dass im Übrigen Aufgabenübertragungen schriftlich bestätigt und archiviert wurde.
308Angesichts der regelmäßigen Überprüfung und Anpassung der Konzernrichtlinien wird die Entscheidung zur Übertragung von Aufgaben an das Beteiligungsmanagement und die Steuerabteilung der K. AG, auch wenn sie nicht zum Vorjahr geändert wird, in jedem Jahr bestätigt. Nach der Aussage des Zeugen YN. hat der Vorstand der K. AG über die Tätigkeit des Beteiligungsmanagements und der Steuerabteilung entschieden und dies --trotz anderer Änderungen und Evaluierungen bei der K. AG-- beibehalten.
309Ferner haben die Zeugen VN., YN. und BI. bestätigt, dass das Beteiligungsmanagement und die Steuerabteilung der K. AG auch im Streitjahr an den Vorstand der K. berichtet haben. Selbst wenn also die Entscheidungen des Vorstands der K. AG über die Tätigkeiten des Beteiligungsmanagements und die Steuerabteilung vor der Bestellung der Zeugen H. getroffen worden wären, wurden sie auch im Streitjahr durch die fortwährende Kontrolle aktualisiert.
310Die laufende Buchführung (Indiz für den Ort der Geschäftsleitung, u.a. BFH-Urteil vom 29.11.2017 I R 58/15, BFHE 260, 209, Rz 22) wurde ebenfalls nicht in X., sondern in M. erstellt. Die Entscheidung hierzu hat der Vorstand der K. AG im Rahmen der Konzernrichtlinie getroffen.
311Die Aktien an der C. AG wurden für die Klägerin zu 1) bei der Bank in T. verwahrt. Der Geschäftssitz der C. AG ist auch nicht in X., sondern in W.. Auch der Geschäftssitz der UQ. V. Gesellschaft liegt in T..
312Die tatsächliche Vertretung gegenüber dem Finanzamt und der CD. sowie die Fertigung von Steuererklärungen (hierzu als Teil des Tagesgeschäfts, u.a. BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 36) erfolgte auf Entscheidung des Vorstands der K. AG durch die Steuerabteilung der K. AG in T..
313Der Vorstand der K. AG handelte auch hier in seiner Eigenschaft als geschäftsführungsbefugter Vertreter der Klägerin zu 1). Verpflichtet zur Erfüllung steuerlicher Pflichten sind gemäß § 34 Abs. 1 AO die Geschäftsführer der Personengesellschaft und nicht die Gesellschafter (BFH-Beschluss vom 07.01.2003 VII B 141/02, BFH/NV 2003, 593 [Rz 4]; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 174. Lieferung 2/2023, § 34 AO Rz 11).
314Die Klägerin zu 1) hat auch entgegen ihres ursprünglichen Vortrags (Bl. 36 GA, undatierte Stellungnahme der Klägerin zu 1) im Rahmen der laufenden Betriebsprüfung, Band II, Lasche (4) Gewerbesteueroasen/Geschäftsleitung) eingeräumt, dass der Zeuge H. weder die Prüfung von Steuerbescheiden noch die Betreuung der laufenden Betriebsprüfung übernommen hat. Dies erfolgte ausweislich der Aktenlage durch die Steuerabteilung der K. AG.
315Zwar hat der Zeuge H. in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass er als Ansprechpartner im Rahmen der Betriebsprüfung zur Verfügung stand. Hierfür finden sich indes weder Anhaltspunkten in den Akten oder dem Betriebsprüfungsbericht. Auch hat der Zeuge H. selbst erklärt, dass er nicht mit dem Betriebsprüfer kommuniziert hat.
316Eine eigenständige Prüfung hat ausdrücklich nicht stattgefunden, sondern wurde durch die Organisationsstruktur der Steuerabteilung der K. AG gewährleistet (Bl. 131 GA).
317Im Übrigen lag für die Klägerin zu 1) beim Finanzamt X. eine auf die Steuerabteilung der K. AG lautende Empfangsvollmacht vor.
318Die von der Klägerin zu 1) als Teil des Tagesgeschäftes bezeichnete Prüfung der Steuerbescheinigung der Beteiligungsgesellschaften erfolgte entgegen der ursprünglichen Behauptung auch nicht durch den Zeugen H.. Zuständig hierfür war die Steuerabteilung der K. AG.
