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1. Der Gewerbesteuermessbescheid 2021 wird dahingehend geändert, dass die Gewerbesteuer auf Null Euro festgesetzt wird.
2. Der Bescheid über Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2021 wird dahingehend geändert, dass ein vortragsfähiger Verlust von 175.091 Euro festgestellt wird.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 27.2.2023 erhobenen Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2021 und gegen den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2021 jeweils vom 8.8.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.1.2023.
3Streitig ist, ob es anlässlich einer Anteilsübertragung zu einem Wegfall des zum 31.12.2020 festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlustes i.H.v. 210.900 Euro gekommen ist.
4Der Alleingesellschafter der Klägerin veräußerte mit Vertrag vom 00.0.2021 seine sämtlichen Gesellschaftsanteile an der Klägerin an einen Erwerber. Die Klägerin war zuvor in der Zeit vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2020 als Kommanditistin an der T. GmbH & Co KG mit einem Gesellschaftsanteil von 67,41 % beteiligt und erzielte neben Erträgen aus eigenen Aktivitäten auch aus dieser Beteiligung Erträge. Die KG-Anteile verkaufte sie in 2020 mit einem Veräußerungsgewinn.
5Der Beklagte hat unter Hinweis auf § 8 d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) eine Anwendung des § 8 d KStG zum Erhalt des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrages nicht für möglich gehalten, da die Klägerin in den letzten 3 Jahren vor der Anteilsübertragung an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war. Der zum 31.12.2020 bestehende und festgestellte gewerbesteuerliche Verlustvortrag in Höhe von 210.900 Euro wurde daher zum 31.12.2021 unter Anwendung des § 8 c Abs. 1 KStG in vollem Umfang nicht mehr berücksichtigt. Infolgedessen kam es zu keiner Verrechnung des Gewerbeertrages des Jahres 2021 in Höhe von 35.809 Euro mit den zum 31.12.2020 festgestellten Verlusten. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde zunächst auf 1.253 Euro festgesetzt. Mit der Einspruchsentscheidung wurde der Gewerbeertrag davon abweichend bis zum Übertragungsstichtag 00.0.2021 zeitanteilig mit dem bestehenden Verlustvortrag zum 31.12.2020 verrechnet, so dass sich ein geminderter Messbetrag von 682 Euro ergab.
6Die Klägerin ist folgender Auffassung:
7Grundsätzlich sei die durchgeführte Übertragung als schädlicher Beteiligungserwerb i.S.v. § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG anzusehen, mit der Folge, dass bis zum Beteiligungserwerb nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte, also nicht genutzte Verluste, vollständig nicht mehr abziehbar seien.
8Diese Rechtsfolge trete jedoch auf Antrag, der hier mit Abgabe der Gewerbesteuererklärung gestellt worden sei, dann nicht ein, wenn -wie hier- die Voraussetzungen des§ 8 d Abs. 1 Satz 1 KStG erfüllt seien und bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums der Anteilsübertragung kein Ereignis im Sinne des § 8 d Abs. 2 KStG stattgefunden habe. Allerdings bestimme § 8 d Abs. 1 Satz 2 KStG außerdem als Rückausnahme, dass § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG Anwendung finde, wenn die Körperschaft zu Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum der Anteilsübertragung vorausgeht, -wie die Klägerin- an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sei.
9Die Regelungen des § 8 d Abs. 1 Satz 2 KStG sowie § 8 d Abs. 2 S. 2 Nr. 4 KStG entfalteten eine überschießende Wirkung hinsichtlich der Gewerbesteuer, welche vom Gesetzgeber nicht in dieser Härte beabsichtigt sein könne. Zur Erläuterung, wieso die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft zum Untergang des Verlustvortrags führen solle, werde in der Gesetzesbegründung ohne nähere Erklärung ausgeführt, dass dadurch „zweckwidrige Gestaltungen“ vermieden werden sollen. Die §§ 8 c und 8 d KStG hätten die Missbrauchsbekämpfung -insbesondere im Hinblick auf sog. Mantelkäufe- zum Ziel im Wege der Beschränkung des Verlustabzugs bei Änderung der wirtschaftlichen Identität einer Gesellschaft. Es sei zu verhindern, dass eine Gesellschaft Verluste verrechnen könne, die bei einer anderen Gesellschaft entstanden seien.
10Eine missbräuchliche Gestaltung sei aber im Zusammenhang mit der vorliegend vollzogenen Anteilsübertragung jedenfalls hinsichtlich des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags nicht denkbar. Insoweit scheine dieser Tatbestand über das intendierte Ziel hinauszugehen. Es sei nicht erklärlich, weshalb (auch) der gewerbesteuerliche Verlustvortrag verloren gehen solle. Aufgrund der gewerbesteuerrechtlichen Selbständigkeit der Mitunternehmerschaft (Hinweis auf § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes-GewStG-) sei gewährleistet, dass deren Erträge nicht mit den gewerbesteuerlichen Fehlbeträgen der verlusttragenden Gesellschaft verrechnet werden könnten. Vielmehr habe der Gesetzgeber insoweit allein auf den körperschaftsteuerlichen Verlustvortrag abstellen wollen.
11Der auf den 31.12.2020 festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust sei allein aus ihrer eigenen operativen Tätigkeit entstanden und habe keine Verursachung durch die Mitunternehmerschaft. Die Mitunternehmerschaft sei handelsrechtlich zum 1.1.2011 bzw. steuerlich zum 31.12.2010 in die Klägerin eingebracht worden. Bereits zum 31.12.2010 sei ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag in Höhe von 216.832 Euro festgestellt worden. Dieser habe sich seitdem kaum verändert und betreffe ausschließlich das operative Geschäft, das auch heute noch nach Veräußerung der KG-Beteiligung unverändert fortgeführt werde. Die KG, an der die Mitunternehmerschaft bestanden habe, sei ein eigenes Gewerbesteuersubjekt und es habe keine gewerbesteuerlichen Verknüpfungsmöglichkeiten gegeben. Alle Gewinne der KG seien trotz des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages der Klägerin vollständig der Gewerbesteuer unterworfen worden. Ein körperschaftsteuerlicher Verlustvortrag sei nicht existent, dieser sei bereits im Veranlagungszeitraum 2014 und damit vor mehr als drei Veranlagungszeiträumen vollständig verrechnet worden.
12Die Regelungen der §§ 8 c und 8 d KStG dienten dazu Missbrauchsfällen zu begegnen. Davon könne im Fall der Klägerin nicht die Rede sein. Vielmehr handele es sich um einen typischen Fall der Nachfolgeregelung welcher vielfach in gleicher Art und Weise durchgeführt werde. Die uneingeschränkte Anwendung des § 8 d KStG i.V.m. § 10 a Satz 10 GewStG führe für Zwecke der Gewerbesteuer somit zu einem unzutreffenden steuerlichen Ergebnis.
13Die Klägerin beantragt sinngemäß,
14die Bescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2021 und über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2021 dahingehend abzuändern, dass der zum 31.12.2020 festgestellte Verlustvortrag i.H.v. 210.900 Euro mit dem Gewerbeertrag 2021 verrechnet und der danach verbleibende vortragsfähige Verlust zum 31.12.2021 festgestellt wird.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er beruft sich auf den Gesetzeswortlaut und sieht sich dabei durch die Ausführungen zu Tz. 47 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18.3.2021 - IV C 2-S 2745-b/19/10002:002, Bundessteuerblatt (BStBl) I 2021, 363, ausdrücklich bestätigt. Auch die Kommentierung von Kluth in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, zu § 8 d Fortführungsgebundener Verlustvortrag, vertrete diese Auffassung. In Tz. 10 der Kommentierung werde sogar ausgeführt, § 8 d KStG sei analog anzuwenden bei der Zinsschranke (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KStG) sowie für Fehlbeträge i.S.d. § 10 a GewStG.
18Nach den Ausführungen zu Tz. 34 des Schreibens des BMF vom 28.11.2017 IV C 2-S 2745-a/09/10002:004, BStBl I 2017, 1645, bleibe lediglich der zum Ende des dem schädlichen Beteiligungserwerb vorangegangenen Veranlagungszeitraums gesondert festgestellte verbleibende Verlustvortrag abweichend von § 8 c Absatz 1 Satz 1 KStG abziehbar, soweit bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte erzielt worden sei. Danach sei der sich bis zur Anteilsübertragung am 00.0.2021 anteilig ergebende Gewerbeertrag i.H.v. 166/365stel von 35.809 Euro, mithin 16.286 Euro mit dem bestehenden gewerbesteuerlichen Verlustvortrag verrechenbar, so dass lediglich ein Gewerbeertrag i.H.v. 19.253 Euro der Gewerbesteuer unterliege. Dem habe er, der Beklagte, durch seine Einspruchsentscheidung bereits Rechnung getragen. Der nach dieser Verrechnung verbleibende Verlustvortrag in Höhe von 194.614 Euro sei nach § 10 a Satz 10 GewStG i.V.m. § 8 c Absatz 1 Satz 1 KStG untergegangen.