319Gleiches gilt für den Widerspruch gegen den CD. Beitragsbescheid und den Antrag auf Fristverlängerung. Auch hier wurde zunächst zwar zutreffend, aber verkürzt, mitgeteilt (Bl. 129, 136, 156 GA), dass der Zeuge H. Widerspruch gegen den CD.-Beitragsbescheid für 2008 (Bl. 136 GA) eingelegt hat.
320Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Klägerin zu 1) hingegen, der Zeuge H. habe die Entscheidung auf Empfehlung des Dienstleisters (Steuerabteilung der K. AG) getroffen (Bl. 343, 344 GA).
321Der Behauptung der Klägerin zu 1), dass es sich hierbei um eine bloße Empfehlung handele, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen.
322Vielmehr hat der Zeuge H. nur eine Entscheidung umgesetzt. Allen Beteiligten, insbesondere dem Vorstand der K. AG und dem Zeugen H. war klar, dass Entscheidungen im steuerlichen Bereich nicht vom Zeugen H., sondern von der Steuerabteilung der K. AG getroffen werden.
323Auch zeigt der E-Mailverlauf zur Einlegung des Widerspruchs gegen den CD. Bescheid, dass der Zeuge H. keinerlei Entscheidungen getroffen hat (Bl. 361 GA):
324Der Zeuge H. hat am 24.05.2012 lediglich einen geänderten Bescheid zur Kontrolle an QB. weitergeleitet.
325Dass Widerspruchsverfahren selbst wurde von YI. geführt, welche auch mit der CD. Y. kommuniziert hat. Dies gilt auch für die Entscheidung, dass Einspruch eingelegt werden sollte („Ich habe mit ER. von der CD. Y. besprochen, dass wir gegen den Bescheid 2008 Widerspruch einlegen.“).
326Dem Zeugen H. wurde der „Entwurf des Widerspruchs mit der Bitte diesen zu unterschreiben und mit einer Kopie unseres Einspruchs gegen den Gewerbesteuerbescheid an die CD. Y. zu senden“ übermittelt. YI. steht auch ausdrücklich „für Rückfragen […] gerne zur Verfügung“ und nicht etwa für eine Besprechung oder Absprache. Eine Entscheidung des Zeugen H. kann hier nicht festgestellt werden.
327Ob YI., wie die Klägerin zu 1) vorträgt und die E-Mailsignatur nahelegt, nur in der Steuerabteilung der K. AM. AG oder auch der Steuerabteilung der K. AG tätig war, konnte nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls kann auch insofern keine Entscheidung durch den Zeugen H. in X. festgestellt werden.
328Auch die Zahlungen für die Gewerbesteuer 2004 bis 2008 wurde nicht vom Zeugen H. kontrolliert oder zumindest veranlasst. Diese Aufgabe delegierte YI. an QB. (K. IT. GmbH). Dieser, und nicht der Zeuge H., war auch kontoführungsbefugt.
329Die Unterzeichnung des Widerspruchs durch den Zeugen H. kann in der Gesamtschau danach nur als Versuch gewertet werden, den Eindruck zu erwecken, dass in X. entsprechende Entscheidungen getroffen wurden.
330Dass diese nach außen hin vom Zeugen H. abgegeben wurden, war Teil der Planung, nach außen den Eindruck einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte zu begründen.
331Sofern die Klägerin zu 1) vorträgt, dass auch fremde Dritte die Hilfe von Steuerberatern in Anspruch nehmen und die Überwachung bzw. Sicherstellung dieser Tätigkeiten dann das Tagesgeschäft sei (Bl. 347 GA; so u.a. Bärsch/Barbu, IStR 2022, 687, 694, Beinert/Maucher, Der Betrieb 2023, 219, 222 f.), kommt es hierauf im Streitfall nicht an.
332Denn eine Übertragung auf Dritte hat ganz überwiegend nicht stattgefunden. Vielmehr hat der Vorstand der K. AG als geschäftsführende Gesellschafterin der Klägerin zu 1) diese Tätigkeit durch Personal der K. AG erledigen lassen.