19Dem Einwand der Klägerin, dass nach der durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2020 erfolgten Einfügung des § 10 a Satz 12 GewStG nunmehr auch ein Antrag nach § 8 d KStG ausschließlich für gewerbesteuerliche Verlustvorträge gestellt werden könne, sei entgegen der zunächst vertretenen Ansicht, zu folgen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die Klage ist begründet. Der zum 31.12.2020 verbindlich festgestellte vortragsfähige gewerbesteuerliche Verlust ist auch zum 31.12.2021 als vortragsfähig festzustellen soweit er sich nicht durch Verrechnung mit dem Gewerbeertrag des laufenden Jahres mindert.
221. § 10 a GewStG („Gewerbeverlust“) regelt in den Sätzen 1 bis 7 den Verlustausgleich, den Verlustrücktrag und den festzustellenden Verlustvortrag für Zwecke der Gewerbesteuer. In Satz 10 1. Halbsatz heißt es: „Auf die Fehlbeträge ist § 8 c des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden“. Satz 10 2. Halbsatz stellt klar, dass dies auch für Verluste einer Mitunternehmerschaft gilt, soweit der Verlust 1. einer Körperschaft unmittelbar oder 2. einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist, zuzurechnen ist.
23Nach dem in § 10 a Satz 10 GewStG in Bezug genommenen § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG liegt ein sog. schädlicher Beteiligungserwerb vor, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Hiernach handelt es sich bei der Anteilsveräußerung im Falle der Klägerin im Streitjahr um einen schädlichen Beteiligungserwerb. Die Vorschrift bestimmt, dass infolgedessen bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte (nicht genutzte Verluste) vollständig nicht mehr abziehbar sind.
24Nach § 10 a Sätze 11 und 12 GewStG ist des Weiteren § 8 d KStG „entsprechend“ anzuwenden. § 8 d Abs. 1 Satz 1 KStG enthält die Regelung, dass § 8 c KStG unter bestimmten Voraussetzungen, bei einem „schädlichen Beteiligungserwerb“ nicht anzuwenden sind, also nicht genutzte Verluste nicht entfallen, sondern weiterhin abziehbar bleiben. Danach ist § 8 c KStG auf Antrag dann nicht anzuwenden, wenn die Körperschaft seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum des Beteiligungserwerbs vorausgeht (vgl. Satz 5), ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält und in diesem Zeitraum bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs kein Ereignis im Sinne von Absatz 2 stattgefunden hat. Die in Abs. 2 genannten „Ereignisse“ sind bei der Klägerin zumindest in den letzten drei Jahren vor der Anteilsveräußerung nicht eingetreten. Insbesondere hat sie sich in dieser Zeit nicht an der Mitunternehmerschaft beteiligt (§ 8 d Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KStG). Insbesondere ist auch das Erfordernis einer wirksamen Antragstellung erfüllt. § 10 a Satz 12 GewStG sieht einen isolierten Antrag für die Gewerbesteuer unabhängig von der steuerlichen Behandlung bei der Körperschaftsteuer vor. Es bedarf darüber hinaus keiner näheren Erläuterung, dass die Voraussetzungen des § 8 d Abs. 1 Satz 1 KStG durch die Klägerin erfüllt sind, so dass ihre nicht genutzten Verluste hiernach nicht entfallen.
25Jedoch ergibt sich aus § 8 d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG eine Rückausnahme, die wieder zur Grundannahme des § 8 c Abs. 1 KStG führt, die jedoch im Falle der Klägerin nicht greift.
26Diese Rückausnahme gilt für den Fall „wenn die Körperschaft zu Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum nach Satz 5 vorausgeht, Organträger oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist.“ Der Wortlaut impliziert, dass die bloße Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft --im Falle der Klägerin die KG-Beteiligung-- jedenfalls körperschaftssteuerrechtlich, zur Folge hat, dass wieder die Grundannahme des § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG gilt, also nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte vollständig nicht mehr abziehbar sind.