333Ferner hat der Zeuge H. die Steuerabteilung weder beauftragt noch kontrolliert. Die Kontrolle lag nach der Aussage des Zeugen BI. beim Finanzvorstand der K. AG.
334Für den Zeugen H. konnte als Teil des Tagesgeschäfts insoweit nur die Unterzeichnung des Jahresabschlusses 2011, der Steuererklärungen für 2011 und die Abgabe der Vollständigkeitserklärung gemäß ISA 580 gegenüber dem Wirtschaftsprüfer festgestellt werden.
335Die Weiterleitung der Post und die Mitteilung der Bankverbindung stellt keine wesentliche Tätigkeit dar und kann als Erledigung nebensächlicher Angelegenheiten für sich genommen nicht den Ort die Geschäftsleitung begründen (hierzu bereits RFH-Urteil vom 02.07.1936 III A 86/36, RFHE 39, 305, 309, RStBl 1936, 779; BVerwG-Urteil vom 28.10.1965 III C 175.64, BVerwGE 22, 260 [Rz 20]; Musil in: Hübschmann/Hepp/Spitaler: AO/FGO, 260. Lieferung, 10/2020, § 10 AO Rz 15, m.w.N.).
336Insbesondere ist hierin keine Willensbetätigung zur Kontrolle des Vermögens zu sehen.
337Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung kann auch nicht von mehreren, gleichwertigen Geschäftsleitungsbetriebsstätten ausgegangen werden. Angesichts der wesentlichen Entscheidungen des K. Konzernvorstands für die laufende Geschäftsführung kommt hier nur T. als Ort der geschäftlichen Oberleitung in Betracht.
338Wird eine Gesellschaft an mehreren Orten geschäftsführend tätig, so sind die an den verschiedenen Orten ausgeübten Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung für die Kapitalgesellschaft zu gewichten, um auf diese Weise den Ort der Geschäftsleitung zu bestimmen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 23.03.2022 III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, Rz 35, m.w.N.)
339In seltenen Fällen ist eine Gewichtung im vorstehenden Sinn allerdings nicht möglich mit der Folge, dass mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere Personen, die mit gleichwertigen Geschäftsführungsaufgaben betraut sind, diese nicht von einem gemeinsamen Ort, sondern von unterschiedlichen Orten aus wahrnehmen (BFH-Urteil vom 05.11.2014 IV R 30/11, BFHE 248, 81, BStBl II 2015, 601, Rz 30, m.w.N.).
340Es kann wie bereits ausgeführt nicht davon gesprochen werden, dass die K. AG ihre Geschäftsführungsaufgabe auf den Zeugen H. übertragen hätte.
341Während in X. für die Klägerin zu 1) keine Räume gemietet wurden oder entgeltliches Personal beschäftigt wurde, waren in T. mit dem Beteiligungsmanagement (unter anderem dem Zeugen VN.) und der Steuerabteilung bei der K. AG zwei Einheiten hauptberuflich mit der Erfüllung der Geschäftsführungspflichten
342--auch für die Klägerin zu 1)-- betraut.
343Dass der Zeuge H. hierfür in X. Unterlagen unterzeichnet hat, führt nicht dazu, dass dort der Ort der geschäftlichen Oberleitung liegt. Im Verhältnis des geschäftsführungsbefugten Vorstandes der K. AG und dem Zeugen H. war zur Überzeugung des Senats klar geregelt, dass nicht der Zeuge H., sondern der Vorstand der K. AG bzw. die vom ihm beauftragten Mitarbeiter der K. AG die Entscheidungen der Klägerin zu 1) im Tagesgeschäft treffen. Ohne deren Zustimmung oder gegen deren Widerspruch konnte nichts von Bedeutung bei der Klägerin zu 1) geschehen. Ferner ist bei diesen Tätigkeiten zu berücksichtigen, dass die fachliche Kontrolle und Überprüfung auf Grundlage der Entscheidung des Vorstands der K. AG durch Mitarbeiter der K. AG und nicht durch den Zeugen H. erfolgte.
344Die in X. gefassten Beschlüsse bezüglich der Beteiligungen der Klägerin zu 1) sind nur Formsache. In Wirklichkeit beruhen die Beschlüsse auf bereits vorher in T. gefassten Entschließungen (vgl. hierzu ausdrücklich bereits RFH-Urteil vom 02.07.1936 III A 86/36, RStBl 1936, 779, RFHE 39, 305, 310; Musil in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 260. Lieferung 10/2020, § 10 AO Rz 34).
345Die Klägerin zu 1) räumt am Beispiel der Steuererklärungen und der Gesellschafterbeschlüsse der UQ. V. Gesellschaft mbH auch selbst ein, dass die Tätigkeit des Zeugen H. auf „Plausibilitäts-Checks“ beschränkt war (Bl. 348 GA).
346Auch bezüglich der weiteren Entscheidungen kann von einer Gleichwertigkeit nicht gesprochen werden.
347Es kann ferner nicht daran vorbeigesehen werden, dass offensichtlich auch die Klägerin zu 1) mehrfach darum bemüht war, die Aktivitäten des Zeugen H. umfangreicher aussehen zu lassen, als sie tatsächlich waren. Umgekehrt wurde versucht, die Beteiligung der K. AG zu negieren.
348Denn entgegen der ursprünglichen Behauptung in der Einspruchs- wie auch Klagebegründung hat der Zeuge H. im Streitjahr nicht die Prüfung von Steuerbescheiden, die Begleitung von steuerlichen Betriebsprüfungen, die Prüfung der Steuerbescheinigung der Beteiligungsgesellschaften, den Abschluss und die Kündigung von Verträgen, die Beauftragung von Serviceleistungen sowie die Kontaktpflege mit der CD., der Bank und der Gemeindeverwaltung vor Ort sowie die Prüfung der CD.-Bescheide vorgenommen (Bl. 36 GA). Diese Tätigkeiten wurden (wie gezeigt) entweder überhaupt nicht oder durch Mitarbeiter der K. AG in T. durchgeführt.
349Umgekehrt wurde die Steuererklärung nicht durch die K. IT. GmbH in M. erstellt.
350Dies führt entgegen der Meinung der Klägerin zu 1) auch nicht zu dem Ergebnis, dass in Konzernstrukturen künftig der Ort der Geschäftsleitung stets dort liegt, wo der Konzernvorstand tätig ist. Vielmehr betrifft dieser Fall ausschließlich eine im Wesentlichen vermögensverwaltende Gesellschaft, bei der das geringe Tagesgeschäft durch den zur Geschäftsführung berufene Konzernvorstand bestimmt bzw. delegiert wurde. Nur in der Kombination einer Personengesellschaft, geringem Tagesgeschäft und umfassenden Regelungen durch den Konzernvorstand ist der Ort der Geschäftsleitung trotz eines Fremd-Geschäftsführers dann am Ort des Konzernvorstands. Diese Situation wurde auch in der publizierten Gestaltungspraxis besprochen (z.B. Polatzky/M. Schmidt in: Lutter/Bayer, Holding-Handbuch, 6. Aufl. 2020, Rz 15.17 ff.; Kessler/Müller, IStR 2003, 361, 364 „nicht nur eine Gestaltungschance, sondern auch eine Gefahr“) und liegt beispielsweise auch dem BFH-Urteil vom 12.02.2004 (IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602) zu Grunde. Dieses Ergebnis lässt sich vermeiden, wenn die Gesellschaft vor Ort kundiges Personal in leitender Stellung beschäftigt, welches dort das Tagesgeschäft erledigt (vgl. Klein/Jacob, FinanzRundschau 2013, 956, 959).
351Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass --entsprechend des wiederholten Vorschlags der Klägerin zu 1)-- eine Aufteilung des Ortes der geschäftlichen Oberleitung erfolgen müsste, würde sich nichts anders ergeben.
352Denn auch in diesem Fall würde die Aufteilung entsprechend der Lohnsumme gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 5 GewStG dazu führen, dass der gesamte Gewerbeertrag der Stadt T. zuzuordnen ist.