272. Allerdings verfügen sowohl § 10 a Sätze 11 und 12 GewStG als auch § 10 a Satz 10 1. Halbsatz GewStG nur eine „entsprechende“ Anwendung der §§ 8 c und 8 d KStG. Damit hat der Gesetzgeber erkennbar die Möglichkeit offengelassen, die Normen des KStG für gewerbesteuerliche Zwecke ggf. einschränkend bzw. angepasst anzuwenden, um gewerbesteuerlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. In Bezug auf die Klägerin ist es für gewerbesteuerliche Zwecke angezeigt, dass in entsprechender Anwendung der Vorschriften, die Rückausnahme des § 8 d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG nicht zum Tragen kommt.
28a) Infolgedessen kann dahingestellt bleiben inwieweit die §§ 8 c und 8 d KStG ohnehin eine zu weitgehende, durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers nicht mehr gedeckte überschießende Tendenz in sich tragen, die bewirkt, dass deren Anwendung schon im Körperschaftssteuerrecht auch Sachverhalte betrifft, die keine aus steuerlicher und fiskalpolitischer Sicht missbräuchlichen Zielsetzungen haben (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht –BverfG- Beschluss vom 29.3.2017 2 BvL 6/11, BStBl II 2017, 1082, zu § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. mit Darstellung des Werdegangs der Vorschrift, § 8 c Abs. 1 KStG neue Fassung seit UntStReformG 2008 vom 14.8.2007 und seit 20.12.2016 ergänzt durch § 8d KStG: „Ob durch Einführung von § 8d KStG mit Wirkung vom 1. Januar 2016 der Anwendungsbereich von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG in einer Weise reduziert worden ist, dass die Norm nunmehr den Anforderungen von Art. 3 Abs. 1 GG genügt, bedarf gesonderter Betrachtung, weil der Gesetzgeber damit für den Verlustabzug nicht mehr ausschließlich auf einen Anteilseignerwechsel abstellt, sondern daneben der Fortführung desselben Geschäftsbetriebs maßgebliche Bedeutung beimisst. Sie ist deshalb nicht mehr ohne Weiteres aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz unvereinbar wie vor dem Inkrafttreten von § 8d KStG, so dass eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung über diesen Zeitpunkt hinaus nach § 78 Satz 2 BVerfGG (i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG) nicht in Betracht kommt.)“. Der BFH hat mit Urteil vom 30.11.2011 I R 14/11, BStBl II 2012, 360 (Streitjahr 2008) wegen der Verrechnung laufenden Gewinnes bis zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs entschieden, ohne § 8 c KStG grundsätzlich in Frage zu stellen. Es sind überdies zu der durch § 8 c KStG verursachten Problematik Verfahren beim BFH ausgesetzt (Az. I R 3/19 (I R 31/11); I R 4/19 (I R 76/16)) im Hinblick auf das Verfahren beim BVerfG 2 BvL 19/17 (anhängig).
29b) Der Sinn der Rückausnahme erschließt sich für gewerbesteuerliche Zwecke nicht. Ein Missbrauch ist bei einer Anteilsübertragung nicht allein durch den Umstand zu besorgen, dass die Kapitalgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist bzw. war. Denn bei der Gewerbesteuer ist Steuerschuldner und Steuersubjekt allein der Unternehmer, also derjenige auf dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 GewStG). Für Personengesellschaften gilt dies gleichermaßen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Die beteiligte Gesellschaft, die Klägerin, kann die ihr aus der Mitunternehmerschaft zuzurechnenden Verluste zwar abziehen, sie werden aber bei der Festsetzung der Gewerbeteuer ihrem Gewerbeertrag zugerechnet (vgl. § 8 Nr. 8 GewStG) und damit neutralisiert. Die beteiligte Gesellschaft kann von den Verlusten der Beteiligungsgesellschaft daher weder über eine Verlustzurechnung „profitieren“ noch ist eine Art „Mantelkauf“ (zum Begriff vgl. Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 42 Rz. 138) mit dem Ziel der Verlustübernahme zur Reduzierung der eigenen Gewerbesteuerbelastung möglich.
30Dies rechtfertigt für gewerbesteuerliche Fragen das eingangs genannte an Sinn und Zweck der Normen orientierte Verständnis der entsprechenden Anwendung der körperschaftsteuerlichen Vorschriften.
31c) Der Verweis durch den Beklagten auf die Schreiben des BMF vom 18.3.2021, BStBl I 2021, 363 und vom 28.11.2017, BStBl I 2017, 1645, spricht schon deshalb nicht gegen das hier vertretene Normenverständnis, weil sich diese Schreiben ausschließlich mit körperschaftssteuerrechtlichen und gerade nicht mit gewerbesteuerlichen Fragen befassen.
323. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
334. Die Revision wird zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).