353§ 29 Abs. 1 GewStG gibt als Maßstab der Zerlegung die Summe der Arbeitslöhne vor, die an die bei den Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Die Bemessung dieser Arbeitslöhne, die an Arbeitnehmer bezahlt werden, wird in § 31 Abs. 1 bis Abs. 4 GewStG geregelt. § 31 Abs. 1, Abs. 5 GewStG stellt dem an Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslohn den fiktiven Unternehmerlohn des (Mit-)Unternehmers gleich. Diese gesetzlich angeordnete Gleichstellung des fiktiven Unternehmerlohns mit gezahlten Arbeitslöhnen ist für die Anwendung des Zerlegungsmaßstabs "Arbeitslohn" verbindlich.
354Eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages auf Grundlage des fiktiven Unternehmerlohns nach § 31 Abs. 5 GewStG setzt nicht voraus, dass zusätzlich auch gezahlte Arbeitslöhne vorhanden sind, die keinen Arbeitslohn im Sinne eines fiktiven Unternehmerlohns darstellen (BFH-Beschluss vom 05.10.2017 IV B 59/16, BFH/NV 2018, 229, Rz 11).
355Eine Zerlegung des hier allein anzusetzenden fiktiven Unternehmerlohns für den geschäftsführenden Vorstand der K. AG, setzt voraus, dass der Unternehmer an mehr als einer Betriebsstätte geschäftsleitend tätig geworden ist (BFH-Beschluss vom 05.10.2017 IV B 59/16, BFH/NV 2018, 229, Rz 11; BFH-Urteil vom 16.09.1964 IV B 164/64 U, BFHE 81, 195, BStBl III 1965, 69 [Rz 7]).
356Nach den obigen Ausführungen ist der Vorstand der K. AG allein an seinem Sitz in T. geschäftsleitend tätig geworden. Eine Tätigkeit des Vorstands der K. AG in X. wird auch von der Klägerin zu 1) nicht behauptet. Auf die Tätigkeit des Zeugen H. kommt es insofern nicht an, da dieser kein Gehalt bezogen hat. Selbst wenn man damit entgegen der Feststellungen des Gerichts zu dem Ergebnis käme, dass der Vorstand der K. AG im geringeren Umfang geschäftsführend tätig geworden wäre, müsste auf Grund des Zerlegungsschlüssels gleichwohl die Zuweisung des Gewerbesteuermessbetrags in vollem Umfang zugunsten der Stadt T. erfolgen.
357An einer Zuweisung des Gewerbesteuermessbetrags in vollem Umfang zugunsten der Stadt T., die nach Auffassung des Senats hier allein zutreffend wäre, ist der Senat aufgrund des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots gehindert.
358Auch wenn nur eine Stadt --hier T.-- Empfänger der Zerlegungsanteile ist, ist der Zerlegungsbescheid nicht aufzuheben, sondern nur dahin zu ändern, dass --unter Beachtung des Verböserungsverbots-- der Gewerbesteuermessbetrag nur T. zuzuteilen ist (BFH-Urteil vom 05.11.2014 IV R 30/11, BFHE 248, 81, BStBl II 2015, 601, Rz 47).
359Aus § 174 Abs. 4 AO folgt nichts anders. Denn das finanzgerichtliche Verböserungsverbot verwehrt dem Gericht, die Klägerin zu 1) bezogen auf die mit der Klage angegriffene Steuerfestsetzung schlechter zu stellen (BFH-Urteil vom 13.06.2012 VI R 92/10, BFHE 237, 302, BStBl II 2013, 139, Rz 20). Der Senat ist deshalb gehindert, die streitige Änderung selbst vorzunehmen.
360Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 135 Abs. 3 und § 139 Abs. 4 FGO. Der Beigeladenen zu 1) sind keine Kosten aufzuerlegen oder zu erstatten. Sie hat im maßgeblichen letzten Schriftsatz vom 13. Juli 2023, mit dem sie auch ihr Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung angekündigt hat, ausdrücklich erklärt, keinen Sachantrag zu stellen und sie hat auch anderweitig das Verfahren nicht wesentlich gefördert (vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2016 II R 23/15, BFH/NV 2016, 1568, Rz 21). Etwaige außergerichtliche Kosten sind nicht aus Billigkeitsgründen zu erstatten.
361Gründe für eine Revisionszulassung nach § 115 FGO bestanden nicht, da die Entscheidung feststehende Rechtsmaßstäbe einzelfallbezogen angewendet hat.